Gesetzentwurf der BundesregierungBundesrat Drucksache 103/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes
zu der Notifikation betreffend die Regeln
für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern gemäß dem Protokoll über die
Koordinierung der sozialen Sicherheit zum Handelsund
Kooperationsabkommen vom 30. Dezember 2020
zwischen der Europäischen Union
und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits
und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits
A. Problem und Ziel
Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen
Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und
dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits
mit seinem Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
(im Folgenden: Protokoll) nebst Anlagen regelt die künftige Koordinierung
der sozialen Sicherheit in den Bereichen Renten-, Unfall-,
Kranken- und Arbeitslosenversicherung zwischen der Europäischen
Union (EU) und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
(GBR).
Artikel SSC.11 Absatz 2 Buchstabe a des Protokolls sieht zudem für
die Mitgliedstaaten die Möglichkeit vor, die bisherigen unionsrecht -
lichen Regeln zur sozialversicherungsrechtlichen Entsendung von
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Selbständigen in seinen
Beziehungen mit GBR im Rahmen des Handels- und Kooperations -
abkommens weiterhin anzuwenden.
Fristablauf: 18. 03. 21
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon: (02 21) 97 66 83 40, Telefax: (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
04. 02. 21
AIS
Drucksache 103/21 – 2 – Bundesrat
Eine solche Fortdauer ist höchst sinnvoll und liegt vor dem Hintergrund
der auch nach Austritt von GBR aus der EU voraussichtlich umfangreichen
und intensiven außenwirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands
zu GBR im Interesse hiesiger Unternehmen und ihrer in GBR eingesetzten
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Durch die Fortdauer
wird nämlich weiterhin sichergestellt, dass lediglich vorübergehend im
anderen Staat eingesetzte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie
Selbständige nicht kurzzeitig in das Sozialversicherungssystem des
anderen Staates und anschließend wieder zurück wechseln müssen.
Auch die Sozialversicherungsabkommen, die Deutschland mit vielen
Drittstaaten abgeschlossen hat, enthalten eine ähnliche Regelung als
zentrales Element der Abkommen. Es handelt sich bei den Entsenderegelungen
also nicht um eine EU-interne Besonderheit.
Nach Artikel SSC.11 Absatz 2 des Protokolls teilt die EU GBR mit,
welche Mitgliedstaaten im Verhältnis zu GBR die bisherigen sozialversicherungsrechtlichen
Entsenderegelungen beibehalten wollen, welche
dies nicht wollen und welche hierzu noch keine Aussage getroffen
haben. Die Europäische Kommission hat hierfür ein Formblatt zur Verfügung
gestellt, mit dem die Mitgliedstaaten ihre Option mitteilen, die
die EU sodann gegenüber GBR notifiziert. Die Beibehaltung der Entsenderegelungen
über den 31. Januar 2021 hinaus ist nur für Mitgliedstaaten
möglich, die dies der Europäischen Union bis zum 15. Januar
2021 mitgeteilt haben. Eine spätere Notifikation ist nicht zulässig.
Ein Widerruf der Notifikation hingegen kann nach Artikel SSC.11
Absatz 8 des Protokolls jederzeit erfolgen.
Verfassungsrechtlich ist für einen völkerrechtlichen Vertrag der Bundesrepublik
Deutschland mit einem Drittstaat über die Entsendung
von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Selbständigen ein
Vertragsgesetz nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes
erforderlich, da sich ein solcher Vertrag auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung
bezieht. Durch die in Artikel SSC.11 Absatz 2 Buch -
stabe a des Protokolls vorgesehene Notifikation wird für die Bundesrepublik
Deutschland im Verhältnis zu GBR letztlich eine Vereinbarung
über die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie
Selbständigen getroffen. Zur Wahrung der Rechte der für die Bundesgesetzgebung
zuständigen Körperschaften ist deshalb Artikel 59
Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes auch auf die Notifikation nach
Artikel SSC.11 Absatz 2 Buchstabe a des Protokolls anzuwenden, da
diese sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht. Dies
steht nicht im Widerspruch zu der Tatsache, dass das Abkommen
selbst rechtlich zulässig als reines EU-Abkommen abgeschlossen
wurde.
Ein daher erforderliches Vertragsgesetz konnte jedoch nicht rechtzeitig
bis zum 15. Januar 2021 verabschiedet und in Kraft gesetzt werden.
