U
Bundesrat Drucksache 64/1/21
E m p f e h l u n g e n
der Ausschüsse
22.02.21
U - AV - Fz - Wi
zu Punkt … der 1001. Sitzung des Bundesrates am 5. März 2021
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der
Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im
Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen
Der federführende Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und nukleare Sicherheit (U),
der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des
Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
A
1. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 4 Nummer 1 VerpackG),
Nummer 29 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa0 – neu – (§ 36 Absatz 1
Nummer 01 – neu – VerpackG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) Nummer 5 ist wie folgt zu fassen
‚5. § 4 wird wie folgt geändert:
aa) In dem Satzteil vor Nummer 1 werden nach <… weiter wie
Vorlage …>.
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
...
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Empfehlungen, 64/1/21 - 2 -
bb) In Nummer 1 werden die Wörter „und zu deren Akzeptanz durch
den Verbraucher“ gestrichen.‘
b) In Nummer 29 Buchstabe a ist dem Doppelbuchstaben aa folgender Doppelbuchstabe
aa0 voranzustellen:
‚aa0) Der Nummer 1 wird folgende Nummer 01 vorangestellt:
„01. entgegen § 4 Nummer 1 Verpackungen so entwickelt oder
vertreibt, dass Verpackungsvolumen und -masse nicht auf
das Mindestmaß begrenzt werden, das zur Gewährleistung
der erforderlichen Sicherheit und Hygiene der zu verpackenden
Ware angemessen ist oder Verpackungsvolumen
oder -masse von der Akzeptanz durch den Verbraucher abhängig
macht," '
Begründung:
Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Größe der Verpackung von der Akzeptanz
des Verbrauchers abhängig gemacht werden sollte. Die Akzeptanz des
Verbrauchers stellt keine funktional notwendige Eigenschaft einer Verpackung
dar, sondern dient vielmehr dem wirtschaftlichen Aspekt, die Verbraucher zum
Kauf eines Produkts anzuregen.
Zudem gehen noch immer zahlreiche Verpackungen in Volumen und Masse
sehr weit über das notwendige Maß hinaus. Dies dient primär der Irreführung
der Verbraucher, welche den Inhalt der Verpackung fehlerhaft einschätzen. Resultat
ist jedoch insbesondere ein unnötig hohes Maß an Verpackungsabfall.
Der Vorbehalt der Akzeptanz der Verbraucher hat mithin einzig wirtschaftliche
Motivation und hat nicht allein gegenüber dem Umweltschutz, sondern zusätzlich
gegenüber dem Verbraucherschutz zurückzutreten.
Die Aufnahme eines Verstoßes in den Bußgeldkatalog dient der Ahndungsmöglichkeit.
Die Vorgabe würde ansonsten leerlaufen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 5 (§ 4 Nummer 5 – neu – VerpackG)
Artikel 1 Nummer 5 ist wie folgt zu fassen:
‚5. § 4 wird wie folgt geändert:
a) In dem Satzteil vor Nummer 1 werden nach <…weiter wie Vorlage…>.
b) Folgende Nummer 5 wird angefügt
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- 3 - Empfehlungen, 64/1/21
„5. bei einem Einsatz von kritischen Rohstoffen, diese sparsam zu
verwenden sind sowie eine Kennzeichnung der in den Verpackungen
enthaltenen kritischen Rohstoffe enthalten, um sicherzustellen,
dass die kritischen Rohstoffe aus den Verpackungen nach Gebrauch
zurückgewonnen werden können." '
Begründung:
Hinsichtlich kritischer Rohstoffe sind im Kreislaufwirtschaftsgesetz neue Anforderungen
an die Produktverantwortung enthalten (§ 23 Absatz 2 Nummer
3). Diese neuen Anforderungen an die Produktverantwortung sind für
Verpackungen im VerpackG gemäß § 1 Absatz 1 umzusetzen. Es wird daher
vorgeschlagen, die Allgemeinen Anforderungen in § 4 VerpackG bezüglich
kritischer Rohstoffe zu ergänzen.
3. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 5 Absatz 4 – neu – VerpackG)
Artikel 1 Nummer 6 ist wie folgt zu fassen:
‚6. Dem § 5 werden folgende Absätze 3 und 4 angefügt:
„(3) Beschränkungen <… weiter wie Vorlage…>.
(4) Der Einsatz von kritischen Rohstoffen in Einwegverpackungen ist verboten.“
‘
Folgeänderung:
In dem neuen § 36 Absatz 1 Nummer 1 sind nach den Wörtern „oder Absatz 2
Satz 1“ die Wörter „oder Absatz 4“ einzufügen.
Begründung:
Zunehmend finden Stoffe Verwendung in Einwegverpackungen, die zu den
von der Kommission festgelegten kritischen Rohstoffen gehören. Beispielsweise
findet Neodym Verwendung im Einsatz von Neodym-Eisen-Bor-Magneten
als Verschluss für Einwegverpackungen. Neodym gehört zu den leichten seltenen
Erden und fällt damit unter die kritischen Rohstoffe.
Hinsichtlich kritischer Rohstoffe sind im Kreislaufwirtschaftsgesetz neue Anforderungen
an die Produktverantwortung enthalten (§ 23 Absatz 2 Nummer
3). Diese neuen Anforderungen an die Produktverantwortung sind für
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bei
Annahme
entfällt
Ziffer 5
Empfehlungen, 64/1/21 - 4 -
Verpackungen im VerpackG gemäß § 1 Absatz 1 umzusetzen. Es wird daher
vorgeschlagen, die Stoffbeschränkungen in § 5 VerpackG um ein grundsätzliches
Verwendungsverbot von kritischen Rohstoffen in Einwegverpackungen
zu erweitern.
4. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe b (§ 7 Absatz 2 Satz 3 VerpackG),
Nummer 9 Buchstabe b Doppelbuchstabe ii (§ 9 Absatz 2 Satz 2
VerpackG) *
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
a) Nummer 7 Buchstabe b ist zu streichen.
b) In Nummer 9 Buchstabe b Doppelbuchstabe ii ist in § 9 Absatz 2 Satz 2 der
folgende Satzteil „ ; im Falle einer vollständigen Übertragung der Systembeteiligungspflicht
gemäß § 7 Absatz 2 auf einen oder mehrere Vorvertreiber
haben sie stattdessen zu erklären, dass sie nur bereits systembeteiligte
Serviceverpackungen in Verkehr bringen“ zu streichen.
Begründung:
Mit der im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderung sollen alle „Hersteller von
mit Ware befüllten Serviceverpackungen“ (das sind beispielhaft Bäckereien,
die Brötchen in Brötchentüten packen und so verkaufen) verpflichtet werden,
sich einmalig nach § 9 bei der Zentralen Stelle registrieren zu lassen. Diese
Registrierung soll, anders als bisher praktiziert, zusätzlich zu der bisher und
auch weiterhin verpflichteten Registrierung der Vorvertreiber (Hersteller der
Verpackungen, im Beispiel: der Brötchentüten) erfolgen. Laut Begründung
würde diese Pflicht ca. 390 000 Unternehmen betreffen (alle Einzelhändler
ohne Handel mit Kfz) betreffen. Ein Verstoß gegen diese Registrierungspflicht
wäre nach § 34 Absatz 7 VerpackG bußgeldbewährt (bis 100 000 Euro).
Die neue Verpflichtung belastet sowohl den Einzelhandel als potentiell auch
die für die Verhängung von Bußgeldern zuständigen Vollzugsbehörden der
Länder. Sie wird zum einen mit nicht näher konkretisierten „Transparenzlücken
im Verpackungsregister“ begründet, zum anderen mit der Umsetzung des
Artikels 8a Absatz 5 Unterabsatz 1 der Richtlinie 2008/98/EG. Transparenzlücken
sind jedoch nicht ersichtlich. Die genannte Regelung auf EU-Ebene verlangt
von den Mitgliedstaaten, dass sie „einen geeigneten Überwachungs- und
Durchsetzungsrahmen (schaffen), um sicherzustellen, dass Hersteller von Erzeugnissen
und Organisationen, die für diese Verpflichtungen der erweiterten
*
Vom U als Hauptempfehlung zur Ziffer 5 beschlossen.
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entfällt
bei
Annahme
von
Ziffer 4
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Herstellerverantwortung wahrnehmen, ihren Verpflichtungen im Rahmen der
erweiterten Herstellerverantwortung – auch im Fernabsatz – nachkommen,
dass die finanziellen Mittel ordnungsgemäß verwendet werden und dass alle an
der Umsetzung der Regime der erweiterten Herstellerverantwortung beteiligten
Akteure verlässliche Daten übermitteln.“ Auch aus dieser Pflicht ist nicht erkennbar,
dass die bisherige Übertragung aller Verpflichtungen (Lizenzierungspflicht
und Registrierungspflicht) vom Letztvertreiber auf den Vorvertreiber
unzulässig sei.
Werden die Pflichten auf einen Vorvertreiber übertragen, obliegen diesem die
Pflichten nach den §§ 9 bis 11 VerpackG. Dazu gehört insbesondere die Verpflichtung,
eine Vollständigkeitserklärung durch einen registrierten Sachverständigen
oder durch einen registrierten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder
vereidigten Buchprüfer geprüfte Vollständigkeitserklärung über die in Verkehr
gebrachten Verkaufs- und Umverpackungen abzugeben. Dies kann auch bei
Unterschreiten der Schwellenwerte jederzeit verlangt werden.
Die im Rahmen der zusätzlichen Registrierung der eigentlich befreiten Hersteller
verlangte Erklärung, nur systembeteiligte Serviceverpackungen in Verkehr
zu bringen, soll nach der Begründung des Gesetzentwurfs nur einmal erforderlich
und daher der Aufwand hierfür zumutbar sein. Soweit die Vorschrift auf
eine verbesserte Überwachung abzielt, so ist diese mit den bei der Registrierung
geforderten Angaben nicht erreichbar (kein Abgleich zwischen Vorvertreiber
und Letztvertreiber). Der ansonsten mit dieser Registrierung erzielte Erkenntnisgewinn
ist darüber hinaus gering, weil die Geschäftsbereiche, die typischerweise
Serviceverpackungen verwenden, bereits weitgehend bekannt sein
dürften. Für deren Überwachung sind ca. 390 000 Registrierdatensätze und die
Implementierung einer neuen Pflicht im fast vollständigen Einzelhandel nicht
notwendig.
5. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe b (§ 7 Absatz 2 Satz 3 VerpackG) *
In Artikel 1 ist Nummer 7 Buchstabe b zu streichen.
Begründung:
Die zusätzliche Registrierungspflicht für Hersteller von systembeteiligungspflichtigen
Serviceverpackungen, die gemäß § 7 Absatz 2 Satz 1 Verpackungsgesetz
von den Vorvertreibern dieser Serviceverpackungen verlangen können,
dass sie sich hinsichtlich der von ihnen gelieferten unbefüllten Serviceverpackungen
an einem oder mehreren Systemen beteiligen, verursacht eine unverhältnismäßige
und überflüssige Doppelarbeit. Von dieser Regelung wäre eine
Vielzahl von kleinen und mittleren Unternehmen (Bäcker, Cafés, Fast-Food-
*
Vom U als Hilfsempfehlung zur Ziffer 4 beschlossen.
