AIS
(bei Annahme
entfällt
Ziffer 2)
Bundesrat Drucksache 249/1/21
E m p f e h l u n g e n
der Ausschüsse
23.04.21
In - AIS
zu Punkt … der 1004. Sitzung des Bundesrates am 7. Mai 2021
Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des
Staatsangehörigkeitsgesetzes
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Ausschuss
für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS)
empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des
Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a0 – neu – (§ 4 Absatz 3 Satz 1 StAG)
Dem Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a ist folgender Buchstabe voranzustellen:
‚a0) Absatz 3 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Durch die Geburt im Inland erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die
deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit sechs Jahren
rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat und im Besitz
1. eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2
bis 4 und Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes,
2. eines Aufenthaltsrechts nach dem Abkommen vom 21. Juni 1999
zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits
über die Freizügigkeit,
3. eines Aufenthaltsrechts nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU oder
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 2 -
4. eines Aufenthaltsrechts nach dem Abkommen über den Austritt des
Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen
Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom
17. Oktober 2019 ,
ist.“ ‘
Begründung:
§ 4 Absatz 3 Satz 1 StAG sieht bisher zwei Voraussetzungen vor: Ein Elternteil
muss einen rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland seit acht Jahren
und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht haben.
Aktuell werden solche Kinder von § 4 Absatz 3 Satz 1 StAG nicht erfasst, deren
Eltern bisher kein unbefristetes Aufenthaltsrecht erworben haben. Das
Nichtbestehen eines unbefristeten Aufenthaltsrechts liegt in der Regel an der
Nichterfüllung wirtschaftlicher Voraussetzungen oder der nicht ausreichenden
Mindestaufenthaltsdauer. In der Konsequenz werden Kinder aus sozial und
wirtschaftlich schwächeren Familien bei dem Erwerb der Staatsangehörigkeit
durch Geburt benachteiligt. Die vorgeschlagene Änderung in § 4 Absatz 3
Satz 1 StAG sieht vor, dass fortan auf das Bestehen eines rechtmäßigen Aufenthaltes
und auf den Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer Freizügigkeitsberechtigung
zum Zeitpunkt der Geburt abgestellt wird.
Daneben werden aktuell Kinder von ausländischen Eltern nicht erfasst, die die
nötige Mindestaufenthaltsdauer von acht Jahren nicht erfüllen. Die bisher festgelegten
acht Jahre erscheinen dabei nicht angemessen. Dies ergibt sich bereits
aus der Begründung des Gesetzgebers zu dem im Jahre 1999 eingeführten Iussoli-Prinzip.
Seinerzeit wurde in der Begründung zum Gesetzentwurf maßgeblich
darauf abgestellt, dass den hier aufwachsenden Kindern der Erwerb der
Staatsangehörigkeit ermöglicht werden sollte (BT-Drucksache 14/533). Auf die
aufenthaltsrechtliche Stellung der Eltern wurde bei der Begründung allein deshalb
abgestellt, um die Prognose des Aufwachsens in Deutschland zu begründen.
Mit dem Änderungsvorschlag wird daher das Ziel verfolgt, alle Kinder, die aller
Voraussicht nach in Deutschland aufwachsen werden, zu erfassen. Von einem
vorübergehenden Aufenthalt der Eltern, etwa aus Ausbildungsgründen
oder zu beruflichen Zwecken, wurde beispielsweise in Bremen im Rahmen der
Überlegungen zur Ausweitung des Wahlrechts dann nicht mehr ausgegangen,
wenn sich eine Person fünf Jahre in Bremen aufgehalten hat (vergleiche den
Entwurf zu § 49 Absatz 1 des Bremischen Wahlgesetzes, Anlage 6 zu Landtags-Drucksache
18/731 vom 16. Januar 2013). Es wurde vielmehr zugrunde
gelegt, dass sich Personen ab einem Aufenthalt von fünf Jahren soweit integriert
haben, dass ihnen das Wahlrecht auf kommunaler Ebene zustehen sollte.
Entsprechende Überlegungen sollten auch bei den Anforderungen im Rahmen
des Erwerbs der Staatsangehörigkeit durch Geburt auf der Grundlage des § 4
Absatz 3 Satz 1 StAG angelegt werden. Um aufenthaltsrechtliche Folgewir-
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AIS
- 3 - Empfehlungen, 249/1/21
kungen insbesondere im Bereich der Aufenthaltstitel zum Zwecke der Ausbildung
und des Studiums hinreichend zu berücksichtigen, ist ein Herabsetzen der
Mindestaufenthaltsgrenze auf sechs Jahre angemessen. Aufenthaltszeiten der
Eltern ohne Aufenthaltstitel (insbesondere Zeiten mit einer Duldung) werden
ohnehin nicht angerechnet.
Die vorgeschlagene Änderung des § 4 Absatz 3 Satz 1 StAG sieht daher vor,
dass fortan ein Elternteil seit sechs Jahren seinen rechtmäßigen gewöhnlichen
Aufenthalt im Inland haben muss. Die bisher vorgesehene Mindestaufenthaltszeit
wird damit auf sechs Jahre verkürzt und die Voraussetzung, dass ein Elternteil
ein unbefristetes Aufenthaltsrecht innehaben muss, wird dahingehend
abgeändert, dass nunmehr ein Elternteil im Besitz eines Aufenthaltstitels im
Sinne des § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 bis 4 und Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes
sein muss oder über ein Aufenthaltsrecht nach dem Abkommen vom
21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten
einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über
die Freizügigkeit, nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU oder dem Austrittsabkommens
zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU verfügt.
