Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung und LandwirtschaftBundesrat Drucksache 174/21
Verordnung
des Bundesministeriums
für Ernährung und Landwirtschaft
11.02.21
Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung
der Schweinepest-Verordnung
A. Problem und Ziel
Zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen hat
das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eine Dringlichkeitsverordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung erlassen. Eine Dringlichkeitsverordnung
nach § 38 Absatz 2 und 4 des Tiergesundheitsgesetzes bedarf nicht
der Zustimmung des Bundesrates und hat eine Geltungsdauer von höchstens sechs
Monaten. Die sechs Monate enden mit Ablauf des 9. Mai 2021 und die Schweinepest-Verordnung
würde dann wieder in ihrer bis zum Erlass der Dritten Verordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung geltenden Fassung gelten, also in ihrer
am 9. November 2020 maßgebenden Fassung. Die Geltungsdauer der Dringlichkeitsverordnung
kann jedoch verlängert oder entfristet werden, wenn der Bundesrat
dem zustimmt.
Die vorliegende Verordnung dient der Entfristung der Dringlichkeitsverordnung
und damit der in ihr geregelten Maßnahmen.
Die zur Entfristung anstehende „Dritte Verordnung zur Änderung der Schweinepest-Verordnung
vom 6. November 2020“ hat folgenden Regelungsinhalt:
In Ergänzung zu den bereits zuvor möglichen Maßnahmen zur Bekämpfung der
ASP wird die Einrichtung einer „weißen Zone“ ermöglicht. Bei einer „weißen Zone“
handelt es sich um ein Gebiet mit Schutzkorridorfunktion im gefährdeten Gebiet;
in Brandenburg z. B. ist diese „weiße Zone“ etwa fünf Kilometer breit. Die
„weiße Zone“ soll mit zwei festen Drahtzaun-Reihen – einem äußeren und einem
inneren Zaun – gesichert werden. Sobald beide Zaunreihen fertiggestellt sind, soll
der Wildschweinbestand in der „weißen Zone“ möglichst vollständig getötet werden.
Ziel ist ein wildschweinfreies Gebiet, um so das Risiko einer möglichen Wei-
AV
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ISSN 0720-2946
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terverbreitung des ASP-Virus in bisher ASP-freie Gebiete und in bisher ASP-freie
Bestände zu minimieren. Mit der Etablierung einer „weißen Zone“ wird der Empfehlung
des sogenannten EU-Veterinärnotfallteams (EU Veterinary Emergency
Team EUVET) gefolgt, das in der Zeit vom 22. bis 24. September 2020 ein in
Brandenburg betroffenes Gebiet untersucht hat.
Eine verstärkte Bejagung konnte bereits vor Inkrafttreten der Dritten Verordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung angeordnet werden. Auf der Grundlage
des § 14d Absatz 6 Satz 1 in Verbindung mit § 14a Absatz 8 Nummer 1 der
Schweinepest-Verordnung war jedoch in einem gefährdeten Gebiet eine Tötung
möglichst aller Wildschweine nicht möglich, da die Regelung nicht auf die dafür
erforderliche Ermächtigungsgrundlage gestützt war. Die Dringlichkeitsverordnung
ist deshalb auch auf der Grundlage des § 6 Absatz 1 Nummer 20 Buchstabe a und b
des Tiergesundheitsgesetzes erlassen worden und regelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen
eine Tötung möglichst aller Wildschweine in einem gefährdeten Gebiet
angeordnet werden kann.
B. Lösung
Erlass der vorliegenden Verordnung.
C. Alternativen
Um zu gewährleisten, dass die zuständigen Behörden vor Ort auch zukünftig die
Maßnahmen rechtssicher anordnen können, bedarf es einer Entfristung der Dritten
Verordnung zur Änderung der Schweinepest-Verordnung. Die vorliegende Verordnung
ist daher alternativlos.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Bund, Länder und Gemeinden werden nicht mit Kosten belastet.