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Empfehlungen, 64/1/21 - 6 -
Gastronomen, Direktvermarkter etc.) betroffen, die sich bei der Zentralen Stelle
Verpackungsregister (ZSVR) registrieren lassen müssten. Dabei muss der
Vorvertreiber der Serviceverpackung ohnehin registriert sein und seine Systembeteiligung
nachweisen können. Die beabsichtigte Doppelmeldung würde
somit zu unverhältnismäßigem Aufwand für die Unternehmen führen, der angesichts
des vergleichsweise geringen Erkenntnisgewinns für die ZSVR nicht
gerechtfertigt wäre.
6. Zu Artikel 1 Nummer 7 Buchstabe b1 − neu − (§ 7 Absatz 2a − neu − VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 7 ist nach Buchstabe b folgender Buchstabe einzufügen:
‚b1) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 2a eingefügt:
„(2a) Für Hersteller von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen,
die Kleinstunternehmen im Sinn des Artikels 2 Absatz 3 des
Anhangs der Empfehlung der Kommission 2003/361/EG darstellen, gilt
Absatz 2 entsprechend.“ ‘
Begründung:
Das Verpackungsgesetz bietet unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit
der Befreiung von der Registrierungs- und Systembeteiligungspflicht.
Diese Ausnahmeregelung gilt für die sogenannten „Serviceverpackungen“, die
vom Vertreiber am Ort der Abgabe mit Ware befüllt werden. In diesen Fällen
sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, die Lizenzierungspflicht auf den Vorvertreiber
der Verpackung zu delegieren. Die praktische Umsetzung des Verpackungsgesetzes
stellt gerade Kleinstunternehmen (zum Beispiel landwirtschaftliche
Direktvermarkter), insbesondere bei der Registrierung, vor organisatorische
Herausforderungen. Es erscheint daher für diese speziellen Fälle
sinnvoll, die oben genannte Ausnahme von der Registrierungs- und Systembeteiligungspflicht
und die Möglichkeit der Vorlizenzierung auch für andere
Verpackungen zu ermöglichen. Hier könnte für Vertreiber kleiner Mengen eine
echte Verbesserung im Sinne der Entbürokratisierung erreicht werden, ohne
dass dabei die Ziele des Verpackungsgesetzes aufgeweicht würden. Dabei erscheint
ein Bezug auf die Empfehlung der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend
die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren
Unternehmen (2003/361/EG) zielführend, in der ein Kleinstunternehmen als
ein Unternehmen definiert ist, das weniger als zehn Personen beschäftigt und
dessen Jahresumsatz bzw. Jahresbilanz 2 Millionen Euro nicht überschreitet.
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7. Zu Artikel 1 Nummer 8 Buchstabe a0 – neu – (§ 8 Absatz 1 Satz 4 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 8 ist dem Buchstaben a folgender Buchstabe a0 voranzustellen:
‚a0) Absatz 1 Satz 4 wird wie folgt gefasst:
„Satz 1 gilt nicht für Hersteller von mit Getränken befüllten Einweggetränkeverpackungen,
die nach § 31 Absatz 4 keiner Pfandpflicht unterliegen,
es sei denn, dass es sich bei der Erfassungsstruktur nach Absatz
1 um das einheitliche Pfandsystem nach § 31 Absatz 1 handelt.“ ‘
Begründung:
Es handelt sich um eine Korrektur hin zum ursprünglich gewollten. § 8 Absatz
1 Satz 4 hat seinen Ursprung in der dritten Verordnung zur Änderung der
Verpackungsverordnung vom 24.05.2005. Dort wurde in § 8 Absatz 2 Satz 2
geregelt, dass die Pfandpflicht nach § 8 Absatz 1 (selbige Fassung) keine Anwendung
findet, soweit die Hersteller und Vertreiber an einem System beteiligt
sind. Nicht gemeint war damit, dass für die nicht der Pfandpflicht unterliegenden
Einweggetränkeverpackungen eine Branchenlösung unzulässig sein sollte.
Bei Einweggetränkeverpackungen, die nicht der Pfandpflicht unterliegen, handelt
es sich um systembeteiligungspflichtige Verpackungen. Denkbar wäre
theoretisch aber die freiwillige Beteiligung an dem bestehenden einheitlichen
Pfandsystem. Auf diese Weise könnten bestimmte Getränkeverpackungen, die
vom Gesetzgeber nicht der Pfandpflicht unterworfen wurden, dennoch auf
freiwilliger Basis in dem bereits eingerichteten einheitlichen Pfandsystem mit
beteiligt werden. Hierdurch könnten die materialgleichen Einweggetränkeverpackungen
gemeinsam mit den Einwegpfandgetränkeverpackungen erfasst
werden und somit das Recycling der nicht pfandpflichtigen Verpackungen erleichtert
werden.
Da die Einrichtung eines solchen freiwilligen Pfandsystems eine Branchenlösung
darstellt, ist § 8 Absatz 1 Satz 4 auf solche Branchenlösungen zu beschränken,
deren Erfassungsstruktur nicht auf das bestehende einheitliche
Pfandsystem nach § 31 Absatz 1 zurückgreift.
Die Änderung dient ebenso der Erleichterung für Inverkehrbringer von Getränken
in Einwegkunststoffflaschen oder -dosen, die ab dem 1. Januar 2022 der
Pfandpflicht unterliegen. Diese könnten bereits vor dem 1. Januar 2022 ihre
Einweggetränkeverpackungen im Rahmen einer Branchenlösung an dem einheitlichen
Pfandsystem beteiligen.
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Empfehlungen, 64/1/21 - 8 -
8. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe a (§ 9 Absatz 1 Satz 1 VerpackG)
Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe a ist zu streichen.
Begründung:
Eine Registrierungspflicht für alle Hersteller von mit Ware befüllten Verpackungen
ist abzulehnen. Dies würde nahezu zu einer Vollerhebung der
gewerblichen Wirtschaft führen, da mit Ausnahme einiger Dienstleister fast
alle Unternehmen Verpackungen nutzen. Zudem würden mehr Daten erhoben,
während die Menge der Systembeteiligungen sich kaum vergrößern dürfte.
Auch eine Verbesserung der Überwachung verspricht die erweiterte Registrierungspflicht
kaum. Die erhebliche Ausweitung des Registers könnte vielmehr
zu mehr Unübersichtlichkeit führen.
9. Zu Artikel 1 Nummer 9 Buchstabe a1 – neu – (§ 9 Absatz 1a – neu – VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 9 ist nach dem Buchstaben a folgender Buchstabe a1 einzufügen:
‚a1) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:
„(1a) Die Zentrale Stelle kann Namen, Anschrift und gewerbliche
Tätigkeit von Gewerbetreibenden nach § 14 Absatz 6 Nummer 3 der
Gewerbeordnung bei den dafür zuständigen Stellen abfordern, in einem
internen Register speichern und für die Kontaktaufnahme der nach Absatz
1 Satz 1 verpflichteten verwenden. Die Abforderung nach Satz 1
kann manuell oder automatisiert erfolgen. Soweit zum Vollzug dieses
Gesetzes oder zu statistischen Zwecken erforderlich, dürfen nach Satz 1
gewonnene Daten an die zuständigen Behörden weitergeleitet werden.“
‘
Begründung:
Die von der Bundesregierung vorgesehene Gesetzesänderung bewirkt eine erhebliche
Ausweitung der Registrierungspflichtigen auf nahezu alle Gewerbetreibenden
in Handwerk, Landwirtschaft, Industrie, Handel und Gastronomie.
Soweit die Registrierung der Erhebung statistischer Daten dient, sollen die In-
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- 9 - Empfehlungen, 64/1/21
verkehrbringer von Verpackungen ergänzend zur neu ausgeweiteten Registrierungspflicht
nach § 9 Absatz 1 VerpackG bereits auf Basis der bei den Gewerbeämtern
gespeicherten Daten und auf Basis der für die Gewerbetreibenden
hinterlegten Informationen über die jeweilige gewerbliche Tätigkeit durch die
Zentrale Stelle Verpackungsregister ermittelt werden und an die zuständigen
statistischen Landesämter übermittelt werden.
10. Zu Artikel 1 Nummer 11 Buchstabe c – neu – (§ 11 Absatz 4 Satz 2,
Satz 3 – neu – VerpackG)
In Artikel 1 ist der Nummer 11 folgender Buchstabe anzufügen:
‚c) Absatz 4 Satz 2 wird durch folgende Sätze ersetzt:
„Die Zentrale Stelle oder die zuständige Landesbehörde kann jederzeit verlangen,
dass eine Vollständigkeitserklärung gemäß den Vorgaben der Absätze
1 bis 3 zu hinterlegen ist. Dies gilt auch bei Unterschreiten der
Schwellenwerte nach Satz 1.“ ‘
Begründung:
Der Antrag dient der Klarstellung der (Mit-) Zuständigkeit der Zentralen Stelle
Verpackungsregister (ZSVR) für Anordnungen auch oberhalb der Mengenschwelle.
Die bisherige Regelung gibt der ZVSR (und parallel den Landesbehörden)
unstrittig die Befugnis, bei Unterschreiten der Schwellenwerte auf Basis
des § 11 Absatz 4 Satz 1 eine Anordnung zur Hinterlegung einer Vollständigkeitserklärung
(VE-Erklärung) zu erlassen. Es wird jedoch von einem mengenmäßig
relevanten Inverkehrbringer (in BW) gegenüber der ZVSR in einer
feinsinnigen, aber nicht ganz abwegigen Argumentation bestritten, dass der
ZSVR nur eine Anordnungsbefugnis für eine VE oberhalb der Schwellenwerte
zustehe, weil sich das Wörtchen „auch“ doppeldeutig interpretieren lasse.
Danach dürften nur die Länderbehörden und nicht die ZSVR über den Umweg
des § 62 KrWG i. V. m. § 11 Absatz 1 VerpackG (Erfüllung der VE-Pflicht für
oberhalb der Schwellenwerte liegende Mengen) eine VE verlangen. Damit läge
aufgrund der nicht eindeutigen Formulierung dafür die Zuständigkeit möglicherweise
allein bei den Ländern, obwohl die ZSVR bei der Ermittlung federführend
ist. Um der ZSVR eindeutig und (zweifellos vom Gesetzgeber gewollt)
eine eigenständige Anspruchsgrundlage für Anordnungen oberhalb der
Schwellenwerte zu geben, wird zur Klarstellung der Änderungsantrag eingebracht.
Die ZSVR selbst hat in ihrer Stellungnahme zum VerpackG ebenfalls
diese Klarstellung vorgeschlagen.
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Empfehlungen, 64/1/21 - 10 -
11. Zu Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa
(§ 15 Absatz 3 Satz 3 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 14 Buchstabe b ist Doppelbuchstabe aa zu streichen.
Begründung:
Die Regelung sieht eine Nachweispflicht auch für Hersteller von Mehrweg-,
Transport-, Verkaufs- und Umverpackungen, die nicht beim privaten Endverbraucher
anfallen, vor. Dies ist abzulehnen, da damit eine unverhältnismäßige
Belastung für tausende Unternehmen einherginge. Ein direkter Mehrwert für
den Schutz der Umwelt ist demgegenüber nicht erkennbar, da zahlreiche Unternehmen
solche Verpackungen bereits zurücknehmen, wiederverwenden beziehungsweise
gemäß den Vorgaben der Gewerbeabfallverordnung getrennt
sammeln.
12. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 18 Absatz 1
Satz 2 Nummer 4,
Buchstabe c (§ 18 Absatz 1a Satz 3 VerpackG)
Artikel 1 Nummer 17 ist wie folgt zu ändern:
a) In Buchstabe b Doppelbuchstabe bb ist § 18 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 wie
folgt zu fassen:
„4. seine finanzielle Leistungsfähigkeit durch Testat eines Wirtschaftsprüfers,
Steuerberaters oder eines vereidigten Buchprüfers nachgewiesen
hat, und“
b) In Buchstabe c sind in § 18 Absatz 1a Satz 3 die Wörter „Die Behörde nach
Absatz 1 Satz 1 prüft“ durch die Wörter „Das Testat nach Absatz 1 Satz 2
Nummer 4 belegt“ zu ersetzen.
Begründung:
Die Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit eines Antragstellers kann
von der Genehmigungsbehörde nicht geleistet werden, sondern bedarf der betriebs-
und finanzwirtschaftlichen Expertise. Das entsprechende Testat muss
aus Gründen der Verwaltungseffektivität mit den Antragsunterlagen einge-
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- 11 - Empfehlungen, 64/1/21
reicht werden, ohne dass es dazu einer gesonderten Aufforderung durch die
Genehmigungsbehörde bedarf.
13. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c (§ 18 Absatz 1a Satz 7 – neu – bis
Satz 9 – neu – VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c sind dem § 18 Absatz 1a folgende Sätze
anzufügen:
„Eine Sicherheitsleistung nach § 18 Absatz 4 sowie § 25 Absatz 6 wird unbeachtlich
der Prüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit nach § 26 VerpackG
festgesetzt. Bei Vorliegen aller Sicherheitsleistungen bundesweit gilt der
Nachweis in der Regel als erbracht. Bei Neugenehmigungen genügt die Vorlage
einer auf das jeweilige Land bezogenen anteiligen Sicherheitsleistung gegenüber
der genehmigenden Behörde.“
Begründung:
Die aufgrund von § 8a AbfRLL einzuführende Prüfung der finanziellen
Leistungsfähigkeit (PdfLf) kann für den Vollzug und die Zentrale Stelle wesentlich
vereinfacht werden, ohne an der prinzipiell europarechtlich erforderlichen
Einführung zu rütteln. Darüber hinaus darf die PdfLf keinesfalls dazu führen,
die bisher mögliche Festsetzung einer Sicherheitsleistung nach §§ 18 Absatz
4 und § 25 Absatz 6 zu beeinträchtigen und sie womöglich nicht oder nur
teilweise durchsetzen zu können.
Auf den ersten Blick hört sich die PdfLf nach den Erfahrungen der letzten Jahre
sehr sympathisch an. Unabhängig davon, ob sie die ZSVR oder die Neugenehmigungsbehörden
durchführt, schafft dies aber neue schwer lösbare Vollzugsprobleme,
weil es letztlich (auch wenn man eine vorhergehende Prüfung
der ZSVR unterstellt) den Ländervollzug im Fall des Nichtvorliegens einer
PdfLf zur freien Ermessenprüfung über einen Widerruf zwingt – wie bei den
fehlenden Abstimmungsvereinbarungen sehr schwierig! Da gegen einen Widerruf
wegen fehlender Leistungsfähigkeit natürlich der Rechtsweg mit aufschiebender
Wirkung eröffnet ist, ist die Wirkung einer PdfLf gemessen am
Vollzugsaufwand relativ gering. Eine Insolvenz wird schon angesichts des
kurzfristigen Wirtschaftsgeschehens damit in keinem Fall vermieden, wie ja
auch die zehntausenden Insolvenzen von wirtschaftsgeprüften Unternehmen im
Jahr in Deutschland zeigen. Es geht also darum, den Vollzug bei voller europarechtlicher
Umsetzung möglichst effizient zu gestalten, den Sicherheitsleistungsanspruch
nicht zu beschädigen und unnötige Doppelarbeit zu vermeiden.
Dies erscheint europarechtskonform auch möglich, weil die EU das Institut der
Sicherheitsleistung nicht kennt bzw. vorschreibt.
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Empfehlungen, 64/1/21 - 12 -
In allen Fällen, in denen und soweit eine Sicherheitsleistung nach § 18 Absatz
4 (den Ländern) oder § 25 Absatz 6 VerpackG (der ZSVR) vorliegt, ist eine
PdfLf nämlich bereits erfolgt und zwar wesentlich professioneller als im
VerpackG vorgesehen. Über eine bloße PdfLf hinaus bietet sie auch z. B. im
Fall der eintretenden Insolvenz zusätzlich die finanzielle Sicherheit für die potenziell
Geschädigten. Das heißt in diesen Fällen wäre eine PdfLf nach
VerpackG eine reine sinnlose Wiederholung der Prüfung des Bürgschaftsgebers.
Die PdfLf für eine Bürgschaft entspricht weitgehend der Prüfung für ein
Darlehen und muss sehr viel gründlicher und detaillierter im Jahresrhythmus
von den professionellen Bürgschaftsgebern durchgeführt werden. Die Banken
selbst wiederum stehen seit dem Bankenskandal vor 12 Jahr unter enormen
Druck der Aufsicht der BaFin. An die Vergabe und Überprüfung der Kredite
und Bürgschaften sind höchste Anforderungen gestellt. Dies wird uns auch von
Bankfachleuten bestätigt.
Solche „Erfüllungsfiktionen“ sind im deutschen Recht gang und gäbe. Zum
Beispiel werden diverse Umweltvorgaben durch eine Zertifizierung etwa nach
EMAS als erfüllt angesehen. Rechtstechnisch spricht nichts gegen eine solche
Fiktionswirkung. Andererseits würde dies die Bereitschaft der Systeme fördern,
ohne jahrelangen Klagen endlich Sicherheitsleistungen zu akzeptieren.
Hinzu käme nach dem vorliegenden Entwurf des VerpackG ein weiteres, kaum
lösbares Vollzugsproblem bei Neugenehmigungen: Welche Leistungsfähigkeit
prüft eigentliche eine Genehmigungsbehörde im Land, wenn es in anderen
Ländern noch keine Genehmigungen oder womöglich gar keine Anträge gibt?
Muss man dann für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit eine bundesweite
Tätigkeit als Land „fingieren“? Auch dafür würde die Vorlage einer Sicherheitsleistung
helfen.
Es ist völlig offen, welche Haftungsrisiken sich aus einer erfolgten positiven
oder negativen PdfLf für die insoweit unkundigen Behörden nach VerpackG
ergeben. Dies gilt auch für die Auswirkungen einer PdfLf auf die Sicherheitsleistung,
weil das Vorliegen einer positiven PdfLf zu dem Schluss verführen
könnte, dass damit eine Sicherheitsleistung nicht oder nur gemindert geltend zu
machen ist. Dies wäre mehr als praxisfremd. Nach den jüngsten Erfahrungen
mit der obergerichtlichen Rechtsprechung bei der Prüfung des ausgeübten Ermessens
erscheint hier alles möglich.
Der Bund hat argumentiert, eine PdfLf sei eher auf eine langfristige solide Finanzierung
der Aufgaben der Systeme gerichtet ist, bei der Sicherheitsleitung
ginge es eher um eine zeitlich begrenzte Absicherung vor kurzfristigen, auch
unvorhersehbaren Ereignissen. Diese Argumentation ist nach dem oben Ausgeführten
nichtzutreffend. Insbesondere kann mit einer PdfLfl im Rahmen einer
Sicherheitsleistung keine bessere Prognose durch eine von den VerpackG-
Behörden zusätzliche PdfLf erzielt werden. Im Gegenteil waren in der Vergangenheit
auch Banken gegenüber Dritten zur Haftung verpflichtet, wenn sie eine
erkennbar fehlerhafte PdfLf durchgeführt haben. Falls eine zuständige Behörde
dennoch einen Anlass für eine zusätzliche PdfLf für gegeben ansieht, bietet die
Regelfallausnahme im Gesetzestext die ausreichende Möglichkeit.
...
U
bei
Annahme
entfällt
Ziffer 15
- 13 - Empfehlungen, 64/1/21
14. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c1 – neu – (§ 18 Absatz 4 VerpackG) *
Nach Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c ist folgender Buchstabe c1 einzufügen:
‚c1) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
„(4) Das System hat der Behörde nach Absatz 1 Satz 1 vor Betriebsaufnahme
Sicherheit für den Fall zu leisten, dass es oder die von
ihm beauftragten Dritten Pflichten nach diesem Gesetz, aus der Abstimmungsvereinbarung
nach § 22 Absatz 1 oder aus den Vorgaben
nach § 22 Absatz 2 nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß
erfüllen und den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder den zuständigen
Behörden dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Verluste
entstehen. Die Sicherheit ist durch selbstschuldnerische Bürgschaft
einer Sparkasse, Großbank oder Kreditversicherung zu leisten,
die eine Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften oder zur Erbringung
von Finanzdienstleistungen gemäß § 32 des Gesetzes über das
Kreditwesen (KWG) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen
(BaFin) erhalten hat und insoweit deren Aufsicht unterliegt. Die zuständige
Behörde setzt die Höhe der Sicherheit nachvollziehbar unter
Berücksichtigung des Marktanteils des Systems, der Beseitigungskosten
für einen mindestens einmonatigen vollständigen Ausfall des Systems
sowie der geschuldeten Neben- und Mitbenutzungsentgelte fest.
Sie überprüft die Angemessenheit der festgesetzten Sicherheit spätestens
nach Ablauf von zwei Jahren, auf Antrag des Systems frühestens
nach Ablauf eines Jahres. Die Sicherheit ist neu festzusetzen, wenn die
Überprüfung nach Maßgabe des Satzes 3 eine Abweichung von mindestens
5 Prozentpunkten gegenüber der geleisteten Sicherheit ergibt.“ ‘
Begründung:
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom
28. August 2020 festgestellt, dass die Festsetzung einer Sicherheitsleistung
derzeit nicht auf einer „operablen Rechtsgrundlage“ beruhe. § 18 Absatz 4
VerpackG genüge nicht dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot und der
Wesentlichkeitstheorie (Artikel 20 Absatz 3 GG), weil die Vorschrift nicht
*
Vom U als Hauptempfehlung zur Ziffer 15 beschlossen.
...
U
entfällt
bei
Annahme
von
Ziffer 14
Empfehlungen, 64/1/21 - 14 -
selbst festlege, unter welchen Voraussetzungen von einer Angemessenheit der
Sicherheitsleistung auszugehen sei. Diese Festsetzung könne „nicht in geschlossenen
Zirkeln von Arbeitsgruppen und Fachbruderschaften der Exekutive“
erfolgen, sondern sei der parlamentarischen Rechtsetzung vorbehalten.
Vor diesem Hintergrund müssen zwingend die vom Gericht gesehenen Defizite
beseitigt werden, um den Ländervollzug auf eine rechtssichere Grundlage zu
stellen. Das gilt zur Verminderung von Prozessrisiken auch dann, wenn man
der Argumentation des Gerichts nicht oder nicht in vollem Umfang folgen will.
Denn in jedem Fall nehmen die dualen Systeme diese Rechtsprechung zum
Anlass, die Neufestsetzung der Sicherheitsleistung auf der Grundlage des Verpackungsgesetzes
anzugreifen mit der Folge, dass die Ausfallrisiken bei einer
Reihe von Systemen zu Lasten der örE unzulänglich abgedeckt sind und Wettbewerbsverzerrungen
zwischen den Systemen eintreten.
