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Bundesrat Drucksache 10/1/21
E m p f e h l u n g e n
der Ausschüsse
01.02.21
Fz - Wi
zu Punkt … der 1000. Sitzung des Bundesrates am 12. Februar 2021
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU)
2019/2162 des Europäischen Parlaments und des Rates vom
27. November 2019 über die Emission gedeckter
Schuldverschreibungen und die öffentliche Aufsicht über
gedeckte Schuldverschreibungen (CBD-Umsetzungsgesetz)
Der federführende Finanzausschuss und
der Wirtschaftsausschuss
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des
Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob
angesichts der durch die COVID-19-Pandemie noch einmal deutlich
gewordenen Nachteile papierbezogener Prozesse die Gelegenheit genutzt
werden sollte, im Pfandbriefgesetz (PfandBG) rechtliche Hürden zur Nutzung
digitaler Prozesse zu beseitigen. Insbesondere sollte dabei das
Schriftformerfordernis des § 8 Absatz 4 Satz 2 PfandBG für die Zustimmung
des Treuhänders zur Löschung von Werten aus dem Deckungsregister in den
Blick genommen werden.
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ISSN 0720-2946
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Empfehlungen, 10/1/21 - 2 -
Begründung:
Die Digitalisierung ist einer der aktuellen Megatrends in der Finanzwirtschaft.
Sie bietet die Chance, Prozesse – unter Aufrechterhaltung eines hohen
Schutzniveaus – effizienter und schneller zu machen.
Die Kontaktbeschränkungen während der aktuellen COVID-19-Pandemie
haben noch einmal deutlich die Nachteile papierbezogener Prozesse sichtbar
gemacht. Auch Nachhaltigkeitsaspekte sprechen für die Digitalisierung von
Prozessabläufen.
Die Gelegenheit des aktuellen Gesetzgebungsverfahrens sollte genutzt werden,
das Pfandbriefrecht auf Digitalisierungsbedarf zu prüfen und, wo angezeigt,
den Pfandbriefbanken den Übergang zu digitalen Prozessen zu ermöglichen.
Der Bundesrat sieht hierfür zum Beispiel beim Schriftformerfordernis zur
Zustimmung des Treuhänders zur Löschung von Werten aus dem
Deckungsregister in § 8 Absatz 4 Satz 2 PfandBG Spielräume.
Eine solche Überprüfung und Anpassung kann dazu beitragen, den seit langem
bewährten und international als qualitativ hochwertig anerkannten Pfandbrief
auch für das Digitalzeitalter angemessen aufzustellen.
2. Zu Artikel 1 Nummer 12 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa - neu -
(§ 15 Satz 3 Nummer 1, 3 PfandBG)
In Artikel 1 Nummer 12 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:
„a) Satz 3 wird wie folgt geändert:
aa) Der Nummer 1 werden nach den Wörtern „aufzuwendenden
Kosten“ die Wörter „ ; bis zu 2 Prozent hiervon dürfen auf eine
vertraglich vorgesehene Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers
entfallen,“ angefügt.
bb) In Nummer 3 werden … [weiter wie Gesetzentwurf Buchstabe a]“
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Begründung:
- 3 - Empfehlungen, 10/1/21
Im Zusammenhang mit der Versicherungspflicht von Deckungsvermögen stellt
eine Regelung zur Unbeachtlichkeit von geringfügigen Selbstbehalten für den
Versicherungsnehmer eine Vereinfachung dar, die sowohl dem Eigentümer des
beliehenen Bauwerks als auch der Pfandbriefbank zugutekommt. Eigentümer
beliehener Bauwerke können bei Abschluss von Versicherungen von der
Vereinbarung von Selbstbehalten Gebrauch machen und dadurch höhere
Versicherungsprämien vermeiden. Für die Pfandbriefbanken ergibt sich durch
diese Vereinfachung ihrerseits die Ersparnis des Verwaltungsaufwands für die
Berechnung kleinerer Summen und daraus folgenden Veränderungen der
Beleihungsgrenzen in jedem Einzelfall. Der Bundesrat weist in diesem
Zusammenhang auch darauf hin, dass die Vereinbarung von Selbstbehalten bei
Gebäudeversicherungen als marktüblich anzusehen ist und somit eine
Annäherung an die Usancen des Versicherungsmarktes bewirkt werden kann.
Aufgrund der betraglichen Begrenzung der Selbstbeteiligung des
Versicherungsnehmers auf 2 Prozent der für eine Wiederherstellung
erwartungsgemäß aufzuwendenden Kosten wird unter Orientierung an der
sichernden Überdeckung (§ 4 Absatz 1 Satz 1 PfandBG) andererseits der
Schutz für die Pfandbriefgläubiger nur in sehr geringem Maße eingeschränkt.
Der Pfandbriefgläubiger könnte ja ohnehin nur dann betroffen sein, wenn
neben dem Schadenfall am Gebäude gleichzeitig der Kunde der
Pfandbriefbank sowie die Pfandbriefbank selbst insolvent sind. Die
Deckungsmasse mit einem derart geringfügigen und zudem in der Höhe
äußerst begrenzten Risiko zu belasten, ist angesichts der Vorteile für Kunde
und Pfandbriefbank angezeigt.