2. Hilfsempfehlung zu Ziffer 1:
Zu Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a0 – neu – (§ 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1
StAG)
Dem Artikel 1 Nummer 2 Buchstabe a ist folgender Buchstabe voranzustellen:
‚a0) In Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 wird das Wort „acht“ durch das Wort „sechs“
ersetzt.
Begründung:
Der Änderungsvorschlag verfolgt das Ziel, den Verschärfungen des Staatsangehörigkeitsrechts
durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts
und den nun geplanten Änderungen auch eine Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts
gegenüber zu stellen, die der Tatsache Rechnung trägt,
dass die Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland ist, welches attraktive
Bedingungen bieten und gut integrierte Einwanderer durch Anreize in
Bezug auf einen erleichterten Staatsangehörigkeitserwerb an sich binden sollte.
Nach § 4 Absatz 3 StAG erwirbt ein Kind ausländischer Eltern die deutsche
Staatsangehörigkeit durch Geburt im Inland, wenn ein Elternteil
� seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat
und
� ein unbefristetes Aufenthaltsrecht oder als Staatsangehöriger der Schweiz
oder dessen Familienangehöriger eine Aufenthaltserlaubnis auf Grund des
Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Europäischen Gemeinschaft
und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft
andererseits über die Freizügigkeit (BGBl. 2001 II Seite 810) besitzt.
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Empfehlungen, 249/1/21 - 4 -
Ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht muss die Integrationsleistungen der in
der Bundesrepublik Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländer stärker
als bisher berücksichtigen und entsprechend wertend anerkennen. Dies gilt
für gut integrierte und langjährig rechtmäßig in der Bundesrepublik Deutschland
lebende Ausländerinnen und Ausländer, muss aber umso mehr für die in
der Bundesrepublik Deutschland geborenen Kinder dieser Personengruppe gelten.
Als Kinder gut integrierter Eltern haben diese gute Startchancen für eine
gelingende Integration; gleichzeitig trägt die Geburt von Kindern, die in der
Bundesrepublik Deutschland aufwachsen, erfahrungsgemäß zur weiteren Verbesserung
der Integration der Eltern bei.
Der Ius-soli-Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit dient darüber hinaus
nicht nur den Individualinteressen der betroffenen Personen, sondern einem gesamtgesellschaftlichen
Ziel. Mit der Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit
bei der Geburt soll die Integration der hier aufgewachsenen Kinder ausländischer
Eltern in die deutschen Lebensverhältnisse verbessert werden; zudem
wird langfristig die angestrebte Kongruenz zwischen dauernder inländischer
Wohnbevölkerung und Staatsvolk gesichert (Begründung zum Entwurf
eines Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts, BT-Drucksache
14/533). Letztlich geht es also um den Frieden in der Gesellschaft.
Deshalb ist es sinnvoll, den Kindern von Ausländerinnen und Ausländern, die
sich langjährig rechtmäßig und gut integriert in der Bundesrepublik Deutschland
aufhalten, einen unkomplizierten Weg in die deutsche Staatsangehörigkeit
zu eröffnen.
Nicht in Frage steht dabei die gesetzliche Voraussetzung, dass mindestens ein
Elternteil ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzen muss. Wer eine Niederlassungserlaubnis
oder ein Daueraufenthaltsrecht besitzt, hat unter Beweis gestellt,
dass er in der Lage ist, sich in deutsche Lebensverhältnisse zu integrieren.
Wenn der maßgebliche Elternteil bereits nach einer ununterbrochenen
Aufenthaltsdauer von sechs Jahren ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt,
sollte dies aber genügen. Die erforderliche Zeit des rechtmäßigen gewöhnlichen
Aufenthalts des Elternteils in Deutschland sollte deshalb von acht auf
sechs Jahre abgesenkt werden; nach diesem Zeitraum sollte der Ius-soli-Erwerb
für sein in der Bundesrepublik Deutschland geborenes Kind möglich sein.
Diese Verkürzung korrespondiert mit der für die Anspruchseinbürgerung in einem
gesonderten Antrag geforderten Verkürzung des erforderlichen Inlandsaufenthalts
ebenfalls von acht auf sechs Jahre. Beide Änderungsvorschläge zusammen
ergeben ein stimmiges Konzept zur Erleichterung des Erwerbs der
deutschen Staatsangehörigkeit und zur Verbesserung der integrationspolitischen
Wirkung des Staatsangehörigkeitsrechts.
...
In
- 5 - Empfehlungen, 249/1/21
3. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c – neu – (§ 6 Satz 3 – neu –, 4 – neu –
StAG)
Dem Artikel 1 Nummer 4 ist folgender Buchstabe anzufügen:
‚c) Folgende Sätze werden angefügt:
„Beruht die Annahme als Kind auf einer ausländischen Entscheidung, setzt
der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit voraus, dass das Eltern-Kind-
Verhältnis des Kindes zu seinen bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen
ist und das Annahmeverhältnis einem nach den deutschen Sachvorschriften
begründeten Annahmeverhältnis gleichsteht. Liegen die Voraussetzungen
des Satzes 3 nicht vor und wird eine Umwandlung des Annahmeverhältnisses
nach § 3 des Adoptionswirkungsgesetzes ausgesprochen,
gilt Satz 1 entsprechend.“ ‘
Begründung:
Mit der Ergänzung des § 6 StAG wird für die Fälle, in denen die Annahme als
Kind durch einen Deutschen auf einer ausländischen Entscheidung beruht, die
für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erforderliche Rechtssicherheit
und -klarheit hergestellt. § 6 Satz 1 StAG-E setzt für den Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit eine nach den deutschen Gesetzen wirksame Annahme
als Kind durch einen Deutschen voraus. Diese liegt nicht nur dann vor,
wenn die Annahme als Kind von einem deutschen Familiengericht nach den
deutschen Sachvorschriften, die eine Volladoption vorsehen, bei der das Eltern-Kind-Verhältnis
des Kindes zu seinen bisherigen Eltern vollständig erlischt,
ausgesprochen wurde. Sie kann auch vorliegen, wenn die Annahme als
Kind auf einer ausländischen Entscheidung beruht.