E. Erfüllungsaufwand
E1. Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Soweit Bürgerinnen und Bürger als Jagdausübungsberechtigte zur Mitwirkung
bei Tötungen innerhalb der „weißen Zone“ herangezogen werden,
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würde ein Erfüllungsaufwand von 4.760 Stunden pro Jahr entstehen.
E2. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft entsteht kein neuer Erfüllungsaufwand.
E3. Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Inwieweit von der Möglichkeit einer Anordnung zur Tötung möglichst aller
Wildschweine in der „weißen Zone“ in einem gefährdeten Gebiet durch die
zuständigen Behörden Gebrauch gemacht wird, kann im Voraus nicht eingeschätzt
werden. Daher sind die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand
nicht quantifizierbar und daher nicht ermittelbar.
Ein eventuell entstehender Mehrbedarf für den Bundeshaushalt ist im jeweils
betroffenen Einzelplan finanziell auszugleichen.
F. Weitere Kosten
Es entstehen keine weiteren Kosten.
Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau,
sind nicht zu erwarten.
Bundesrat Drucksache 174/21
Verordnung
des Bundesministeriums
für Ernährung und Landwirtschaft
11.02.21
Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung
der Schweinepest-Verordnung
Bundeskanzleramt Berlin, 10. Februar 2021
Staatsminister bei der Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Reiner Haseloff
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft
zu erlassende
Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung
der Schweinepest-Verordnung
mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des
Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1
NKRG ist als Anlage beigefügt.
Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft
zur Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates ist als Anlage 2 beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hendrik Hoppenstedt
AV
Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung
Vom ...
Auf Grund des § 6 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b, Nummer 5 Buchstabe d, Nummer 8,
Nummer 20 Buchstabe a und b, Nummer 25 und Nummer 28, Nummer 28 auch in
Verbindung mit Absatz 6, des Tiergesundheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung
vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938) verordnet das Bundesministerium für Ernährung
und Landwirtschaft:
Artikel 1
Änderung der Dritten Verordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung
Artikel 2 der Dritten Verordnung zur Änderung der Schweinepest-Verordnung vom
6. November 2020 (BAnz AT 09.11.2020 V1) wird wie folgt geändert:
1. Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen.
2. Absatz 2 wird aufgehoben.
Artikel 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Bonn, den
Die Bundesministerin für
Ernährung und Landwirtschaft
Drucksache 174/21
Drucksache 174/21
A. Allgemeiner Teil
Problem und Ziel
- 2 -
Begründung
Im Rahmen der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen
wurden über eine als Dringlichkeitsverordnung erlassene Änderung der Schweinepest-
Verordnung Maßnahmen ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen, die eine Geltungsdauer
von höchstens sechs Monaten haben und nur mit Zustimmung des Bundesrates verlängert
werden können. Mit Ablauf des 9. Mai 2021 gilt die Schweinepest-Verordnung wieder in
ihrer bis zum Erlass der Dritten Verordnung zur Änderung der Schweinepest-Verordnung
geltenden Fassung, sofern nicht mit Zustimmung des Bundesrates etwas Anderes verordnet
wird. Die vorliegende Verordnung dient der Entfristung.
Die nunmehr zur Entfristung anstehende „Dritte Verordnung zur Änderung der Schweinepest-
Verordnung vom 6. November 2020“ hatte folgenden Regelungsinhalt:
In Ergänzung zu den bereits zuvor möglichen Maßnahmen zur Bekämpfung der ASP wurde
die Einrichtung einer sogenannten „weißen Zone“ ermöglicht. Bei einer „weißen Zone“
handelt es sich um einen Streifen, der im gefährdeten Gebiet das Kerngebiet umschließt; in
Brandenburg z. B. ist dieser Streifen etwa fünf Kilometer breit. Die „weiße Zone“ soll mit
zwei festen Drahtzaun-Reihen – einem äußeren und einem inneren Zaun – gesichert werden.
