Stellungnahme des BundesratesBundesrat Drucksache 18/21 (Beschluss)
Stellungnahme
des Bundesrates
12.02.21
Entwurf eines Gesetzes für faire Verbraucherverträge
Der Bundesrat hat in seiner 1000. Sitzung am 12. Februar 2021 beschlossen, zu dem
Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu
nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat begrüßt das mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verfolgte Ziel,
den Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern zu verbessern, deren Position
gegenüber der Wirtschaft zu stärken und so faire Verbraucherverträge zu
fördern. Der Bundesrat ist jedoch der Ansicht, dass noch weitere Schritte notwendig
sind, um dem Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern ausreichend
Rechnung zu tragen.
Begründung:
Verbraucherinnen und Verbraucher werden immer noch viel zu häufig durch
wirtschaftlich überlegene Unternehmen übervorteilt. Nach wie vor sind undurchsichtige
Vertragsstrukturen und Kostenfallen an der Tagesordnung. Die
Regelungen im vorliegenden Gesetzesentwurf sind ein Schritt hin zum fairen
Vertragsschluss und zu fairen Vertragsbedingungen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 1 (§ 308 Nummer 9 BGB)
a) Der Bundesrat bittet sicherzustellen, dass Verbraucher bezüglich ihres Girokontos
bei einem Kreditinstitut durch das Gesetz nicht schlechter geschützt
werden als bisher. Er gibt dabei insbesondere zu bedenken, dass infolge
des im Gesetzentwurf vorgesehenen Verbots von allgemeinen Abtretungsausschlüssen
der Pfändungsschutz eines Girokontos ausgehebelt wer-
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den kann.
b) Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, inwieweit
Bankgeschäfte vom Verbot von generellen Abtretungsausschlüssen
ausgenommen werden können, damit schützenswerte Verbraucherinteressen
gewahrt bleiben.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Der Gesetzentwurf sieht keine Ausnahme vom in § 308 Nummer 9 BGB einzuführenden
Verbot von Abtretungsausschüssen für Kreditinstitute vor.
In der Begründung zum Gesetzentwurf wird lediglich die Wirkung von Abtretungsausschlüssen
beziehungsweise -beschränkungen auf Verbraucherkreditverträge
thematisiert. Diese Betrachtung greift zu kurz, wie folgende Beispiele
zeigen:
Girokonten gehören zum Massengeschäft. Deshalb werden Abtretungsausschlüsse
in den AGB der Banken verankert. Mit dem im Gesetzentwurf vorgesehenen
Verbot von Abtretungsausschlüssen würde der in den AGB der Banken
vorgesehene Abtretungsausschluss unzulässig. Dadurch hätten andere
Gläubiger die Möglichkeit, sich Forderungen – z. B. Guthaben auf den Girokonten
der Bank – von Verbrauchern abtreten zu lassen. In der Folge könnten
diese Gläubiger die dann eigene Forderung des Girokontos gegen die Bank
durchsetzen. Selbst das Bestehen eines Pfändungsschutzkontos hindert den
Einzug dieser Forderung nicht. Es droht also, dass Verbraucher durch das vorgesehene
Verbot von Abtretungsausschlüssen schlechter geschützt sind als bei
Bestehen eines Abtretungsverbots.
Zu Buchstabe b:
Bei Bankgeschäften können Abtretungsausschlüsse in vielen (Massen-)Sachverhalten
sinnvoll sein. Förderdarlehen beispielweise sind an Bedingungen
auch zur Verwendung geknüpft, sind nicht abtretbar und müssen bei Nichteinhaltung
ggf. zurückgezahlt werden. Sparbücher müssen vorgelegt werden,
wenn eine Auszahlung verlangt wird; eine (Teil-) Abtretung beinhaltet aber
nicht die Übergabe des Sparbuchs an den Abtretungsempfänger und kann zu
Unklarheiten führen, an wen die Leistung mit schuldbefreiender Wirkung erbracht
werden darf. Bausparverträge dienen als Sicherheiten für Darlehen; eine
Abtretung gefährdet dieses Darlehen. Das im Gesetzentwurf vorgesehene generelle
Verbot von Abtretungsausschlüssen kann auch hier für Verbraucher nachteilig
sein. Es liegt gerade im Interesse von Verbrauchern, hier Nachteile zu
verhindern.
3. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a0 – neu – (§ 309 Nummer 9 Satzteil vor
Nummer 1 BGB)
In Artikel 1 Nummer 2 ist dem Buchstaben a folgender Buchstabe a0 voranzu-
stellen:
- 3 - Drucksache 18/21 (Beschluss)
‚a0) Im Satzteil vor Nummer 1 werden nach den Wörtern „die regelmäßige Erbringung
von Dienst- oder Werkleistungen“ die Wörter „oder die regelmäßige
entgeltliche Nutzung von Sport- oder Freizeiteinrichtungen“ eingefügt.‘
Begründung:
Das Klauselverbot in § 309 Nummer 9 BGB ist zu eng gefasst. Der Anwendungsbereich
dieser Regelung ist auf Vertragsverhältnisse, die „die regelmäßige
Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder
Werkleistungen durch den Verwender zum Gegenstand“ haben begrenzt. Fitnessstudioverträge
werden von der geltenden und geplanten Regelung nach der
Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann nicht erfasst, wenn sie keine besonderen
Verpflichtungen mit dienstvertraglichem Charakter enthalten (vgl. Urteil
vom 8. Februar 2012 – XII ZR 42/10); ob sie bei Vorliegen dienstvertraglicher
Verpflichtungen als typengemischte Verträge unter § 309 Nummer 9 BGB fallen,
hat der BGH (a. a. O.) ausdrücklich offengelassen.
Die bestehende Regelungslücke soll geschlossen werden durch eine Ausweitung
des Anwendungsbereichs der Norm auf Verträge, die die entgeltliche
Nutzung von Sport- oder Freizeiteinrichtungen zum Inhalt haben. Neben den
Fitnessstudioverträgen werden hierdurch Verbraucherinnen und Verbraucher
im gesamten Sport- und Freizeitbereich vor zu langen Vertragslaufzeiten geschützt
(z. B. bei der regelmäßigen Benutzung von Tennis-, Golf- und Bowlinganlagen,
dem dauerhaften Chartern von Segelbooten oder Flatrates in
Wellnesseinrichtungen).
4. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a (§309 Nummer 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe
bb BGB)
In Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a sind in § 309 Nummer 9 Buchstabe a Doppelbuchstabe
bb nach dem Wort "welcher" die Wörter "einschließlich sämtlicher
Kosten" und nach den Wörtern "längeren Laufzeit" die Wörter "unter Berücksichtigung
von unentgeltlichen Zuwendungen" einzufügen.
Begründung:
Die Begrenzung des Preisaufschlags für eine einjährige Vertragsbindung gegenüber
einer längeren Vertragsbindung muss aus Gründen der Rechtssicherheit
so klar wie möglich gefasst werden. Auch muss ausgeschlossen werden,
dass durch zusätzliche Anreize wie unentgeltliche Zuwendungen bei längeren
Vertragslaufzeiten und Zusatzkosten ausschließlich bei kürzeren Verträgen,
zum Beispiel in Form von Bearbeitungsgebühren, der maximal zulässige Preis-
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unterschied von 25 Prozent faktisch ausgehebelt wird.