Ursprünglich war in diesen Fällen für den Staatsangehörigkeitserwerb ebenfalls
darauf abgestellt worden, dass eine Volladoption vorliegen muss. Mit Inkrafttreten
des AdWirkG war auf Grund der in dessen § 2 Absatz 3 Satz 1 Ad-
WirkG getroffenen Unterscheidung zwischen einer Volladoption mit Erlöschen
des Eltern-Kind-Verhältnisses des Kindes zu seinen bisherigen Eltern (§ 2 Absatz
3 Satz 1 Nummer 1 AdWirkG) und einer Adoption mit schwachen Wirkungen
(§ 2 Absatz 3 Nummer 2 AdWirkG) angenommen worden, dass für
den Staatsangehörigkeitserwerb nach § 6 StAG das Eltern-Kind-Verhältnis
durch die Annahme (vollständig) erloschen sein und das Annahmeverhältnis
einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis
(Volladoption) gleichstehen musste (§ 2 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Ad-
WirkG). Mit Beschluss vom 10. Juli 2007 - 5 B 4/07 - hatte das BVerwG jedoch
das Tatbestandsmerkmal der „nach den deutschen Gesetzen wirksamen
Annahme als Kind“ in § 6 StAG dahingehend ausgelegt, dass eine auf einer
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Empfehlungen, 249/1/21 - 6 -
anerkennungsfähigen ausländischen Entscheidung (oder auf ausländischen
Sachvorschriften) beruhende Annahme als Kind in ihren Wirkungen denen einer
Minderjährigen-Adoption nach deutschem Recht im Hinblick auf den Erwerb
der Staatsangehörigkeit gleichwertig sein muss. Hierzu hat das BVerwG
zwischen einer „starken“ und einer „schwachen“ Adoption unterschieden
(BVerwG am angegebenen Ort, bei juris Rn. 8). Von zentraler Bedeutung für
das Gleichwertigkeitskriterium waren das Erfordernis einer rechtlichen Gleichstellung
des angenommenen Kindes mit einem leiblichen Kind des Annehmenden
und die damit erreichte vollständige rechtliche Eingliederung in die neue
Familie sowie eine Aufhebbarkeit der Adoption nur unter ähnlich eingeschränkten
Voraussetzungen wie denen des deutschen Rechts. Einzelne aufrechterhaltene
Restbeziehungen zu den leiblichen Eltern, wie fortbestehende
Erbrechte oder ein geringfügiges Umgangsrecht, standen nach dieser Judikatur
dem Staatsangehörigkeitserwerb indes nicht entgegen. In diesen Fällen, in denen
die Adoption wegen der fortbestehenden Restbeziehungen nur schwache
Wirkungen entfaltet, bedurfte es in der Praxis eines meist zeitaufwändigen
Verfahrens um festzustellen, ob das Gleichwertigkeitskriterium für den Staatsangehörigkeitserwerb
erfüllt war.
In Fortentwicklung seiner Rechtsprechung hat das BVerwG nunmehr festgestellt
(Urteil vom 25. Oktober 2017 - I C 30/16 -, bei juris Rn. 21), dass für die
Wirkungsgleichheit einer Auslandsadoption mit einer Minderjährigen-
Adoption nach deutschem Recht das Erlöschen des Eltern-Kind-Verhältnisses
des Adoptierten zu seinen leiblichen Eltern von zentraler Bedeutung ist (§ 1755
BGB). Danach scheidet, sofern das Eltern-Kind-Verhältnis zu den leiblichen
Eltern nicht erlischt, ein Staatsangehörigkeitserwerb nach § 6 Satz 1 StAG in
der Regel aus. Das fehlende Erlöschen steht der Wirkungsgleichheit einer
Adoption entgegen, da die Kappung der Bande zu den leiblichen Eltern von
zentraler Bedeutung für die Integration des Kindes in die neue Familie ist. Keine
derart zentrale Bedeutung kommt hingegen dem Fortbestehen bestimmter
unterhalts- und erbrechtlicher Bindungen zu. Sie sind allerdings mit in eine Gesamtabwägung
bei der Beurteilung der für den Staatsangehörigkeitserwerb
maßgeblichen Voraussetzung einzustellen, ob die Auslandsadoption mit einer
Minderjährigenadoption nach deutschem Recht weitgehend wirkungsgleich ist.
Nach dieser Entscheidung ist, wenn das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu
seinen bisherigen Eltern durch die Adoption nicht vollständig erlischt, nunmehr
in jedem Einzelfall im Rahmen einer Gesamtabwägung zu prüfen, ob bestimmte
fortbestehende Restbeziehungen etwa in Form von unterhalts- oder erbrechtlichen
Bindungen des Kindes zu seinen bisherigen Eltern der erforderlichen
Gleichwertigkeit ausnahmsweise nicht entgegenstehen. Eine genaue, allgemeingültige
Abgrenzung, bei welcher Fallgestaltung und in welchem Umfang
fortbestehende Restbeziehungen des Kindes zu seinen bisherigen Eltern unschädlich
sind, erscheint somit nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund werden für die Fälle, in denen die Annahme als Kind
durch einen Deutschen auf einer ausländischen Entscheidung beruht, im Interesse
der Rechtssicherheit und -klarheit an § 6 StAG mit Satz 3 und Satz 4 ergänzende
Regelungen angefügt.
...
