Verordnung der BundesregierungBundesrat Drucksache 190/21
Verordnung
der Bundesregierung
25.02.21
G - In
Zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher
Vorschriften
A. Problem und Ziel
Die Anlagen II und III des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) werden auf Grundlage des
§ 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 BtMG an den aktuellen Stand der Erkenntnisse angepasst.
Mit dieser Verordnung werden zum Schutz der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung
drei weitere neue psychoaktive Stoffe (NpS) in die Anlage II des BtMG aufgenommen.
Damit sollen die Verbreitung und der Missbrauch dieser gesundheitsgefährdenden
NpS eingedämmt werden und es soll die Strafverfolgung erleichtert werden.
Zudem wird in die Anlage III des BtMG der Arzneistoff Remimazolam einschließlich der
dafür notwendigen Ausnahmeregelung aufgenommen.
Mit dem Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-
Verschreibungsverordnung vom 22. Mai 2017 (BGBl. I S. 1275) wurde insbesondere § 5
der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BMVV) neu gefasst. Damit wurde die
betäubungsmittelrechtliche Grundlage für die Substitutionstherapie opioidabhängiger
Menschen fortentwickelt und an Erkenntnisse des wissenschaftlichen Fortschritts sowie
an praktische Erfordernisse angepasst. Inzwischen wurden bei Arzneimitteln, die für die
Substitutionstherapie nach § 5 Absatz 6 BtMVV zulässig sind, neue Darreichungsformen
entwickelt. Die neuen Darreichungsformen erfordern eine Verabreichung des Substitutionsmittels
nur durch Ärzte oder Ärztinnen sowie ärztlich angewiesenes medizinisches
Fachpersonal um gesundheitliche Risiken zu verringern. Dem wird mit dieser Verordnung
Rechnung getragen.
B. Lösung
Erlass der vorliegenden Verordnung zur Änderung der Anlagen II und III des BtMG sowie
zur Erweiterung der nach der BtMVV bislang zulässigen Applikationsformen bei der Anwendung
von Substitutionsmitteln um die Applikationsform „Verabreichen“, damit die Verwendung
von in diesem Therapiebereich neuen arzneilichen Darreichungsformen auf eine
betäubungsmittelrechtlich sichere Grundlage gestellt wird.
C. Alternativen
Keine.
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
Drucksache 190/21 -2-
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Änderung der Anlagen II und III des BtMG sowie die Eröffnung der Zulässigkeit der
Verwendung neuer Darreichungsformen für Substitutionsmittel in der BtMVV bewirken
keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.
Etwaiger durch den Vollzugsaufwand entstehender Mehrbedarf des Bundes an Sach- und
Personalmitteln ist finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für Bürgerinnen und Bürger wird kein Erfüllungsaufwand begründet, geändert oder aufgehoben.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft kann in einzelnen Bereichen geringfügiger zusätzlicher Erfüllungsaufwand
durch die nachfolgend genannten Informationspflichten für Hersteller von Arzneimitteln
mit dem Stoff Remimazolam in nicht bezifferbarer Höhe entstehen.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:
Für Hersteller des Arzneimittels Remimazolam ergeben sich geringfügige zusätzliche Bürokratiekosten
aufgrund der Informationspflichten der §§ 12 und 18 BtMG in nicht bezifferbarer
Höhe.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Durch die Änderung der Anlagen II und III des BtMG entsteht ein geringer zusätzlicher
Vollzugsaufwand für die Zollbehörden, das Bundeskriminalamt und das Bundesinstitut für
Arzneimittel und Medizinprodukte, da die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs
aufgrund der Aufnahme weiterer Stoffe in die Anlagen des BtMG ausgeweitet wird.
Für die Überwachungs- und Polizeibehörden der Länder kann ein erhöhter, derzeit aber
nicht quantifizierbarer Vollzugsaufwand entstehen, da die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs
durch die Aufnahme weiterer Stoffe in die Anlagen des BtMG ausgeweitet
wird.
F. Weitere Kosten
Auswirkungen auf die Einzelpreise sind nicht zu erwarten. Auswirkungen auf das allgemeine
Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau können somit ausgeschlossen werden.
