Verordnung des Bundesministeriums für GesundheitBundesrat Drucksache 226/21
Verordnung
des Bundesministeriums
für Gesundheit
19.03.21
G - K
Verordnung zur Vernichtung und zum Laborcontainment des
Poliovirus Typ 3 (Poliovirus-Verordnung - PolioV)
A. Problem und Ziel
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unternimmt mit ihren Partnern seit dem Jahr
1988 Anstrengungen, um Polioviren vollständig auszurotten (zu eradizieren). Nachdem
das Poliowildvirus Typ 2 bereits im Jahr 2015 eradiziert werden konnte, konnte im Oktober
2019 durch gemeinsame Anstrengungen der WHO-Mitgliedstaaten die weltweite Eradikation
des Poliowildvirus Typ 3 erzielt werden.
Im Einklang mit dem Globalen Aktionsplan der WHO zur Minimierung der von Laboreinrichtungen
für Polioviren ausgehenden Risiken nach einer typenspezifischen Eradikation
von Poliowildviren müssen in den Mitgliedstaaten der WHO Maßnahmen eingeleitet werden,
um eine Vernichtung und, sofern erforderlich, eine Sicherheitslagerung von Poliowildviren
Typ 3 und vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 sowie Material, das möglicherweise
solche Polioviren enthält, sicherzustellen.
Hierzu sind gemäß den Vorgaben der WHO folgende Schritte zu unternehmen:
� Die Vernichtung von Poliowildviren Typ 3 und vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3
sowie des Materials, das möglicherweise solche Polioviren enthält, ist so bald wie
möglich sicherzustellen.
� Es ist sicherzustellen, dass ab dem 1. August 2021 nur noch zentrale Einrichtungen
im Sinne des § 50a Absatz 3 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zum Besitz
von Polioviren Typ 3 und vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 sowie von Material,
das möglicherweise diese Polioviren enthält, berechtigt sind.
B. Lösung; Nutzen
Um die Vorgaben der WHO bezüglich der Polioeradikation zu erfüllen, soll mit der vorliegenden
Verordnung der 31. Juli 2021 als der Zeitpunkt festgelegt werden, zu dem Poliowildviren
Typ 3, vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 sowie Material, das möglicherweise
Poliowildviren Typ 3 oder vakzine-abgeleitete Polioviren Typ 3 enthält, nach § 50a Absatz
2 des Infektionsschutzgesetzes spätestens vernichtet sein müssen. Nach Ablauf des 31.
Juli 2021 ist ausschließlich eine zentrale Einrichtung nach § 50a Absatz 3 Satz 1 IfSG
zum Besitz von Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 oder Material,
das möglicherweise solche Polioviren enthält, berechtigt.
Durch die Regelung unterstützt Deutschland die weltweite Eradikation des Poliovirus.
Durch die strenge Beschränkung des Besitzes von Polioviren wird zudem auch eventuellen
Infektionen durch Laborunfälle vorgebeugt.
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Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
Drucksache 226/21 -2-
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Durch die Festlegung eines Zeitpunkts, zu dem Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleiteten
Polioviren Typ 3 sowie Material, das möglicherweise solche Polioviren enthält, nach § 50a
Absatz 2 IfSG spätestens vernichtet sein müssen, entstehen keine Haushaltsausgaben
ohne Erfüllungsaufwand.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Für die Vernichtung von Poliowildviren Typ 3, von vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3
sowie von Material, das möglicherweise solche Polioviren enthält, spätestens zum 31. Juli
2021 entsteht den betroffenen Laboren ein einmaliger Erfüllungsaufwand in nicht quantifizierbarer
Höhe.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts haben vier Laboratorien in der Vergangenheit
gemeldet, dass sie Polioviren Typ 3 besitzen. Da jedoch nicht nur Polioviren als solche,
sondern auch Material, welches Polioviren Typ 3 enthält, vernichtet werden soll, ist hier
von einer deutlich höheren Zahl von betroffenen Einrichtungen auszugehen.