5. Zu Artikel 1 Nummer 3a – neu – (§ 312a Absatz 7 – neu – BGB)
In Artikel 1 ist nach der Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:
‚3a. Dem § 312a wird folgender Absatz 7 angefügt:
„(7) Der Unternehmer hat unbeschadet anderer Vorschriften leicht zugängliche
Verfahren zur Verfügung zu stellen, mit denen der Verbraucher
nach Vertragsschluss für das Vertragsverhältnis relevante Erklärungen,
insbesondere Kündigung, Widerruf und die Geltendmachung von Rechten
aus dem Vertragsverhältnis (vertragsrelevante Erklärungen) abgeben
kann." '
Begründung:
Für Verbraucher besteht in einigen Fällen das Problem, dass sie auf vertragsrelevante
Erklärungen wie Kündigung, Widerruf oder die Geltendmachung von
vertraglichen Ansprüchen weder eine Zugangsbestätigung noch eine sonstige
Äußerung des Unternehmers erhalten oder der Zugang im weiteren Verlauf der
Verhandlungen zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer schlicht bestritten
wird. Zum Teil ist für Verbraucher auch nicht oder nur schwer erkennbar,
auf welchem Weg sie vertragsrelevante Erklärungen überhaupt abgeben
können.
Daher sollte in § 312a eine allgemeine Verpflichtung des Unternehmers geschaffen
werden, leicht zugängliche Verfahren zur Abgabe von vertragsrelevanten
Erklärungen zur Verfügung zu stellen. Da sich die Problematik nicht
nur auf die Kündigung von Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr beschränkt,
bei der ein sogenannter „Kündigungsbutton“ diskutiert wird, sondern
auch in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossene Verträge, beispielsweise
über die Nutzung von Fitness-Studios, betrifft, sollte eine Regelung
in den allgemeinen Vorschriften über Verbraucherverträge verankert werden.
Diese Regelung lässt speziellere Vorgaben unberührt.
Die Abgabe von vertragsrelevanten Erklärungen nach Abschluss eines Verbrauchervertrages
ist weder in der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der
Verbraucher noch in der Richtlinie 2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte
der Dienste der Informationsgesellschaft abschließend geregelt, so dass
insoweit keine Kollision mit unionsrechtlichen Vorgaben besteht.
6. Zu Artikel 1 Nummer 3a – neu – (§ 312c Absatz 3 bis 5 – neu – BGB)
Artikel 4 (§ 41 Absatz 1 Satz 1 EnWG)
a) In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:
- 5 - Drucksache 18/21 (Beschluss)
,3a. Dem § 312c werden folgende Absätze angefügt:
„(3) Die Wirksamkeit eines telefonisch geschlossenen Fernabsatzvertrages
hängt davon ab, dass der Verbraucher den Vertrag in Textform
genehmigt, nachdem ihm der Unternehmer sein Angebot auf einem
dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt hat. Dies gilt
nicht, wenn das Telefonat nicht von dem Unternehmer oder einer in
seinem Namen oder Auftrag handelnden Person zum Zwecke der
Werbung veranlasst worden ist. § 312d Absatz 1 bleibt unberührt.
(4) Der Unternehmer kann das aufgrund des Vertrags Geleistete
nicht deshalb zurückfordern, weil in Folge fehlender Genehmigung
nach Absatz 3 eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. Fordert der
Unternehmer den Verbraucher zur Erklärung über die Genehmigung
auf, gilt sie als verweigert, wenn der Verbraucher sie nicht binnen
zwei Wochen erklärt.
(5) Die Absätze 3 und 4 finden keine Anwendung bei Verträgen
über Finanzdienstleistungen.“ ‘
b) Artikel 4 ist zu streichen.
Begründung
Die Belästigung durch überraschende und unerbetene Werbeanrufe ist für eine
Vielzahl von Verbraucherinnen und Verbrauchern bereits seit vielen Jahren ein
erhebliches Problem. Die in Artikel 4 vorgesehene Einführung des Textformerfordernisses
für Strom- und Gaslieferverträge mit Haushaltskunden außerhalb
der Grundversorgung löst dieses Problem nicht hinreichend und führt zu keiner
signifikanten Verbesserung der Situation der Verbraucher.
Nach dem Schlussbericht der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen
Evaluierung der verbraucherschützenden Regelungen im Gesetz gegen unseriöse
Geschäftspraktiken vom 3. Februar 2017 ist der Energiesektor nur ein
Schwerpunkt des Beschwerdeaufkommens gegen Telefonwerbung. Daneben
treten Beschwerden vermehrt in den Branchen Telekommunikation, Versicherungs-
und Finanzprodukte sowie Printmedien auf (S. 9 und 186 des Schlussberichts).