Bundesrat Drucksache 190/21
Verordnung
der Bundesregierung
25.02.21
G - In
Zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher
Vorschriften
Bundesrepublik Deutschland Berlin, 25. Februar 2021
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Reiner Haseloff
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene
Zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung
betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften
mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des
Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Gesundheit.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Zweiunddreißigste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher
Vorschriften 1)
Vom ...
Die Bundesregierung verordnet auf Grund
– des § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358) nach Anhörung von Sachverständigen
sowie
– des § 13 Absatz 3 des Betäubungsmittelgesetzes, der zuletzt durch Artikel 4 Nummer
3 Buchstabe c des Gesetzes vom 19. Oktober 2012 (BGBl. I S. 2192) geändert worden
ist:
Artikel 1
Änderung der Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes
Die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom
1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 14. Januar
2021 (BGBl. I S. 70) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In Anlage II werden die folgenden Positionen jeweils alphabetisch in die bestehende
Reihenfolge eingefügt:
INN andere nicht geschützte
oder Trivialnamen
„— Isotonitazen
(Iso)
chemische Namen
(IUPAC)
N,N-Diethyl-2-{[4-(1-methylethoxy)phe-
nyl]methyl}-5-nitro-1H-benzimidazol-1-
ethanamin
— 2-Methyl-AP-237
(2-Methyl-Bucinnazin)
— MDMB-4en-PINACA Methyl{2-[1-(pent-4-en-1-yl)-1H-indazol-3-carboxamido]-3,3-dimethylbutanoat}
1-[2-Methyl-4-(3-phenylprop-2-en-1-
yl)piperazin-1-yl]butan-1-on”.
2. In Anlage III wird die folgende Position alphabetisch in die bestehende Reihenfolge
eingefügt:
INN andere nicht geschützte
oder Trivialnamen
chemische Namen
(IUPAC)
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„— Remimazolam — Methyl{3-[(4S)-8-brom-1-methyl-6-(pyridin-2-yl)-4H-imidazo[1,2-a][1,4]benzodiazepin-4-yl]propanoat}
- ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III als Lyophilisat nur
zur parenteralen Anwendung bis zu 20 mg Remimazolam, berechnet als Base, enthalten –“.
1 ) Notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9.
September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der
Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1).
Drucksache 190/21
Artikel 2
Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung
§ 5 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S.
74, 80), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 2. Juli 2018 (BGBl. I S. 1078) geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Absatz 7 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Dem Patienten oder bei dem Patienten ist das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel
von den in Absatz 10 Satz 1 und 2 bezeichneten Personen oder dem dort bezeichneten
Personal in den Absatz 10 Satz 1 und 2 genannten Einrichtungen zum unmittelbaren
Verbrauch zu überlassen, zu verabreichen oder gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen
Zulassung vorgesehenen Verfahren anzuwenden.“
2. Absatz 10 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden im Satzteil vor der Aufzählung die Wörter „dem Patienten zum
unmittelbaren Verbrauch nur überlassen werden von“ durch die Wörter „nur von
folgenden Personen dem Patienten zum unmittelbaren Verbrauch überlassen, ihm
verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen
Verfahren angewendet werden:“ ersetzt.
b) In Satz 2 wird im Satzteil vor der Aufzählung nach dem Wort „überlassen“ ein
Komma und werden die Wörter „ihm verabreicht oder bei ihm gemäß dem in der
arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren angewendet“ eingefügt.
c) In Satz 3 wird nach dem Wort „Verbrauch“ ein Komma und werden die Wörter „in
dessen Verabreichung oder dessen Anwendung gemäß dem in der arzneimittelrechtlichen
Zulassung vorgesehenen Verfahren“ eingefügt und nach dem Wort
„wird“ ein Semikolon und die Wörter „eine invasive Verabreichung darf nur durch
das in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehene Personal erfolgen“ eingefügt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
- 2 -
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Mit dieser Verordnung werden auf der Grundlage der Ermächtigung in § 1 Absatz 2 Satz 1
Nummer 3 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) die Anlagen II und III des BtMG geändert.
