Deutscher Bundestag Drucksache 19/26838
19. Wahlperiode 19.02.2021
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts
A. Problem und Ziel
Die Strukturreform im Jahr 2009 hat den Versorgungsausgleich umfassend auf
eine neue Grundlage gestellt. In Abkehr von dem früheren Ausgleichssystem, das
eine Gesamtsaldierung der Versorgungsanrechte und einen Einmalausgleich über
die gesetzliche Rentenversicherung vorsah, wurde das Prinzip des Einzelausgleichs
eingeführt. Jedes Anrecht wird seither grundsätzlich gesondert zwischen
den Ehegatten geteilt. Die nach früherem Recht erforderliche Vergleichbarmachung
unterschiedlicher Anrechte, die häufig zu Wertverzerrungen und Prognosefehlern
führte, wurde im Regelfall entbehrlich. Betriebliche und private Versorgungen
konnten vollständig in das neue Ausgleichssystem einbezogen werden.
Ziel der Reform war es, mehr Teilungsgerechtigkeit herbeizuführen und den Ausgleich
der Versorgungsanrechte für die Betroffenen verständlicher zu gestalten.
Der Versorgungsausgleich sollte zur Steigerung des Rechtsfriedens möglichst bei
der Scheidung abschließend durchgeführt werden. Beide Ehegatten sollten eigenständige
Versorgungsanrechte erhalten und damit unabhängig voneinander versorgt
sein. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen den Ehegatten, die oft
erst Jahrzehnte nach der Scheidung geltend gemacht werden können, wurden
ebenso wie die umfangreichen Korrekturmöglichkeiten des alten Rechts zurückgedrängt.
Die Dispositionsmöglichkeiten der Ehegatten wurden gestärkt.
Die Erfahrungen der Praxis aus nunmehr zehn Jahren bestätigen, dass sich die
Strukturreform des Versorgungsausgleichs in der Praxis grundsätzlich bewährt
hat. Auch dank des großen Engagements aller Beteiligten konnten Herausforderungen,
die mit der Umsetzung des neuen Rechts verbunden waren, bewältigt werden.
Die Rechtsprechung hat zahlreiche Einzelfragen innerhalb des geltenden Regelwerks
gelöst. Viele Versorgungsausgleichsverfahren werden nunmehr weitgehend
problemlos entschieden.
Vor diesem Hintergrund sollten Entscheidungen der Strukturreform grundsätzlich
nicht ohne rechtstatsächliche Untersuchung in Frage gestellt werden. Hierzu ist
eine Evaluierung des Versorgungsausgleichs geplant, auf deren Basis über Änderungsbedarf
entschieden werden könnte. In Teilaspekten hat sich allerdings bereits
gesetzgeberischer Handlungsbedarf ergeben. Auch im Verfahrensrecht und
im Versorgungsrecht sind Korrekturen und Klarstellungen angezeigt.
Drucksache 19/26838 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
B. Lösung; Nutzen
Der Entwurf sieht insbesondere folgende Änderungen vor:
– Der Versorgungsträger kann ohne Zustimmung der ausgleichsberechtigten
Person die externe Teilung eines Anrechts nach den §§ 14, 17 des Versorgungsausgleichsgesetzes
(VersAusglG) nur verlangen, wenn bestimmte
Wertgrenzen nicht überschritten werden. Hier sollen künftig in dem Fall,
dass der Versorgungsträger hinsichtlich mehrerer Anrechte aus der betrieblichen
Altersversorgung die externe Teilung verlangt, die Ausgleichwerte
mit Blick auf die Wertgrenzen zusammengerechnet werden.
– Bei Anrechten der betrieblichen Altersversorgung und der Privatvorsorge
kann ein Leistungsbezug der ausgleichspflichtigen Person zwischen Ehezeitende
und Rechtskraft der Versorgungsausgleichsentscheidung (negative)
Auswirkungen auf den Ausgleichswert haben. Dies kann dazu führen, dass
die ausgleichsberechtigte Person im Wertausgleich bei der Scheidung letztlich
ein gekürztes Anrecht erhalten würde. Sie soll sich daher über ein Wahlrecht
dafür entscheiden können, dass das Anrecht in diesem Sonderfall dem
schuldrechtlichen Ausgleich zwischen den Ehegatten vorbehalten bleibt.
– Der Versorgungsträger ist nach § 30 VersAusglG vor einer doppelten Inanspruchnahme
geschützt, wenn er nach einer rechtskräftigen Entscheidung
über den Versorgungsausgleich nicht mehr nur gegenüber der bisher berechtigten
Person, sondern ebenfalls gegenüber der nunmehr auch berechtigten
Person zur Leistung verpflichtet ist. Diesbezüglich soll klargestellt werden,
dass die Leistungsbefreiung nur im Umfang einer tatsächlichen betragsmäßigen
Überzahlung an die bisher berechtigte Person greift, da auch nur insoweit
eine Doppelleistung gegenüber den Ehegatten droht.
– Im Verfahrensrecht wird der frühestmögliche Zeitpunkt für einen Antrag auf
Abänderung des Wertausgleichs bei der Scheidung praxisgerecht vorverlegt.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/26838
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Keine.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/26838
BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND Berlin, 19. Februar 2021
DIE BUNDESKANZLERIN
An den
Präsidenten des
Deutschen Bundestages
Herrn Dr. Wolfgang Schäuble
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich den von der Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts
mit Begründung und Vorblatt (Anlage).
Ich bitte, die Beschlussfassung des Deutschen Bundestages herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz.
Der Bundesrat hat in seiner 1000. Sitzung am 12. Februar 2021 beschlossen, gegen
den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes keine Einwendungen
zu erheben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/26838
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Versorgungsausgleichsgesetzes
Das Versorgungsausgleichsgesetz vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700), das zuletzt durch Artikel 12 des Gesetzes
vom 9. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2053) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 14 Absatz 2 Nummer 2 wird der Punkt am Ende durch ein Semikolon und die Wörter „sind mehrere
Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes bei einem Versorgungsträger auszugleichen, so ist die Summe
der Ausgleichswerte der Anrechte maßgeblich, deren externe Teilung der Versorgungsträger verlangt.“ ersetzt.
2. § 19 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
a) In Nummer 3 wird das Wort „oder“ durch ein Komma ersetzt.
b) In Nummer 4 wird der Punkt am Ende durch das Wort „oder“ ersetzt.
c) Folgende Nummer 5 wird angefügt:
„5. wenn sich bei einem Anrecht aus der betrieblichen Altersversorgung oder der privaten Altersvorsorge
nach dem Ende der Ehezeit der Kapitalwert als maßgebliche Bezugsgröße und damit der
Ausgleichswert verändert hat, weil die ausgleichspflichtige Person innerhalb der bisher bestehenden
Leistungspflicht eine Versorgung aus dem Anrecht bezogen hat, und die ausgleichsberechtigte
Person verlangt, dass das Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen
wird.“
3. In § 30 Absatz 1 Satz 1 werden nach den Wörtern „auch berechtigten Person“ die Wörter „im Umfang der
Überzahlung“ eingefügt.