In
- 7 - Empfehlungen, 249/1/21
Nach § 6 Satz 3 StAG setzt der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit in
diesen Fällen voraus, dass das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen
bisherigen Eltern durch die Annahme erloschen ist und das Annahmeverhältnis
einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis
gleichsteht. Das Vorliegen der Erwerbsvoraussetzungen des § 6 StAG ist von
der zuständigen Behörde zu prüfen. Fehlt es nach den Feststellungen der zuständigen
Behörde an der Gleichwertigkeit mit einer inländischen Volladoption,
bedarf es zum Staatsangehörigkeitserwerb nach § 6 StAG einer Umwandlung
des Annahmeverhältnisses nach § 3 AdWirkG.
Nach § 6 Satz 4 StAG gilt in Fällen, in denen die Voraussetzungen des § 6 Satz
3 StAG nicht vorliegen und eine Umwandlung des Annahmeverhältnisses nach
§ 3 AdWirkG ausgesprochen wird, § 6 Satz 1 StAG-E entsprechend. Dies dient
der Klarstellung, dass der Staatsangehörigkeitserwerb im Falle der Umwandlung
des Annahmeverhältnisses voraussetzt, dass das angenommene Kind im
Zeitpunkt des Umwandlungsantrages das achtzehnte Lebensjahr noch nicht
vollendet hat.
4. Zu Artikel 1 Nummer 5a – neu – (§ 9 StAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 5 folgende Nummer einzufügen:
‚5a. § 9 wird wie folgt gefasst:
„§ 9
(1) Ehegatten oder Lebenspartner Deutscher sollen unter den Voraussetzungen
des § 10 Absatz 1 eingebürgert werden, wenn sie seit drei
Jahren ihren rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben
und die Ehe oder Lebenspartnerschaft seit zwei Jahren besteht. Die
Aufenthaltsfrist nach Satz 1 kann aus Gründen des öffentlichen Interesses
verkürzt werden, wenn die Ehe oder Lebenspartnerschaft seit drei
Jahren besteht. Minderjährige Kinder von Ehegatten oder Lebenspartnern
Deutscher können unter den Voraussetzungen des § 10 Absatz 1
mit eingebürgert werden, auch wenn sie sich noch nicht seit drei Jahren
rechtmäßig im Inland aufhalten. § 10 Absatz 3a, 4, 5 und 6 gilt entsprechend.
(2) Die Regelung des Absatzes 1 gilt auch, wenn die Einbürgerung bis
zum Ablauf eines Jahres nach dem Tod des deutschen Ehegatten oder
Lebenspartners oder nach der Rechtskraft des die Ehe oder Lebenspartnerschaft
beendenden Beschlusses beantragt wird und der Antragsteller
als sorgeberechtigter Elternteil mit einem minderjährigen Kind aus der
Ehe oder Lebenspartnerschaft in einer familiären Gemeinschaft lebt,
das bereits die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt.“ ‘
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 8 -
Begründung:
Hinsichtlich der Voraussetzungen für die erleichterte Einbürgerung von Ehegatten
oder Lebenspartner Deutscher wurde bisher teilweise an § 8 StAG, teilweise
an § 10 StAG angeknüpft, beziehungsweise waren diese durch die StAR-
VwV vom 13. Dezember 2000 und ergänzend durch die VAH-StAG vom
1. Juni 2015 vorgegeben. Mit der Neufassung des § 9 Absatz 1 StAG erfolgt
eine ausschließliche Anknüpfung an § 10 Absatz 1, 3a, 4, 5 und 6 StAG.
Dadurch und durch die Aufnahme der bisher durch die Nummer 9.1.2.1 und
9.1.2.2 StAR-VwV, aber nicht gesetzlich festgelegten Dauer des Aufenthalts
von grundsätzlich drei Jahren einschließlich möglicher Ausnahmen im öffentlichen
Interesse und der ehelichen oder partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft
mit dem Deutschen von zwei Jahren wird die Sollvorschrift als Regelanspruch
weitgehend verrechtlicht. Eine inhaltliche Änderung der bisher geltenden Einbürgerungsvoraussetzungen
erfolgt - mit nachfolgender Ausnahme, die aber zu
Gunsten der nach § 9 StAG Einbürgerungsberechtigten wirkt - nicht.
Durch die Bezugnahme auf § 10 Absatz 1 StAG wird die bisher bestehende
Ungleichbehandlung bei der Unterhaltsfähigkeit gegenüber ausländischen Ehegatten
von Ausländern beseitigt, die gemäß § 10 Absatz 2 StAG nach einer
ebenfalls deutlich kürzeren als der in § 10 Absatz 1 StAG vorgesehenen Regelaufenthaltsdauer
von acht Jahren mit diesen eingebürgert werden können.
Ehegatten und Lebenspartner Deutscher müssen ihren Lebensunterhalt künftig
für sich und ihre Angehörigen nicht mehr generell ohne Inanspruchnahme öffentlicher
Mittel bestreiten können (§ 8 Absatz 1 Nummer 4 StAG), sondern es
genügt, wenn sie dies ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten
oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch können, wobei ein nicht zu vertretender
Leistungsbezug unschädlich ist (§ 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 StAG).
Ferner können die minderjährigen Kinder von Ehegatten oder Lebenspartnern
Deutscher, deren (Mit-) Einbürgerung bisher nicht ausdrücklich geregelt und
deshalb nur über § 8 StAG möglich war, nunmehr mit diesen unter den gleichen
Voraussetzungen miteingebürgert werden, auch wenn sie sich noch keine
drei Jahre rechtmäßig im Inland aufhalten.