Aus Gründen der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs werden ein synthetisches
Cannabinoid und zwei synthetische Opioide wegen des Ausmaßes ihrer missbräuchlichen
Verwendung und der unmittelbaren Gesundheitsgefährdung in die Anlage II
des BtMG aufgenommen. Weiterhin wird in Anlage III des BtMG ein neuer Arzneistoff aus
der Stoffgruppe der Benzodiazepine nebst einer Ausnahmeregelung aufgenommen. Der
Sachverständigenausschuss nach § 1 Absatz 2 BtMG wurde angehört und hat sich für die
in dieser Verordnung enthaltenen Änderungen der Anlagen des BtMG ausgesprochen.
Mit dieser Verordnung wird zudem auf der Grundlage der Ermächtigung in § 13 Absatz 3
BtMG die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) geändert. Ziel der Änderung
ist eine betäubungsmittelrechtlich sichere Grundlage für die Anwendung neuer Darreichungsformen
von Substitutionsmitteln durch „Verabreichen“ durch ärztliches oder medizinisches
Fachpersonal.
II. Wesentlicher Inhalt der Verordnung
Mit Artikel 1 Nummer 1 werden das synthetische Cannabinoid MDMB-4en-PINACA und die
zwei synthetischen Opioide Isotonitazen und 2-Methyl-AP-237 in die Anlage II des BtMG
aufgenommen. Mit Artikel 1 Nummer 2 wird in Anlage III des BtMG das arzneilich verwendete
Benzodiazepin Remimazolam aufgenommen.
Mit Artikel 2 erfolgen Änderungen in der BtMVV, um neben dem Überlassen zum unmittelbaren
Verbrauch nach § 5 Absatz 7 BtMVV auch das „Verabreichen“ neuer Darreichungsformen
von Substitutionsmitteln zu ermöglichen.
III. Alternativen
Keine.
IV. Regelungskompetenz
- 3 - Drucksache 190/21
Die Regelungskompetenz der Bundesregierung folgt aus § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3
BtMG sowie aus § 13 Absatz 3 BtMG.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen
Die Verordnung ist mit dem Recht der Europäischen Union und den völkerrechtlichen Verträgen,
die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar. Zu den Änderungen
in Artikel 1 wurde die Notifizierung gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Euro-
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päischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren
auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der
Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1) durchgeführt.
VI. Regelungsfolgen
Die Aufnahme des synthetischen Cannabinoids MDMB-4en-PINACA und von zwei synthetischen
Opioiden, Isotonitazen und 2-Methyl-AP-237, in die Anlage II des BtMG bewirkt,
dass diese Stoffe verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel nach
Maßgabe des BtMG sind.
Die Erweiterung in Anlage III bewirkt, dass das in der Europäischen Union als Arzneimittel
neu zugelassene Benzodiazepin Remimazolam auch betäubungsmittelrechtlich verkehrsfähig
und verschreibungsfähig ist. Remimazolam ist von den betäubungsmittelrechtlichen
Vorschriften ausgenommen, sofern es ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III als
Lyophilisat nur zur parenteralen Anwendung bis zu 20 mg Remimazolam, berechnet als
Base in den Verkehr gebracht wird. Diese ausgenommenen Zubereitungen dürfen ohne
Betäubungsmittelrezept verschrieben werden.
Die rechtliche Erweiterung der nach der BtMVV bislang zulässigen Applikationsformen bei
der Anwendung von Substitutionsmitteln um die Applikationsform „Verabreichen“, bewirkt,
dass die Verwendung von in diesem Therapiebereich neuen arzneilichen Darreichungsformen
auf eine betäubungsmittelrechtlich sichere Grundlage gestellt wird.
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Für den neu in die Anlage III des BtMG aufgenommenen Arzneistoff Reimimazolam wird
gleichzeitig eine Ausnahmeregelung geschaffen, die dazu führt, dass bestimmte parenterale
Zubereitungen dieses Stoffes nicht dem Betäubungsmittelrecht unterliegen und deshalb
ohne Betäubungsmittelrezept verschrieben werden können.
Die Änderung der BtMVV sieht keine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung vor.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
- 4 -
Die Verordnung steht im Einklang mit dem Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen
Entwicklung. Die Prinzipien der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie wurden geprüft.