Artikel 2
Änderung des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der
freiwilligen Gerichtsbarkeit
Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586, 2587), das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 19. März
2020 (BGBl. I S. 541) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 114 Absatz 4 Nummer 7 werden nach der Angabe „und 3“ die Wörter „sowie nach § 19 Absatz 2 Nummer
5“ eingefügt.
2. In § 222 Absatz 1 wird die Angabe „§ 14 Abs. 2 und § 15 Abs. 1“ durch die Wörter „§ 14 Absatz 2, § 15
Absatz 1 und § 19 Absatz 2 Nummer 5“ ersetzt.
3. In § 226 Absatz 2 wird das Wort „sechs“ durch das Wort „zwölf“ ersetzt.
Drucksache 19/26838 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Artikel 3
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
§ 187 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – in der Fassung der Bekanntmachung
vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754, 1404, 3384), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom
12. August 2020 (BGBl. I S. 1879) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Absatz 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:
„2. Rentenanwartschaften zu begründen aufgrund
a) einer Entscheidung des Familiengerichts zum Ausgleich von Anrechten durch externe Teilung
(§ 15 des Versorgungsausgleichsgesetzes),
b) einer wirksamen Vereinbarung nach § 6 des Versorgungsausgleichsgesetzes oder
c) einer Abfindung nach § 23 des Versorgungsausgleichsgesetzes,“.
2. In Absatz 3a wird nach der Angabe „Buchstabe b“ die Angabe „oder c“ eingefügt.
Artikel 4
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am … [einsetzen: Datum des ersten Tages des dritten auf die Verkündung folgenden
Kalendermonats] in Kraft.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/26838
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Die Strukturreform vom 3. April 2009 (BGBl. I S. 700) hat den Versorgungsausgleich mit Wirkung zum 31. August
2009 grundlegend neu geregelt. Anlass hierfür waren Gerechtigkeitsdefizite des früheren Rechts, nach welchem
der Versorgungsausgleich in Form einer Verrechnung der in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte
mit anschließendem Einmalausgleich über die gesetzliche Rentenversicherung durchgeführt wurde. Die Saldierung
war systembedingt fehleranfällig, da Versorgungen unterschiedlichster Art vergleichbar gemacht und dafür
auf der Grundlage von Prognosen umgerechnet werden mussten. Für die Betroffenen waren die Rechenschritte
im Einzelnen oft nicht mehr nachvollziehbar. Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich unter Einbeziehung
anderer Vermögenswerte waren schwierig. Darüber hinaus war eine abschließende Regelung des Versorgungsausgleichs
bei der Scheidung häufig nicht möglich und es verblieben Ausgleichsreste, die die insgesamt ausgleichsberechtigte
Person – meist die Ehefrau – im Leistungsfall (und damit mitunter Jahrzehnte nach der Scheidung)
von der insgesamt ausgleichspflichtigen Person über den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich einfordern
musste. In der Praxis wurden diese Ansprüche oftmals aus den verschiedensten Gründen nicht geltend gemacht.
Diese strukturellen Probleme verschärften sich durch die zunehmende Ausdifferenzierung der Versorgungssysteme.
Der Versorgungsausgleich entwickelte sich letztlich zu einem komplizierten Expertenrecht, das
von vielen Beteiligten und insbesondere den Ehegatten nicht mehr verstanden wurde.
Die Strukturreform verabschiedete sich von dem Konzept des Einmalausgleichs und stellte den Versorgungsausgleich
umfassend auf eine neue methodische Grundlage. Ziel war es, den Versorgungsausgleich gerechter und für
alle Beteiligten verständlicher zu gestalten. Bei der Scheidung sollte eine abschließende Entscheidung über die
Aufteilung der Versorgungsanrechte getroffen werden, nach Möglichkeit auch durch Vereinbarungen der Ehegatten.
Die Versorgungsschicksale der Ehegatten sollten grundsätzlich endgültig getrennt werden und die ausgleichsberechtigte
Person eine eigenständige, von der ausgleichspflichtigen Person unabhängige Versorgung erhalten.
Kernstück der Strukturreform war die Einführung des Einzelausgleichs. Jedes Anrecht wird seither grundsätzlich
gesondert geteilt. Den Vorrang hat dabei die interne Teilung innerhalb des jeweiligen Versorgungssystems. Damit
wurde es zugleich entbehrlich, verschiedene Anrechte zum Zweck des Ausgleichs vergleichbar zu machen. Auch
betriebliche und private Anrechte konnten in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen werden. Ausgleichsreste
werden ebenso wie schuldrechtliche Ausgleichsansprüche weitgehend vermieden. Zugleich wurden
die umfangreichen Korrekturmöglichkeiten des früheren Rechts zugunsten der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens
zurückgedrängt. Die Gestaltungsspielräume der Ehegatten für Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich
wurden erweitert. Das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) verzichtet dabei bewusst auf Details,
damit die Regelungen einfach und verständlich bleiben und zugleich die nötige Flexibilität bieten, um Veränderungen
in den Versorgungssystemen erfassen zu können.
Das neue anrechtsbezogene Teilungsmodell stellte sämtliche Beteiligte – allen voran die Ehegatten und ihre Berater,
die Familiengerichte und die Versorgungsträger – durch den damit verbundenen fundamentalen Strukturwechsel
vor Herausforderungen. Zahlreiche rechtliche, versicherungsmathematische und verwaltungstechnische
Einzelfragen waren zu lösen. Neue Prozesse mussten entworfen und implementiert werden.
Die in nunmehr zehn Jahren seit Inkrafttreten der Reform gesammelten Erfahrungen zeigen, dass der strukturelle
Neustart grundsätzlich gelungen ist. Das Ziel der Reform, bei der Scheidung die Versorgungsanrechte gerecht
und so weit wie möglich endgültig zu teilen, wird deutlich besser erreicht als nach dem früheren Recht. Dank des
großen Engagements aller Beteiligten von der Erarbeitung der Reform bis zur Umsetzung in der Praxis konnten
die Herausforderungen des neuen Rechts bewältigt werden. Die Rechtsprechung hat zahlreiche Einzelfragen innerhalb
des geltenden Systems befriedigend gelöst.
Drucksache 19/26838 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Auch in Zukunft wird der Versorgungsausgleich mit neuen Rechtsfragen und praktischen Herausforderungen
konfrontiert werden. Bedingt wird dies unter anderem durch die Akzessorietät zu den Versorgungssystemen, die
fortlaufend Änderungen unterworfen sind. Dabei wird die Praxis gefragt bleiben, auch weiterhin pragmatische
Lösungen zu finden, um zu verhindern, dass sich der Versorgungsausgleich wieder zu einem Expertenrecht entwickelt.
Auch darf nicht übersehen werden, dass es sich beim Versorgungsausgleich um ein Massenverfahren
handelt. Nicht jeder schwierige Einzelfall kann automatisch gesetzgeberische Änderungen rechtfertigen oder erfordern.