Durch die Änderung in § 9 Absatz 2 StAG werden ausländische Lebenspartner
einer durch Tod des deutschen Lebenspartners oder durch rechtskräftiges Urteil
aufgelösten Lebenspartnerschaft, die für ein deutsches Kind aus der Lebenspartnerschaft
sorgeberechtigt sind und bisher nur über § 8 StAG eingebürgert
werden konnten, ausdrücklich in die Einbürgerungsregelung für bisherige
Deutschverheiratete, die für ein deutsches Kind aus der aufgelösten Ehe sorgeberechtigt
sind, einbezogen.
Die Regelung in § 9 Absatz 2 StAG knüpft nicht mehr allein an die Sorgeberechtigung
des Antragstellers für ein minderjähriges deutsches Kind aus der
Ehe oder Lebenspartnerschaft an, sondern ausdrücklich auch an das Zusammenleben
mit diesem in einer familiären Gemeinschaft, welches die privilegierte
Einbürgerungsmöglichkeit erst rechtfertigt.
...
AIS
- 9 - Empfehlungen, 249/1/21
5. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a (§ 10 Absatz 1 Satz 1 StAG),
Buchstabe b (§ 10 Absatz 3 StAG)
Artikel 1 Nummer 6 ist wie folgt zu ändern:
a) Buchstabe a ist wie folgt zu fassen:
‚a) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Die Wörter „seit acht Jahren“ werden durch die Wörter „seit sechs
Jahren“ ersetzt.
bb) In Nummer 2 … <weiter wie Gesetzentwurf Buchstabe a>…‘
b) Buchstabe b ist wie folgt zu fassen:
‚b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen kann die Frist nach
Absatz 1 Satz 1 auf vier Jahre verkürzt werden. Dazu zählen insbesondere
Sprachkenntnisse, die die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1
Nummer 6 deutlich übersteigen, oder besonders gute schulische, berufsqualifizierende
sowie berufliche Leistungen oder zivilgesellschaftliches
Engagement.“‘
Begründung:
Die vorgeschlagene Änderung soll der Tatsache Rechnung tragen, dass die
Bundesrepublik Deutschland ein Einwanderungsland ist, das attraktive Bedingungen
bieten und gut integrierte Einwanderer durch Anreize in Bezug auf eine
erleichterte Einbürgerung an sich binden sollte.
Zu Buchstabe a:
Vorgeschlagen wird eine Verkürzung der für die Anspruchseinbürgerung vorausgesetzten
Aufenthaltszeit von acht auf sechs Jahre.
Die Schaffung eines Anspruchs auf schnellere Einbürgerung stellt ein wichtiges
Signal der Offenheit und des Aufnahmewillens an alle Menschen mit Einwanderungsgeschichte
dar. Sie schafft einen Anreiz zur zügigen Integration.
Für die Absenkung auf sechs Jahre spricht dabei, dass damit ein angemessenes
Stufenverhältnis zur Niederlassungserlaubnis gewahrt wird, die in der Regel
nach fünf Jahren in Betracht kommt (§§ 9, 9a, 26 Absatz 3, § 35 AufenthG).
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 10 -
Zu Buchstabe b:
§ 10 Absatz 3 StAG regelt Privilegierungen, die greifen, wenn über die nach
§ 10 Absatz 1 Satz 1 StAG erforderlichen Voraussetzungen hinaus Integrationsleistungen
erbracht wurden.
Nach dem derzeit geltenden § 10 Absatz 3 Satz 1 StAG wird die Aufenthaltszeit
auf sieben Jahre verkürzt, wenn die erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs
durch eine Bescheinigung des BAMF nachgewiesen wurde.
Ferner wird nach § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG im Wege des Ermessens entschieden,
ob eine Verkürzung auf sechs Jahre erfolgen kann, sofern das Kriterium
„besondere Integrationsleistungen“ zu bejahen ist.
Grundsätzlich sollte an der bisherigen Systematik der Verkürzungsmöglichkeit
festgehalten werden, da sie herausgehobene Integrationsbemühungen und Integrationsleistungen
entsprechend würdigt und honoriert.
Die bisherige Differenzierung des § 10 Absatz 3 StAG in eine Anspruchsnorm
in Satz 1 (bei erfolgreicher Teilnahme an einem Integrationskurs) und eine Ermessensnorm
in Satz 2 (bei Vorliegen besonderer Integrationsleistungen) soll
jedoch zugunsten einer einheitlichen Privilegierungsnorm als Ermessenstatbestand
aufgegeben werden. Um der Spannbreite möglicher besonderer Integrationsleistungen
Rechnung zu tragen und ein sinnvolles Verhältnis zu den verkürzten
Zeiten nach § 10 Absatz 1 StAG herzustellen, ist dabei eine deutliche
Verkürzung der Mindestaufenthaltszeit auf vier Jahre angemessen.
Es ist zudem sinnvoll, die zurzeit als eigenständiger Verkürzungstatbestand
geltende erfolgreiche Teilnahme an einem Integrationskurs (§ 10 Absatz 3
Satz 1 StAG) in dieser Form abzuschaffen. Dass Deutschkenntnisse nach wie
vor notwendig und nicht verhandelbar sind, bleibt dabei unbestritten. Aber die
besondere Würdigung der erfolgreichen Teilnahme an einem Integrationskurs
hat sich seit der Einführung der Kurse vor rund 13 Jahren relativiert. Im Übrigen
können bereits erworbene ausreichende Deutschkenntnisse dazu führen,
dass eine Einbürgerungsbewerberin oder ein Einbürgerungsbewerber aufgrund
„sprachlicher Überqualifikation“ nicht zu einem Integrationskurs zugelassen
wird und damit an einer Anspruchseinbürgerung bereits nach derzeit sieben
Jahren nicht partizipieren kann.
