Empfehlungen der AusschüsseFz
Bundesrat Drucksache 7/1/21
E m p f e h l u n g e n
der Ausschüsse
01.02.21
Fz - R - Wi
zu Punkt ... der 1000. Sitzung des Bundesrates am 12. Februar 2021
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU)
2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten
Der federführende Finanzausschuss und
der Wirtschaftsausschuss
A
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des
Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 (§ 8, § 66 WpIG)
a) Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Möglichkeit
für Wertpapierinstitute, die nach dem Gesetzentwurf als „Mittlere
Wertpapierinstitute“ klassifiziert werden, vorzusehen, sich auf Antrag bei
Erfüllung bestimmter Kriterien (z. B. voraussichtliches Überschreiten der
Grenzen innerhalb eines festgelegten Zeitraums, keine Verringerung der
Eigenmittelanforderungen) nach den strengeren Regeln für die Gruppe der
„Großen Wertpapierfirmen“ beaufsichtigen zu lassen.
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ISSN 0720-2946
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Empfehlungen, 7/1/21 - 2 -
b) Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, darauf hinzuwirken, dass die
verschiedenen Meldungen über eine einheitliche Plattform abgegeben und
von dort weitergeleitet werden können. So wird ein effizientes Meldemanagement
bei Aufsicht und Wertpapierinstituten ermöglicht.
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Die EU-Richtlinie, die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf umgesetzt werden
soll, hat die Strukturen von Instituten im Blick, die bereits bestehen. Aufgrund
des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU muss sich die Finanzwirtschaft
innerhalb Europas neu ordnen. Dabei werden Firmen in den EU-27-
Finanzmarkt sukzessiv eintreten, die sich absehbar stark entwickeln werden. In
dieser Situation sollte es in begründeten (Einzel-) Fällen möglich sein, unter
festgelegten Voraussetzungen den Aufsichtsrahmen - ggf. auch befristet - zu
gewähren, der innerhalb eines bestimmten Zeitraums voraussichtlich ohnehin
anzuwenden wäre. Denn eine stärkere Beaufsichtigung bei einem absehbaren
Hereinwachsen in größere Strukturen ist von Anfang an sinnvoll. Für die Finanzstabilität
würde die Anwendung der Vorgaben für Große Wertpapierinstitute
keine Gefahr bedeuten, gelten doch für solche Institute gerade aus Gründen
der Finanzstabilität die Vorgaben der CRR.
Die erstmalige Schaffung eigener Aufsichtsanforderungen für Wertpapierinstitute
erfolgt in einer Phase, in der sich die Finanzwirtschaft innerhalb Europas
aufgrund des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU neu ordnen
muss. Wertpapierinstitute bleiben hiervon nicht unberührt. Bereits jetzt ist feststellbar,
dass Geschäft aus London heraus verlagert wird. In dieser offenen Situation
sollte es in begründeten (Einzel-)Fällen möglich sein, unter festgelegten
Voraussetzungen den Aufsichtsrahmen befristet zu gewähren, der innerhalb eines
bestimmten Zeitraums voraussichtlich ohnehin anzuwenden wäre. Für die
Finanzstabilität würde die Anwendung der Vorgaben für Große Wertpapierinstitute
keine Gefahr bedeuten, gelten doch für solche Institute gerade aus
Gründen der Finanzstabilität die Vorgaben der CRR.
Zu Buchstabe b:
Das Meldewesen ist ein Thema, das bei Kreditinstituten seit Jahren Gegenstand
von Diskussionen ist. Unstrittig ist eine Aufsicht ohne verlässliche Daten nicht
möglich, und auch makroprudenzielle Aufsicht benötigt entsprechende Informationen.
Mit der vorliegenden, EU-rechtlich vorgegebenen Anpassung der Aufsicht für
Wertpapierinstitute eröffnet sich die Chance, das Meldewesen von Beginn an
quasi aus einem Guss zu etablieren, so dass die aus der Aufsicht von Kreditinstituten
hinlänglich bekannten Probleme im Meldewesen vermieden werden
können. Diese Chance sollte im Interesse sowohl der Aufsicht als auch der
Wertpapierinstitute genutzt werden.
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Fz
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
- 3 - Empfehlungen, 7/1/21
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob eine
aufsichtliche Konsolidierung auch in den Fällen ermöglicht werden kann, bei
denen die Wertpapierinstitute den wirtschaftlichen Schwerpunkt bilden. Der
Bundesrat erinnert insoweit an seinen Beschluss vom 2. März 2018, in dem bereits
auf die Problematik aufsichtlicher Doppelungen hingewiesen wurde (Bundesrats-Drucksache
775/17 (B)).