Mit der Änderung wird die Erhebung der Sicherheit von Gesetzes wegen gefordert,
die Art der Sicherheit auf die Bürgschaft eines unter deutscher Aufsicht
stehenden Kreditinstituts konkretisiert und ihr Umfang auf das „Worst-Case-
Szenario“ erstreckt.
15. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c1 – neu – (§18 Absatz 4 VerpackG) *
In Artikel 1 Nummer 17 ist nach Buchstabe c folgender Buchstabe c1 einzufügen:
‚c1) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:
„(4) Ein System hat im Regelfall eine angemessene, insolvenzfeste
Sicherheit für den Fall zu leisten, dass es oder die von ihm beauftragten
Dritten Pflichten nach diesem Gesetz, aus der Abstimmungsvereinbarung
nach § 22 Absatz 1 oder aus den Vorgaben nach § 22 Absatz 2
nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfüllen und den öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträgern oder den zuständigen Behörden
dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Verluste entstehen. Angemessen
im Sinne von Satz 1 ist die Sicherheitsleistung in der Regel,
wenn der abzusichernde Zeitraum drei Monate nicht überschreitet. Ein
Überschreiten des Regelzeitraumes bedarf einer gesonderten Begründung.“
‘
*
Vom U als Hilfsempfehlung zur Ziffer 14 beschlossen.
...
U
Begründung:
- 15 - Empfehlungen, 64/1/21
Die Rechtsgrundlage zur Erhebung der Sicherheitsleistung wird von einem Teil
der Rechtsprechung als zu unbestimmt angesehen und genüge auch nicht der
Wesentlichkeitstheorie. Auch wenn noch keine höchstrichterliche Einschätzung
vorliegt, so besteht dennoch unmittelbarer Handlungsbedarf, weil in einigen
Ländern die Festsetzungsbescheide beklagt wurden und zudem die aufschiebende
Wirkung wiederhergestellt wurde. Aus diesem Grund verfügen viele
Länder nicht über Sicherheitsleistungen in auskömmlicher Höhe. Angesichts
der zu erwartenden Verfahrensdauer ist ein Abwarten bis zum Vorliegen
höchstrichterlicher Entscheidungen risikobehaftet. Der Bund hat auch beim
§ 26 KrWG aufgrund der (nur) obergerichtlichen Rechtsprechung einiger VGH
mit einer entsprechenden Regelung bei der letzten Novelle reagiert. Es liegt
daher nahe, auf den obergerichtlichen Vorwurf der Unbestimmtheit ebenfalls
gesetzlich zu reagieren.
Daher wird vorgeschlagen, die Ermessensentscheidung einzuschränken, so
dass eine Sicherheitsleistung regelmäßig zu verlangen ist (soll statt kann – Bestimmung
entsprechend der Regelung in § 12 Absatz 1 Satz 1 BImSchG). Will
die Genehmigungsbehörde von einer Sicherheitsleistung absehen, so hat sie
dies zu begründen.
Weiter wird vorgeschlagen, einen Regelzeitraum festzulegen. Eine gesonderte
Begründung wird damit nur noch erforderlich, wenn der Zeitraum überschritten
werden soll. Als Regelzeitraum erscheinen drei Monate nach den bisherigen
Erfahrungen als sinnvoll und angemessen. Dass dadurch der Ermessensspielraum
der Genehmigungsbehörden eingeschränkt wird, ist die notwendige und
nicht zu vermeidende Konsequenz.
16. Zu Artikel 1 Nummer 17 Buchstabe c1 – neu – (§ 18 Absatz 4 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 17 ist nach Buchstabe c folgender Buchstabe c1 einzufügen:
‚c1) Dem Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:
„Die Sicherheit nach Absatz 4 Satz 1 kann unabhängig von der finanziellen
Leistungsfähigkeit nach § 18 Absatz 1 Nummer 4 verlangt werden.“
‘
Begründung:
Der Gesetzentwurf sieht im Rahmen der Genehmigung eines Systems zukünftig
die Feststellung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Systems durch die
zuständige Behörde vor. Gemäß § 18 Absatz 4 kann die zuständige Behörde
...
U
Empfehlungen, 64/1/21 - 16 -
zudem eine Sicherheitsleistung für den Fall verlangen, dass ein System oder
die von ihm beauftragten Dritten Pflichten nach diesem Gesetz, aus der Abstimmungsvereinbarung
nach § 22 Absatz 1 oder aus den Vorgaben nach § 22
Absatz 2 nicht, nicht vollständig oder nicht ordnungsgemäß erfüllen und den
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern oder den zuständigen Behörden
dadurch zusätzliche Kosten oder finanzielle Verluste entstehen.
Bei der Erhebung der Sicherheitsleistung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung
der zuständigen Behörde. Derzeit laufen sechs Klageverfahren
gegen die Festsetzung der Sicherheitsleistung vor dem OVG Münster. Es sollte
daher bereits im Gesetzestext deutlich werden, dass die Anordnung zur Hinterlegung
einer Sicherheitsleistung unabhängig von der Feststellung der finanziellen
Leistungsfähigkeit eines Systems möglich ist. Sinn und Zweck der Sicherheitsleistung
ist die Absicherung eines abstrakten Insolvenzrisikos. Denn nur,
weil ein System zum Zeitpunkt der Genehmigung als finanziell leistungsfähig
gilt, bleiben die Insolvenz eines Systems und die damit einhergehenden drohenden
Kosten für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger für die weitere
Dauer nicht ausgeschlossen. Dass eine solche Insolvenz nicht unmöglich ist,
zeigte der Fall des Systems „Europäische Lizensierungsentgelte GmbH“ (ELS)
im Jahr 2018 eindrucksvoll. Wenn aber eine Sicherheitsleistung erst im Falle
der drohenden Insolvenz angeordnet werden darf, ist die Möglichkeit der Beibringung
einer Sicherheitsleistung für das System selbst wirtschaftlich umso
belastender bis unmöglich. Eine Sicherheitsleistung sollte daher unbedingt getrennt
von der Feststellung der finanziellen Leistungsfähigkeit betrachtet und
zusätzlich erhoben werden können.
17. Zu Artikel 1 Nummer 17a – neu – (§19 Absatz 2 Nummer 1a – neu –,
Absatz 4 – neu – VerpackG)
In Artikel 1 ist nach der Nummer 17 folgende Nummer 17a einzufügen:
‚17a. § 19 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 2 wird nach Nummer 1 folgende Nummer 1a eingefügt:
„1a. Benennung des Verhandlungsführers gemäß § 22 Absatz 7
Satz 1 gegenüber den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern
und den zuständigen Behörden;“
b) Folgender Absatz 4 wird angefügt:
„(4) Zuständige Behörde nach Absatz 2 Nummer 1a ist die Behörde
am Sitz des jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.“
‘
...
U
Folgeänderungen:
Nach Nummer 19 ist folgende Nummer 19a einzufügen:
- 17 - Empfehlungen, 64/1/21
‚19a. In § 22 Absatz 7 Satz 1 werden die Wörter „sind die Systembetreiber
verpflichtet, einen gemeinsamen Vertreter zu benennen“ durch die
Wörter „wird von der gemeinsamen Stelle nach § 19 ein gemeinsamer
Vertreter für die Systeme benannt (Verhandlungsführer)“ ersetzt.‘
Begründung:
Gemäß § 22 Absatz 7 haben die Systeme einen gemeinsamen Vertreter zu benennen,
der mit dem jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger in
Vertragsverhandlung tritt. Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre zeigen, dass
die Benennung eines gemeinsamen Vertreters mit zeitlicher Verzögerung verbunden
war. Aufgrund der ohnehin schon zeitkritischen Abstimmungsprozesse
sind die notwendigen rechtlichen Rahmen zu schaffen, die unproblematischen
Schritte hin zum Abschluss einer Abstimmungsvereinbarung zwischen dem
jeweiligen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger und den Systemen ohne
zeitlichen Verzug durchlaufen zu können.
In diesem Sinne erscheint es zweckmäßig, statt einer allgemeinen Pflicht
adressiert an im Wettbewerb stehende Unternehmen der gemeinsamen Stelle
der Systeme die Aufgabe zu erteilen, die Verhandlungsführer zu benennen und
den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern sowie den zuständigen Behörden
mit zu teilen. Zuständige Behörde im Sinne des Absatzes 2 ist die Behörde am
Sitz des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers.
18. Zu Artikel 1 Nummer 19a – neu – (§ 22 Absatz 7 VerpackG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 19 folgende Nummer 19a einzufügen:
‚19a. § 22 Absatz 7 wird wie folgt gefasst:
„(7) In einem Gebiet, in dem mehrere Systeme eingerichtet werden
oder eingerichtet sind, sind die Systembetreiber verpflichtet, einen gemeinsamen
Vertreter zu benennen, der mit dem öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger die Verhandlungen über den erstmaligen Abschluss
sowie jede Änderung der Abstimmungsvereinbarung führt. Der Abschluss
sowie jede Änderung der Abstimmungsvereinbarung bedürfen
der Zustimmung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgers sowie
mindestens der einfachen Mehrheit der an der Abstimmungsvereinba-
...
U
bei
Annahme
entfällt
Ziffer 20
Empfehlungen, 64/1/21 - 18 -
rung beteiligten Systeme. Ein System, das in einem Gebiet mit bereits
bestehender Abstimmungsvereinbarung eingerichtet wird, hat sich der
vorhandenen Abstimmungsvereinbarung zu unterwerfen.“ ‘
Begründung:
Gemäß § 22 Absatz 7 VerpackG muss eine Abstimmungsvereinbarung, die bereits
mit einem System als Verhandlungsführer ausgehandelt wurde, noch den
anderen Systemen vorgelegt werden. Diese müssen der Abstimmungsvereinbarung
mit einer 2/3-Mehrheit zustimmen. Unabhängig von der Höhe des Quorums
stellt diese Regelung einen – wenn auch berechtigten – Eingriff in die
Vertragsautonomie dar. Ein Quorum von einer 2/3-Mehrheit gilt allerdings für
äußerst besondere und wichtige Beschlüsse, wie z. B. für Änderungen im
Grundgesetz nach Artikel 79 Absatz 2 GG.
19. Zu Artikel 1 Nummer 19a – neu – (§ 22 Absatz 7 Satz 4 – neu – bis
Satz 8 – neu – VerpackG) *
In Artikel 1 ist nach Nummer 19 folgende Nummer 19a einzufügen:
‚19a. Dem § 22 Absatz 7 werden folgende Sätze angefügt:
„Sofern innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme von Abstimmungsverhandlungen,
spätestens aber 1 Monat vor Beendigung der geltenden
Abstimmungsvereinbarung gemäß den Sätzen 1 und 2 kein Abstimmungsergebnis
erzielt wird, legen die an der Abstimmungsverhandlung
Beteiligten die offenen Streitigkeiten aus der Abstimmungsverhandlung
einem Schiedsgericht nach den Bestimmungen des deutschen
Schiedsrechts gemäß den §§ 1025 bis 1066 der Zivilprozessordnung
vor. Das Schiedsgericht entscheidet endgültig unter Ausschluss des ordentlichen
Rechtsweges über den Inhalt der Abstimmungsvereinbarung.
Der Schiedsspruch ist für die Parteien bindend. Der Beginn des
Schiedsverfahrens ist der gemäß § 18 Absatz 1 Satz 1 zuständigen Landesbehörde
anzuzeigen. Die Abstimmungsvereinbarung schließt zur
Vermeidung vertragsloser Zeiten lückenlos an die auslaufende Abstimmungsvereinbarung
an.“ ‘
*
Vom U als Hauptempfehlung zur Ziffer 20 beschlossen.
