Gesetzentwurf der BundesregierungBundesrat Drucksache 102/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
04.02.21
Entwurf eines Gesetzes zur Koordinierung der sozialen Sicherheit
mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
(SozSichUKG)
A. Problem und Ziel
Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der
Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits mit seinem Protokoll über die Koordinierung der sozialen
Sicherheit (im Folgenden: Protokoll) nebst Anlagen regelt die künftige Koordinierung der
sozialen Sicherheit in den Bereichen Renten-, Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung
zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland (GBR). Die Regelungen sind nach Prinzipien gestaltet, die auch innerhalb
der EU für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gelten.
B. Lösung
Mit dem folgenden Gesetz werden die für das Protokoll zuständige deutsche Behörde, die
deutschen Verbindungsstellen, die zuständigen deutschen Stellen für die Feststellung des
anwendbaren Rechts sowie die deutschen Zugangsstellen für den grenzüberschreitenden
elektronischen Datenaustausch festgelegt.
Die Zuständigkeiten entsprechen den bisherigen Zuständigkeiten für GBR betreffende
Sachverhalte nach den Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
(EG) Nummer 883/2004 und (EG) Nummer 987/2009.
C. Alternativen
Keine.
AIS
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine unmittelbaren Kosten.
Fristablauf: 18.03.21
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
B
R
Fu
ss
Drucksache 102/21 -2-
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Die Regelungen des Gesetzes führen zu keinem Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für die Verwaltung wird eine neue Informationspflicht eingeführt.
F. Weitere Kosten
Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
sind durch das Gesetz nicht zu erwarten, da Kosten für die Wirtschaft
und die vom Abkommen betroffenen Personen nicht entstehen.
Bundesrat Drucksache 102/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
04.02.21
Entwurf eines Gesetzes zur Koordinierung der sozialen Sicherheit
mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
(SozSichUKG)
Bundesrepublik Deutschland
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Reiner Haseloff
Sehr geehrter Herr Präsident,
AIS
Berlin, 4. Februar 2021
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der
Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zur Koordinierung der sozialen Sicherheit mit
dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (SozSichUKG)
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 18.03.21
B
R
Fu
ss
Drucksache 102/21
Entwurf eines Gesetzes zur Koordinierung der sozialen Sicherheit
mit dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
(SozSichUKG)
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1
Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt die Zuständigkeit der deutschen Sozialversicherungsträger und
anderer für die soziale Sicherheit zuständiger deutscher Träger und Behörden bei der Anwendung
und Durchführung des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
als Teil des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und
der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits (ABl. EU L 444 vom 31.12.2020, S. 14).
§ 2
Zuständige Behörde
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist zuständige Behörde nach Artikel
SSC.1 Buchstabe g des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit.
§ 3
Verbindungsstellen
(1) Zur Durchführung des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
und seiner Anhänge werden in der Bundesrepublik Deutschland folgende Verbindungsstellen
bestimmt:
1. für den Bereich der Vorruhestandsleistungen im Sinne von Artikel SSC.3 Absatz 1
Buchstabe i des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit: die Deutsche
Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See,
2. für den Bereich der Pensionen eines Sondersystems für Beamte: die Deutsche Rentenversicherung
Bund, § 127a Absatz 2 Satz 2 und 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
gilt entsprechend,
3. für die berufsständischen Versorgungseinrichtungen: die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer
Versorgungseinrichtungen.
(2) Zu den Aufgaben der Verbindungsstellen gehören in den jeweiligen in Absatz 1
genannten Bereichen insbesondere
Drucksache 102/21
1. die Koordinierung der Verwaltungshilfe und des Datenaustausches bei grenzüberschreitenden
Sachverhalten,
2. Aufklärung, Beratung und Information.
- 2 -
(3) § 3 Absatz 3 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
in Europa gilt entsprechend.
(4) § 5 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa
gilt entsprechend.