Bei dem einen Verkürzungstatbestand nach § 10 Absatz 3 StAG sollte es sich
um einen Ermessenstatbestand handeln (wie bisher in § 10 Absatz 3 Satz 2
StAG). Die Einbürgerungsbehörden erhalten dadurch die Möglichkeit, eine
Einzelfallprüfung unter Einbezug aller individuellen Aspekte zum Werdegang,
der Biografie der Einbürgerungsbewerberinnen beziehungsweise der Einbürgerungsbewerber
et cetera vorzunehmen. Dies knüpft an die bestehende Praxis
an, da die Länder jeweils umfangreiche Kriterien aufgestellt haben, um ihr zurzeit
über § 10 Absatz 3 Satz 2 StAG eingeräumtes Ermessen im Sinne einer
Einzelfallgerechtigkeit auszuüben.
...
In
In
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
- 11 - Empfehlungen, 249/1/21
Die 14. Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister,
Senatorinnen und Senatoren (IntMK) hat am 11. und 12. April 2019 festgestellt,
dass Einbürgerung ein Zeichen gelungener Integration ist und die Einbürgerung
von Personen, die die Voraussetzungen erfüllen, im Interesse der
deutschen Gesellschaft liegt. Sie hat deshalb mit großer Mehrheit beschlossen,
sich für Verbesserungen im Einbürgerungsrecht auszusprechen.
Insbesondere empfiehlt die Konferenz, die gemäß § 10 Absatz 1 Satz 1 StAG
für eine Anspruchseinbürgerung erforderlichen Zeiten eines rechtmäßigen gewöhnlichen
Aufenthalts im Inland deutlich zu verkürzen, nämlich von den derzeit
geforderten acht Jahren auf grundsätzlich sechs Jahre.
Ergänzend empfiehlt die Konferenz, § 10 Absatz 3 StAG als einheitliche Privilegierungsnorm
in Form eines Ermessenstatbestandes auszugestalten und die
erforderliche Aufenthaltszeit hierbei auf vier Jahre zu verkürzen. Die „erfolgreiche
Teilnahme an einem Integrationskurs“ sollte – falls im Einzelfall geboten
– im Rahmen des Ermessens Berücksichtigung finden. Denn diese Teilnahme
gilt bei dem sich inzwischen erfolgreich etablierten Erstintegrationsinstrument
als Norm und sollte somit nur in Einzelfällen als „besondere Integrationsleistung“
bewertet werden.
Der Änderungsvorschlag verfolgt das Ziel, die genannten Empfehlungen der
IntMK umzusetzen.
6. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe a1 – neu – (§ 10 Absatz 2 StAG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist nach Buchstaben a folgender Buchstabe einzufügen:
‚a1) In Absatz 2 werden nach dem Wort „Ehegatte“ die Wörter „oder Lebenspartner“
eingefügt.‘
Begründung:
Durch die Änderung des § 10 Absatz 2 StAG kann, außer dem Ehegatten und
den minderjährigen Kindern eines Ausländers, nunmehr auch der Lebenspartner
eines Ausländers, dessen (Mit-)Einbürgerung bisher nicht ausdrücklich
geregelt und deshalb nur über § 8 StAG möglich war, unter den gleichen Voraussetzungen
miteingebürgert werden.
7. Zu Artikel 1 Nummer 6 Buchstabe b1 – neu – (§ 10 Absatz 3a – neu – StAG)
In Artikel 1 Nummer 6 ist nach Buchstaben b folgender Buchstabe einzufügen:
‚b1) Nach Absatz 3 wird folgender Absatz eingefügt:
„(3a) Lässt das Recht des ausländischen Staates das Ausscheiden aus
dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem
Erreichen eines bestimmten Lebensalters zu, wird die Einbürgerung
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 12 -
abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 unter vorübergehender
Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorgenommen und mit einer Auflage
versehen, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden
aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen
unverzüglich nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen
Lebensalters vorzunehmen. Die Auflage ist aufzuheben, wenn
nach der Einbürgerung ein Grund nach § 12 für die dauernde Hinnahme
von Mehrstaatigkeit entstanden ist.“ ‘
Begründung:
Mit der Einfügung des § 10 Absatz 3a StAG wird nunmehr ausdrücklich gesetzlich
geregelt, dass in den Fällen, in denen das Recht des ausländischen
Staates das in § 10 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 StAG vorgesehene Ausscheiden
aus dessen Staatsangehörigkeit erst nach der Einbürgerung oder nach dem Erreichen
eines bestimmten Lebensalters zulässt, die Einbürgerung unter vorübergehender
Hinnahme von Mehrstaatigkeit vorzunehmen und mit einer Auflage
zu versehen ist, in der der Ausländer verpflichtet wird, die zum Ausscheiden
aus der ausländischen Staatsangehörigkeit erforderlichen Handlungen unverzüglich
nach der Einbürgerung oder nach Erreichen des maßgeblichen Lebensalters
vorzunehmen. Die dahingehend bestehende Verwaltungspraxis (vergleiche
Nummer 10.1.1.4 VAH-StAG) ist in der jüngsten verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung vereinzelt angegriffen und die Zulässigkeit einer Auflage
in diesen Fällen bei einem Einbürgerungsanspruch verneint worden (vergleiche
unter anderem VG Berlin, Urteil vom 12. Juli 2017 - 2 K 412.16 -, bei juris Rn.