Sobald beide Zaunreihen fertiggestellt sind, soll der Wildschweinbestand in der „weißen
Zone“ möglichst vollständig getötet werden. Ziel ist ein wildschweinfreies Gebiet, um so das
Risiko einer möglichen Weiterverbreitung des ASP-Virus in bisher ASP-freie Gebiete und in
bisher ASP-freie Bestände zu minimieren. Mit der Etablierung einer „weißen Zone“ wird der
Empfehlung des sogenannten EU-Veterinärnotfallteams (EU Veterinary Emergency Team
EUVET) gefolgt, das in der Zeit vom 22. bis 24.09.2020 ein in Brandenburg betroffenes
Gebiet untersucht hatte.
Eine verstärkte Bejagung konnte bereits vor Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur
Änderung der Schweinepest-Verordnung angeordnet werden.
Eine Tötung möglichst aller Wildschweine in einem gefährdeten Gebiet oder einem Teil
dieses Gebiets war jedoch vor Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der
Schweinepest-Verordnung nicht auf Grundlage des § 14d Absatz 6 Satz 1 in Verbindung mit
§ 14a Absatz 8 Nummer 1 der Schweinepest-Verordnung möglich.
Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Bund, Länder und Gemeinden werden nicht mit Kosten belastet.
Erfüllungsaufwand
1. Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
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Soweit Bürgerinnen und Bürger als Jagdausübungsberechtigte zur Mitwirkung bei der
verstärkten Bejagung herangezogen werden sollen, kann und konnte dies auf der
Grundlage des bisher geltenden Rechts erfolgen. Die Mitwirkung bei Tötungen
innerhalb einer „weißen Zone“ könnte im Vergleich dazu zu einem erhöhten
Erfüllungsaufwand führen. Da die Heranziehung von Jagdausübungsberechtigten
(wobei auch nicht bekannt ist, wie viele Jagdausübungsberechtigte in einem
betroffenen Gebiet überhaupt zuständig wären) nicht zwingend vorgeschrieben und
insoweit nicht bekannt ist, ob und inwieweit die zuständigen Behörden davon
Gebrauch machen, stellt die nachfolgende Berechnung eines eventuell entstehenden
Erfüllungsaufwandes eine Schätzung dar.
Das Auftreten von Tierseuchen unterliegt großen Schwankungen. Es kann daher nicht
davon ausgegangen werden, dass Fallzahlen stets in gleicher Höhe in kommenden
Jahren auftreten. Aus diesem Grund wird vorliegend von einem Fünf-Jahres-
Durchschnitt von Ende Januar 2016 bis Ende Januar 2021 für die Fallzahlberechnung
ausgegangen. Es errechnet sich somit ein jährlicher Wert von ca. 119 Fällen (=
Ausbrüche) pro Jahr (= 594 / 5) (der Leitfaden zur Ermittlung des Erfüllungsaufwands
sieht diese Vorgehensweise explizit vor: „bei Schwankungen kann ein sachgerechter
Mittelwert herangezogen werden.“). Es wird darauf hingewiesen, dass die
beschriebenen ASP-Ausbrüchen nicht unbedingt mit der Anzahl der Wildschweine
vergleichbar ist, die ggf. in der „weißen Zone“ getötet werden.
Ausgehend von der Studie des DJV und DBV wird bezüglich des Zeitaufwandes von 8
Ansitzen pro erlegtem Tier ausgegangen
(https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/Schwarzwildbewirtsc
haftung.pdf?__blob=publicationFile&v=5#page=30, S. 30). Veranschlagt werden
dabei 5 Stunden für einen Ansitz, wodurch ein Zeitaufwand pro Fall von 40 Stunden
pro Tier entsteht.
Multipliziert mit der Fallzahl führt dies somit zu einem jährlichen Zeitaufwand von
4.760 Stunden (= 119 Fälle × 40 Std.). Somit errechnet sich ein vermehrter
Stundenansatz für Bürgerinnen und Bürger von 4.760 Stunden pro Jahr.
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2. Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Wirtschaft ergibt sich kein neuer Erfüllungsaufwand.
3. Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Nach § 14d Absatz 6 Satz 1 in Verbindung mit § 14a Absatz 8 Nummer 1 der Schweinepest-Verordnung
in der Fassung vor dem Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur
Änderung der Schweinepest-Verordnung konnte die zuständige Behörde unter
Berücksichtigung epidemiologischer Erkenntnisse im gefährdeten Gebiet Maßnahmen
in Bezug auf eine verstärkte Bejagung oder Tötung von Wildschweinen einschließlich
der Verpflichtung der Jagdausübungsberechtigten zur Mitwirkung anordnen.