Die mit der Verordnung vorgesehenen Regelungen unterstützen das Prinzip Nummer
3 Buchstabe b einer nachhaltigen Entwicklung „Gefahren und unvertretbare Risiken für die
menschliche Gesundheit zu vermeiden“ und stärken den Gesundheitsschutz.
Durch die Aufnahme weiterer Stoffe in die Anlagen des BtMG werden zum Schutz der Gesundheit
des Einzelnen und der Bevölkerung die Verbreitung und der Missbrauch dieser
gesundheitsgefährdenden Stoffe eingedämmt. Zugleich soll die Strafverfolgung von Delikten
im Zusammenhang mit den drei neuen psychoaktiven Stoffen (NpS) erleichtert werden.
Die Änderung der BtMVV regelt, dass auch zukünftige Applikationsverfahren von Substitutionsmitteln
in der Substitutionstherapie opioidabhängiger Patientinnen und Patienten
rechtlichen Eingang finden dürfen und damit auch praktische Anwendung finden können.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Die Änderung der Anlagen II und III des BtMG sowie die rechtliche Eröffnung der Zulässigkeit
der Verwendung neuer Darreichungsformen für Substitutionsmittel in der BtMVV bewirken
keine Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand.
Etwaiger durch Vollzugaufwand entstehender Mehrbedarf des Bundes an Sach- und Personalmitteln
ist finanziell und stellenmäßig im jeweiligen Einzelplan auszugleichen.
4. Erfüllungsaufwand
Für Bürgerinnen und Bürger wird kein Erfüllungsaufwand begründet, geändert oder aufgehoben.
Für die Wirtschaft kann in einzelnen Bereichen geringfügiger zusätzlicher Erfüllungsaufwand
für Hersteller von Remimazolam in nicht bezifferbarer Höhe entstehen.
Für die Bundesverwaltung entsteht durch die Änderung der Anlagen II und III des BtMG ein
geringer zusätzlicher Vollzugsaufwand für die Zollbehörden, das Bundeskriminalamt und
das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, da die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs
aufgrund der Aufnahme weiterer Stoffe in die Anlagen des BtMG ausgeweitet
wird.
Für die Überwachungs- und Polizeibehörden der Länder kann ein erhöhter, derzeit aber
nicht quantifizierbarer Vollzugsaufwand entstehen, da die Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs
durch die Aufnahme weiterer Stoffe in die Anlagen des BtMG ausgeweitet
wird.
5. Weitere Kosten
Auswirkungen auf Einzelpreise und das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
sind nicht zu erwarten.
6. Weitere Regelungsfolgen
Diese Verordnung hat keine demographischen und keine gleichstellungspolitischen Auswirkungen.
Negative Auswirkungen auf Verbraucherinnen und Verbraucher sind durch die Verordnung
nicht gegeben.
VII. Befristung; Evaluierung
Eine Befristung der Verordnung ist nicht vorgesehen.
Die Anlagen zum BtMG werden fortlaufend anhand der mit ihrem Vollzug gesammelten
Erfahrungen und auf der Grundlage von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen bewertet
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1
- 5 - Drucksache 190/21
Die Anlage II des BtMG (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel)
wird ergänzt um das synthetische Cannabinoid MDMB-4en-PINACA.
Synthetische Cannabinoide sind Stoffe, die ein cannabisähnliches Wirkungsspektrum aufweisen
und als Ersatz für natürliches Cannabis missbräuchlich verwendet werden. Das Wirkungsspektrum
ähnelt meistens dem in der Cannabispflanze vorkommenden klassischen
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- 6 -
Cannabinoid delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC). Synthetische Cannabinoide haben jedoch
gegenüber THC oft vielfach stärkere Wirkungen und Nebenwirkungen. Dazu zählen
insbesondere erhöhter Blutdruck, Übelkeit, beschleunigter Puls, euphorisierende Wirkungen
und psychische Störungen. Wegen der hohen Wirksamkeit besteht zusätzlich die erhebliche
Gefahr einer Überdosierung.
Eine größere Zahl synthetischer Cannabinoide ist in Deutschland bereits den betäubungsmittelrechtlichen
Vorschriften unterstellt (z. B. die sogenannten „Spice“-Wirkstoffe in Kräutermischungen).