...
U
entfällt
bei
Annahme
von
Ziffer 19
Begründung:
- 19 - Empfehlungen, 64/1/21
Die Ergänzung löst ein erhebliches Vollzugsproblem, das dann entsteht, wenn
sich die Partner der Abstimmungsvereinbarung nicht einigen können bzw. wollen.
Die Abstimmungsvereinbarung beruht auf dem umweltrechtlichen Kooperationsprinzip
und regelt die Modalitäten der Sammlung nach § 14 Absatz 1
VerpackG sowie finanzielle Ansprüche der Vertragspartner untereinander. Sie
ist essentiell für das Funktionieren des Dualen Systems. Das Erfordernis einer
Abstimmungsvereinbarung in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrags basiert
u. a. auch auf der Prämisse, dass die Parteien ein grundsätzliches Interesse
am Abschluss haben und deswegen abstimmungslose Zeiten die Ausnahme
sind. Die letzten Jahre haben jedoch gezeigt, dass dem nicht so ist. Nahezu
bundesweit wurde der Neuabschluss über Monate bzw. Jahre blockiert, die Genehmigungsbehörden
können und konnten nur zusehen, da ihnen jegliches
Druckmittel fehlt. Sofern sich die Parteien jedoch nicht einigen können, bedarf
es eines unabhängigen und objektiven Dritten, der mit Wirkung für und gegen
die Parteien entscheidet. Dabei soll den Parteien genügend Zeit bleiben, die
Verhandlungen einvernehmlich zu Ende zu führen; gleichzeitig müssen abstimmungslose
Zustände verhindert werden. Die Lösung besteht in einem
Schiedsverfahren, dessen Spruch bindend ist. Ein solches Verfahren kann auch
im Hinblick auf die Einschränkung der Vertragsfreiheit nur die ultima ratio
darstellen. Die vorgeschlagene Regelung sieht deswegen vor, dass grundsätzlich
drei Monate an Verhandlungszeit erfolglos vergehen müssen, ehe das
Schiedsverfahren einzuleiten ist. Dies bietet den Parteien genügend Zeit, ein
Schiedsgerichtsverfahren zu vermeiden. Im Hinblick auf das Ende der bisherigen
Vereinbarung muss das Schiedsgerichtsverfahren aber spätestens einen
Monat vor deren Ablauf beginnen. In diesem Fall überwiegt das öffentliche Interesse
an einer funktionierenden Abfallentsorgung. Die Parteien sind zur Beteiligung
am Schiedsgerichtsverfahren verpflichtet, da sie anderenfalls gegen
das Abstimmungsgebot in § 22 Absatz 1 Satz 1 VerpackG verstoßen würden.
Die Abstimmungsvereinbarung ist zur Vermeidung vertragsloser Zeiten nötigenfalls
mit rückwirkendem Beginn abzuschließen.
20. Zu Artikel 1 Nummer 19a – neu – (§ 22 Absatz 7 Satz 4 – neu –,
Satz 5 – neu – VerpackG) *
In Artikel 1 ist nach Nummer 19 folgende Nummer 19a einzufügen:
‚19a. Dem § 22 Absatz 7 werden folgende Sätze angefügt:
„Sofern innerhalb von drei Monaten, nachdem durch eine der beteiligten
Parteien die Abstimmungsverhandlungen aufgenommen wurden,
*
Vom U als Hilfsempfehlung zur Ziffer 19 beschlossen.
...
U
Empfehlungen, 64/1/21 - 20 -
keine Abstimmungsvereinbarung nach Satz 2 geschlossen wurde, steht
es jedem Systembetreiber nach Satz 1 sowie dem öffentlich-rechtliche
Entsorgungsträger frei, eine Einigung über die streitigen Punkte zwischen
einem oder allen Systembetreibern und öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger oder den Systembetreibern untereinander im schiedsrichterlichen
Verfahren anzustreben (Schiedsvereinbarung). Der § 1066
der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.“ ‘
Begründung:
In § 22 Absatz 1 VerpackG ist die Abstimmungsvereinbarung zwischen öffentlich-rechtlichem
Entsorgungsträger und den Systembetreibern als zentrales
Element des Kooperationsprinzips geregelt. Durch die Abstimmungsvereinbarung
soll ein ausgewogener Interessensausgleich zwischen der privatrechtlich
organisierten Entsorgung von Verkaufsverpackungen einerseits und der Wertstofferfassung
im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorgepflichten der
Kommunen andererseits geschaffen werden. Hierbei regelt § 22 Absatz 7
VerpackG das Abstimmungsverfahren, welches dem Abschluss von Abstimmungsvereinbarungen
dient. Das Verfahren basiert auf zwei Stufen. In der ersten
Stufe müssen öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger und ein von den Systemen
als Verhandlungsführer bestimmter Systembetreiber ein Abstimmungsergebnis
erzielen. In der zweiten Stufe stellt der Verhandlungsführer das Abstimmungsergebnis
allen genehmigten Systembetreibern zur Abstimmung. Das
Abstimmungsergebnis und somit die Abstimmungsvereinbarung gelten als geschlossen,
wenn mindestens zwei Drittel der Systeme dem Abstimmungsergebnis
zustimmen. Das Verpackungsgesetz enthält allerdings keinen Mechanismus
zur Streitbeilegung, sollte eine Abstimmungsvereinbarung nicht zustande
kommen.
Zur vereinfachten Streitbeilegung und somit Stärkung der Rechte der betroffenen
Parteien scheint es praktikabel, ergänzend zum ordentlichen Rechtsweg,
Streitsachen aus § 22 VerpackG auch im Schiedsrichterlichen Verfahren beilegen
zu können. Hierfür bedarf es jedoch einer Antragsberechtigung im Sinne
des § 1044 der Zivilprozessordnung (Schiedsvereinbarung).
Die Streitbeilegung im Schiedsverfahren soll nach dem zehnten Buch der Zivilprozessordnung
erfolgen (§ 1066 ZPO).
21. Zu Artikel 1 Nummer 22 Buchstabe a0 – neu – (§ 26 Absatz 1 Satz 2 Nummer
1a – neu – VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 22 ist dem Buchstaben a folgender Buchstabe a0 voranzustellen:
...
U
- 21 - Empfehlungen, 64/1/21
‚a0) Nach Nummer 1 wird folgende Nummer 1a eingefügt:
„1a. nimmt Anzeigen Dritter wegen des Verdachtes eines Verstoßes
gegen die Registrierungspflicht gemäß § 9 Absatz 1 Satz 1 entgegen,
ermittelt den Pflichtigen und prüft das Vorliegen einer
Registrierungsverpflichtung vor Abgabe an die zuständigen
Behörden,“ ‘
Begründung:
Mit der vorgeschlagenen Änderung sollen konkrete Ermittlungs-/Prüfpflichten
wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen die Registrierungspflicht an die
Zentrale Stelle übertragen werden.
Gemäß § 26 Absatz 1 Nummer 21 VerpackG informiert die Zentrale Stelle die
zuständige Landesbehörde, wenn ihr konkrete Anhaltspunkte für die Begehung
einer Ordnungswidrigkeit vorliegen und fügt vorhandene Beweisdokumente
bei. Diese Verpflichtung bezieht sich lediglich auf eigene Recherchen/Datenbankauswertungen
der Zentralen Stelle. Nicht umfasst sind Anzeigen
von Dritten. In der Praxis bedeutet dies, dass häufig Anzeigen ohne Beweisdokumente
an die Landesbehörde weitergeleitet werden und die Ermittlungsarbeit
auf die Landesbehörden verlagert wird.
Gerade bei einer Anzeige wegen des Verdachts der pflichtwidrigen Nicht-
Registrierung gegen einen ausländischen Hersteller kann eine Unkenntnis der
Rechtslage vorliegen. Von einem konkreten Anhaltspunkt einer Ordnungswidrigkeit
gemäß § 34 Absatz 1 Nummer 7 VerpackG ist wohl erst dann zu sprechen,
wenn der pflichtige Hersteller nach einer entsprechenden Information
durch die Zentrale Stelle keine Registrierung vornimmt.
Des Weiteren sollte nicht außer Betracht gelassen werden, dass es ggf. mehr als
eine Anzeige bezüglich eines Herstellers geben kann. Daher ist schon aus
Gründen der Effizienz und Rechtssicherheit eine Bündelung angezeigt, damit
nicht mehrere Behörden sich ggf. mit dem gleichen Sachverhalt befassen.
22. Zu Artikel 1 Nummer 22 Buchstabe a1 – neu – (§ 26 Absatz 1 Satz 2 Nummer
5a – neu – VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 22 ist nach Buchstabe a folgender Buchstabe a1 einzufügen:
‚a1) Nach Nummer 5 wird folgende Nummer 5a eingefügt:
„5a. nimmt Anzeigen Dritter wegen des Verdachtes eines Verstoßes
gegen die Pflicht der Hinterlegung einer Vollständigkeitserklärung
gemäß § 11 Absatz 1 Satz 1 entgegen, ermittelt den
...
U
Empfehlungen, 64/1/21 - 22 -
Begründung:
Pflichtigen und prüft die Verpflichtung zur Hinterlegung der
Vollständigkeitserklärung vor Abgabe an die zuständigen Behörden,“
‘
Mit der vorgeschlagenen Änderung sollen konkrete Ermittlungs-/Prüfpflichten
bei Anzeigen wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen die Pflicht der Hinterlegung
einer Vollständigkeitserklärung an die Zentrale Stelle übertragen
werden.
Gemäß § 26 Absatz 1 Nummer 21 VerpackG informiert die Zentrale Stelle die
zuständige Landesbehörde, wenn ihr konkrete Anhaltspunkte für die Begehung
einer Ordnungswidrigkeit vorliegen und fügt vorhandene Beweisdokumente
bei. Diese Verpflichtung bezieht sich lediglich auf eigene Recherchen/Datenbankauswertungen
der Zentralen Stelle. Nicht umfasst sind Anzeigen
von Dritten. In der Praxis bedeutet dies, dass Anzeigen ohne Beweisdokumente
an die Landesbehörde weitergeleitet werden und die Ermittlungsarbeit
auf die Landesbehörden verlagert wird.
23. Zu Artikel 1 Nummer 22 Buchstabe c (§ 26 Absatz 1 Satz 2 Nummer 7
VerpackG)
Artikel 1 Nummer 22 Buchstabe c ist wie folgt zu fassen:
‚c) Nummer 7 wird wie folgt geändert:
aa) Das Wort „vorgelegten“ wird durch das Wort „hinterlegten“ ersetzt.
bb) Die Angabe „2“ wird durch die Angabe „4“ ersetzt.
cc) Nach dem Wort „verlangen“ werden die Wörter „ , erstellt für jedes
System einen Prüfbericht“ eingefügt.
dd) Nach dem Wort „Landesbehörden“ werden die Wörter „und die Systeme“
eingefügt.‘
Begründung:
Die Änderung dient der Klarstellung, dass zur Prüfung der Mengenstromnachweise
auch die Mitteilung der Prüfergebnisse an das zu prüfende System gehört.
Die ZSVR sollte nicht ausschließlich die Länder über das Ergebnis der
Prüfung der Mengenstromnachweise informieren müssen. Vielmehr ist insbe-
...