Die Entscheidungen der Strukturreform sollten vor diesem Hintergrund nicht ohne rechtstatsächliche Untersuchung
in Frage gestellt werden. Hierzu ist eine Evaluierung des Versorgungsausgleichs geplant, auf deren Grundlage
dann über Änderungsbedarf entschieden werden könnte, der teilweise in Literatur und Praxis bereits diskutiert
wird. In Einzelpunkten hat sich allerdings bereits ein Bedarf an gesetzgeberischen Klarstellungen und Weiterentwicklungen
ergeben, der durch die Praxiserfahrungen sichtbar geworden ist. Diesem Änderungsbedarf soll
mit dem vorliegenden Entwurf begegnet werden.
II. Überblick über den wesentlichen Inhalt des Entwurfs
Der Entwurf sieht insbesondere folgende Änderungen vor:
– Der Versorgungsträger kann die externe Teilung nach den §§ 14, 17 VersAusglG einseitig nur verlangen,
wenn der Ausgleichswert bestimmte Wertgrenzen nicht überschreitet. Künftig sollen die Ausgleichswerte
mehrerer Anrechte der ausgleichspflichtigen Person aus der betrieblichen Altersversorgung bei einem Versorgungsträger
hinsichtlich der Einhaltung der Wertgrenzen zusammengerechnet werden, soweit der Versorgungsträger
einseitig eine externe Teilung verlangt. Überschreiten die Ausgleichswerte dieser Bausteine
in ihrer Summe die Wertgrenze, ist eine externe Teilung auf einseitiges Verlangen des Versorgungsträgers
nicht möglich.
– Änderungsbedarf besteht außerdem bei der Teilung laufender Versorgungen aus der betrieblichen Altersversorgung
sowie der privaten Altersvorsorge. Bezieht die ausgleichspflichtige Person hier im Zeitraum zwischen
Ehezeitende und dem Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich bereits
eine (noch ungekürzte) Versorgung aus dem Anrecht, so kann dies dazu führen, dass sich der Kapitalwert
des Anrechts verringert und die ausgleichsberechtigte Person damit letztlich nur ein gekürztes Anrecht erhält.
Die Korrekturmöglichkeiten des geltenden Rechts (insbesondere die Anwendung der Härtefallklausel nach
§ 27 VersAusglG) können nicht in jedem Fall zu befriedigenden Ergebnissen führen. Auch werden nicht in
jedem Fall beide Ehegatten bereit sein, durch eine Vereinbarung eine sachgerechte Lösung zu erzielen.
Vor diesem Hintergrund soll ein Wahlrecht zugunsten der ausgleichsberechtigten Person vorgesehen werden:
Sie kann den Wertausgleich des Anrechts bei der Scheidung auf der Grundlage der oben dargestellten
Rechtslage akzeptieren. Sie kann sich aber künftig auch dafür entscheiden, dass das Anrecht Ausgleichsansprüchen
zwischen den Ehegatten nach der Scheidung vorbehalten bleibt. Die ausgleichspflichtige Person
hat dann ab Fälligkeit an die ausgleichsberechtigte Person eine Ausgleichsrente zu leisten, die sich nicht
nach dem (verringerten) Kapitalwert bemisst, sondern nach dem bezogenen (und durch den Leistungsbezug
nicht verringerten) Rentenbetrag.
– § 30 VersAusglG schützt den Versorgungsträger vor einer doppelten Inanspruchnahme, wenn er nach einer
rechtskräftigen Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht mehr nur gegenüber der bisher berechtigten
Person, sondern ebenfalls gegenüber der nunmehr auch berechtigten Person zur Leistung verpflichtet
ist. Der Versorgungsträger, der innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht an die bisher berechtigte
Person leistet, wird während einer Übergangsfrist von der Leistungspflicht gegenüber der nunmehr auch
berechtigten Person befreit. Hier wird klargestellt, dass die Leistungsbefreiung nur in dem Umfang einer
tatsächlichen betragsmäßigen Überzahlung an die bisher berechtigte Person greift, da auch nur insoweit eine
Doppelleistung droht.
– Im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
(FamFG) wird der frühestmögliche Antragszeitpunkt für die Abänderung des Wertausgleichs bei der
Scheidung praxisgerecht vorverlegt. Außerdem erfolgt eine versorgungsrechtliche Klarstellung im Bereich
des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI).
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III. Alternativen
Keine. Die Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass das geltende Versorgungsausgleichsrecht einer punktuellen
Weiterentwicklung bedarf.
IV. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 (Bürgerliches Recht, Verfahrensrecht)
und 12 (Sozialversicherung) des Grundgesetzes.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Die vorgeschlagenen Regelungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen,
die die Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen hat, vereinbar.
VI. Gesetzesfolgen
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Der Entwurf zielt in mehreren Punkten auf eine Beseitigung von Rechtsunsicherheiten und damit auf eine größere
Klarheit in der Rechtslage.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Der Entwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung im
Sinne der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Der Entwurf hat keine Haushaltsauswirkungen ohne Erfüllungsaufwand.
4. Erfüllungsaufwand
a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Bürgerinnen und Bürger.
b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Es entsteht kein Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft. Der Versorgungsausgleich ist grundsätzlich kostenneutral.
c) Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Der Verwaltung entsteht kein Erfüllungsaufwand. Der Versorgungsausgleich ist grundsätzlich kostenneutral.
5. Weitere Kosten
Keine. Die vorgesehene Gesetzesänderung wirkt sich nicht auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und
insbesondere nicht auf das Verbraucherpreisniveau aus.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Gleichstellungspolitische, verbraucherpolitische oder demografische Auswirkungen sind nicht zu erwarten.
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VII. Befristung; Evaluierung
Eine Befristung der Regelungen ist nicht vorgesehen. Eine Evaluierung ist nicht erforderlich, da die Regelungen
der Klarstellung und der Nachjustierung innerhalb des geltenden Gesamtsystems dienen und die Schwellenwerte,
die nach der Evaluierungskonzeption der Bundesregierung eine Evaluierung gebieten, nicht erreicht sind.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des VersAusglG)
Zu Nummer 1 (§ 14)
Seit Inkrafttreten der Strukturreform hat im Versorgungausgleich die interne Teilung des Anrechts innerhalb des
jeweiligen Versorgungssystems Vorrang. Verlangt der Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person einseitig
eine externe Teilung, so ist dies nur innerhalb der Wertgrenzen gemäß § 14 Absatz 2 Nummer 2 und § 17
möglich. Sind mehrere Anrechte in den Ausgleich einzubeziehen, ist nach dem Prinzip des Einzelausgleichs
grundsätzlich maßgeblich, ob der Ausgleichswert des einzelnen Anrechts unterhalb der maßgeblichen Wertgrenze
liegt.