Die Position der Verbraucher muss daher branchenübergreifend und
nicht nur im Energiesektor gestärkt werden. Die punktuelle Regelung für Energieversorgungsverträge
lässt zudem befürchten, dass Verbraucher zwar in diesem
Bereich weniger Werbeanrufen ausgesetzt sein werden, dafür aber eine
Zunahme in anderen, nicht geregelten Bereichen eintreten wird.
Im Übrigen besteht eine Schwäche der sog. Textformlösung, wie der oben genannte
Schlussbericht hervorhebt, darin, dass die Formunwirksamkeit gerade
im Bereich der Energieversorgungsleistungen nicht zur Folge hat, dass der
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Verbraucher von jeder Zahlungspflicht befreit wird. Ist mit der Leistungserbringung
schon begonnen worden, ist vielmehr die häufig komplizierte Rückabwicklung
über das Bereicherungsrecht mit Wertersatz durchzuführen (S. 188
des Schlussberichts).
Eine signifikante Verbesserung des Verbraucherschutzes bei Telefonwerbung
lässt sich vielmehr durch die Einführung einer branchenübergreifenden Bestätigungslösung
erzielen, wie sie bereits zweimal vom Bundesrat vorgeschlagen
worden ist (Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei
Telefonwerbung, Beschluss vom 12. Mai 2017, BR-Drucksache 181/17 (Beschluss);
Beschluss vom 27. April 2018, BR-Drucksache 121/18 (Beschluss))
und in Übereinstimmung mit diesen Vorschlägen mit dem vorliegenden Antrag
verfolgt wird. Auf den Inhalt der genannten Beschlüsse wird vollumfänglich
Bezug genommen. Hervorgehoben sei an dieser Stelle, dass die von der Bundesregierung
geäußerte Befürchtung (Entwurfsbegründung, BR-Drucksache
18/21, S. 11), dass die vorgeschlagene Bestätigungslösung zu Rechtsunsicherheit
führe, da die vorgesehenen Ausnahmefälle nicht immer zweifelsfrei feststellbar
sein dürften, nicht gerechtfertigt ist. Der vorgeschlagene § 312c Absatz
3 Satz 2 BGB sieht im Rahmen einer Beweislastregel vor, dass die Bestätigungslösung
nicht gelten soll, wenn das Telefonat nicht von dem Unternehmer
oder einer in seinem Namen oder Auftrag handelnden Person zum Zwecke
der Werbung verlasst worden ist. Ob der Telefonanruf mit oder ohne wirksame
Einwilligung des Verbrauchers im Sinne von § 7 Absatz 2 Nummer 2, 3 UWG
erfolgt ist, ist unerheblich. Somit hat der Unternehmer, will er sich auf die
Wirksamkeit des nicht in entsprechender Form genehmigten Vertrages berufen,
darzulegen und zu beweisen, dass er den Anruf nicht zu Werbezwecken, sondern
auf Veranlassung des Verbrauchers vorgenommen hat. Bestehen beim
Unternehmer Zweifel, ob ihm dies gelingt, wird er den Weg der Genehmigung
gehen müssen. Ein entsprechendes Vorgehen kann er aber selbst bestimmen
und in die Wege leiten. Die vorgesehene Ausnahmeregelung führt damit nicht
zu Rechtsunsicherheit. Sie bewirkt zudem eine sachgerechte Beschränkung des
Anwendungsbereichs der Bestätigungslösung und entkräftet die Kritik der
Bundesregierung (Entwurfsbegründung, BR-Drucksache 18/21, S. 11), dass
der Anwendungsbereich zu weit gefasst sei, da er grundsätzlich alle telefonisch
geschlossenen Fernabsatzverträge erfasse. Für Verträge, bei denen der Verbraucher
aus eigenem Antrieb den telefonischen Kontakt zum Unternehmer
sucht – wie dies beispielsweise bei Katalogbestellungen, der Beauftragung von
handwerklichen Leistungen und ähnlichen Geschäften häufig der Fall ist – gilt
die vorgeschlagene Bestätigungslösung gerade nicht, weil sie insoweit eine unverhältnismäßige
Erschwernis des telefonischen Geschäftsverkehrs und der
Vertragsfreiheit allgemein bedeuten würde.