Soweit lediglich eine verstärkte Bejagung erfolgen soll, konnte diese aufgrund der bis
zum Inkrafttreten der Dritten Verordnung zur Änderung der Schweinepest-
Verordnung geltenden Vorschriften angeordnet werden.
Eine Tötung möglichst aller Wildschweine in einem gefährdeten Gebiet konnte jedoch
nicht auf diese Anordnungsbefugnis gestützt werden.
Die betreffende Regelung (§ 14d Absatz 6 der Schweinepest-Verordnung) wurde
daher unter Nennung der Ermächtigungsgrundlage des § 6 Absatz 1 Nummer 20
Buchstabe a und b des Tiergesundheitsgesetzes durch die Dritte Verordnung zur
Änderung der Schweinepest-Verordnung geändert. Die Änderung umfasst dabei zum
einen die Grundlage der weiteren Ermächtigungsgrundlage und zum anderen
redaktionelle Änderungen. Inwieweit von der Möglichkeit einer Anordnung zur
Tötung möglichst aller Wildschweine in der „weißen Zone“ in einem gefährdeten
Gebiet durch die zuständigen Behörden Gebrauch gemacht wird, kann im Voraus nicht
eingeschätzt werden. Daher sind die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand nicht
quantifizierbar und daher nicht ermittelbar.
Ein eventuell entstehender Mehrbedarf für den Bundeshaushalt ist im jeweils
betroffenen Einzelplan finanziell auszugleichen.
Weitere Kosten
Es entstehen keine weiteren Kosten.
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Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, sind
nicht zu erwarten.
Das Verordnungsvorhaben ist nicht von gleichstellungspolitischer Bedeutung, da
Auswirkungen auf die spezifische Lebenssituation von Frauen und Männern nicht zu
erwarten sind.
Eine Nachhaltigkeitsprüfung gemäß § 44 Absatz 1 Satz 4 der Gemeinsamen Geschäftsordnung
der Bundesministerien (GGO) ist erfolgt. Die Regelungen der Verordnung
sind im Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie tragfähig.
Mit der vorliegenden Verordnung werden die Regelungen der „Dritten Verordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung vom 6. November 2020“
fortgeschrieben. Somit werden die zuständigen Behörden auch in der Zukunft in die
Lage versetzt, rechtssicher Maßnahmen zur Bekämpfung der ASP (hier Tötung von
Wildschweinen in einem gefährdeten Gebiet) anordnen zu können. Diese Maßnahmen
dienen der Verhinderung einer weiteren Aus- und Verbreitung der ASP und
insbesondere der Verhinderung eines Eintrages dieser Tierseuche in
landwirtschaftliche Nutzbestände.
Die Gesunderhaltung und der Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Betrieben
bewahrt diese Betriebe vor wirtschaftlichen Verlusten, die durch den Eintrag einer
Tierseuche entstehen würden. Durch diese Verluste können existenzbedrohende
Situationen entstehen. Somit wird durch die Regelungen der Verordnung das
Nachhaltigkeitsziel 8 „Dauerhaftes, breitenwirksames und nachhaltiges
Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit“
gefördert, insbesondere den Indikatoren 8.3 „Wirtschaftliche Zukunftsvorsorge“ sowie
8.4 „Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ wird dadurch ausreichend Rechnung
getragen. Auch wird vorliegend das Nachhaltigkeitsziel 2 „Den Hunger beenden,
Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung erreichen und eine nachhaltige
Landwirtschaft fördern“ mit dem Unterziel 2.3 „Bis 2030 die landwirtschaftliche
Produktivität und die Einkommen von kleinen Nahrungsmittelproduzenten,
insbesondere von Frauen, Angehöriger indigener Völker, landwirtschaftlichen
Familienbetrieben, Weidetierhaltern und Fischern verdoppeln, …“ gefördert.