Bei der betrieblichen Altersversorgung gibt es Konstellationen, in denen der Arbeitnehmer aufgrund einer einheitlichen
Versorgungszusage mehrere Anrechte bei einem Versorgungsträger erwirbt. Unterscheiden sich diese
Anrechte strukturell – etwa in Bezug auf die Durchführungsart oder das Finanzierungsverfahren –, so werden sie
im Versorgungsausgleich grundsätzlich wie einzelne Anrechte behandelt und damit jeweils gesondert betrachtet
(vergleiche BGH, Beschluss vom 18. Mai 2016, XII ZB 649/14, FamRZ 2016, 1435; BGH, Beschluss vom
31. Mai 2017, XII ZB 212/14, juris).
In Rechtsprechung und Literatur ist die Frage aufgeworfen worden, ob bei mehreren Bausteinen einer betrieblichen
Altersversorgung bei einem Versorgungsträger mit Blick auf die Einhaltung der Wertgrenzen nicht eine
Gesamtbetrachtung erfolgen müsste. Eine solche Gesamtbetrachtung ist dem Versorgungsausgleichsrecht nicht
fremd. Sie erfolgt nach der Rechtsprechung bereits im Rahmen der Ermessensausübung nach § 18 Absatz 2. Nach
dieser Vorschrift soll das Familiengericht einzelne Anrechte mit einem geringen Ausgleichswert nicht ausgleichen.
Hat die ausgleichspflichtige Person aufgrund einer einheitlichen Versorgungszusage mehrere – für sich
betrachtet – geringfügige Bausteine der betrieblichen Altersversorgung erworben, die in ihrem Gesamtwert aber
die Geringfügigkeitsgrenze des § 18 Absatz 3 überschreiten, so ist dies in die Ermessensentscheidung nach § 18
Absatz 2 einzubeziehen (vergleiche BGH, Beschluss vom 1. Februar 2012, XII ZB 172/11, FamRZ 2012, 610).
Für eine Gesamtbetrachtung der Anrechte wird angeführt, dass die betriebliche Altersversorgung auch dann als
eine Säule der Alters- und Invaliditätsversorgung angesehen werde, wenn sie sich aus mehreren Bestandteilen
zusammensetze. Auch werde der Arbeitnehmer in der Regel von der Vorstellung geleitet, bei seinem Arbeitgeber
eine einheitliche Altersversorgung zu erwerben. Zudem könne es nicht einseitig in der Hand des Versorgungsträgers
liegen, den Ausgleich (jedenfalls teilweise) zu verhindern, indem er die Einzelbausteine möglichst gering
hält, damit diese die Grenze des § 18 Absatz 3 nicht überschreiten.
Diese Erwägungen greifen auch im Hinblick auf die für eine externe Teilung einzuhaltenden Wertgrenzen nach
§ 14 Absatz 2 Nummer 2 und § 17, so dass insoweit ebenfalls eine Gesamtbetrachtung sinnvoll erscheint. Ein
solche gilt darüber hinaus auch bereits in § 93 Absatz 3 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes für die Frage, ob
Auszahlungen zur Abfindung einer Kleinbetragsrente als schädliche Verwendung gelten. Dort ist vorgesehen,
dass bei der Beurteilung, ob eine Kleinbetragsrente vorliegt, alle „bei einem Anbieter bestehenden Verträge des
Zulageberechtigten insgesamt zu berücksichtigen sind, auf die nach diesem Abschnitt geförderte Altersvorsorgebeiträge
geleistet wurden.“
Um dem Anliegen, den Wertgrenzen zur effektiven Durchsetzung zu verhelfen, hinreichend Rechnung zu tragen,
soll daher § 14 Absatz 2 Nummer 2 um eine Regelung ergänzt werden, die eine Zusammenrechnung der Ausgleichswerte
vorschreibt, soweit es sich um Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) handelt,
die bei demselben Versorgungsträger bestehen und deren externe Teilung der Versorgungsträger einseitig ver-
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/26838
langt. Dies gilt über den Verweis auf § 14 Absatz 2 Nummer 2 zugleich für die in § 17 festgeschriebene Wertgrenze
für betriebliche Anrechte aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse (zur Verfassungsmäßigkeit
des § 17 vergleiche BVerfG, Urteil vom 26. Mai 2020, 1 BvL 5/18, FamRZ 2020, 1078). Bei der Zusammenrechnung
sind nur Anrechte zu berücksichtigen, deren externe Teilung der Versorgungsträger verlangt, während
Anrechte, die von vornherein oder mit Blick auf die Vermeidung einer Überschreitung der jeweilige Wertgrenze
intern geteilt werden sollen, außer Betracht bleiben. So wird vermieden, dass die Existenz eines höherwertigen
Anrechts die externe Teilung kleinerer Anrechte sperrt. Der Versorgungsträger kann also – unbeschadet etwaiger
weiterer auszugleichender Anrechte – die externe Teilung einseitig verlangen, solange die Summe der Ausgleichswerte
dieser Anrechte die jeweilige Wertgrenze nicht übersteigt. In die Gesamtbetrachtung sind darüber hinaus
nur ausgleichsreife Anrechte einzubeziehen, weil nur diese dem Wertausgleich bei der Scheidung unterliegen.
Die Gesamtbetrachtung wird dabei als zwingend ausgestaltet. Für eine Ermessensentscheidung besteht kein Anlass.
Bei § 18 Absatz 2 geht es um das „Ob“ des Versorgungsausgleichs bei Geringfügigkeit. Hier kann es bei der
Ermessensausübung dazu kommen, dass bei Gesamtbetrachtung aller betrieblichen Anrechte keine Geringfügigkeit
vorliegt, ein Baustein aber dennoch im Ergebnis nicht in den Wertausgleich einzubeziehen ist, weil etwa auf
der Gegenseite ebenfalls ein geringfügiges Anrecht besteht, das vom Ausgleich ausgeschlossen wurde (vergleiche
BGH, Beschluss vom 2. September 2015, XII ZB 33/13, FamRZ 2015, 2125). Anders als § 18 betreffen die
§§ 14, 17 aber nicht das „Ob“, sondern das „Wie“ des Ausgleichs (interne oder externe Teilung), über das grundsätzlich
ohne Blick auf die Gegenanrechte zu entscheiden ist. Liegt eine der Alternativen des § 14 Absatz 2 (gegebenenfalls
in Verbindung mit § 17) vor, ist das Gericht an die Wahl gebunden (vergleiche Bundestagsdrucksache
16/10144, S. 58).
Zu Nummer 2 (§ 19)
Mit der Strukturreform des Versorgungsausgleichs konnten erstmals Anrechte der betrieblichen Altersversorgung
und der privaten Altersvorsorge umfassend in den Wertausgleich bei der Scheidung einbezogen werden. Die Praxis
hatte in der Folge zahlreiche Einzelfragen zu lösen, die sich im früheren Recht in dieser Form nicht stellten.