16; VG Stuttgart, Urteil vom 24. Mai 2016 - 11 K 5952/15 -, bei juris Rn. 31),
da die Vermeidung von Mehrstaatigkeit als wesentliche, zwingende Einbürgerungsvoraussetzung
durch eine Auflage nicht hinreichend sichergestellt sei, so
dass eine Auflage nach § 36 VwVfG beziehungsweise den entsprechenden landesrechtlichen
Regelungen nur zulässig wäre, wenn sie durch Rechtsvorschrift
ausdrücklich zugelassen ist. Auch wenn diese Verwaltungspraxis in der verwaltungsgerichtlichen
Judikatur im Übrigen unbeanstandet geblieben ist (vergleiche
unter anderem Hess. VGH, Beschluss vom 3. Dezember 2001 - 12 TG
2128/01 -, bei juris Rn. 32; Bay. VGH, Beschluss vom 6. Juni 2014 - 5 ZB
13.1188 -, bei juris Rn. 6-8; OVG Lüneburg, Urteil vom 3. Mai 2018 - 13 LB
107/16 -, bei juris Rn. 61; VG Schleswig, Urteil vom 5. April 2017 - 8 A
118/14 -, bei juris Rn. 28 f.; VG Augsburg, Urteil vom 11. April 2017 - Au 1 K
16.1553 -, bei juris Rn. 18 f.) soll die in der Praxis entstandene Rechtsunsicherheit
durch eine ausdrückliche gesetzliche Auflagenermächtigung beseitigt
werden.
Eine Einbürgerung unter Auflage kommt nicht in Betracht, wenn eine Ausnahme
nach § 12 StAG gegeben ist, wonach Mehrstaatigkeit hinzunehmen ist.
...
AIS
- 13 - Empfehlungen, 249/1/21
8. Zu Artikel 1 Nummer 6a – neu – (§ 12 Absatz 2 Satz 2 – neu –, 3 – neu – StAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 6 folgende Nummer einzufügen:
‚6a. Dem § 12 Absatz 2 werden folgende Sätze angefügt:
„Von dieser Voraussetzung wird ferner abgesehen, wenn der Ausländer
der ersten Einwanderergeneration angehörte. Stichtage für die Einreise
sind für den Personenkreis der sogenannten Gastarbeiter und ihrer Ehegatten
oder Lebenspartner der 30. Juni 1974 und für den Personenkreis
der ehemaligen Vertragsarbeiter und ihrer Ehegatten oder Lebenspartner
der 13. Juni 1990.“ ‘
Begründung:
Zur ersten Einwanderergeneration in beiden Teilen Deutschlands gehören die
bis 1973/1974 angeworbenen sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter
in der Bundesrepublik Deutschland (Durch die Anwerbeabkommen wurden
Personen aus Italien, Spanien, Griechenland, der Türkei, Marokko, Südkorea,
Portugal, Tunesien und Jugoslawien vermittelt.) sowie die Vertragsarbeitnehmerinnen
und Vertragsarbeitnehmer aus Angola, Mosambik und Vietnam in
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Bei der Personengruppe
der Vertragsarbeitnehmerinnen und Vertragsarbeitnehmer aus Angola,
Mosambik und Vietnam handelt es sich um eine zahlenmäßig kleine Gruppe
von höchstens 15 000 Personen (vergleiche Schreiben vom 17. und
19. November 1992 der Ausländerbeauftragten der neuen Länder an die „Innenminister
und -senatoren“ und an die Ministerpräsidenten der Länder; Vermerk
der Bundesausländerbeauftragten vom 28. August 1995 zu der aufenthaltsrechtlichen
Situation der ehemaligen DDR-Vertragsarbeitnehmerinnen
und -arbeitnehmer). Von der arbeitsmarktpolitischen Intention her ist die Rekrutierung
der Vertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer vergleichbar mit
der Anwerbung der sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter der alten
Bundesrepublik Deutschland.
Mit ihrer besonderen Lebensleistung hat diese Gruppe einen wesentlichen Beitrag
zur positiven Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland erbracht, was
aber im Einbürgerungsrecht bisher nicht ausreichend honoriert wird.
Diese Einwanderergeneration stellte ihre Arbeitskraft zur Verfügung, erzog
Kinder, die heute zu einem großen Teil deutsche Staatsbürgerinnen und -bürger
sind, und leistete einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen
Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland. Die Wirtschaftskraft
hat sie auch durch Unternehmens- und Existenzgründungen steigern können.
Ihre Integrationsleistungen in Form ehrenamtlicher Tätigkeiten zum Beispiel
in migrantischen Vereinen und Verbänden sind auch im Hinblick auf den
sozialen Zusammenhalt und die politische sowie gesellschaftliche Partizipation
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 14 -
zu würdigen.
Für diese potenziellen Einbürgerungsbewerberinnen und -bewerber kann die
Notwendigkeit zur Aufgabe der Herkunftsstaatsangehörigkeit eine besonders
hohe Hürde und somit ein Hemmnis bei der Entscheidung zur Einbürgerung
darstellen. Die sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter in der Bundesrepublik
Deutschland und die Vertragsarbeitnehmerinnen sowie Vertragsarbeitnehmer
in der Deutschen Demokratischen Republik sollten zunächst vorübergehend
zu Arbeitszwecken bleiben. Wegen ihrer vorgesehenen Rückkehr
investierten viele von ihnen im Herkunftsland intensiv in Auf- und Ausbau einer
Existenzgrundlage für sich und ihre Familien. Daraus resultiert die bis heute
besonders enge soziokulturelle und auch materielle Bindung an die Herkunftsländer.
Ihre Sorge, diese Bindung könnte ihnen genommen werden,
wenn sie die Herkunftsstaatsangehörigkeit nicht mehr besitzen, wiegt daher besonders
schwer.