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Darüber hinaus wird auch dem Prinzip 4 einer nachhaltigen Entwicklung
„Nachhaltiges Wirtschaften stärken“ Rechnung getragen, insbesondere dem
Unterpunkt c) „Eine nachhaltige Land- und Fischereiwirtschaft muss produktiv,
wettbewerbsfähig sowie sozial und umweltverträglich sein; sie muss insbesondere
Biodiversität, Böden und Gewässer schützen und erhalten sowie die Anforderungen an
eine tiergerechte Nutztierhaltung und den vorsorgenden, insbesondere
gesundheitlichen Verbraucherschutz beachten“.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
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Entfristung der bis zum 9. Mai 2021 geltenden Verordnung. Die durch die Dritte Verordnung
zur Änderung der Schweinepest-Verordnung an der Schweinepest-Verordnung
vorgenommenen Änderungen gelten dann unbefristet. Diese beinhalten im Wesentlichen
Folgendes: Anordnungsbefugnis der zuständigen Behörde für Maßnahmen in Bezug auf die
Tötung von Wildschweinen in einem gefährdeten Gebiet bis hin zur Reduzierung der
Wildschweinepopulation auf (nahezu) Null.
Rechtsgrundlage: § 6 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b, Nummer 5 Buchstabe d, Nummer 8,
Nummer 20 Buchstabe a und b, Nummer 25 und Nummer 28, Nummer 28 auch in
Verbindung mit Absatz 6, des Tiergesundheitsgesetzes
Zu Artikel 2
Artikel 2 regelt das Inkrafttreten. Die Verordnung soll am Tag nach der Verkündung in Kraft
treten.
Drucksache 174/21
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG
Anlage
Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der
Schweinepest-Verordnung (NKR-Nr. 5706, BMEL)
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens
geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger
Jährlicher Zeitaufwand: 4760 Stunden (rund 120.000 Euro)
Wirtschaft Kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
Verwaltung Nicht quantifiziert.
Im Rechtsetzungsverfahren hat das Ressort insoweit gegen die Prinzipien der Besseren
Rechtsetzung verstoßen, als die Fristen für die Beteiligung von Ländern und Verbänden
und für die abschließende Prüfung auf wenige Werktage verkürzt wurden.
Ein so enger Zeitplan lässt eine wirksame Einbeziehung der Länder und Verbände
sowie die Prüfung der eingegangenen Stellungnahmen und Vornahme ggf. notwendiger
Anpassungen durch das Ressort nicht zu. Auskömmliche Rückmeldefristen sind
für die Gestaltung adressatenorientierten Rechts unabdingbar. Anderenfalls sind Beteiligungen
nichts anderes als eine Formalie.
Die zu kurz bemessenen Fristen sind auch der Auslöser dafür, dass das Ressort den
Erfüllungsaufwand teilweise nicht vollständig dargestellt hat und dass Fragen der
Plausibilität vorhandener Schätzungen nicht abschließend geklärt werden konnten.
Der Nationale Normenkontrollrat erhebt deshalb im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags
Einwände.
II. Im Einzelnen
Der vorliegende Regelungsentwurf dient der Entfristung einer gleichlautenden Eilverordnung,
die am 6. November 2020 verkündet wurde. Ziel der Eilverordnung war es, eine
weitere Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Deutschland dadurch zu
verhindern, dass die Infektionsketten wirksam unterbrochen werden.
Die ersten ASP-Fälle in Deutschland wurden im September 2020 bei Wildschweinen in
Brandenburg festgestellt. Neben weiteren Fällen in Brandenburg gab es zwischenzeitlich
auch Fälle in Sachsen. Hausschwein-Bestände sind bisher nicht betroffen. Die Infektionsketten
sollen unterbrochen werden, indem sog. weiße Zonen eingerichtet wurden. Bei
einer weißen Zone handelt es sich um ein umzäuntes Gebiet bzw. um einen Schutzkorri-
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dor, der infizierte von gesunden Tieren trennen soll. Ein solches Vorgehen war auch nach
bisheriger Rechtslage möglich und vorgesehen. Die jetzt zu entfristende Eilverordnung
ordnet nunmehr jedoch ausdrücklich an, dass alle Wildschweine, die sich in dem eingezäunten
Korridor befinden, zu entnehmen sind. Die bisherige Rechtslage sah lediglich
vor, dass solche Gebiete verstärkt zu bejagen sind. Für eine wirksame Seuchenbekämpfung
ist jedoch eine umfassende Entnahme notwendig. In der Praxis erfolgt die Entnahme
unter anderem durch das Aufstellen von Fallen, in denen die Tiere anschließend gezielt
getötet werden.