Dabei hat sich gezeigt, dass das geltende Recht einer Ergänzung für einen Sonderfall der Teilung laufender Versorgungen
bedarf. Betroffen sind Anrechte der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Altersvorsorge,
bei denen die maßgebliche Bezugsgröße nach § 5 Absatz 1 der Kapitalwert ist. Befindet sich ein solches Anrecht
in der Leistungsphase, können Zahlungen an die ausgleichspflichtige Person nach dem Ende der Ehezeit dazu
führen, dass der versicherungsmathematische Barwert der Versorgung bei Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung
geringer ist als zum Ehezeitende beziehungsweise bei Eintritt in die Leistungsphase (vergleiche ausführlich
zur Bewertung in der Anwartschafts- und Leistungsphase BGH, Beschluss vom 17. Februar 2016, XII ZB 447/13,
FamRZ 2016, 775 sowie Beschluss vom 24. August 2016, XII ZB 84/13, FamRZ 2016, 2000; Beschluss vom
7. März 2018, XII ZB 408/14, FamRZ 2018, 894; Beschluss vom 1. August 2018, XII ZB 159/18, FamRZ 2018,
1816; Beschluss vom 21. November 2018, XII ZB 315/18, FamRZ 2019, 190; Beschluss vom 24. April 2019,
XII ZB 185/16, FamRZ 2019, 1314). Gemeint sind hier Versorgungsleistungen an die ausgleichspflichtige Person
im Umfang der bisherigen Leistungspflicht, also insbesondere keine Abfindungen oder vergleichbaren Zahlungen,
die eine Schadensersatzpflicht auslösen können (vergleiche § 29). Entscheidend für diese Konstellation ist
dabei nicht, welche Finanzierungsform der Versorgungsträger gewählt hat (beispielsweise kapitalgedecktes oder
rückstellungsfinanziertes Anrecht), sondern der Umstand, dass als Bezugsgröße ein versicherungsmathematischer
Barwert maßgebend ist (BGH, Beschluss vom 24. August 2016, XII ZB 84/13, a. a. O., unter Verweis auf Gutdeutsch/Hoenes/Norpoth,
FamRZ 2012, 73).
Der Differenzbetrag zwischen dem Ausgleichswert bei Ehezeitende und dem hälftigen noch verbliebenen
(Rest-)Kapitalwert kann dabei – etwa im Falle eines mehrjährigen Leistungsbezugs der ausgleichspflichtigen Person
– teilweise erheblich sein. Das Familiengericht hat im Rahmen des Versorgungsausgleichs zu entscheiden,
wie der Ausgleichswert zu bestimmen ist. Würde es den Ausgleichswert dabei anhand des bei Ehezeitende vorhandenen
(höheren) Kapitalwerts ermitteln und das Anrecht entsprechend ausgleichen, verbliebe der ausgleichspflichtigen
Person weniger als die Hälfte des noch vorhandenen Kapitalwerts. Denn der Versorgungsträger würde
bei der Berechnung der nach Abzug des familiengerichtlich festgelegten Ausgleichswerts noch geschuldeten Versorgung
auf den verbleibenden Restkapitalwert aufsetzen. Damit würde sich der zwischenzeitliche Rentenbezug
aus dem noch ungekürzten Anrecht allein zu Lasten der ausgleichspflichtigen Person auswirken, indem ihr Anrecht
nicht nur um den ehezeitlichen Ausgleichswert, sondern zusätzlich um den vollen Barwertverlust während
des zwischenzeitlichen Rentenbezuges gekürzt würde (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2016, XII ZB 447/13,
FamRZ 2016, 775).
Drucksache 19/26838 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Nach der Rechtsprechung (BGH, Beschluss vom 17. Februar 2016, XII ZB 447/13 a. a. O.; Beschluss vom
24. August 2016, XII ZB 84/13, a. a. O.; Beschluss vom 7. März 2018, XII ZB 408/14, a. a. O.; Beschluss vom
1. August 2018, XII ZB 159/18, a. a. O.; Beschluss vom 21. November 2018, XII ZB 315/18, a. a. O.) ist der
Ausgleich daher in diesen Fällen grundsätzlich auf Basis des noch vorhandenen (Rest-)Kapitalwerts als Ausgleichswert
zeitnah zur Entscheidung über den Versorgungsausgleich oder vorausschauend auf den Zeitpunkt der
mutmaßlichen Rechtskraft vorzunehmen. Zugleich ist zu prüfen, ob die Teilung auf der Grundlage des noch vorhandenen
Kapitalwerts zu einer Beeinträchtigung des Halbteilungsgrundsatzes zulasten der ausgleichsberechtigten
Person führt. Dies kann beispielweise der Fall sein, wenn sich die an die ausgleichspflichtige Person ausgezahlten
Leistungen nicht (etwa über einen Unterhaltsanspruch) auch zugunsten der ausgleichsberechtigten Person
ausgewirkt haben. In diesen Fällen bietet das geltende Recht folgende Korrekturmöglichkeiten: Sind Anrechte
der ausgleichsberechtigten Person vorhanden, die in die Gegenrichtung auszugleichen wären, können diese im
Einzelfall nach § 27 ganz oder teilweise vom Versorgungsausgleich ausgenommen werden. Die Ehegatten können
zudem eine Vereinbarung schließen und sich beispielsweise darauf einigen, das betroffene Anrecht Ausgleichsansprüchen
nach der Scheidung vorzubehalten. Dies setzt allerdings einen entsprechenden übereinstimmenden
Willen voraus.
Damit sind Konstellationen denkbar, in denen keine aus Sicht der ausgleichsberechtigten Person vollständig befriedigende
Lösung gefunden werden kann. Künftig soll der ausgleichsberechtigten Person daher folgende Wahlmöglichkeit
eröffnet werden: Sie kann den Wertausgleich bei der Scheidung auf der Grundlage der oben dargestellten
Rechtslage akzeptieren. Dann erhält sie ein zwar gekürztes, aber eigenständiges Anrecht, dessen weitere
Entwicklung von der ausgleichspflichtigen Person unabhängig ist. Sie kann sich aber auch dafür entscheiden, dass
das betreffende Anrecht vom Wertausgleich bei der Scheidung ausgenommen wird und Ausgleichsansprüchen
nach der Scheidung (§§ 20 ff.) vorbehalten bleibt. Letztere Lösung ist für die hier in Rede stehenden Fälle der
Teilung laufender Versorgungen aus versicherungsmathematischer Sicht als am ehesten geeignete Ausgleichsform
bezeichnet worden (vergleiche Meindl/Tausch BetrAV 2012, 11). Die dann von der ausgleichspflichtigen
Person grundsätzlich zu leistende schuldrechtliche Ausgleichsrente bemisst sich nach dem – durch den Leistungsbezug
nicht veränderten – Rentenbetrag, so dass ein Interesse der ausgleichsberechtigten Person bestehen kann,
das Wahlrecht auszuüben. Für den Ausgleichspflichtigen entsteht dadurch keine höhere Belastung.