Solches Material können u.a. Stuhlproben oder respiratorische Proben sein, die zu Zeiten
gesammelt wurden, als im Herkunftsland der Proben Poliowildviren oder vakzineabgeleitete
Polioviren Typ 3 zirkulierten. Daher werden insbesondere Forschungseinrichtungen
überprüfen müssen, ob sie Material besitzen, welches diese Kriterien erfüllt. Damit
ist Aufwand in nicht quantifizierbarer Höhe verbunden.
Die Zahl der zu vernichtenden Proben lässt sich deshalb nicht quantifizieren.
Durch den Vernichtungsvorgang als solches dürften den betroffenen Einrichtungen keine
relevanten zusätzlichen Kosten über die Arbeitszeit der ausführenden Mitarbeitenden hinaus
entstehen, da Laboratorien und Einrichtungen, die mit Viren bzw. potentiell infektiösen
Material arbeiten ohnehin über technische Vorrichtungen verfügen, die eine Vernichtung
dieser Viren bzw. dieser Proben ermöglichen.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Keine.
Bundesrat Drucksache 226/21
Verordnung
des Bundesministeriums
für Gesundheit
19.03.21
G - K
Verordnung zur Vernichtung und zum Laborcontainment des
Poliovirus Typ 3 (Poliovirus-Verordnung - PolioV)
Bundeskanzleramt Berlin, 18. März 2021
Staatsminister bei der Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Reiner Haseloff
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Gesundheit zu erlassende
Verordnung zur Vernichtung und zum Laborcontainment
des Poliovirus Typ 3 (Poliovirus-Verordnung – PolioV)
mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des
Grundgesetzes herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hendrik Hoppenstedt
Verordnung zur Vernichtung und zum Laborcontainment des Poliovirus
Typ 3
(Poliovirus-Verordnung – PolioV)
Vom ...
Auf Grund des § 50a Absatz 4 des Infektionsschutzgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer
24 des Gesetzes vom 17. Juli 2017 (BGBl. I S. 2615) eingefügt worden ist, verordnet
das Bundesministerium für Gesundheit:
§ 1
Festlegung der Zeitpunkte nach § 50a Absatz 4 des Infektionsschutzgesetzes
(1) Der Zeitpunkt, zu dem Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleitete Polioviren Typ 3
sowie Material, das möglicherweise Poliowildviren Typ 3 oder vakzine-abgeleitete Polioviren
Typ 3 enthält, nach § 50a Absatz 2 des Infektionsschutzgesetzes spätestens vernichtet
sein müssen, wird auf den 31. Juli 2021 festgelegt. Satz 1 gilt nicht für zentrale Einrichtungen
im Sinne des § 50a Absatz 3 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes.
(2) Der Zeitpunkt, ab dem nur eine zentrale Einrichtung im Sinne des § 50a Absatz 3
Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleitete Polioviren
Typ 3 sowie Material, das möglicherweise Poliowildviren Typ 3 oder vakzine-abgeleitete
Polioviren Typ 3 enthält, besitzen darf, wird auf den 1. August 2021 festgelegt.
§ 2
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Drucksache 226/21
Drucksache 226/21
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unternimmt mit ihren Partnern seit dem Jahr 1988
Anstrengungen, um Polioviren vollständig auszurotten (zu eradizieren). Nachdem das Poliowildvirus
Typ 2 bereits im Jahr 2015 eradiziert werden konnte, konnte im Oktober 2019
durch gemeinsame Anstrengungen der WHO-Mitgliedstaaten die weltweite Eradikation des
Poliowildvirus Typ 3 erzielt werden.