Begründung:
Durch die IFR/IFD i.V.m. dem vorliegenden Gesetzentwurf wird ein eigenständiger
Regulierungsrahmen (neben der CRR i.V.m. KWG) für Wertpapierinstitute
geschaffen. Durch diese zwei Rahmenwerke sind Überschneidungen
nicht auszuschließen. Während künftig Kreditinstitute, große Wertpapierinstitute
und die Finanzdienstleistungsinstitute, welche nicht unter die Definition
der Wertpapierinstitute fallen, weiterhin der CRR bzw. dem KWG-Regime unterliegen
und nach den dort festgelegten Regeln zu konsolidieren sind, so sind
kleine und mittlere Wertpapierinstitute nach den Regelungen der IFR/IFD zu
konsolidieren.
Kommt es zu einer Vermischung von Wertpapierinstituten und Kreditinstituten
innerhalb einer Unternehmensgruppe, gewährt Artikel 1 Absatz 5 der IFR die
Möglichkeit, wieder einen einheitlichen Rechtsrahmen innerhalb der Gruppe
herzustellen, in dem die Wertpapierfirma weiterhin nach den Maßgaben der
CRR reguliert wird.
Kommt es jedoch zur Vermischung von Wertpapierinstituten und Finanzdienstleistungsinstituten
innerhalb einer Unternehmensgruppe, bei denen die Wertpapierinstitute
den wirtschaftlichen Schwerpunkt bilden (und deren Mutter damit
eine Wertpapierfirma, Investmentholdinggesellschaft oder gemischte Investmentholdinggesellschaft
ist), ist im aktuellen Gesetzentwurf keine Möglichkeit
vorgesehen, einen einheitlichen Rechtsrahmen innerhalb der Gruppe
wiederherzustellen.
Der Gesetzentwurf sieht zwar die Wiederherstellung eines einheitlichen
Rechtsrahmens durch aufsichtliche Konsolidierung innerhalb einer Gruppe für
den Fall vor, dass die Muttergesellschaft ein Kreditinstitut ist. Dann gelten
CRR und KWG. Im umgekehrten Fall, dass die Muttergesellschaft eine Wertpapierfirma
ist, ist dies unter dem neuen Recht für Wertpapierinstitute nicht
möglich.
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Wi
Empfehlungen, 7/1/21 - 4 -
Die damit entstehende Doppelregulierung widerspricht der gesetzgeberischen
Intention, kleinen und mittleren Wertpapierinstituten Erleichterungen zu gewähren,
da die unterschiedlichen rechtlichen Rahmbedingungen die Darstellung
gruppenweit einheitlicher Prozesse erschwert. Außerdem ist es insofern
innovationsfeindlich, als z. B. eine reine Verwahrfunktion für Kryptowerte -
dies ist bei der großen Gefahr von Cyberangriffen eine sehr wichtige Nebendienstleistung
für den Kryptohandel von Wertpapierinstituten - zur Anwendung
von CRR/KWG führt, während das wesentlich risikoreichere Assetmanagement
derselben Kryptowerte unter die Anwendung des neuen Rechts für Wertpapierinstitute
fallen würde.
3. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob das
neue, durch den vorliegenden Gesetzentwurf zu schaffende Aufsichtsregime für
Wertpapierinstitute dem Kryptoverwahrgeschäft nach § 1 Absatz 1a Satz 2
Nummer 6 KWG angemessener ist als das Bankenaufsichtsregime, dessen Anwendung
bislang vorgesehen ist.
Begründung:
Bislang unterliegen Unternehmen, die das Kryptoverwahrgeschäft betreiben,
der Bankenaufsicht. Allerdings weist das Kryptoverwahrgeschäft eine größere
Ähnlichkeit zu der Verwahrung von Wertpapieren auf als zum klassischen
Bankgeschäft, bei dem Risiken maßgeblich aus der Fristentransformation entstehen.
Eine Prüfung, ob das Aufsichtsregime für Wertpapierinstitute aus sachlichen
Gründen dem Kryptoverwahrgeschäft angemessener ist als das Bankenaufsichtsregime,
erscheint deshalb geboten. Gegebenenfalls ist für Unternehmen,
die das Kryptoverwahrgeschäft betreiben, das Aufsichtsregime für
Wertpapierinstitute zu öffnen.
4. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat,
B
gegen den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine
Einwendungen zu erheben.