Zur Sicherstellung der Entscheidungsmöglichkeit des Gesetzgebers
ist deshalb eine fristwahrende vorläufige Notifikation erfolgt. Diese
rein fristwahrende Notifikation beschneidet die Handlungsmöglich -
keiten des Gesetzgebers nicht, da eine Entscheidung gegen eine
Beibehaltung der Entsenderegelungen weiterhin gewährleistet ist (vgl.
Artikel SSC.11 Absatz 8 des Protokolls), die zur Beendigung der Anwendung
der bisherigen sozialversicherungsrechtlichen Entsende -
regelungen führen würde. Das Protokoll selbst sieht eine Geltung von
15 Jahren vor (Artikel SSC.70 Absatz 1 des Protokolls), in der die
Optionsausübung Gültigkeit haben wird.
Bundesrat – 3 – Drucksache 103/21
B. Lösung
Mit dem Vertragsgesetz wird der fristwahrend erfolgten Notifikation
betreffend die Anwendung der Regeln für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern gemäß dem Protokoll über die Koordinierung
der sozialen Sicherheit zugestimmt und die Anwendung der
in Artikel SSC.11 Absatz 1 des Protokolls beschriebenen Entsenderegelungen
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbständige
bestätigt. Diese Regeln entsprechen den bislang im Verhältnis zu GBR
gemäß Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung
der Systeme der sozialen Sicherheit geltenden sozialversicherungsrechtlichen
Entsenderegelungen.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine unmittelbaren Kosten.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Bürgerinnen und Bürgern entsteht kein Erfüllungsaufwand.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Die Regelungen des Gesetzes führen zu keinem Erfüllungsaufwand.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Für die Verwaltung wird eine neue Informationspflicht eingeführt.
F. Weitere Kosten
Auswirkungen auf Einzelpreise und auf das Preisniveau, insbesondere
auf das Verbraucherpreisniveau, sind durch dieses Gesetz nicht zu
erwarten, da Kosten für die Wirtschaft und die vom Abkommen be -
troffenen Personen nicht entstehen.
Bundesrat Drucksache 103/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes
zu der Notifikation betreffend die Regeln
für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern gemäß dem Protokoll über die
Koordinierung der sozialen Sicherheit zum Handelsund
Kooperationsabkommen vom 30. Dezember 2020
zwischen der Europäischen Union
und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits
und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 4. Februar 2021
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von
der Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zu der Notifikation betreffend die Regeln für die
Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemäß dem Protokoll
über die Koordinierung der sozialen Sicherheit zum Handels- und
Kooperationsabkommen vom 30. Dezember 2020 zwischen der Euro -
päischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und
dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 18. 03. 21
04. 02. 21
AIS
Bundesrat – 7 – Drucksache 103/21
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf
Gesetz
zu der Notifikation betreffend die Regeln
für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
gemäß dem Protokoll
über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
zum Handels- und Kooperationsabkommen vom 30. Dezember 2020
zwischen der Europäischen Union
und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits
und dem Vereinigten Königreich Großbritannien
und Nordirland andererseits
Vom 2021
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Der am 15. Januar 2021 an die Europäische Union übersandten Notifikation
betreffend die Regeln für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeit -
nehmern gemäß dem Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
zum Handels- und Kooperationsabkommen vom 30. Dezember 2020 zwischen
der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und
dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits, mit
der die Bundesregierung die Anwendung der Entsenderegelungen von Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmern sowie Selbständigen gemäß Artikel SSC.11
Absatz 1 des Protokolls in ihren Beziehungen zum Vereinigten Königreich im
Rahmen des Handels- und Kooperationsabkommens zusagt, wird zugestimmt.
Die Notifikation gemäß Artikel SSC.11 Absatz 2 Buchstabe a des Protokolls wird
nachstehend veröffentlicht.
Artikel 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Drucksache 103/21 – 8 – Bundesrat
Begründung zum Vertragsgesetz
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Mit dem Vertragsgesetz soll die Notifikation betreffend die Anwendung der
Regeln der Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gemäß
Artikel SSC.11 Absatz 2 des Protokolls über die Koordinierung der sozialen
Sicherheit (im Folgenden: Protokoll) des Handels- und Kooperationsabkommens
zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft
einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland
andererseits die nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes erforderliche
Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften erhalten.
II. Alternativen
Keine.
III. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union
und völkerrechtlichen Verträgen
Das Gesetz ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
IV. Gesetzesfolgen
1. Nachhaltigkeitsaspekte
Das Gesetz berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung.
2. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine unmittelbaren Kosten.