II.1. Erfüllungsaufwand
Das Ressort geht davon aus, dass für die Wirtschaft kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand
entsteht.
Das Ressort geht weiter davon aus, dass für die Jagdausübungsberechtigten, den Bürgerinnen
und Bürgern, ein zusätzlicher jährlicher Zeitaufwand von insgesamt 4760 Stunden
entsteht, das sind bei einem Stundensatz von 25 Euro rund 120.000 Euro. Das Ressort
trägt mit der Schätzung einem Einwand aus der Anhörung von Ländern und Verbänden
Rechnung. Der zusätzliche Zeitaufwand entsteht dadurch, dass die „Entnahme“ als zeitintensiver
eingeschätzt wird als das „verstärkte Bejagen“. Das Ressort schätzt nachvollziehbar
auf der Grundlage einer Studie des Deutschen Jagdverbands und des Deutschen
Bauernverbands, dass für eine Entnahme durchschnittlich fünf Ansitze notwendig sind.
Die Dauer eines Ansitzes schätzt das Ressort auf etwa acht Stunden im Einzelfall, sodass
der zusätzliche Zeitaufwand im Einzelfall etwa 40 Stunden beträgt. Die jährliche Fallzahl
zusätzlicher Entnahmen beziffert das Ressort auf der Grundlage der bisher aufgetretenen
Fälle mit 119.
Dem NKR stand für die Prüfung der Schätzung weniger als ein Werktag zur Verfügung.
Offene Fragen, etwa ob die Dauer einer Entnahme im Einzelfall auch für den Fall plausibel
ist, dass in der weißen Zone Fallen aufgestellt werden, konnten deshalb keiner Klärung
zugeführt werden. Zudem hat das Ressort einen ASP-Ausbruch in der Folgenabschätzung
eines anderen Regelungsentwurfs, in dem es ebenfalls um Maßnahmen zur
Bekämpfung von ASP-Ausbrüchen geht (Entwurf einer Verordnung zur Änderung der
Schweinepest-Verordnung und der Verordnung über die Jagdzeiten, NKR Nr. 4360), als
einmaliges bzw. eher selten und nicht dauerhaft auftretendes Ereignis eingeschätzt und
den daraus entstehenden Erfüllungsaufwand deshalb als einmalig kategorisiert. Weshalb
das Ressort nunmehr von dieser methodischen Einordnung abweicht und den zusätzli-
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chen Erfüllungsaufwand als jährlich auftretend einstuft, konnte ebenfalls nicht geklärt
werden.
Die Anhörung hat zudem ergeben, dass durch den vorliegenden Regelungsentwurf ein
zusätzlicher Erfüllungsaufwand der Verwaltung entsteht. Das Ressort hat diesen Hinweis
zwar aufgenommen, jedoch keine Quantifizierung des Erfüllungsaufwands oder eine
nachvollziehbare Erläuterung vorgelegt, weshalb der zusätzliche Erfüllungsaufwand als
geringfügig eingeschätzt wird. Zur Begründung beruft sich das Ressort darauf, dass es
nicht möglich sei, im Voraus einzuschätzen, inwieweit von der Möglichkeit einer Anordnung
zur Tötung möglichst aller Wildschweine in der „weißen Zone“ in einem gefährdeten
Gebiet durch die zuständigen Behörden Gebrauch gemacht wird. Diese Begründung
ist nach Auffassung des NKR insofern nicht plausibel, als dass allen Folgenabschätzungen
eine gewisse Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen innewohnt. Dennoch ist es
notwendig und geboten, die direkten Folgen eines Regelungsentwurfs abzuschätzen. Folgenabschätzungen
basieren in der Regel auf einem Szenario, das nach dem jeweils gegenwärtigen
Kenntnisstand als möglich und plausibel eingeschätzt wird. Sowohl die
Schätzungen zum zusätzlichen Erfüllungsaufwand im Einzelfall auch die Schätzung einer
möglichen Gesamtsumme des Erfüllungsaufwands stellen einen höheren Grad an Transparenz
her, als dies ohne eine Schätzung der Fall ist. Sicherlich gehört zur Transparenz in
Fällen gesteigerter Unsicherheit auch, dass dies entsprechend deutlich gemacht wird.