Seit dem Verbot der „Spice“-Wirkstoffe (insbesondere JWH-018) konnte
beobachtet werden, dass vielfältige neue Kräutermischungen hauptsächlich über Internetplattformen
auf den Markt gekommen sind. Die Kräutermischungen werden mit modifiziertem
Design, in anderen Verpackungen und mit neuen Wirkstoffen kombiniert, aber auch als
einzelne Wirkstoffe zum Selbstmischen angeboten und sind u. a. laut Foreneinträgen in der
Anbieter- und Konsumentenszene verbreitet. Auch Aufgriffe durch Polizei- und Zollbehörden
in Deutschland sowie in anderen europäischen Ländern weisen auf eine weite Verbreitung
hin.
Der Stoff MDMB-4en-PINACA ist ein synthetisches Cannabinoid, das agonistisch am Cannabinoid
Rezeptor (CB1) wirkt. Nach derzeitigen wissenschaftlichen Einschätzungen handelt
es sich um einen sehr potenten Wirkstoff dessen Einnahme zu Ausfallerscheinungen
im Straßenverkehr und zudem zu Intoxikationen mit Bewusstlosigkeit sowie Aggression/Psychose
führen kann. MDMB-4en-PINACA wird als potentieller Nachfolgewirkstoff für
den im Juli 2020 dem BtMG unterstellten Stoff 5F-MDMB-PICA bereits in verschiedenen
Produktserien von am illegalen Drogenmarkt agierenden NpS-Händlern angeboten. Allein
im Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis 31. August 2020 wurden insgesamt 124 Fälle in
Deutschland erfasst in denen dieses synthetische Cannabinoid identifiziert wurde. Seit dem
1. September 2020 sind weitere 63 Datensätze zu diesem Stoff in Deutschland hinzugekommen.
Bisher wurde der Stoff MDMB-4en-PINACA in Europa in 850 Fällen nachgewiesen.
Der Stoff MDMB-4en-PINACA ist bereits von der Stoffgruppe der synthetischen Cannabinoide
des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG) umfasst. Gleichwohl ist es auf der
Linie der bisherigen regulativen Entscheidungen zur Aufnahme von NpS geboten, Stoffe
wie MDMB-4en-PINACA, die sich als nicht nur gering psychoaktiv und als in besonderer
Weise gesundheitsgefährdend erweisen sowie in größerem Ausmaß missbräuchlich verwendet
werden, auch in die Anlagen des BtMG aufzunehmen. In diesen Fällen gehen die
Regelungen des BtMG denen des NpSG vor.
Eine arzneiliche Anwendung dieses Stoffs, insbesondere als Fertigarzneimittel, ist für
Deutschland derzeit nicht bekannt.
Eine Verwendung in der wissenschaftlichen Forschung oder als Referenzsubstanz für die
Analytik ist nicht auszuschließen, daher ist die Aufnahme dieses Stoffs in die Anlage II des
BtMG geboten. Damit wird ein erlaubnispflichtiger, legaler Handel mit diesem Stoff für Forschungs-
und industrielle Zwecke ermöglicht. Über das umfassende Erlaubniserfordernis
können Verwendungszwecke wirksam unterbunden werden, die mit den Zielen des BtMG
nicht vereinbar sind.
Die Anlage II des BtMG (verkehrsfähige, aber nicht verschreibungsfähige Betäubungsmittel)
wird zudem ergänzt um die beiden synthetischen Opioide Isotonitazen und 2-Methyl-
AP-237.
Diese beiden Opioide wurden im Jahr 2019 erstmals über das europäische Frühwarnsystem
gemeldet und sollen nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand mit Morphin
vergleichbare Wirkungen haben. Beide Stoffe unterliegen nicht dem NpSG. Das Bundeskriminalamt
berichtete über missbräuchliche Verwendungen einschließlich Todesfällen,
die eine Unterstellung gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 BtMG rechtfertigen. Für Isotonitazen
wurde von der Europäischen Kommission ein Risikobewertungsverfahren eingeleitet.
Es ist zu erwarten, dass im weiteren Verlauf Verfahren zur Einführung von Kontrollmaßnahmen
eingeleitet werden, die spätestens dann eine rechtlich gebotene Unterstellung
von Isotonitazen unter das BtMG erfordern.