Die Einführung der Wahlmöglichkeit steht nicht im Widerspruch zu dem Ziel der Strukturreform, Ausgleichsansprüche
nach der Scheidung zurückzudrängen. Gründe hierfür waren vor allem die Nachteile des schuldrechtlichen
Versorgungsausgleichs für die ausgleichsberechtigte Person: Anders als beim Wertausgleich bei der Scheidung
wird der Versorgungsausgleich nicht abschließend bei der Scheidung durchgeführt und die ausgleichsberechtigte
Person nicht unabhängig von ihrem früheren Partner eigenständig versorgt (vergleiche insbesondere
Bundestagsdrucksache 16/10144, S. 35). Die ausgleichsberechtigte Person kann ihre schuldrechtlichen Ansprüche
grundsätzlich erst mit Erreichen des Rentenalters geltend machen. Sie muss damit gegebenenfalls Jahrzehnte
nach der Scheidung wieder (möglicherweise emotional belastenden) Kontakt zu der ausgleichspflichtigen Person
aufnehmen und in eine Leistungsbeziehung zu dieser treten. Der letztere Punkt tritt allerdings bei der hier in Rede
stehenden Konstellation häufig in den Hintergrund. Denn da die ausgleichspflichtige Person bereits eine laufende
Versorgung bezieht, ist davon auszugehen, dass in den meisten Fällen auch die ausgleichsberechtigte Person in
einem absehbaren Zeitraum die Voraussetzungen für den Leistungsbezug erfüllt. Sie kann daher im Regelfall ihre
schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche nicht erst nach einem langen Zeitraum, sondern zeitnah nach der Scheidung
gegenüber der ausgleichspflichtigen Person geltend machen oder sogar bereits bei der Scheidung, sofern sie
ebenfalls bereits die Regelaltersgrenze erreicht hat oder eine eigene laufende Versorgung bezieht.
Der weitere Nachteil, dass die ausgleichsberechtigte Person kein eigenständiges Anrecht gegenüber dem Versorgungsträger
erwirbt, wird im Rahmen der Entscheidung über das Wahlrecht Berücksichtigung finden. Der ausgleichsberechtigten
Person steht es frei, die Option als Ergebnis ihrer Abwägung nicht auszuüben. Für ihre Entscheidung
wird ebenfalls von Belang sein, dass die neue Fallgruppe der fehlenden Ausgleichsreife zugunsten der
ausgleichsberechtigten Person nicht in den Ausschlusstatbestand des § 25 Absatz 2 aufgenommen werden soll.
Dies bedeutet, dass eine ausgleichsberechtigte Person, die von ihrem Wahlrecht Gebrauch macht und sich für
einen schuldrechtlichen Ausgleich entscheidet, nach dem Tod der ausgleichspflichtigen Person einen Anspruch
gegen den Versorgungsträger auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung haben kann, sofern das Anrecht
einen entsprechenden Schutz beinhaltet. Die Frage, ob eine Hinterbliebenenversorgung vorgesehen ist, wird damit
regelmäßig ein weiterer Aspekt sein, den die ausgleichsberechtigte Person in die Entscheidung über die Ausübung
des Wahlrechts einfließen lassen wird.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/26838
Die vorgeschlagene Wahlmöglichkeit vermeidet insgesamt eine schematische Lösung, wie sie etwa ein zwingender
Verweis auf Ausgleichsansprüche nach der Scheidung bedeuten würde. Es bleibt beim grundsätzlichen Vorrang
des Wertausgleichs bei der Scheidung nicht nur für die Anwartschafts-, sondern auch für die Leistungsphase.
Die ausgleichsberechtigte Person kann – gegebenenfalls nach fachkundiger Beratung – die für sie im Einzelfall
sachgerechte Entscheidung treffen. Dabei kann es durchaus in ihrem Interesse liegen, dass das Anrecht auf der
Grundlage des verringerten Kapitalwerts im Wertausgleich bei der Scheidung ausgeglichen wird. Neben der bereits
erwähnten Frage, ob das Anrecht eine Hinterbliebenenversorgung beinhaltet, sollte die ausgleichsberechtigte
Person im Rahmen ihrer Abwägung noch weitere Umstände, wie etwa den Umfang der eingetretenen Barwertminderung,
berücksichtigen. Ist nur eine geringe Barwertminderung eingetreten, weil die ausgleichspflichtige
Person beispielsweise erst kurze Zeit Leistungen aus dem auszugleichenden Anrecht bezieht, wird dies eher für
einen Wertausgleich bei der Scheidung sprechen. Gleiches gilt, wenn die auszugleichende Versorgung eine Wiederverheiratungsklausel
beinhaltet, die Versorgungsansprüche des Hinterbliebenen bei Eingehung einer neuen
Ehe versagt, und die ausgleichsberechtigte Person eine solche Eheschließung beabsichtigt oder jedenfalls nicht
ausschließen kann. Auch das Alter der ausgleichsberechtigten Person und ihr Altersunterschied zur ausgleichspflichtigen
Person können angesichts der dynamischen Entwicklung des Kapitalwerts eine entscheidende Rolle
spielen.
Das Wahlrecht setzt voraus, dass für den Ausgleich ein Ausgleichswert zugrunde gelegt werden soll, der (auch)
aufgrund des laufenden Leistungsbezugs vom Ausgleichswert zum Ehezeitende abweicht. Der Anwendungsbereich
des Wahlrechts wird dabei nicht darauf verengt, dass sich der Ausgleichswert nach dem Ende der Ehezeit
tatsächlich betragsmäßig verringert hat. Denn ist nach der Rechtsprechung auf einen entscheidungsnahen Zeitpunkt
beziehungsweise den voraussichtlichen Zeitpunkt der Rechtskraft abzustellen, sind alle für die versicherungsmathematische
Barwertermittlung maßgeblichen Größen auf den gewählten Stichtag mit den dann gültigen
Rechnungsgrundlagen zu beziehen (vergleiche BGH, Beschluss vom 24. August 2016, XII ZB 84/13, a. a. O.).
Ist beispielsweise der für die Abzinsung maßgebliche Zinssatz nach dem Ende der Ehezeit gesunken, kann der
versicherungsmathematische Barwert zum Entscheidungs- oder Rechtskraftzeitpunkt daher trotz des Leistungsbezugs
sogar höher sein als zum Stichtag Ehezeitende. Dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die ausgleichsberechtigte
Person hieraus auch einen höheren Versorgungsanspruch ableiten könnte. Daher kann auch in diesen
Fällen ein Bedürfnis dafür bestehen, Ausgleichsansprüche nach der Scheidung zu wählen.
Sollte die ausgleichsberechtigte Person – aus welchen Gründen auch immer – von der Option eines schuldrechtlichen
Ausgleichs keinen Gebrauch machen, hat der Wertausgleich bei der Scheidung auf der Grundlage der oben
dargestellten Rechtslage zu erfolgen. Das Wahlrecht verschafft der ausgleichsberechtigten Person eine zusätzliche
Möglichkeit für den Ausgleich einer laufenden Versorgung, ohne ihr die bisherigen Lösungsmöglichkeiten (insbesondere
durch eine Anwendung des § 27 VersAusglG beim Vorhandensein eigener Anrechte) zu verwehren.