Nach Auffassung des NKR ist die Darstellung des Erfüllungsaufwands deshalb insoweit
nicht vollständig dargestellt.
II.2 Prinzipen der Besseren Rechtsetzung im Rechtsetzungserfahren
Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, die Prinzipien der Besseren Rechtsetzung in
den Rechtsetzungsverfahren auf Bundesebene anzuwenden. Dazu gehört auch, dass Länder
und Verbände, soweit ihre Belange betroffen sind, mit einer angemessenen Frist zu
beteiligen sind und dass die Regelfrist für die abschließende Prüfung nach § 50 GGO vier
Wochen beträgt.
Das Ressort hat beim Erlass der Eilverordnung von einer Beteiligung der Normadressaten
abgesehen. Ein solcher Verzicht ist bei Eilverordnungen, die der Abwehr unmittelbar
drohender Gefahren dienen sollen, zwar grundsätzlich nachvollziehbar. Es ist auch davon
auszugehen, dass eine solche unmittelbar drohende Gefahr zum Zeitpunkt des Erlasses
der Eilverordnung Anfang November 2020 gegeben war, da seit September 2020 Fälle von
ASP in Deutschland aufgetreten sind.
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Für das darauffolgende, jetzt gegenständliche Rechtsetzungsverfahren zur Entfristung der
Eilverordnung gelten jedoch die regulären Vorgaben und Fristen der GGO (§§ 62, 45, 47,
50). Trotzdem hat das Ressort für die Beteiligung der Normadressaten und die abschließende
Ressortabstimmung wenige Werktage vorgesehen. Nachvollziehbare Gründe dafür
sind nicht ersichtlich. Denn es stehen insgesamt sechs Monate zur Verfügung, um das
reguläre Rechtsetzungsverfahren zur Entfristung nachzuholen.
Aus Sicht des NKR lässt sich die wirksame Einbeziehung der Länder und Verbände sowie
die Prüfung der eingegangenen Stellungnahmen innerhalb von wenigen Tagen nicht so
durchführen, wie es die Grundsätze der Besseren Rechtsetzung erfordern. Auskömmliche
Rückmeldefristen sind für die Gestaltung adressatenorientierten Rechts unabdingbar.
Anderenfalls sind Beteiligungen eine reine Formalie.
Die zu kurz bemessenen Fristen sind auch der Grund dafür, dass keine vollständige
Schätzung vorgelegt wurde und Fragen zur Plausibilität nicht geklärt werden konnten.
III. Ergebnis
Im Rechtsetzungsverfahren hat das Ressort insoweit gegen die Prinzipien der Besseren
Rechtsetzung verstoßen, als die Fristen für die Beteiligung von Ländern und Verbänden
und für die abschließende Prüfung auf wenige Werktage verkürzt wurden.
Ein so enger Zeitplan lässt eine wirksame Einbeziehung der Länder und Verbände sowie
die Prüfung der eingegangenen Stellungnahmen durch das Ressort nicht zu. Auskömmliche
Rückmeldefristen sind für die Gestaltung adressatenorientierten Rechts unabdingbar.
Anderenfalls sind Beteiligungen nichts anderes als eine Formalie.
Die zu kurz bemessenen Fristen sind auch der Auslöser dafür, dass das Ressort den Erfüllungsaufwand
teilweise nicht vollständig dargestellt hat und dass Fragen der Plausibilität
vorhandener Schätzungen nicht abschließend geklärt werden konnten.
