Deutscher Bundestag Drucksache 19/26984
19. Wahlperiode 24.02.2021
Änderungsantrag
der Abgeordneten Sven Lehmann, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Markus
Kurth, Beate Müller-Gemmeke, Corinna Rüffer, Ekin Deligöz, Sven-Christian
Kindler, Claudia Müller, Lisa Paus, Stefan Schmidt, Dr. Janosch Dahmen, Kai
Gehring, Britta Haßelmann, Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Ulle Schauws,
Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Kordula Schulz-Asche, Margit Stumpp,
Beate Walter-Rosenheimer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
– Drucksachen 19/26542, 19/26967 –
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung einer Einmalzahlung der
Grundsicherungssysteme an erwachsene Leistungsberechtigte
und zur Verlängerung des erleichterten Zugangs zu sozialer
Sicherung und zur Änderung des Sozialdienstleister-Einsatzgesetzes
aus Anlass der COVID-19-Pandemie
(Sozialschutz-Paket III)
Der Bundestag wolle beschließen:
1. Artikel 1 Nummer 5 wird wie folgt gefasst:
‚5. § 70 wird wie folgt gefasst:
„§ 70
Zahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
Leistungsberechtigte, die im Zeitraum der vom Deutschen Bundestag
festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite im Sinne des § 5
Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld
bezogen haben und/oder beziehen und deren Bedarf sich nach Regelbedarfsstufe
1, 2 oder 3 richtet, erhalten bis zur Aufhebung der Feststellung
nach § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes zum Ausgleich der
mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen,
einen Betrag in Höhe von 100 Euro für jeden Monat des Leistungsbezugs
im genannten Zeitraum. Leistungsberechtigte, deren Bedarf
sich nach Regelbedarfsstufe 4, 5 oder 6 richtet, erhalten 60 Euro für jeden
Monat des Leistungsbezugs im genannten Zeitraum.“ ‘
Drucksache 19/26984 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
2. Artikel 2 Nummer 4 wird wie folgt gefasst:
‚4. Nach § 143 wird folgender § 144 eingefügt:
„§ 144
Zahlung aus Anlass der COVID-19-Pandemie
Leistungsberechtigte, die im Zeitraum der vom Deutschen Bundestag
festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite im Sinne des § 5
Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes Leistungen nach dem Dritten
oder Vierten Kapitel bezogen haben und/oder beziehen und deren Regelsatz
sich nach der Regelbedarfsstufe 1, 2 oder 3 der Anlage zu § 28 ergibt, erhalten
bis zur Aufhebung der Feststellung nach § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes
zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang
stehenden Mehraufwendungen einen Betrag in Höhe von 100
Euro für jeden Monat des Leistungsbezugs im genannten Zeitraum. Leistungsberechtigten,
für die die Regelbedarfsstufe 3 gilt, ist die Leistung nach
Satz 1 zusammen mit dem Barbetrag nach § 27b Absatz 3 oder § 27c Absatz
3 auszuzahlen.“ ‘
3. Artikel 3 Nummer 3 wird wie folgt gefasst:
‚3. Nach § 88c wird folgender § 88d eingefügt:
„§ 88d
Erwachsene Leistungsberechtigte, die im Zeitraum der vom Deutschen
Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite im
Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes Leistungen nach
§ 27a bezogen haben und/oder beziehen, erhalten für sich und ihren Ehegatten
oder Lebenspartner im Sinne des § 25 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 bis zur
Aufhebung der Feststellung nach § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes
zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang
stehenden Mehraufwendungen einen Betrag in Höhe von 100 Euro für
jeden Monat des Leistungsbezugs im genannten Zeitraum. Leistungsberechtigte,
deren Bedarf sich nach Regelbedarfsstufe 4, 5 oder 6 richtet, erhalten
60 Euro für jeden Monat des Leistungsbezugs im genannten Zeitraum.“ ‘
4. Artikel 8 wird wie folgt gefasst:
„Artikel 8
Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. April 2021 in
Kraft.
(2) Artikel 1 Nummer 5, Artikel 2 Nummer 4 und Artikel 3 Nummer 3 treten
rückwirkend zum 25. März 2020 in Kraft.“
Berlin, den 23. Februar 2021
Katrin Göring-Eckardt, Dr. Anton Hofreiter und Fraktion
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/26984
Begründung
Zu 1. bis 3.
Der Regelsatz im System der sozialen Mindestsicherung (SGB II, SGB XII, AsylbLG) hat schon vor der Corona-
Pandemie kaum zum Leben gereicht. Längst haben sich Menschen in der Grundsicherung darauf eingestellt, mit
dem Essensangebot der Tafeln und anderen Hilfen den viel zu niedrigen Regelsatz auszugleichen. Das gilt insbesondere
für ältere Menschen, deren Rente nicht reicht. Mit dem Wegbrechen bestehender Hilfesysteme trifft
sie die Krise besonders hart. Viele Tafeln mussten schließen, Lebensmittel werden teurer und die meisten Kinder
können nicht länger das kostenlose Mittagessen in Kita oder Schule in Anspruch nehmen. Auch andere Leistungen
nach dem Bildungs- und Teilhabepaket fallen weg.
Die Bundesregierung hat sich in der Krise nur ungenügend um Menschen in Armut und sozialen Notlagen gekümmert.
Bereits seit Wochen mahnen Wohlfahrtsverbände und Gewerkschaften schnelles Handeln an und fordern
in einem breiten Bündnis eine temporäre Anhebung der Regelsätze. Die von der Bundesregierung beabsichtigte
Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro für Erwachsene reicht bei Weitem nicht aus, um die pandemiebedingten
Mehrkosten zu decken.
Den monatlichen Corona-Zuschlag erhalten alle Leistungsberechtigten, die Mindestsicherungsleistungen nach
den Gesetzbüchern des SGB II, SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen.
Zu 4.
Die Regelungen treten rückwirkend zur Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite im Sinne
des § 5 Absatz 1 Satz 1 IfSG in Kraft. Zwar ist die rückwirkende Leistungserbringung bei der sozialen Mindestsicherung
grundsätzlich nur in wenigen Ausnahmefällen vorgesehen. Aufgrund der außergewöhnlichen Situation
der Covid-19-Pandemie und der dadurch verursachten Notlage von Menschen in Grundsicherung ist diese rückwirkende
Leistungserbringung aber ausnahmsweise gerechtfertigt.
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ISSN 0722-8333