7. Zu Artikel 1 Nummer 3a – neu – (§ 312i Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 Satz 2
BGB)
In Artikel 1 ist nach der Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:
‚3a. § 312i Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- 7 - Drucksache 18/21 (Beschluss)
a) In Satz 1 Nummer 3 werden nach dem Wort „Bestellung“ die Wörter
„und nach Vertragsschluss für das Vertragsverhältnis relevanten
Erklärungen, insbesondere Kündigung, Widerruf und der Geltendmachung
von Rechten aus dem Vertragsverhältnis (vertragsrelevante
Erklärungen),“ eingefügt.
b) In Satz 2 werden nach dem Wort „Bestellung“ die Wörter „ , vertragsrelevante
Erklärungen“ eingefügt.‘
Begründung:
Für Verbraucher besteht in einigen Fällen das Problem, dass sie auf vertragsrelevante
Erklärungen wie Kündigung, Widerruf oder die Geltendmachung von
vertraglichen Ansprüchen weder eine Zugangsbestätigung noch eine sonstige
Äußerung des Unternehmers erhalten oder der Zugang im weiteren Verlauf der
Verhandlungen zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer schlicht bestritten
wird.
Bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr sind aufgrund des elektronischen
Bestellvorgangs geeignete technische Voraussetzungen vorhanden, die
ohne nennenswerten Zusatzaufwand auch zur Einrichtung einer automatisierten
Zugangsbestätigung genutzt werden können. Mit der Einführung einer verpflichtenden
Zugangsbestätigung erhalten Verbraucher mehr Rechtssicherheit
darüber, ob und gegebenenfalls wann ihre vertragsrelevanten Erklärungen den
Unternehmer erreicht haben. Die Abgabe und der Zugang von vertragsrelevanten
Erklärungen nach Abschluss eines Verbrauchervertrages sind weder in der
Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher noch in der Richtlinie
2000/31/EG über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft
abschließend geregelt, so dass insoweit keine Kollision mit unionsrechtlichen
Vorgaben besteht.
8. Zu Artikel 1 Nummer 3a – neu – (§ 312j Absatz 4a – neu – BGB)
In Artikel 1 ist nach Nummer 3 folgende Nummer einzufügen:
‚3a. § 312j wird wie folgt geändert:
a) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz eingefügt:
„(4a) Für den Fall, dass die Bestellung eines Verbrauchers nach Absatz
3 Satz 2 über eine Schaltfläche erfolgt ist und ein Dauerschuldverhältnis
begründet hat, muss der Unternehmer auch für die Kündigung
dieses Dauerschuldverhältnisses eine leicht auffindbare, barrierefreie,
gut lesbare und verständlich beschriebene Schaltfläche (beschriftet
mit dem Wort „Vertrag kündigen“) vorsehen. § 312i Ab-
Drucksache 18/21 (Beschluss) - 8 -
satz 1 Satz 1 Nummer 3 gilt entsprechend. § 312h bleibt unberührt.“
b) In Absatz 5 Satz 1 wird die Angabe „4“ durch die Angabe „4a“ ersetzt.‘
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Derzeit ist die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen für die Verbraucherinnen
und Verbraucher häufig deutlich schwieriger als deren Abschluss. Sie
können ihre Rechtsgeschäfte im Internet zwar mittels einer Schaltfläche zum
Bestellen, dem sog. „Bestellbutton“ abschließen, es existiert aber keine korrespondierende
niedrigschwellige Kündigungsmöglichkeit. Vielmehr müssen
Verbraucherinnen und Verbraucher erst nach der richtigen, für die Adressierung
von Kündigungen geeigneten E-Mail-Adresse suchen und den Beweis des
Zugangs der Kündigungserklärung antreten, wenn keine Empfangsbestätigung
seitens des Unternehmens verschickt wird.