Zu Nummer 3 (§ 30)
§ 30 schützt den Versorgungsträger vor einer doppelten Inanspruchnahme, wenn er nach einer rechtskräftigen
Entscheidung über den Versorgungsausgleich nicht mehr nur gegenüber der bisher berechtigten Person, sondern
ebenfalls gegenüber der nunmehr auch berechtigten Person zur Leistung verpflichtet ist (vergleiche Bundestagsdrucksache
16/10144, S. 70). Ein Versorgungsträger, der innerhalb einer bisher bestehenden Leistungspflicht an
die bisher berechtigte Person leistet, wird während einer Übergangszeit von der Leistungspflicht gegenüber der
nunmehr auch berechtigten Person befreit. Dies gilt sowohl für erstmalige Entscheidungen über den Versorgungsausgleich
als auch für Abänderungsentscheidungen.
Aus der Praxis sind Unsicherheiten bei der Anwendung des § 30 bekannt geworden, insbesondere im Zusammenhang
mit der Abänderung von Versorgungsausgleichsentscheidungen, die auf der Grundlage des vor Inkrafttreten
der Strukturreform geltenden Rechts ergangen sind. Die Abänderung erfolgt hier nach § 51 im Wege einer sogenannten
Totalrevision, bei der die Anrechte erstmalig nach dem seit der Strukturreform geltenden Versorgungsausgleichsrecht
geteilt werden. Dabei kann ein Anrecht, das nach früherem Recht über die gesetzliche Rentenversicherung
ausgeglichen worden ist (Quasisplitting), nunmehr intern zu teilen sein. Dies betrifft vor allem Anrechte
aus der Bundesbeamtenversorgung. In solchen Fällen hat der Träger der Beamtenversorgung aufgrund der Ausgangsentscheidung
gekürzte Leistungen an die ausgleichspflichtige Person und, auf der Grundlage von § 225
SGB VI, zugleich Erstattungsleistungen an die unmittelbar gegenüber der ausgleichsberechtigten Person leistungspflichtige
gesetzliche Rentenversicherung erbracht. Infolge der in der Abänderungsentscheidung nach § 51
Drucksache 19/26838 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
ausgesprochenen internen Teilung wird der Träger der Beamtenversorgung erstmals gegenüber der ausgleichsberechtigten
Person unmittelbar leistungspflichtig, während die Leistungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung
gegenüber der ausgleichsberechtigten Person entfällt. Im Regelfall ändert sich zugleich die betragsmäßige
Leistungspflicht des Trägers der Beamtenversorgung gegenüber der ausgleichspflichtigen Person, während sich
die neue Leistungspflicht gegenüber der ausgleichsberechtigten Person und die Änderung des Kürzungsbetrags
häufig betragsmäßig nicht genau entsprechen.
In derartigen Fällen kann sich der Träger der Beamtenversorgung gegenüber der ausgleichsberechtigten Person
hinsichtlich seiner Erstattungsleistungen an die gesetzliche Rentenversicherung nicht auf § 30 berufen. Denn Leistungen,
die ein Versorgungsträger aufgrund einer Erstattungspflicht an einen anderen Versorgungsträger erbracht
hat, werden vom Anwendungsbereich des § 30, der eine Leistungspflicht des Versorgungsträgers gegenüber beiden
Ehegatten („bisher berechtigte Person“ und „nunmehr auch berechtigte Person“) voraussetzt, nicht erfasst
(vergleiche BVerwG, Beschluss vom 26. Juni 2017, 10 B 25.16, FamRZ 2017, 1566). Eine solche Erstattungspflicht
betrifft das Verhältnis der Versorgungsträger untereinander, ohne dass hieraus nachteilige Rechtsfolgen
zulasten der ausgleichsberechtigten Person abgeleitet werden könnten.
Ebenfalls nicht erfasst werden von § 30 Leistungen, die die gesetzliche Rentenversicherung aufgrund der Ausgangsentscheidung
an die ausgleichsberechtigte Person erbracht hat, da es insoweit an dem erforderlichen Gläubigerwechsel
in Bezug auf das auszugleichende Anrecht fehlt. Die gesetzliche Rentenversicherung kann vielmehr
die während der Übergangszeit geleisteten Zahlungen von der ausgleichsberechtigten Person zurückfordern (vergleiche
§ 101 Absatz 3 Satz 3 SGB VI) und ist ihrerseits einem Rückforderungsanspruch des Trägers der Beamtenversorgung
hinsichtlich bereits erbrachter Erstattungsleistungen ausgesetzt.
Soweit sich allerdings aufgrund einer Erst- oder Abänderungsentscheidung die Leistungspflicht eines Versorgungsträgers
in Bezug auf ein Anrecht gegenüber den Ehegatten ändert – wie im Beispielsfall beim Träger der
Beamtenversorgung, der infolge der Abänderung nicht mehr nur gegenüber der ausgleichspflichtigen Person, sondern
nunmehr auch unmittelbar gegenüber der ausgleichsberechtigten Person zur Leistung verpflichtet ist – kann
der für § 30 erforderliche Gläubigerwechsel vorliegen. Dabei ist auf der Grundlage der geltenden Fassung des
§ 30 umstritten, inwieweit sich der Versorgungsträger gegenüber der nunmehr auch berechtigten (ausgleichsberechtigten)
Person wegen seiner innerhalb der bisher bestehenden Leistungspflicht an die bisher berechtigte (ausgleichspflichtige)
Person erbrachten Zahlungen auf die Befreiungswirkung des § 30 berufen kann (vergleiche
einerseits etwa VG Regensburg, Urteil vom 7. August 2014, RN 5 K 13.643, FamRZ 2015, 414; VG München,
Urteil vom 5. Januar 2017, M 21 K 14.3864, juris; andererseits, VG Lüneburg, Urteil vom 28. Juni 2017,
5 A 181/15, juris).
Zur Verdeutlichung der Problematik soll folgendes (vereinfachtes) Beispiel dienen: Aufgrund eines nach früherem
Recht erfolgten Quasisplittings wurden die Versorgungsbezüge der ausgleichspflichtigen Person um monatlich
500 Euro gekürzt. Infolge einer gemäß § 51 durchgeführten Totalrevision mit nunmehr interner Teilung des
Anrechts hat die ausgleichsberechtigte Person ab dem in § 226 Absatz 4 FamFG bezeichneten Zeitpunkt unmittelbar
gegen den Versorgungsträger der ausgleichspflichtigen Person einen monatlichen Zahlungsanspruch in
Höhe von 525 Euro. Der monatliche Kürzungsbetrag bei der ausgleichspflichtigen Person erhöht sich auf
525 Euro. Könnte sich der Versorgungsträger über § 30 gegenüber der ausgleichsberechtigten Person auf eine
vollständige Leistungsbefreiung berufen, weil er in der Übergangszeit Zahlungen an die ausgleichspflichtige Person
erbracht hat, ohne dass es auf die Höhe ankäme, wäre ausgleichsberechtigte Person vollumfänglich auf bereicherungsrechtliche
Ansprüche gegen die ausgleichspflichtige Person verwiesen (vergleiche § 30 Absatz 3). Diese
bestehen aber grundsätzlich nur in der Höhe, in der die Versorgungsbezüge der ausgleichspflichtigen Person in
zu geringer Höhe gekürzt wurden (im Beispiel: 25 Euro). Beschränkt man § 30 demgegenüber auf den Betrag,
den der Versorgungsträger in der Übergangszeit an die ausgleichspflichtige Person mit Blick auf die Abänderungsentscheidung
zu viel gezahlt hat, könnte sich der Versorgungsträger im Beispiel lediglich in Höhe von
25 Euro auf eine Leistungsbefreiung berufen. Dies entspricht dem Umfang des Bereicherungsanspruchs gegen
die ausgleichspflichtige Person. Den Restbetrag von 500 Euro müsste der Versorgungsträger der ausgleichsberechtigten
Person auszahlen, so dass ihr kein Fehlbetrag verbliebe.