Der Nationale Normenkontrollrat erhebt deshalb im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags
Einwände.
Dr. Johannes Ludewig Dorothea Störr-Ritter
Vorsitzender Berichterstatterin
Drucksache 174/21
Anlage 2
Stellungnahme des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrats vom 2. Februar 2021 zur
Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Änderung der Schweinepest-
Verordnung
Der Nationale Normenkontrollrat (NKR) erhebt im Ergebnis seiner Stellungnahme Einwände
im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags. Er führt aus, dass das Ressort gegen die Prinzipien
der besseren Rechtsetzung verstoßen habe, da die Fristen für die Beteiligung von Ländern und
Verbänden und für die abschließende Prüfung auf wenige Werktage verkürzt wurden. Ein so
enger Zeitplan ließe eine wirksame Einbeziehung der Länder und Verbände sowie die
Prüfung der eingegangenen Stellungnahmen durch das Ressort nicht zu. Die zu kurz
bemessenen Fristen seien auch der Auslöser dafür, dass das Ressort den Erfüllungsaufwand
teilweise nicht dargestellt habe und dass Fragen der Plausibilität vorhandener Schätzungen
nicht abschließend geklärt werden konnten.
Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesregierung sieht vor, dass der NKR frühzeitig
zu beteiligen ist. Es handelt sich um eine Entfristung einer Eilverordnung, so dass die
frühzeitige Beteiligung grundsätzlich möglich gewesen wäre. Die späte Beteiligung ist der
dynamischen Entwicklung der letzten Monate im Tierseuchenbereich geschuldet (ASP- und
Geflügelpestgeschehen, zukünftige ASP-Bekämpfungsmaßnahmen auf EU-Ebene). Um eine
Beachtung der Fristen wird sich das BMEL künftig bemühen.
Allerdings wurde der NKR informell bereits vor der Zustimmung von Frau Bundesministerin
Klöckner über das Vorhaben unterrichtet. Auch die Länder und Verbände wurden informell
unterrichtet.
Im Rahmen der durchgeführten Abstimmung haben weder Länder noch Verbände Einwände
gegen die gesetzte Frist zur Einreichung von Stellungnahmen erhoben. Die sich äußernden
Länder und Verbände haben in ihren Stellungnahmen die dringende Notwendigkeit der
Weiterführung der in Rede stehenden Regelung als Dauerlösung betont. Nordrhein-Westfalen
und der Deutsche Jagdverband haben eine Stellungnahme zu dem vom NKR erbetenen
Erfüllungsaufwand abgegeben. Zur Quantifizierung des Erfüllungsaufwandes wurde
kurzfristig das Statistische Bundesamt (StBA) beteiligt und die Berechnungen dem NKR
vorgelegt. Ausgenommen hiervon waren die Angaben bezüglich des Erfüllungsaufwandes der
Länder im Hinblick auf Zaunbaumaßnahmen, da Zaunbaumaßnahmen nicht Bestandteil der in
Rede stehenden Regelung sind.
Eine weitere Quantifizierung des Erfüllungsaufwandes kann – auch nach Auffassung des
StBA - nicht vorgenommen werden, da es sich bei der in Rede stehenden Regelung um eine
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„Kann-Anordnung“ handelt. Insofern ist nicht bekannt, ob und in welchem Umfang von dieser
Möglichkeit Gebrauch gemacht wird.
Soweit Bürgerinnen und Bürger als Jagdausübungsberechtigte zur Mitwirkung bei Tötungen
innerhalb der „weißen Zone“ herangezogen werden, würde ein Erfüllungsaufwand von 4.760
Stunden pro Jahr entstehen.
Für die Wirtschaft entsteht kein neuer Erfüllungsaufwand.
Inwieweit von der Möglichkeit einer Anordnung durch die zuständige Behörde (=
Verwaltung) zur Tötung möglichst aller Wildschweine in der „weißen Zone“ in einem
gefährdeten Gebiet durch die zuständigen Behörden Gebrauch gemacht wird, kann im Voraus
nicht eingeschätzt werden. Daher sind die Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand nicht
quantifizierbar und daher nicht ermittelbar.