U
U
- 23 - Empfehlungen, 64/1/21
sondere den Systemen das Prüfergebnis mitzuteilen. So wurde in der jüngsten
Vergangenheit ein System von der ZSVR bezüglich der Interpretation von
möglichen Prüfergebnissen an das Land verwiesen, weil die ZVSR anscheinend
davon ausgeht, dass mangels einer ausdrücklichen Aussage im Gesetz die
Mitteilung und Erläuterung des Prüfergebnisses gegenüber dem zu Prüfenden
nicht zu ihrer Aufgabe gehört. Dieses Vorgehen erscheint nicht zielführend; eine
ausdrückliche Klarstellung ist geboten. In diesem Zusammenhang erscheint
es sachgerecht, für jedes System jeweils ein Prüfergebnis vorzulegen, das an
die jeweiligen Systeme weitergegeben werden kann, ohne dass sensible Daten
der Mitbewerber daraus ersichtlich wären.
24. Zu Artikel 1 Nummer 22 Buchstabe g (§ 26 Absatz 1 Satz 2 Nummer 21
VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 22 ist Buchstabe g wie folgt zu fassen:
‚g) Nummer 21 wird wie folgt gefasst:
„21. ermittelt den Sachverhalt, wenn ihr konkrete Anhaltspunkte für die
Begehung einer Ordnungswidrigkeit nach § 36 vorliegen, informiert
die zuständigen Landesbehörden und fügt die ermittelten Beweisdokumente
bei,“ ‘
Begründung:
Die bisherige Formulierung des § 26 Absatz 1 Satz 2 Nummer 21 beschränkt
die ZVSR nach deren Auffassung allein auf ein schlichtes Weiterleiten von
Anzeigen. Eine gewisse Vorermittlung zur Einleitung von Ordnungswidrigkeitenverfahren
wird daher nicht vorgenommen. Aus Sicht der Länder sollten
jedoch von Seiten der ZSVR auch Vorprüfungen (zum Beispiel Abgleich mit
den eigenen Erkenntnissen/Fachkenntnissen) erfolgen, deren Ergebnisse dann
den Ländern als Beweisdokumente zur Kenntnis gegeben werden können. So
könnte die Fachkompetenz der ZSVR effizient genutzt werden und damit den
Vollzugsbehörden der Länder Ermittlungsarbeit erspart werden.
25. Zu Artikel 1 Nummer 23 (§ 30a VerpackG)
Die Bundesregierung wird gebeten, sich bei der Europäischen Union für eine
zeitnahe und ambitionierte Erhöhung der in Artikel 6 Absatz 5 in Verbindung
mit Teil F des Anhangs der Richtlinie (EU) 2019/904 festgelegten Min-
...
Wi
bei
Annahme
entfällt
Ziffer 27
Empfehlungen, 64/1/21 - 24 -
destrezyklatanteile für hauptsächlich aus Polyethylenterephthalat bestehende
Einwegkunststoffgetränkeflaschen einzusetzen.
Nach Artikel 6 Absatz 5 in Verbindung mit Teil F des Anhangs der Richtlinie
(EU) 2019/904 ist das Inverkehrbringen von hauptsächliche aus Polyethylenterephthalat
(PET) bestehenden Einwegkunststoffgetränkeflaschen ab dem
1. Januar 2025 nur noch zulässig, wenn das verwendete PET zu mindestens
25 Masseprozent aus Kunststoffrezyklaten besteht. Diese Mindestrezyklatquote
erhöht sich ab dem 1. Januar 2030 auf 30 Prozent. Diese Regelung ist grundsätzlich
zu befürworten, die Zielquoten sind allerdings wenig ambitioniert. Die
bislang entwickelten Strukturen in Handel und Recycling bieten die Chance,
weit über die vorgesehenen Rezyklateinsatzquoten hinauszugehen. Nach dem
Stand der Technik ist es heute möglich, im Food-Bereich eine PET-Flasche aus
100 Prozent rPET herzustellen, wie es mehrere Hersteller bereits erfolgreich
demonstrieren.
Baden-Württemberg schlägt vor, die Zielquote zunächst jeweils der in Artikel 9
Absatz 1 Buchstabe a und Buchstabe b festgelegten Getrenntsammelpflichten
der Richtlinie (EU) 2019/904 anzupassen.
Ab dem 1. Januar 2025 müssten somit hauptsächlich aus PET bestehende Einwegkunststoffgetränkeflaschen
zu mindestens 77 Masseprozent aus Kunststoffrezyklat
bestehen, ab dem 1. Januar 2029 zu mindestens 90 Masseprozent. Entsprechend
der jeweiligen Marktlage bezüglich der Verfügbarkeit geeigneter
Rezyklate sollte die Zielquote nachgeführt werden.
26. Zu Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb
(§ 31 Absatz 4 Satz 2 und 3 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb ist § 31 Absatz 4 wie
folgt zu ändern:
a) In Satz 2 sind die Wörter „sowie ab dem 1. Januar 2024 außerdem die in
Buchstabe f und g genannten Getränke“ zu streichen.
b) In Satz 3 sind nach den Wörtern „Satz 1 Nummer 7“ die Wörter „Buchstabe
a bis e und h bis j“ einzufügen.
...
U
entfällt
bei
Annahme
von
Ziffer 26
Begründung:
- 25 - Empfehlungen, 64/1/21
Die Ausweitung der Pfandpflicht auf in Einwegkunststoffgetränkeflaschen und
Getränkedosen abgefüllte Milch, Milchmischgetränke und sonstige trinkbare
Milcherzeugnisse sollte gänzlich unterbleiben.
Der Bundesrat hatte in seiner Entschließung vom 13. März 2020, BR-
Drucksache 18/20 (Beschluss), unter anderem eine Ausweitung der Pfandpflicht
auf alle Getränkedosen und alle Einweg-Kunststoffflaschen gefordert,
soweit dies nicht zu einer Verschlechterung der Qualität des durch die
Flaschenrückgabe gewonnenen Rezyklats führt und soweit nicht hygienische
Bedenken entgegenstehen.
Neben der Frage der Verschlechterung der Qualität des Rezyklats von in Einwegkunststoffgetränkeflaschen
abgefüllter Milch beziehungsweise trinkbaren
Milcherzeugnissen, bestehen insbesondere hygienische Bedenken bei der
Rücknahme über Rücknahmeautomaten, da es zu hygienisch problematischen
Fäulnis- und Gärungsprozessen kommen kann. Diese können unter anderem zu
erheblichen Geruchsbelästigungen führen. Da zudem der Anteil von Einwegkunststoffgetränkeflaschen
und Getränkedosen, die solche Milcherzeugnisse
enthalten, verhältnismäßig gering ist und etablierte Entsorgungswege bestehen,
ist die Aufrechterhaltung der Pfandausnahme gerechtfertigt und auch für Verbraucher
vermittelbar.
Unabhängig davon werden gerade vorgenannte Getränke häufig zum Beispiel
in kleinen und mittleren Bäckerei- und Konditoreibetrieben vertrieben, auf die
erhebliche logistische und finanzielle Anstrengungen hinsichtlich der Rücknahmepflichten
zukommen würden, die vermieden werden sollten.
27. Zu Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (§ 31 Absatz 4
Satz 2 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb sind in § 31 Absatz 4
Satz 2 die Angabe „e, h und“ sowie die Wörter „sowie ab dem 1. Januar 2024
außerdem die in Buchstabe f und g genannten Getränke“ zu streichen.
Begründung:
Die Begrenzung der Ausnahmen von der in § 31 Verpackungsgesetz verankerten
Pfandpflicht wird im Grundsatz begrüßt.
Es sind allerdings keinerlei nachvollziehbare Gründe ersichtlich, warum Einwegkunststoffgetränkeflaschen,
die mit Milch und Milchmischgetränken oder
sonstigen trinkbaren Milcherzeugnissen befüllt sind, bis 2024 von der Pfandpflicht
ausgenommen werden sollten. Bereits heute werden Einweggetränkeverpackungen
anderer verderblicher Getränke zurückgenommen, was zeigt,
dass die häufig von der Industrie vorgetragenen hygienischen Bedenken nicht
...
U
Empfehlungen, 64/1/21 - 26 -
tragfähig sind. Dass keine tatsächlichen Gründe vorliegen, die gegen eine
Pfanderhebung für mit Milch und Milchmischgetränken oder sonstigen trinkbaren
Milcherzeugnissen befüllte Einwegkunststoffverpackungen sprechen, wird
zudem dadurch deutlich, dass die Pfandpflicht nicht grundsätzlich ausgeschlossen,
sondern lediglich zeitlich versetzt eingeführt werden soll. Für diese zeitlich
spätere Einführung der Pfandpflicht auf die mit den in § 31 Absatz 4
Nummer 7 Buchstabe f und g genannten Getränken befüllten Einwegkunststoffgetränkeflaschen
bis 2024 findet sich auch in der Gesetzesbegründung
keine überzeugende Begründung. Überdies blieben die Regelungen – ohne die
beantragte Änderung – weiterhin für die Verbraucher intransparent und verwirrend,
da die Pfandpflicht noch immer nicht für sämtliche Einwegkunststoffgetränkeflaschen
bestehen würde, die im Einzelhandel erworben werden können.
Schließlich ist es von großer Bedeutung, die Erfassung von möglichst allen
Einwegkunststoffgetränkeflaschen sicherzustellen, um den Eintrag von Kunststoffen
in die Umwelt und die damit verbundenen bekannten Probleme möglichst
zu vermeiden. Zur Erreichung dieses Ziels sind die größtmöglichen Anstrengungen
geboten.
28. Zu Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (§ 31 Absatz 4
Satz 2 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb sind in § 31 Absatz 4
Satz 2 die Wörter „§ 30a Absatz 3 gilt entsprechend“ durch die Wörter „es sei
denn, es handelt sich um Einwegkunststoffgetränkeflaschen, die für flüssige
Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke gemäß Artikel 2 Absatz 2
Buchstabe g der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 bestimmt sind und dafür verwendet
werden oder bei denen der Flaschenkörper aus Glas oder Metall besteht
und lediglich die Verschlüsse, Deckel oder Etiketten aus Kunststoff sind“ zu ersetzen.
Begründung:
Nach § 3 Absatz 4a sind Einwegkunststoffverpackungen solche Einwegverpackungen,
die ganz oder teilweise aus Kunststoff bestehen. Unter die Einwegkunststoffgetränkeverpackungen
fallen mithin auch Einweg-Glasflaschen mit
Etiketten aus Kunststoff, wie sie beispielsweise auch einige Wein- und Sektflaschen
aufweisen. Einweg-Glasflaschen mit Kunststoffetikett würden nach dem
aktuellen Wortlaut der Norm im oben genannten Entwurf somit ebenfalls der
Pfandpflicht unterliegen. Es ist jedoch nicht zielführend, die Einstufung als
pfandpflichtige Einweg-Getränkeverpackungen an der Ausgestaltung des Etiketts
festzumachen, da sich der Charakter der Verpackung dadurch nicht wesentlich
ändert. Überdies würde eine solche Regelung beim Verbraucher Ver-
...
U
Wi
[nur Wi]
wirrung stiften.
- 27 - Empfehlungen, 64/1/21
Die mit der Novelle des VerpackG vorgesehene Ausdehnung der Pfandpflicht
dient der möglichst umfänglichen und sortenreinen Rückgewinnung von
Kunststoffflaschen und Getränkedosen. Die Bepfandung von Einweg-
Glasflaschen mit Kunststoffetiketten ist nicht in der Lage, dieses Ziel zu fördern.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Etiketten von Einweg-Glasflaschen
im Recyclingprozess vor dem Glasrecycling entfernt und separat entsorgt werden.