Im Einklang mit dem Globalen Aktionsplan der WHO zur Minimierung der von Laboreinrichtungen
für Polioviren ausgehenden Risiken nach einer typenspezifischen Eradikation von
Poliowildviren müssen in den Mitgliedstaaten der WHO Maßnahmen eingeleitet werden,
um eine Vernichtung und, sofern erforderlich, eine Sicherheitslagerung von Poliowildviren
Typ 3 und vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 sowie von Material, das möglicherweise
solche Polioviren enthält, sicherzustellen.
Hierzu sind gemäß den Vorgaben der WHO folgende Schritte zu unternehmen:
– Die Vernichtung von Poliowildviren Typ 3 und vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3
sowie nicht benötigten Materials, das möglicherweise solche Polioviren enthält, ist so
bald wie möglich sicherzustellen.
– Es ist sicherzustellen, dass ab dem 1. August 2021 nur noch zentrale Einrichtungen
im Sinne des § 50a Absatz 3 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zum Besitz
von Polioviren Typ 3 und vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 sowie von Material, das
möglicherweise diese Polioviren enthält, berechtigt sind.
II. Wesentlicher Inhalt der Verordnung
Um die Vorgaben der WHO bezüglich der Polioeradikation zu erfüllen, soll mit der vorliegenden
Verordnung der 31. Juli 2021 als der Zeitpunkt festgelegt werden, zu dem Poliowildviren
Typ 3, vakzine-abgeleitete Polioviren Typ 3 sowie Material, das möglicherweise
Poliowildviren Typ 3 oder vakzine-abgeleitete Polioviren Typ 3 enthält, nach § 50a Absatz
2 des Infektionsschutzgesetzes spätestens vernichtet sein müssen. Nach Ablauf des 31.
Juli 2021 sind ausschließlich zentrale Einrichtungen nach § 50a Absatz 3 Satz 1 IfSG zum
Besitz von Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3 oder Material, das
möglicherweise solche Polioviren enthält, berechtigt.
III. Alternativen
Keine.
IV. Regelungskompetenz
- 2 -
Die Regelungskompetenz beruht auf der Ermächtigungsgrundlage in § 50a Absatz 4 IfSG.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen
Die Regelungen sind mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar und mit völkerrechtlichen
Verträgen vereinbar.
VI. Regelungsfolgen
Keine.
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Keine.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Die Verordnung wurde unter Berücksichtigung der Ziele, Indikatoren und Prinzipien der
nachhaltigen Entwicklung geprüft. Er folgt den Leitgedanken der Bundesregierung zur Berücksichtigung
der Nachhaltigkeit. Indem die Verordnung der weltweiten Polioeradikation
dient, trägt sie zur Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung (SDG 3) und der Vermeidung
von Gefahren und unvertretbaren Risiken für die menschliche Gesundheit (Prinzip
3 Buchstabe b) bei.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Durch die Festlegung eines Zeitpunkts, zu dem Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleiteten
Polioviren Typ 3 sowie Material, das möglicherweise solche Polioviren enthält, nach § 50a
Absatz 2 IfSG spätestens vernichtet sein müssen, entstehen keine Haushaltsausgaben
ohne Erfüllungsaufwand.
4. Erfüllungsaufwand
Bürgerinnen und Bürger:
Keiner.
Wirtschaft:
- 3 - Drucksache 226/21
Für die Vernichtung von Poliowildviren Typ 3, von vakzine-abgeleiteten Polioviren Typ 3
sowie von Material, das möglicherweise solche Polioviren enthält, spätestens zum 31. Juli
2021 entsteht den betroffenen Laboratorien und Einrichtungen ein einmaliger Erfüllungsaufwand
in nicht quantifizierbarer Höhe.
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts haben vier Laboratorien in der Vergangenheit gemeldet,
dass sie Polioviren Typ 3 besitzen. Da jedoch nicht nur Polioviren als solche, sondern
auch Material, welches Polioviren Typ 3 enthält, vernichtet werden soll, ist hier von
einer deutlich höheren Zahl von betroffenen Einrichtungen auszugehen.