(5) Für die Krankenversicherung gilt § 219a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch mit
Ausnahme des Absatzes 1 Satz 3 Nr. 4, Satz 4 und des Absatzes 6. Für die Unfallversicherung
gilt § 139a des Siebten Buches Sozialgesetzbuch. Für die Arbeitslosenversicherung
gilt § 368 Absatz 1a des Dritten Buches Sozialgesetzbuch. Für die Rentenversicherung
gelten die §§ 126, 127a Absatz 1 Satz 1 und 128 Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
mit der Maßgabe, dass in § 128 Absatz 3 Nr. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland wie ein Mitgliedstaat der
Europäischen Union zu behandeln ist. Für die Alterssicherung der Landwirte gilt § 50 des
Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte.
§ 4
Zuständige Stellen für die Bestimmung des anwendbaren Rechts
(1) Den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung wird die Aufgabe übertragen,
die weitere Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften zu prüfen und insbesondere
für eine Person darüber zu entscheiden, die
1. vorübergehend in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland entsandt
oder dort vorübergehend selbständig tätig ist und
2. Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist.
(2) Der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen wird die
Aufgabe übertragen, die weitere Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften zu prüfen
und insbesondere für eine Person darüber zu entscheiden, die
1. vorübergehend in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland entsandt
oder dort vorübergehend selbständig tätig ist und
2. nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse, jedoch Mitglied in einer berufsständischen
Versorgungseinrichtung ist.
§ 3 Absatz 3 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in Europa
gilt entsprechend.
(3) Den zuständigen Trägern der Rentenversicherung wird die Aufgabe übertragen,
die weitere Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften zu prüfen und insbesondere
für eine Person darüber zu entscheiden, die
1. vorübergehend in das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland entsandt
oder dort vorübergehend selbständig tätig ist und
2. nicht Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse oder in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung
ist.
- 3 -
Drucksache 102/21
(4) Der Deutschen Rentenversicherung Bund wird die Aufgabe übertragen, die weitere
Anwendbarkeit der deutschen Rechtsvorschriften zu prüfen und insbesondere für eine
Person darüber zu entscheiden, die im Anwendungsbereich des Protokolls über die Koordinierung
der sozialen Sicherheit in zwei oder mehreren Staaten eine Tätigkeit ausübt,
wenn die betreffende Person ihren Wohnort nicht in Deutschland hat.
(5) Die Zuständigkeit des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, Deutsche Verbindungsstelle
Krankenversicherung - Ausland, richtet sich nach § 219a Absatz 1 Satz 3
Nummer 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch. § 219a Absatz 1 Satz 4 des Fünften
Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.
(6) §§ 150 Absatz 3 und 274 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend.
§ 5
Zugangsstellen für den elektronischen Datenaustausch
(1) Für die Zugangsstellen für den elektronischen Datenaustausch gilt § 6 Absatz 1
Nummer 1 bis 4 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in
Europa entsprechend.
(2) § 6 Absatz 2 des Gesetzes zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
in Europa sowie § 219b des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gelten entsprechend mit der
Maßgabe, dass an die Stelle der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme
der sozialen Sicherheit der Sonderausschuss für die Koordinierung der sozialen Sicherheit
tritt.
§ 6
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2021 in Kraft.
Drucksache 102/21
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen
Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits mit seinem Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
(im Folgenden: Protokoll) nebst Anlagen regelt die künftige Koordinierung der sozialen
Sicherheit in den Bereichen Renten-, Unfall-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung
zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland (GBR). Die Regelungen sind nach Prinzipien gestaltet, die auch innerhalb
der EU für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gelten.
Nach Artikel SSCI.71 des Anhangs SSC-7 zum Protokoll müssen die Mitgliedstaaten ihre
jeweiligen nationalen zuständigen Behörden, Verbindungsstellen, zuständigen Stellen und
Zugangsstellen sowie die im Sinne des Anhangs SSC-7 bezeichneten Träger und Stellen
dem Sonderausschuss für die Koordinierung der sozialen Sicherheit mitteilen.
Um den entsprechenden Festlegungen eine innerstaatlich gesicherte Rechtsgrundlage zu
verschaffen, soll die Festlegung der zuständigen Behörde, der zuständigen Träger, der Verbindungsstellen
sowie der Zugangsstellen in einem eigenständigen Gesetz zur Koordinierung
der sozialen Sicherheit mit GBR erfolgen.