Da es keine europarechtliche Harmonisierung des Kündigungsprozesses (etwa
über die Verbraucherrechterichtlinie) gibt, können die Unternehmen weitestgehend
selbst die Modalitäten der Kommunikation und damit des digitalen Kündigungsprozesses
bestimmen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Formerfordernisse
an eine Kündigung zwar verringert und mit dem Gesetz zur Verbesserung
der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften
des Datenschutzrechts vom 17. Februar 2016 (BGBl. S. 233) klargestellt, dass
auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Anzeigen und Erklärungen wie
die einer Kündigung keine strengere Form als die Textform vorgesehen werden
darf. Diese gesetzlichen Anpassungen haben jedoch die praktischen Probleme
der Kündigungserklärung und deren Zugangs nicht gelöst.
Durch die Einführung einer mit dem Bestellvorgang korrespondierenden
Pflicht der Unternehmen, für den Kündigungsvorgang (ebenfalls) eine leicht
auffindbare, barrierefreie, gut lesbare und verständlich beschriebene Schaltfläche
vorzusehen, wird der Aufwand, bestehende nicht mehr gewünschte Langzeitverträge
zu kündigen, deutlich gesenkt.
Die gesetzliche Festlegung einer verpflichtenden Empfangsbestätigung für die
Kündigungserklärung verschafft Verbraucherinnen und Verbrauchern auch
mehr Rechtssicherheit. Beide Neuregelungen beseitigen das derzeit im Kündigungsprozess
bestehende strukturelle Ungleichgewicht.
Zu Buchstabe b:
Folgeänderung zu Buchstabe a.
9. Zu Artikel 2 (Artikel 229 § … < > EGBGB)
In Artikel 2 ist in Artikel 229 § … <einsetzen: nächste bei der Verkündung freie
Zählbezeichnung> wie folgt zu fassen:
- 9 - Drucksache 18/21 (Beschluss)
„§ … [einsetzen: nächste bei der Verkündung freie Zählbezeichnung]
Übergangsvorschrift zum Gesetz für faire Verbraucherverträge
(1) § 309 Nummer 9 Buchstabe b und c des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet
auf ein Schuldverhältnis, das vor dem … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens
nach Artikel 5 Satz 2 dieses Gesetzes] entstanden ist, ab dem … [einsetzen:
Datum des ersten Tages nach Ablauf von 18 Monaten nach Inkrafttreten dieses
Gesetzes gemäß Artikel 5 Satz 2] in Ansehung der Voraussetzungen stillschweigender
Verlängerungen des Vertragsverhältnisses ab diesem Tag sowie
von Kündigungen, die ab diesem Tag ausgesprochen werden, Anwendung. Zur
Anpassung bestehender Schuldverhältnisse kann der Verwender die beabsichtigte
Änderung der Vertragsbedingungen spätestens einen Monat vor dem vorgeschlagenen
Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens in Textform anbieten. Die Zustimmung
des Vertragspartners zur Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
durch den Verwender gilt als erteilt, wenn dieser dem Verwender seine
Ablehnung nicht vor dem vorgeschlagenen Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Änderung angezeigt hat. Der Verwender hat den Vertragspartner auf die Folgen
seines Schweigens hinzuweisen.
(2) Im Übrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf
ein Schuldverhältnis, das vor dem … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach
Artikel 5 Satz 2 dieses Gesetzes] entstanden ist, in der bis zu diesem Tag geltenden
Fassung Anwendung.“
Begründung:
Ausweislich der Gesetzesbegründung soll durch die geplante Beschränkung
von Laufzeitvereinbarungen bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen die
Wahlfreiheit der Verbraucher gestärkt und der Wettbewerb gefördert werden.
Diese Zielsetzung lässt sich indes kurz- sowie mittelfristig nicht in ausreichendem
Maße erreichen, wenn zwar Neuverträge, nicht jedoch auch Bestandsverträge
von dem Anwendungsbereich des § 309 Nummer 9 BGB-E erfasst würden.