Der Stoff 2-Methyl-AP-237 ist ein Methylderivat von Bucinnazin (AP-237), das seit den
1980er Jahren vor allem in China als Schmerzmittel bei Krebspatienten angewendet wurde
und nach derzeitigem wissenschaftlichen Erkenntnisstand hauptsächlich am μ-Opioidrezeptor
wirken soll. Auch zu 2-Methyl-AP-237 ist bereits ein Todesfall bekannt geworden.
Eine arzneiliche Anwendung dieser Opioide, insbesondere als Fertigarzneimittel, ist für
Deutschland derzeit nicht bekannt. Eine Verwendung in der wissenschaftlichen Forschung
oder als Referenzsubstanz für die Analytik ist nicht auszuschließen, daher ist die Aufnahme
dieser Stoffe in die Anlage II des BtMG geboten. Damit wird ein erlaubnispflichtiger, legaler
Handel mit diesen Stoffen für Forschungs- und industrielle Zwecke ermöglicht. Über das
umfassende Erlaubniserfordernis können Verwendungszwecke wirksam unterbunden werden,
die mit den Zielen des BtMG nicht vereinbar sind.
Zu Nummer 2
- 7 - Drucksache 190/21
Bei dem Stoff Remimazolam handelt es sich um einen neuen Arzneistoff aus der chemischen
Stoffgruppe der Benzodiazepine. Ein arzneimittelrechtlicher Antrag auf Erteilung einer
zentralen europäischen Zulassung für ein intravenös zu verabreichendes Arzneimittel
mit dem Wirkstoff Remimazolam wurde bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA)
bereits im November 2019 gestellt. Ein Zulassungsbescheid der EMA in der Indikation Kurzzeitsedierung
wird im ersten Quartal 2021 erwartet, weshalb demnächst mit dem Inverkehrbringen
eines neuen Arzneimittels mit diesem Stoff zu rechnen ist.
Die pharmazeutische Darreichungsform des Stoffes Remimazolam ist ein Pulver (Lyophilisat)
zur Herstellung einer Injektions- bzw. Infusionslösung. Jedes einzelne Gebinde enthält
jeweils eine absolute Menge von 20,75 mg Remimazolam (Base) in Form des Salzes Remimazolambesilat
(28,22 mg). Das Überfüllvolumen des Wirkstoffes beträgt 3,75 Prozent,
so dass der Nominalgehalt 20 mg Remimazolam (Base) entspricht. Das Lyophilisat ist ein
Stoffgemisch und enthält neben Remimazolam (als Remimazolambesilat) auch Lactose
und Dextran 40 als pharmazeutische Hilfsstoffe. Remimazolam ist ein starker und hochselektiver
Agonist der Benzodiazepin-Bindungsstelle am GABA A-Rezeptor/Chlorid-Ionenkanal-Komplex.
Durch seine positive allosterische Modulation der GABA-ergen Neurotransmission
soll der Stoff nach derzeitigem wissenschaftlichem Erkenntnisstand bei Tieren und
Menschen eine schnell einsetzende und schnell abfallende Sedierung und Anästhesie bewirken.
Da der Stoff Remimazolam ein zentral wirkender Arzneistoff ist, wurde sein Missbrauchspotential
und die Möglichkeit körperliche Abhängigkeit zu erzeugen, bei Tieren und Menschen
wissenschaftlich untersucht. Die Analysen zeigen, dass die Risiken für einen Missbrauch
oder eine Abhängigkeit von Remimazolam relativ gering sind. Diese seien mit denen
des kurzwirksamen Benzodiazepins Midazolam vergleichbar.
Aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnislage in Bezug auf die Wirkungsweise des Stoffes,
vor allem im Hinblick auf das mögliche Hervorrufen einer Abhängigkeit und einer missbräuchlichen
Verwendung, ist es deshalb notwendig aber auch ausreichend den Stoff Remimazolam
in die Anlage III des BtMG aufzunehmen.