Die Festlegung der bezeichneten Träger und Stellen (vgl. Artikel SSC.1 Absatz 1 Buchstabe
h iii) des Protokolls) erfolgt durch Erklärung im Gemeinsamen Ministerialblatt.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Die Festlegung der zuständigen Behörde, der Verbindungsstellen, der zuständigen Träger
für die Feststellung des anwendbaren Rechts sowie der Zugangsstellen erfolgt unter Beibehaltung
der bisherigen Zuständigkeiten für die Koordinierung der sozialen Sicherheit mit
GBR im Rahmen der Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
(EG) Nummer 883/2004 und (EG) Nummer 987/2009.
III. Alternativen
Keine.
IV. Gesetzgebungskompetenz
- 4 -
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die sozialversicherungsrechtlichen Regelungen
ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 des Grundgesetzes (GG).
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Der Gesetzentwurf sieht keine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung vor.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Drucksache 102/21
Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen
Entwicklung im Sinne der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Eine Nachhaltigkeitsrelevanz
ist gemessen an den einzelnen Indikatoren der Nachhaltigkeitsstrategie nicht
gegeben.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Es entstehen keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.
4. Erfüllungsaufwand
Bürgerinnen und Bürgern entsteht durch dieses Gesetz kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
Für die Wirtschaft entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
5. Weitere Kosten
Keine.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Keine.
VII. Befristung; Evaluierung
Eine Befristung oder Evaluierung ist nicht vorgesehen.
B. Besonderer Teil
Zu § 1
- 5 -
Das Gesetz verfolgt den Zweck, die Zuständigkeit der deutschen Sozialversicherungsträger
und anderer für die soziale Sicherheit zuständiger deutscher Träger und Behörden bei der
Anwendung und Durchführung des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
als Teil des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union
und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits festzulegen.
Drucksache 102/21
Zu § 2
Die Rechtsnorm legt fest, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Funktion
der zuständigen Behörde im Sinne des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
wahrnimmt. Die Festlegung entspricht der Festlegung der zuständigen Behörde im
Sinne von Artikel 1 Buchstabe m der Verordnung (EG) Nummer 883/2004.
Zu § 3
Die Rechtsnorm bestimmt die Verbindungsstellen zur Durchführung des Protokolls über die
Koordinierung der sozialen Sicherheit und seiner Anhänge. Die Festlegungen entsprechen
insgesamt den Festlegungen für die Verbindungstellen im Sinne von Artikel 1 Absatz 2
Buchstabe b der Verordnung (EG) Nummer 987/2009, vgl. für den Bereich der Vorruhestandsleistungen
§ 127a Absatz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch, für den Bereich
Pensionen eines Sondersystems für Beamtinnen und Beamte § 127a Absatz 2 des Sechsten
Buches Sozialgesetzbuch sowie für die berufsständischen Versorgungseinrichtungen §
3 Absatz 1 SozSichEUG. Absatz 5 hat eine klarstellende Funktion.
Zu § 4
Die Rechtsnorm bestimmt die zuständigen Stellen für die Bestimmung des anwendbaren
Rechts zur Durchführung des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit und
seiner Anhänge. Die Festlegungen entsprechen den Festlegungen für die zuständigen Stellen
für die Bestimmung des anwendbaren Rechts für die Verordnung (EG) Nummer
883/2004.
Zu § 5
Die Rechtsnorm bestimmt die Zugangsstellen für den elektronischen Datenaustausch zur
Durchführung des Protokolls über die Koordinierung der sozialen Sicherheit und seiner Anhänge.
Die Festlegungen entsprechen den Festlegungen für die Zugangsstellen im Sinne
von Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nummer 987/2009.
Zu § 6
- 6 -
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten dieses Gesetzes. Die Notwendigkeit des rückwirkenden
Inkrafttretens ergibt sich aus dem Umstand, dass das Protokoll und seine Anhänge
bereits seit dem 1. Januar 2021 vorläufig in Kraft sind und von den zuständigen Stellen
beachtet und umgesetzt werden müssen.