Daher lässt sich die Position der Verbraucher lediglich dann signifikant
stärken, wenn Bestandsverträge jedenfalls im Bereich der stillschweigenden
Vertragsverlängerung sowie Kündigung von der geplanten Änderung des
AGB-Rechts profitieren.
Die im Sinne einer teilweisen unechten Rückwirkung vorgeschlagene Fassung
des Artikel 229 § … Absatz 1 EGBGB, dessen Rechtsfolgen lediglich Vertragsverlängerungen
und Kündigungen nach dem Stichtag betreffen, steht hierbei
auch im Einklang mit den geltenden verfassungsrechtlichen Grundsätzen.
So handelt es sich bei den in § 309 Nummer 9 BGB genannten Dauerschuldverhältnissen
gerade nicht um vergangene oder abgeschlossene Sachverhalte,
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da ihnen typischerweise die Möglichkeit einer stillschweigenden Vertragsverlängerung
respektive Kündigung innewohnt, die Fortsetzung des jeweiligen
Vertragsverhältnisses mithin allein vom Willen des Verbrauchers abhängig und
somit ungewiss ist. Dementsprechend fehlt es nach Ablauf der anfänglichen
Vertragslaufzeit an einer gesicherten Rechtsposition des Unternehmers, welche
der vorgeschlagenen Fassung des Artikel 229 § ... EGBGB unter dem Blickwinkel
des Vertrauensschutzes entgegenstehen könnte.
Die vorgeschlagene Übergangsregelung in Artikel 229 § … Absatz 1 Satz 1
EGBGB gewährleistet ausreichend Zeit für die Umstellung der Vertragsbedingungen
und gibt den Unternehmen die notwendige Planungssicherheit. Zudem
ist zu berücksichtigen, dass die betroffenen Unternehmen ohnehin verpflichtet
sind, ihre Vertragsbedingungen und Kommunikationsprozesse für Neuverträge
umzustellen, sofern sie an dem Modell automatischer Vertragsverlängerungen
festhalten wollen. Bei einer Einbeziehung von Bestandsverträgen ist daher
nicht mit einem erheblichen Mehraufwand zu rechnen. Schließlich soll Artikel
229 § … Absatz 1 Satz 2 und 3 EGBGB durch eine an die Vorschrift des
§ 675g Absatz 1 und 2 BGB angelehnte Regelung die notwendigen Rahmenbedingungen
für die Anpassung bestehender Schuldverhältnisse an die neue
Rechtslage schaffen.
10. Zum Gesetzentwurf insgesamt
a) Der Bundesrat befürwortet ausdrücklich die geplante Einführung einer bußgeldbewährten
Dokumentations-, Aufbewahrungs- und Nachweispflicht für
telefonisch werbende Unternehmen bezüglich der erteilten Einwilligungen
der Verbraucherinnen und Verbraucher in die Telefonwerbung.
b) Der Bundesrat sieht in der geplanten Einführung eines Textformerfordernisses
für telefonisch abgeschlossene Fernabsatzverträge mit Strom- und
Gaslieferungsunternehmen einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Verbraucherinnen
und Verbraucher vor ungewollten Verträgen bzw. Vertragskonditionen
in der Energiebranche.
c) Der Bundesrat hält jedoch eine sektorielle Beschränkung der sog. Bestätigungslösung
auf die Energiebranche für unzureichend. Er gibt zu bedenken,
dass ein verbesserter Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor
aufgedrängten oder untergeschobenen Verträgen auch in anderen Branchen
notwendig ist (z.B. zum Schutz vor sogenannten Abo-Fallen im Zusammenhang
mit der Bestellung von Zeitschriften).