Durch die Schaffung einer „ausgenommenen Zubereitung“ zu dem Stoff Remimazolam in
Anlage III BtMG (vgl. § 2 Absatz 1 Nummer 3 BtMG) wird in Hinblick auf die pharmazeutische
Darreichungsform und die Wirkstärke eine rechtliche Ausnahmereglung bewirkt, damit
zugelassene Arzneimittel rechtlich unverzüglich zur Versorgung der Patientinnen und Pati-
Drucksache 190/21
enten zur Verfügung stehen können, ohne dass dafür eine Verschreibung auf einem Betäubungsmittelrezept
erforderlich ist. Diese Ausnahme ist jedoch eng begrenzt. Nur solche
Zubereitungen des Stoff Remimazolam, die als Lyophilisat zur parenteralen Anwendung
eingestuft werden und die höchstens bis zu 20 mg (bezogen auf den Nominalgehalt) des
Wirkstoffes Remimazolam (berechnet als Base) enthalten, werden von den betäubungsmittelrechtlichen
Verschreibungsvorschriften ausgenommen.
Durch die Ausnahmeregelung wird die inländische Verfügbarkeit der pharmazeutischen Zubereitung
in Form eines zugelassenen Fertigarzneimittels zum Zweck der Patientenversorgung
nicht durch die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften behindert. Die Ausnahme für
die arzneiliche Zubereitung ist angemessen, weil das Arzneimittel mit dem Wirkstoff Remimazolam
besonders im klinischen Umfeld, wie Operationssälen und Krankenhäusern verwendet
werden soll und es den Patientinnen und Patienten nicht durch persönliche Verschreibung
oder in anderer leicht zugänglicher Weise zur Verfügung steht.
Zu Artikel 2
Zu Nummer 1
§ 5 Absatz 7 gibt als Art der Anwendung von Substitutionsmitteln bei Patientinnen und Patienten
das Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch vor. Die Vorgaben der BtMVV bei der
Substitutionsbehandlung opioidabhängiger Patientinnen und Patienten werden mit der Ergänzung
dieser Vorschrift um das „Verabreichen“ oder die „Anwendung gemäß der in der
arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren“ erweitert, um dem Fortschritt
in der Arzneimittelentwicklung und Medizin Rechnung tragen zu können. Dies betrifft insbesondere
die gemäß § 5 Absatz 6 Nummer 1 zulässige Anwendung von Depotpräparaten
als Substitutionsmittel. Ein solches Produkt mit dem Wirkstoff Buprenorphin weist in seiner
arzneimittelrechtlichen Zulassung als Anwendungsvoraussetzung aus, nur streng subkutan,
nicht jedoch intravaskulär (intravenös), intramuskulär oder intradermal angewendet
werden zu dürfen, um Gewebeschädigungen und insbesondere thromboembolische Ereignisse
zu verhindern. Ein bloßes Überlassen zum unmittelbaren Verbrauch ist somit aus
Gründen der Arzneimittelsicherheit nicht zulässig. Dem wird mit der Änderung Rechnung
getragen.
Zu Nummer 2
Zu Buchstabe a
§ 5 Absatz 10 Satz 1 bestimmt den Kreis der Personen für das Überlassen von Substitutionsmitteln
zum unmittelbaren Verbrauch. Bei der Erweiterung dieser Vorschrift um das Verabreichen
oder die Anwendung gemäß den in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen
Verfahren handelt es sich um eine Folgeänderung zur Änderung gemäß Nummer
1.
Zu Buchstabe b
§ 5 Absatz 10 Satz 2 bestimmt den weiteren Kreis der Personen für das Überlassen von
Substitutionsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch. Auch hierbei ist die Erweiterung der Vorschrift
um das Verabreichen oder die Anwendung gemäß der in der arzneimittelrechtlichen
Zulassung vorgesehenen Verfahren als Folgeänderung zur Änderung gemäß Nummer 1
gefasst.
Zu Buchstabe c
- 8 -
Nach § 5 Absatz 10 Satz 3 hat der substituierende Arzt sicherzustellen, dass das Personal
fachgerecht in das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch eingewiesen
wird. Auch hierbei ist die Erweiterung der Vorschrift um das Verabreichen oder
die Anwendung gemäß der in der arzneimittelrechtlichen Zulassung vorgesehenen Verfahren
als Folgeänderung zur Änderung gemäß Nummer 1 gefasst.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
- 9 - Drucksache 190/21
Artikel 3 regelt das Inkrafttreten der Verordnung am Tag nach der Verkündung.