Somit besteht auch an dieser Stelle keine Gefahr für einen nachhaltigen
Umgang mit dem Material.
29. Zu Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb (§ 31 Absatz 4
Satz 4 – neu – VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb ist dem § 31 Absatz
4 folgender Satz anzufügen:
„Die Ausnahme nach Satz 1 gilt hingegen für Getränke in Glasflaschen mit
Kunststoffetiketten.“
Begründung:
Mit der Altglassammlung steht ein sehr gut funktionierendes Recyclingsystem
zur Verfügung. Mit einer Sammelquote von 84,4 Prozent im Jahr 2017 (UBA
2020) werden bereits heute sehr große Mengen erfasst und die vorgeschriebene
Quote von 80 Prozent übererfüllt. Durch die im Verpackungsgesetz (zuletzt
geändert am 27. Januar 2021) ab 2022 vorgesehene Erhöhung auf 90 Prozent
wird es zu weiteren Verbesserungen kommen. Das System ist etabliert und
wird von den Verbraucherinnen und Verbrauchern sehr gut angenommen. Eine
signifikante Gefahr des Litterings besteht nicht.
Bei den Kunststoffetiketten handelt es sich in der Regel auch um einen sehr
kleinen Massenanteil, bezogen auf das Gewicht der Flasche. Es ist auch für die
Verbraucherinnen und Verbraucher sowie den Handel oft nur sehr bedingt feststellbar,
aus welchem Material die Etiketten bestehen.
[Einer etwaigen, eher hypothetischen Verbesserung des Erfassungsgrades der
Flaschen stehen sehr hohe Kosten gegenüber, ohne dass hier ein messbarer
Vorteil für die Umwelt zu erkennen wäre, da ein funktionierendes Recyclingsystem
bereits zur Verfügung steht.]
...
Wi
Wi
Empfehlungen, 64/1/21 - 28 -
30. Zu Artikel 1 Nummer 24 Buchstabe c Doppelbuchstabe bb
(§ 31 Absatz 4 Satz 2 und 3 VerpackG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu
prüfen, ob die in § 31 Absatz 4 Satz 2 und 3 vorgesehene Ausweitung der
Pfandpflicht auf alle Einwegkunststoffgetränkeflaschen und Getränkedosen
erforderlich und angemessen ist. Sollte es zu einer Ausweitung der Pfandpflicht
kommen, muss sichergestellt werden, dass sämtliche Altbestände ohne Bepfandung
weiter abverkauft werden können; zusätzlicher Aufwand durch Umetikettierung
beziehungsweise die Vernichtung von Lebensmitteln sollte auch im
Sinne der Ressourcenschonung vermieden werden.
Begründung:
Die vorgesehene Ausweitung der Pfandpflicht würde im Einzelhandel zu
einem erheblichen Anstieg des Lagerbedarfs führen, verbunden mit hohen
Investitionskosten und langfristig höheren Fixkosten. Zudem müssten die Aufbewahrungsräume
brandschutzrechtliche Anforderungen erfüllen. Insbesondere
die Ausweitung der Pfandpflicht auf Milch und sonstige trinkbare Milcherzeugnisse
ist kritisch zu sehen, da es zu hygienisch problematischen Fäulnisund
Gärungsprozessen in den Rücknahmeautomaten kommen kann, wenn
Milcherzeugnisse zurückgenommen werden müssen. Die Beschaffenheit der
Flaschen führt zusätzlich zu einer Verschlechterung der Qualität des Rezyklats,
wodurch das Ziel eines verbesserten Recyclings konterkariert wird. In jedem
Fall ist sicherzustellen, dass eine Umetikettierung von Altbeständen sowie eine
Vernichtung von Lebensmitteln vermieden werden.
31. Zu Artikel 1 Nummer 26 (§ 33 Absatz 1 Satz 1 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 26 ist in § 33 Absatz 1 Satz 1 die Angabe „2023“ durch
die Angabe „2024“ zu ersetzen.
Begründung:
Nach dem Gesetzentwurf sollen Letztvertreiber von Einwegkunststofflebensmittelverpackungen
und von Einweggetränkebechern dazu verpflichtet werden,
Lebensmittel zum unmittelbaren Verzehr ab dem 1. Januar 2023 auch in
Mehrwegverpackungen anzubieten.
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- 29 - Empfehlungen, 64/1/21
Diese Änderung des Verpackungsgesetzes (VerpackG) dient der Umsetzung
der Einwegkunststoffrichtlinie (EU) 2019/904, nach der die Mitgliedstaaten
Maßnahmen ergreifen sollen, um für bestimmte Produkte eine deutliche Verbrauchsminderung
zu erreichen. Bei der konkreten Ausgestaltung haben die
Mitgliedstaaten Spielraum.
Allerdings sind viele Systeme momentan noch in der Testphase oder beziehen
sich nur auf einzelne Gebindearten beziehungsweise sind lokal begrenzt. Des
Weiteren haben Unternehmen Lagermöglichkeiten und die erforderliche, bei
Mehrwegsystemen sehr komplexe Logistik zu organisieren und zu implementieren.
Die Einrichtung von flächendeckenden Systemen lässt sich daher nicht
bis zum 1. Januar 2023 realisieren, weshalb eine Verlängerung der Frist bis
zum 1. Januar 2024 notwendig ist.
32. Zu Artikel 1 Nummer 26 (§ 33 Absatz 1 Satz 1 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 26 ist in § 33 Absatz 1 Satz 1 der Punkt am Ende durch
die Wörter „und dem Endverbraucher anzubieten, die Waren in von diesem zur
Verfügung gestellte Mehrwegbehältnisse abzufüllen.“ zu ersetzen.
Folgeänderungen:
In Artikel 1 Nummer 26 ist § 34 wie folgt zu ändern:
a) In Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 ist nach dem Wort „Endverbraucher“ das
Wort „allein“ einzufügen.
b) In Absatz 2 ist nach dem Wort „Endverbraucher“ das Wort „allein“ einzufügen.
Begründung:
Für Letztvertreiber, die nicht unter § 34 Absatz 1 fallen, sollte das Angebot an
Endverbraucher, die Ware in von diesem zur Verfügung gestellte Mehrwegbehältnisse
abzufüllen, gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben sein. Es ist kein
nachvollziehbarer Grund gegen eine solche Festlegung ersichtlich. Dass ein
Abfüllen in vom Endverbraucher zur Verfügung gestellte Mehrwegbehältnisse
als gegenüber dem eigenen Angebot von Mehrwegverpackungen das mildere
Mittel darstellt, zeigt die Systematik der §§ 33 und 34 deutlich.
Aus Gesichtspunkten der Abfallvermeidung und insbesondere der Verringerung
von Kunststoffprodukten insgesamt ist diese Alternative zu bevorzugen.
Für den Fall, dass von den Endverbrauchern selbst zur Verfügung gestellte
Mehrwegbehältnisse befüllt werden, wird der Verbrauch von Kunststoffbehält-
...
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Empfehlungen, 64/1/21 - 30 -
nissen insgesamt reduziert. Das Verpackungsgesetz ist an dieser Stelle der passende
Regelungskomplex. Sinn und Zweck des Verpackungsgesetzes ist nicht
allein die Reduzierung von Einwegkunststoff, wie dies möglicherweise bei der
Einwegkunststoffverordnung der Fall ist, sondern neben allen Regelungen zur
Verpackungsentsorgung zusätzlich die Reduzierung der Verwendung von
Kunststoffen insgesamt, somit auch von Mehrwegkunststoffbehältnissen. Im
Übrigen entfällt bei der Befüllung von kundeneigenen Behältnissen das bei
Mehrwegbehältnissen notwendige aufwendige Pfandsystem, welches auf Verbraucherinnen
und Verbraucher abschreckend wirken kann.
Die Änderung ist mithin in verhältnismäßigem Umfang geeignet, das Ziel der
Reduzierung des Gebrauchs von Kunststoffen insgesamt zu erreichen.
33. Zu Artikel 1 Nummer 26 (§ 33 VerpackG)
§ 33 soll dahingehend geändert werden, dass in einem neuen Absatz 2 die
Letztvertreiber von Einwegkunststofflebensmittelverpackungen und von Einweggetränkebechern,
die jeweils erst beim Letztvertreiber mit Waren befüllt
werden, ab dem 1. Januar 2023 verpflichtet werden, den Kunden fünfundzwanzig
Cent (0,25) für jede bereitgestellte Einwegverpackung zu berechnen.
Weiterhin soll § 33 dahingehend ergänzt werden, dass diese Kosten auf allen
nach dem Verkauf ausgestellten Quittungen gesondert auszuweisen sind und
vor dem Verkauf für den Kunden auf Medien wie Speisekarten, Bestellplattformen
sowie Menütafeln deutlich zu kennzeichnen sind. Kunden, die telefonisch
bestellen, müssen mündlich über die Gebühren für Einwegkunststofflebensmittelverpackungen
und von Einweggetränkebechern informiert werden.
Begründung:
Die Einführung einer Preisdifferenzierung zwischen Einweg und Mehrweg
würde nach der Studie des Umweltbundesamtes „Untersuchung der ökologischen
Bedeutung von Einweggetränkebechern im Außer-Haus-Verzehr und
mögliche Maßnahmen zur Verringerung des Verbrauchs“ die Anzahl von Einweggeschirr
nochmals deutlich senken.
...
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- 31 - Empfehlungen, 64/1/21
34. Zu Artikel 1 Nummer 28 (§ 35 Absatz 2 Satz 1 VerpackG)
In Artikel 1 Nummer 28 ist in § 35 Absatz 2 Satz 1 das Wort „können“ durch
das Wort „müssen“ zu ersetzen.
Begründung:
Die Beauftragung eines Bevollmächtigten ist verpflichtend einzuführen, eine
Kann-Bestimmung ist aus Sicht des Vollzugs in den Ländern nicht ausreichend.
Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von im Ausland ansässigen
Herstellern durch die in den meisten Ländern zuständigen unteren Umweltbehörden
ist faktisch nahezu unmöglich. Dieser Umstand führt zu einer Ungleichbehandlung
zwischen den im Inland und den im Ausland ansässigen Herstellern,
da die im Ausland ansässigen Hersteller bei Verstößen gegen das Verpackungsgesetz
kaum belangt werden können. Es wird daher eine Muss-
Bestimmung, analog zu der bereits bestehenden Regelung in § 8 Absatz 1
ElektroG, für zwingend erforderlich erachtet.