Vor diesem Hintergrund wird vorgeschlagen, die Befreiungswirkung des § 30 gegenüber der ausgleichsberechtigten
Person ausdrücklich betragsmäßig auf die Höhe zu beschränken, in welcher während der Übergangszeit
auch tatsächlich an die bisher berechtigte Person eine nach der Versorgungsausgleichsentscheidung gegenüber
der nunmehr berechtigten Person geschuldete Leistung erbracht worden ist. Nur im Umfang dieser Überzahlung
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/26838
kommen auch bereicherungsrechtliche Ansprüche zwischen der nunmehr auch berechtigten (ausgleichsberechtigten)
Person und der bisher berechtigten (ausgleichspflichtigen) Person in Betracht. Und nur insoweit droht dem
Versorgungsträger eine doppelte Inanspruchnahme, die die Vorschrift des § 30 ihrem Sinn und Zweck nach vermeiden
will (Bundestagsdrucksache 16/10144, S. 70). Würde dagegen jede Zahlung an die ausgleichspflichtige
Person unabhängig von ihrer Höhe während der Übergangszeit zu einer vollständigen Leistungsbefreiung des
Versorgungsträgers gegenüber der ausgleichsberechtigten Person führen, verbliebe regelmäßig ein Fehlbetrag,
den die der ausgleichsberechtigten Person weder vom Versorgungsträger noch von der ausgleichspflichtigen Person
beanspruchen könnte.
Zu Artikel 2 (Änderung des FamFG)
Zu Nummer 1 (§ 114)
Es handelt sich um eine Folgeänderung zu der unter Artikel 1 Nummer 2 vorgesehenen Einführung eines Wahlrechts
für den Sonderfall der Teilung laufender Versorgungen. Durch die Änderung wird klargestellt, dass auch
die Ausübung dieses Wahlrechts nicht dem Anwaltszwang unterliegt. Dies erscheint sachgerecht, weil es der
ausgleichsberechtigten Person überlassen bleiben soll, in welcher Form sie erforderlichenfalls fachkundigen Rat
einholt. Die Ausübung des Wahlrechts kann von spezifisch rentenrechtlichen Fragen abhängen, für deren Beantwortung
auch fachkundige Personen außerhalb der Anwaltschaft zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund
sollen auch nicht anwaltlich vertretene Beteiligte das Wahlrecht ausüben können.
Zu Nummer 2 (§ 222)
Es handelt sich um eine Folgeänderung zu der unter Artikel 1 Nummer 2 vorgesehenen Einführung eines Wahlrechts
für den Sonderfall der Teilung laufender Versorgungen. Durch die Änderung wird klargestellt, dass das
Gericht auch für die Ausübung dieses Wahlrechts eine Frist setzen kann. So wird ein Gleichlauf mit dem Wahlrecht
nach § 15 Absatz 1 VersAusglG erreicht. Das Gericht kann damit sicherstellen, dass das Verfahren weiter
vorangebracht wird. Eine gerichtliche Fristsetzung verdeutlicht der ausgleichsberechtigten Person zugleich, dass
ihr ein entsprechendes Wahlrecht zusteht.
Zu Nummer 3 (§ 226)
Eine Abänderung nach den §§ 225, 226 kann gemäß § 226 Absatz 2 frühestens sechs Monate vor dem Zeitpunkt
des voraussichtlichen Leistungsbeginns beantragt werden. Ziel ist es, alle bis zum Leistungsfall eingetretenen
Änderungen in einem Verfahren gebündelt berücksichtigen zu können. Zugleich soll die Abänderungsentscheidung
möglichst schon bei der Festsetzung der Versorgung berücksichtigt werden können und kein längerer Zeitraum
vergehen, in dem die ausgleichsberechtigte Person bereits eine Versorgung bezieht, ohne dass die Abänderung
bereits zu ihren Gunsten wirksam wurde (Bundestagsdrucksache 16/10144, S. 98, unter Verweis auch auf
S. 88). § 226 Absatz 2 betrifft über den Verweis in § 52 Absatz 1 VersAusglG auch Abänderungsverfahren nach
§ 51 VersAusglG.
Die aus der Praxis mitgeteilten Erfahrungen geben Anlass, den frühestmöglichen Antragszeitpunkt weiter vorzuverlegen,
damit auch in komplexeren Fällen mit längerer Verfahrensdauer die Abänderung noch vor dem Leistungsbeginn
und nicht erst im Leistungsstadium erfolgen kann. Dies vermeidet zugleich Rückabwicklungsprobleme,
die sich etwa auf der Grundlage von § 30 VersAusglG bei einer erst nach dem Eintritt des Leistungsfalls
erfolgenden Abänderung stellen können. Abänderungen nach § 51 VersAusglG können zudem Anrechte erfassen,
bei denen sich ein laufender Versorgungsbezug der ausgleichspflichtigen Person auf den Ausgleichswert auswirken
kann (vergleiche Artikel 1 Nummer 2).
Vor diesem Hintergrund soll der frühestmögliche Zeitpunkt der Antragstellung auf zwölf Monate vor dem voraussichtlichen
Leistungsbeginn vorverlegt werden.
Zu Artikel 3 (Änderung des § 187 SGB VI)
Mit der Ergänzung wird nachvollzogen, dass Abfindungen nach § 23 VersAusglG in die gesetzliche Rentenversicherung
als Zielversorgung eingezahlt werden können. Durch solche Einzahlungen können sowohl neue Anrechte
begründet als auch bereits bestehende Anrechte der ausgleichsberechtigten Person in der gesetzlichen Rentenversicherung
ausgebaut werden. Die aus den Abfindungszahlungen resultierenden Entgeltpunkte sollen gemäß
Absatz 3a nach den Rechengrößen ermittelt werden, die zum Zeitpunkt der Zahlung gelten. Ausnahmebestim-
Drucksache 19/26838 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
mungen sind dabei nicht vorgesehen, insbesondere auch nicht mit Rücksicht auf mögliche Ratenzahlungsvereinbarungen.
Ebenfalls gilt Absatz 4, das heißt Einzahlungen sind nach bindender Bewilligung einer Vollrente nur
bis zum Ablauf des Monats des Erreichens der Regelaltersgrenze zulässig.
Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die Frist soll allen Beteiligten die Möglichkeit geben, sich
während einer festen Übergangszeit von (rund) drei Monaten auf die Änderungen einzustellen. Dies wäre bei
einem Inkrafttreten zu einem Quartalsanfang nicht (stets) gewährleistet.
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333