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Die geplante Einführung einer bußgeldbewährten Dokumentations-, Aufbe-
- 11 - Drucksache 18/21 (Beschluss)
wahrungs- und Nachweispflicht für telefonisch werbende Unternehmen (Artikel
3 des Gesetzentwurfs) ist geeignet, illegale Telefonwerbung wirksam und
nachhaltig einzudämmen. Die Dokumentation muss nach § 7a Absatz 1
UWG-E „in angemessener Form“ erfolgen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs
soll zur Auslegung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs die Bundesnetzagentur
Hinweise veröffentlichen. Eine Aufbewahrungsfrist von fünf Jahren
und ein Bußgeldrahmen von bis zu 50 000 Euro bei Verstößen gegen die
Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht erscheinen angemessen, um die
Unternehmen zur Einhaltung dieser Pflichten anzuhalten und eine wirksame
behördliche Kontrolle durch die zuständige Bundesnetzagentur zu ermöglichen.
Zu Buchstabe b:
Die geplante Einführung der Bestätigungslösung für den Abschluss von Stromund
Gaslieferungsverträgen (Artikel 4 des Gesetzentwurfs) wird ausdrücklich
begrüßt, da sie den Verbraucherinnen und Verbrauchern auf dem Gebiet des
Energiesektors einen umfassenden Schutz bietet:
Durch Änderung des § 41 Absatz 1 Satz 1 EnWG soll künftig geregelt werden,
dass Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb
der Grundversorgung zu ihrer Wirksamkeit der Textform im Sinne von
§ 126b BGB bedürfen. Nach dem Regelungsvorschlag gilt das Textformerfordernis
unabhängig davon, ob der Energielieferungsvertrag telefonisch oder im
Rahmen eines Haustürgeschäftes abgeschlossen wurde. Für den Fall eines telefonischen
Vertragsschlusses soll es zu Recht nicht darauf ankommen, ob der
Anruf zu Werbezwecken vom Unternehmen ausging oder von den Verbraucherinnen
und Verbrauchern getätigt wurde. Bei Nichtwahrung der Textform ist
der Liefervertrag gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig. Anderweitige Informationspflichten
des Unternehmers, wie beispielsweise nach § 312d BGB, bleiben
von dem Entwurf unberührt. Ein etwaiges Widerrufsrecht der Verbraucherinnen
und der Verbraucher bleibt von der Einführung des Textformerfordernisses
ebenfalls unberührt.
Zu Buchstabe c:
Nach der Gesetzesbegründung zu Artikel 4 erfolgt die Einführung der Bestätigungslösung
auf dem Energiesektor „zum verbesserten Schutz der Verbraucher
vor aufgedrängten oder untergeschobenen Verträgen mit Energielieferanten“.
Für die Verbraucherinnen und Verbraucher wäre es jedoch nicht nachvollziehbar,
die Erforderlichkeit einer Genehmigung bzw. Bestätigung eines telefonisch
abgeschlossenen Vertrags auf die Energiebranche zu begrenzen. Denn es
liegt auch in anderen Branchen sowohl im Verbraucherinteresse als auch im Interesse
eines fairen wirtschaftlichen Wettbewerbs, die Verbraucherinnen und
Verbraucher vor aufgedrängten oder untergeschobenen Verträgen zu schützen.
So würde etwa eine Geltung der Bestätigungslösung auch im Zeitschriftenmarkt,
einen wirksameren Verbraucherschutz vor sogenannten Abo-Fallen ermöglichen.
Eine Bestätigungslösung sollte zudem nicht nur den Schutz vor unseriösen Unternehmen
zum Ziel haben, sondern darüber hinausgehen. Denn auch im Zusammenhang
mit Anrufen von oder bei seriösen Unternehmen kommt es häufig
Drucksache 18/21 (Beschluss) - 12 -
zu Missverständnissen über den Abschluss eines Vertrags oder die besprochenen
Vertragskonditionen. Derartige Missverständnisse treten vor allem bei
Verträgen mit komplexeren Vertragsinhalten sowie bei der Verwendung von
Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf und lassen sich vermeiden, indem sich
die Verbraucherinnen und Verbraucher die Vertragskonditionen noch vor
Wirksamwerden des Vertrags in Ruhe durchzulesen und bei offenen Fragen
oder festgestellten Missverständnissen eine Klärung mit dem Unternehmer
herbeiführen.