3. Erfüllungsaufwand
Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Ausführung des Gesetzes nicht
unmittelbar belastet.
4. Weitere Kosten
Auswirkungen auf Einzelpreise, auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
sind nicht zu erwarten, da Kosten für die Wirtschaft und
die vom Abkommen betroffenen Personen nicht entstehen.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Mit der Bestimmung wird der fristwahrend erfolgten Notifikation betreffend die
Anwendung der unionsrechtlichen Regeln der Entsendung von Arbeitnehmer -
innen und Arbeitnehmern gemäß Artikel SSC.11 Absatz 2 des Protokolls
über die Koordinierung der sozialen Sicherheit (im Folgenden: Protokoll) des
Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und
der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich
Großbritannien und Nordirland andererseits zugestimmt und die Anwendung der
in Artikel SSC.11 Absatz 1 des Protokolls beschriebenen Entsenderegelungen
für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Selbständige bestätigt. Diese
Regeln entsprechen den bislang im Verhältnis zu GBR gemäß Artikel 12 der Verordnung
(EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit
geltenden sozialversicherungsrechtlichen Entsenderegelungen.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung entspricht dem Erfordernis des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des
Grundgesetzes.
Bundesrat – 9 – Drucksache 103/21
Schlussbemerkung
Nach Artikel SSC.10 Absatz 3 Buchstabe a des Protokolls unterliegt eine Person,
die in einem Staat eine Beschäftigung oder selbständige Erwerbstätigkeit
ausübt, grundsätzlich den Rechtsvorschriften dieses Staates.
Abweichend hiervon können die Mitgliedstaaten gemäß Artikel SSC.11 Absatz 2
Buchstabe a des Protokolls mitteilen, dass sie vom in Artikel SSC.10 Absatz 3
des Protokolls hinsichtlich entsandter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
sowie Selbständiger im in Artikel SSC.11 Absatz 1 des Protokolls beschriebenen
Umfang abweichen wollen.
Artikel SSC.11 Absatz 1 des Protokolls sieht folgende Regelungen vor:
Eine Person, die in einem Staat für Rechnung eines Arbeitgebers, der gewöhnlich
dort tätig ist, eine Beschäftigung ausübt und die von diesem Arbeitgeber in einen
anderen Staat entsandt wird, um dort eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen,
unterliegt weiterhin den Rechtsvorschriften des entsendenden Staates,
sofern die voraussichtliche Dauer dieser Arbeit 24 Monate nicht überschreitet
und diese Person nicht einen anderen entsandten Arbeitnehmer oder eine
andere entsandte Arbeitnehmerin ersetzt.
Eine Person, die gewöhnlich in einem Staat eine selbständige Erwerbstätigkeit
ausübt und die eine ähnliche Tätigkeit in einem anderen Staat ausübt, unterliegt
weiterhin den Rechtsvorschriften des ersten Staates, sofern die voraussichtliche
Dauer dieser Tätigkeit 24 Monate nicht überschreitet.
Die Regelungen des Artikels SSC.11 Absatz 1 des Protokolls entsprechen damit
den bislang im Verhältnis zu GBR als Mitgliedstaat der EU geltenden Regelungen
des Artikels 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 zur Koordinierung der Sys -
teme der sozialen Sicherheit.
Drucksache 103/21 – 10 – Bundesrat
WK 14988/2020 INIT Anlage 4
Mitgliedstaat: Deutschland
Kontaktperson [nur für den internen Gebrauch – bei Rück -
fragen des Generalsekretariats des Rates oder der Kommission]:
Telefonnummer Büro:
Telefonnummer mobil (für Notfälle):
Notifikation, dass der Mitgliedstaat bereit ist, die Regeln für
die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in
seinen Beziehungen mit dem Vereinigten Königreich gemäß dem
Handels- und Kooperationsabkommen anzuwenden:
Ja
Formblatt
Notifikation
betreffend die Anwendung der Regeln
für die Entsendung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
gemäß dem Protokoll über die Koordinierung der sozialen Sicherheit
WK 14988/2020 INIT Annex 4
Form
Notification
under Protocol on Social Security Coordination
on the application of the rules on posting of workers
Member State: Germany
Contact person [for internal use only – in case of questions
from the General Secretariat of the Council or the Commission]:
Tel. office:
Tel. mobile (in case of urgency):
Notification that the Member State is willing to apply the rules
on posting of workers in their relations with the UK under the
Trade and Cooperation Agreement:
Yes