Solches Material können u.a. Stuhlproben oder respiratorische Proben sein, die zu Zeiten
gesammelt wurden, als im Herkunftsland der Proben Poliowildviren oder vakzine-abgeleitete
Polioviren Typ 3 zirkulierten. Daher werden insbesondere Forschungseinrichtungen
überprüfen müssen, ob sie Material besitzen, welches diese Kriterien erfüllt. Damit ist Aufwand
in nicht quantifizierbarer Höhe verbunden.
Die Zahl der zu vernichtenden Proben lässt sich deshalb nicht quantifizieren.
Drucksache 226/21
Durch den Vernichtungsvorgang als solches dürften den betroffenen Einrichtungen keine
relevanten zusätzlichen Kosten über die Arbeitszeit der ausführenden Mitarbeitenden hinaus
entstehen, da Laboratorien und Einrichtungen, die mit Viren bzw. potentiell infektiösen
Material arbeiten ohnehin über technische Vorrichtungen verfügen, die eine Vernichtung
dieser Viren bzw. dieser Proben ermöglichen.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten:
Keine.
Verwaltung:
Keiner.
5. Weitere Kosten
Keine.
6. Weitere Regelungsfolgen
Keine.
VII. Befristung; Evaluierung
Keine.
B. Besonderer Teil
Zu § 1
- 4 -
Um Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleitete Polioviren Typ 3 sowie Material, das möglicherweise
solche Polioviren enthält, so bald wie möglich zu vernichten, wurde als Zeitpunkt,
zu dem diese Viren und dieses Material nach § 50a Absatz 2 IfSG spätestens vernichtet
sein müssen, auf den 31. Juli 2021 festgelegt. Dieser späteste Zeitpunkt gilt nicht für zentrale
Einrichtungen im Sinne von § 50a Absatz 3 Satz 1 IfSG, auf die § 50a Absatz 2 IfSG
auch Anwendung findet (§ 1 Satz 2).
Zum infektiösen Material, das möglicherweise Poliowildviren Typ 3 oder vakzine-abgeleitete
Polioviren Typ 3 enthält, können insbesondere Stuhl und respiratorische Proben gehören,
die zu Zeiten gesammelt wurden, als im Herkunftsland der Proben Poliowildviren oder
vakzine-abgeleitete Polioviren zirkulierten.
Weitere Hintergründe zum WHO Polio-3Containment finden sich veröffentlicht unter:
http://polioeradication.org/wp-content/uploads/2016/07/PV3-containment-statement-
20190930.pdf (Stand:10. März 2021).
Für den Fall, dass einige Poliowildviren Typ 3, vakzine-abgeleitete Polioviren Typ 3 oder
Material, das möglicherweise diese Polioviren enthält, aufbewahrt werden sollen, wird zur
Verhinderung von Polioausbrüchen in Folge von Laborunfällen das Besitzrecht ab dem 1.
August 2021 auf eine zentrale Einrichtung in Sinne des § 50a Absatz 3 Satz 1 IfSG beschränkt
(§ 1 Absatz 2).
Sollte die Notwendigkeit bestehen, die o. g. Viren oder betroffenes Material in eine zentrale
Einrichtung im Sinne des § 50a Absatz 3 Satz 1 IfSG oder in eine Einrichtung im Ausland
zu verbringen (z. B. zum Zwecke der Untersuchung ausgewählter Forschungsfragen, etwa
zur Entwicklung neuer Impfstoffe, zur Testung von Impfstoffen oder zur virologischen Forschung
und Diagnostik), ist das nur bis zum Ablauf des in § 1 Absatz 1 genannten Datums
unter Beachtung der Vorgaben der Erlaubnispflicht nach § 44 IfSG und anderer einschlägiger
Rechtsvorschriften möglich.
Zu § 2
Die Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- 5 - Drucksache 226/21