35. Zu Artikel 1 Nummer 28a – neu – (§ 35a – neu – VerpackG)
In Artikel 1 ist nach der Nummer 28 folgende Nummer 28a einzufügen:
‚28a. Nach § 35 wird folgender § 35a eingefügt:
„§ 35a
Verwaltungsvorschriften
Die Bundesregierung kann nach Anhörung der beteiligten Kreise
gemäß § 68 Kreislaufwirtschaftsgesetz mit Zustimmung des Bundesrates
zur Durchführung dieses Gesetzes allgemeine Verwaltungsvorschriften,
insbesondere
1. über die Einordnung einer Verpackung als systembeteiligungspflichtig
im Sinne von § 3 Absatz 8,
2. über die Einordnung einer Verpackung als Mehrwegverpackung im
Sinne von § 3 Absatz
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Empfehlungen, 64/1/21 - 32 -
3. über die Einordnung einer Getränkeverpackung als pfandpflichtig
im Sinne von § 31 und
4. über die Einordnung einer Anfallstelle von Abfällen als eine mit
privaten Haushaltungen vergleichbare Anfallstelle im Sinne von § 3
Absatz 11
erlassen.“ ‘
Begründung:
Die nach § 26 Absatz 1 Satz 2 Nummern 23 bis 26 getroffenen Einordnungsentscheidungen
der Zentralen Stelle Verpackungsregister sind auch für den
Vollzug durch die zuständigen Behörden der Länder relevant. Die Zentrale
Stelle hat zur Wahrnehmung dieser Aufgaben umfangreiche Kataloge erstellt
(u. a. Katalog systembeteiligungspflichtiger Verpackungen). Dieser Katalog ist
jedoch lediglich für die Entscheidungen der Zentralen Stelle maßgebend und
kann den zuständigen Behörden der Länder lediglich als Anhaltspunkt dienen.
Für die Sicherstellung eines bundeseinheitlichen Vollzugs und mehr Rechtssicherheit
für die betroffenen Akteure sollte daher alternativ zu internen Verwaltungsvorschriften
der zentralen Stelle der Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften
durch die Bundesregierung in Betracht gezogen werden.
Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften sollen nach Anhörung der beteiligten
Kreise gemäß § 68 KrWG erlassen werden. In diesem Sinne ist vor Erlass einer
allgemeinen Verwaltungsvorschrift ein jeweils auszuwählender Kreis von Vertretern
der Wissenschaft, der Betroffenen, der beteiligten Wirtschaft, der für
die Abfallwirtschaft zuständigen obersten Landesbehörden, der Gemeinden
und Gemeindeverbände zu hören.
36. Zu Artikel 1 Nummer 29 Buchstabe c – neu – (§ 36 Absatz 3 Satz 2 – neu –
VerpackG)
Dem Artikel 1 Nummer 29 ist folgender Buchstabe c anzufügen:
‚c) Dem § 36 Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:
„Für im Ausland ansässige Hersteller, unabhängig davon, ob diese einen
Bevollmächtigten nach § 3 Absatz 14 a beauftragt haben, liegt die Zuständigkeit
im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten
bei einer durch Verordnung zu bestimmenden Bundesbehörde.“
‘
...
U
Begründung:
- 33 - Empfehlungen, 64/1/21
Der Umgang mit Anzeigen wegen des Verdachts auf Ordnungswidrigkeiten
gemäß Verpackungsgesetz gegen Unternehmen mit Sitz im Ausland stellt eine
besondere Herausforderung dar, da die örtliche Zuständigkeit der Verwaltungsbehörde
nicht eindeutig abgeleitet werden kann und in der Praxis ganz
überwiegend an die Abfallbehörden der Städte Osnabrück (Sitz der Zentralen
Stelle Verpackungsregister) und Dessau-Roßlau (Sitz des UBA) zugeordnet
werden soll. Dies führt bei den betreffenden örtlichen Behörden zu einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand und Überlastung, allein in 2017 gab es
ca. 400 Vorgänge wegen des Verstoßes gegen Registrierungspflichten bzw.
Hinterlegungspflichten einer Vollständigkeitserklärung gegen ausländische
Hersteller.
Die Problematik wird durch die Ausweitung der Registrierungspflichten verschärft
und auch durch die fakultative Benennung eines Bevollmächtigten nicht
wesentlich entschärft.
37. Zu Artikel 1 Nummer 32 Buchstabe a – neu – (§ 38 Absatz 3 VerpackG)
In Artikel 1 ist Nummer 32 wie folgt zu fassen:
‚32. § 38 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 3 werden die Wörter „für einen Übergangszeitraum von
zwei Jahren“ durch die Wörter „bis zum 31. Dezember 2020“ ersetzt.
b) Folgender Absatz 6 wird angefügt <…weiter wie Vorlage>‘
Begründung:
Mit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes zum 1. Januar 2019 wurde für den
Abschluss von Abstimmungsvereinbarungen gemäß § 22 Absatz 1 VerpackG
in § 35 Absatz 3 VerpackG a. F. eine Übergangsfrist von maximal zwei Jahren
festgelegt. Diese Übergangsfrist endete somit zum 31. Dezember 2020. Die
Änderung dient insofern lediglich der Klarstellung des gewollten.
...
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Empfehlungen, 64/1/21 - 34 -
38. Zum Gesetzentwurf allgemein
a) Der Bundesrat sieht mit großer Sorge, dass die Leitlinien zur Konkretisierung
des Anwendungsbereichs der EU-Richtlinie 2019/904 (Einwegkunststoff-Richtlinie)
nach wie vor erst als Entwurf vorliegen, obwohl die
Kommission sie nach Artikel 12 Absatz 2 bis zum 3. Juli 2020 zu veröffentlichen
hatte. Die Leitlinien sollen bei der Auslegung von Begriffen wie
„Kunststoff“ unterstützen, welche für den Anwendungsbereich der Einwegkunststoff-Richtlinie
und der nationalen Umsetzungen bestimmend sind.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene für eine
schnellstmögliche Finalisierung der Leitlinien einzusetzen. Nur so sind
Planungssicherheit für die Betroffenen und gleiche Wettbewerbschancen
durch ein einheitliches Begriffsverständnis erreichbar.
b) Für besonders problematisch hält der Bundesrat, dass der Leitlinien-
Entwurf vom 16. Dezember 2020 bei der Auslegung des Merkmals „nicht
chemisch modifiziert“ erheblich von der Fassung vom 9. September 2020
abweicht, so dass er neu Viskose als „Kunststoff“ einstuft. Viele
Produkthersteller haben deshalb keine Sicherheit, ob ihre Produkte in den
Anwendungsbereich der neuen Vorgaben für Einwegkunststoffprodukte
fallen und sie diese bis zum 3. Juli 2021 umsetzen müssen.
c) Der Bundesrat befürchtet, dass die ungerechtfertigte Verengung der Definition
von Kunststoff und die Einstufung von Viskose als Kunststoff durch
den aktuellen Leitlinien-Entwurf und die damit verbundene Stigmatisierung
Bemühungen um bioökonomische Innovationen und Entwicklungen behindert
oder entwertet. Der Bundesrat begrüßt daher, dass sich Deutschland auf
EU-Ebene dafür ausgesprochen hat, zur bisherigen Fassung der Leitlinien
vom September 2020 zurückzukehren, welche Viskose nicht als Kunststoff
einstufte, und bittet die Bundesregierung, sich auch weiterhin nachdrücklich
dafür einzusetzen.
d) Der Bundesrat erwartet, dass die Bundesregierung eine rechtlich und fachlich
korrekte nationale Umsetzung der Einwegkunststoff-Richtlinie und
REACH-VO 1907/2006 sicherstellt. Dazu zählt, dass Viskose nicht unter
die neue Definition von „Kunststoff“ in § 3 Absatz 21 Verpackungsgesetz
gefasst wird, und Produkte aus Viskose vom Anwendungsbereich des vor-
...
- 35 - Empfehlungen, 64/1/21
liegenden Gesetzentwurfs, der Einwegkunststoffverbotsverordnung und
Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung ausgenommen sind.
Begründung:
Nach Artikel 12 Absatz 2 der Einwegkunststoff-Richtlinie hatte die Kommission
die Leitlinien bis zum 3. Juli 2020 vorzulegen. Bislang gibt es jedoch nur
Entwürfe (vom 9. September und 16. Dezember 2020). Die vorgesehene Frist
von einem Jahr zwischen Veröffentlichung der Leitlinien und Umsetzung der
Einwegkunststoff-Richtlinie bis 3. Juli 2021 diente insbesondere dazu, dass
sich die betroffenen Wirtschaftsakteure darauf einstellen können, welche Produkte
von den neuen Pflichten und Beschränkungen der Richtlinie erfasst sind.
Da für den genauen Inhalt wesentlicher Begriffe wie „Kunststoff“ oder „nicht
chemisch modifiziert“ aber nach wie vor kein einheitliches Verständnis
zwischen Kommission und Mitgliedstaaten abgestimmt ist, steht der Anwendungsbereich
der Einwegkunststoff-Richtlinie und damit auch der nationalen
Umsetzungsakte (Einwegkunststoffverbotsverordnung, vorliegender Gesetzentwurf
zur Änderung des Verpackungsgesetzes) noch nicht fest.
Besonders problematisch ist die erhebliche Änderung der Auslegung des
Merkmals „nicht chemisch modifiziert“ durch den Leitlinien-Entwurf vom
16. Dezember 2020: Während die Fassung vom 9. September 2020 noch darauf
abstellte, ob das Polymer vor und nach dem Produktionsprozess eine veränderte
chemische Struktur aufweist, ist nach der Fassung vom 16. Dezember
2020 entscheidend, ob im Produktionsprozess kovalente Bindungen der
Polymere gebildet oder gebrochen werden (auch wenn Ein- und Ausgangspolymer
dieselbe Struktur haben). Nach dem Leitlinien-Entwurf vom
September fiel Viskose entsprechend nicht in den Anwendungsbereich der
Richtlinie; der Entwurf vom Dezember stuft Viskose hingegen als „Kunststoff“
ein (jeweils Seite 8).
Eine Einstufung von Viskose als „Kunststoff“ hat starke Vor- und Ausstrahlungswirkungen
auf die Forschung, Entwicklung und Anwendung bioökonomischer
Lösungen (zum Beispiel Einsatz recycelter Baumwoll-Textilien oder
von Altpapier, FFP2-Masken aus zellulosischen Fasern). Die Stigmatisierung
als „Kunststoff“ entwertet Forschungsaktivitäten und Investitionen in Produkte
aus nachwachsenden Rohstoffen und führt zu großer Verunsicherung bei
Akteuren in Wissenschaft und Wirtschaft.
Bei den Leitlinien der Kommission handelt es sich zwar um bloße Orientierungshilfen,
welche rechtlich unverbindlich die Auffassung der Kommission
wiedergeben (siehe Leitlinien-Entwurf Stand: 16.12.2020 Seite 4). Dennoch ist
davon auszugehen, dass die auf eine Harmonisierung des Begriffsverständnisses
ausgerichteten Leitlinien faktisch „Quasi-Verbindlichkeit“ in den Mitgliedstaaten
entfalten werden (verstärkt durch Verweise in den Begründungen von
Umsetzungsrechtsakten). Wer von den Leitlinien abweichen will, wird die
(aufwändige) Begründungslast tragen.
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Empfehlungen, 64/1/21 - 36 -
Daher muss in der nationalen Umsetzung und im nationalen Vollzug sichergestellt
sein, dass die Definition für „Kunststoff“ durch Artikel 3 Absatz 4 und
Erwägungsgrund 11 der Einwegkunststoff-Richtlinie und Artikel 3 Absatz 40
der REACH-VO 1907/2006 nicht durch zusätzliche Kriterien verengt wird,
unabhängig von der jeweiligen Fassung von Leitlinien. Produkte aus Viskose
(zum Beispiel Feuchttücher, Hygieneartikel) fallen nicht in den Anwendungsbereich
der Einwegkunststoffverbotsverordnung, des vorliegenden Gesetzentwurfs
und der Einwegkunststoffkennzeichnungsverordnung.
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39. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, gegen den Gesetzentwurf gemäß
Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen zu erheben.