3. Zu Artikel 2 Nummer 4 Buchstabe b (§ 4 Absatz 1a Satz 1 PfandBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob
entgegen der bisherigen Fassung des § 4 Absatz 1a Satz 1 PfandBG die
Berechnungsweise dahingehend geändert werden kann, dass bei den
Darlehensforderungen bei der Liquiditätsberechnung der nächsten 180 Tage
künftig auf die Zinsbindungsfristen der erwarteten Zahlungseingänge abgestellt
wird.
Begründung:
Die mit der Gesetzesnovelle vom 20. März 2009 eingefügte Vorschrift soll die
kurzfristige Liquidität der Pfandbriefbank sicherstellen. Eine besondere
Bedeutung dürften der Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität und dem 180-
Tage-Liquiditätspuffer insbesondere in denjenigen Fällen zukommen, dass im
Falle der Insolvenz einer Pfandbriefbank ein Sachwalter eingesetzt wird.
Gerade in diesen Fällen stellt sich indes die Frage, ob ein Kreditnehmer nach
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Empfehlungen, 10/1/21 - 4 -
Ablauf der Zinsbindungsfrist im Regelfall statt einer Verlängerung seines
Darlehens mit dem Sachwalter nicht eher auf ein anderes Kreditinstitut für die
Prolongation seines Darlehens zugehen würde. Neben den insolvenzbedingten
Unsicherheiten aus Sicht des Darlehensnehmers werden hierfür in vielen Fällen
auch die besseren Möglichkeiten anderer Kreditinstitute gegenüber dem
Sachwalter sprechen, attraktivere Konditionen anzubieten. Formal spricht für
die Zugrundelegung der Zinsbindungsfristen zudem, dass auch in den
Transparenzangaben nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 PfandBG-E auf die
Zinsbindungsfristen der entsprechenden Deckungswerte abgestellt wird.
4. Zu Artikel 2 Nummer 13 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa
(§ 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 PfandBG)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die in
§ 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 vorgesehene Informationspflicht über die
Auswirkungen einer derartigen Fälligkeitsverschiebung auf die
Laufzeitenstruktur der Pfandbriefe erforderlich und angemessen ist.
Begründung:
Die Transparenzvorgaben des § 28 PfandBG dienen der Information der
Investoren und ermöglichen ihnen einen Vergleich der Deckungsmassen
unterschiedlicher Pfandbriefbanken.
Nach der im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderung des § 30 PfandBG hat der
im Falle einer Insolvenz der Pfandbriefbank bestellte Sachwalter der
Deckungsmasse künftig zur Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit der
insolvenzfreien Deckungsmasse die Möglichkeit, die Fälligkeiten von Zinsund
Tilgungszahlungen aus den Pfandbriefen zu verschieben.
Die Investoren müssen über diese Möglichkeit informiert sein, um ihnen die
Bestimmung des mit einem Pfandbrief verbundenen Risikos zu ermöglichen.
Insofern ist eine Ergänzung des notwendigen Inhalts der Veröffentlichungen
erforderlich.
Die Richtlinie (EU) 2019/2162 („Covered-Bonds-Richtlinie“) sieht hierzu in
ihren Artikeln 14 Absatz 2 Buchstabe e und 17 Absatz 1 Buchstabe c
Informationspflichten vor. Die Richtlinie ordnet allerdings keine
Informationspflichten im Hinblick auf die Auswirkungen einer derartigen
Fälligkeitsverschiebung auf die Laufzeitenstruktur der im Umlauf befindlichen
Pfandbriefe an. Demgegenüber verpflichtet § 28 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5
PfandBG-E zu einer solchen Darstellung der Auswirkungen.
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- 5 - Empfehlungen, 10/1/21
Unabhängig von einer insoweit überschießenden Umsetzung der Richtlinie und
dem damit verbundenen Aufwand für die Pfandbriefbanken tragen
dahingehende Informationen in den Quartalsberichten nicht zu einer
zielführenden Information des Anlegers bei. Daher kann sich eine derartige
Informationspflicht auch nicht aus dem allgemeinen Gebot zur adäquaten
Risikoinformation in Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe c Satz 1 der Richtlinie
ergeben.
Vor Eintritt der Insolvenz und der dieser zugrundeliegenden konkreten
Situation können weder der notwendige Umfang einer Fälligkeitsverschiebung
noch die exakten Möglichkeiten und letztendlichen Entscheidungen des
Sachwalters prognostiziert werden. Damit würden sich die Darstellungen zu
den Auswirkungen einer Fälligkeitsverschiebung auf die Laufzeitenstruktur in
sehr theoretischen, umfangreichen und äußerst komplexen Darstellungen
verlieren. Der Investor könnte hieraus keinen Erkenntnisgewinn zum konkreten
Risiko seiner Anlage ziehen.
Zudem sieht der Gesetzentwurf in § 6 Absatz 1 Satz 2 PfandBG-E – welcher
der Umsetzung von Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe b der Richtlinie dient – für
die Emissionsbedingungen lediglich Informationen für die Auslöser einer
Fälligkeitsverschiebung vor. Auch um eine Angleichung mit dieser Regelung
zu erzielen, sollte auf die Darstellung der Auswirkungen der
Fälligkeitsverschiebung auf die Laufzeitenstruktur in § 28 Absatz 1 Satz 1
Nummer 5 PfandBG-E verzichtet werden.