Bei der Frage der Mehrstaatigkeit für die erste Einwanderergeneration werden
auch die Ehegattinnen und Ehegatten sowie Lebenspartnerinnen und Lebenspartner
dieser Generation (Heiratsmigrantinnen und -migranten) in die Überlegung
einbezogen. Hierdurch stellt man eine Anerkennung der gemeinsamen
Lebensleistung der Ehegattinnen und Ehegatten sowie Lebenspartnerinnen und
Lebenspartner sicher. Dies korrespondiert auch mit den bestehenden einbürgerungsrechtlichen
Privilegierungen von Ehen beziehungsweise Lebenspartnerschaften.
Eine geschlechterspezifische Differenzierung sollte deshalb nicht
vorgenommen werden.
Bei den sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern in der Bundesrepublik
Deutschland wird eine am Anwerbestopp von 1973 mit zeitlicher Nachfrist
orientierte Stichtagsregelung vorgeschlagen.
Bei den ehemaligen Vertragsarbeitnehmerinnen und Vertragsarbeitnehmern
aus Angola, Mosambik und Vietnam wird als Stichtag der 13. Juni 1990 (letzte
Einreise in die Deutsche Demokratische Republik) vorgeschlagen. Dieser
Stichtag war der Stichtag für ihr in der Sitzung der „Ständigen Konferenz der
Innenminister und -senatoren der Länder“ am 14. Mai 1993 beschlossenes
Bleiberecht im vereinten Deutschland.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die 14. Konferenz der für Integration zuständigen Ministerinnen und Minister,
Senatorinnen und Senatoren hat am 11. und 12. April 2019 festgestellt, dass
Einbürgerung ein Zeichen gelungener Integration ist und die Einbürgerung von
Personen, die die Voraussetzungen erfüllen, im Interesse der deutschen Gesellschaft
liegt. Sie hat deshalb mit großer Mehrheit beschlossen, sich für Verbesserungen
im Einbürgerungsrecht auszusprechen.
Ein besonderes Anliegen war es der Konferenz dabei, Erleichterungen für die
sogenannte 1. Einwanderergeneration zu schaffen.
...
In
- 15 - Empfehlungen, 249/1/21
In diesem Zusammenhang hat die Konferenz empfohlen, für die 1. Einwanderergeneration
aufgrund ihrer besonderen Lebenslage die Hinnahme von Mehrstaatigkeit
zuzulassen.
Der Änderungsvorschlag verfolgt das Ziel, diese Empfehlung umzusetzen.
9. Zu Artikel 1 Nummer 9a – neu – (§ 17 StAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer einzufügen:
‚9a. § 17 wird wie folgt gefasst:
„§17
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit geht verloren:
1. durch Entlassung (§§ 18 bis 24),
2. durch Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit auf Antrag
(§ 25),
3. durch Verzicht (§ 26),
4. durch Annahme als Kind durch einen Ausländer (27),
5. durch Eintritt in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten
Verband eines ausländischen Staates oder durch konkrete Beteiligung
an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im
Ausland (§ 28),
6. durch Erklärung, die ausländische Staatsangehörigkeit behalten zu
wollen, oder den Fortbestand der ausländischen Staatsangehörigkeit
ohne Beibehaltungsgenehmigung (§ 29),
7. durch Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes (§ 35).
(2) Die deutsche Staatsangehörigkeit verliert auch ein Kind, rückwirkend
zum Zeitpunkt des Erwerbs nach § 4 Absatz 1, 2 oder 3 Satz 1
oder § 6, wenn die Voraussetzungen für diesen Erwerb nicht mehr erfüllt
sind. Die Rechtsfolge nach Satz 1 tritt ein, wenn
1. die rückwirkende Entscheidung über
a) eine nach den deutschen Gesetzen wirksame Feststellung des
Nichtbestehens der Vaterschaft,
b) den Wegfall des in § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 aufgeführten
Aufenthaltsrechts des Elternteils, der für den Erwerb der deutschen
Staatsangehörigkeit des Kindes maßgeblich ist,
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 16 -
c) die Unwirksamkeit der Annahme als Kind oder
d) den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eines Elternteils
nach § 35 Absatz 5
unanfechtbar ist oder
2. eine nach den deutschen Gesetzen wirksame Anerkennung der Vaterschaft
eines Dritten, die das rückwirkende Nichtbestehen der
bisherigen Vaterschaft zur Folge hat, wirksam wird oder
3. der Beweis des Gegenteils nach § 4 Absatz 2 erbracht ist.
Die deutsche Staatsangehörigkeit geht nicht verloren, wenn das Kind
1. bei Unanfechtbarkeit der Entscheidung, dem Wirksamwerden der
Anerkennung der Vaterschaft eines Dritten oder dem Beweis des
Gegenteils nach Satz 2 das fünfte Lebensjahr bereits vollendet hat,
2. mit einem deutschen Elternteil verwandt bleibt,
3. sonst die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Absatz 3 Satz 1
erworben hätte oder
4. sonst staatenlos würde.“ ‘
Begründung:
§ 17 Absatz 1 StAG enthält, wie bisher, die Aufzählung der Verlusttatbestände,
die redaktionell angepasst werden. In § 17 Absatz 2 StAG werden die in den
bisherigen Absätzen 2 und 3 enthaltenen, den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit
eines Kindes betreffenden Regelungen neu gefasst und konkretisiert.
Dies betrifft Fälle des rückwirkenden „Nichterwerbs“ drittbetroffener
Kinder, deren Staatsangehörigkeitsverlust durch den rückwirkenden Fortfall
der Erwerbsvoraussetzungen eintritt (beispielsweise durch Rücknahme der
Niederlassungserlaubnis des maßgeblichen Elternteils beim Ius soli-Erwerb
oder durch Vaterschaftsanfechtung oder Rücknahme der Einbürgerung des
maßgeblichen Elternteils beim Abstammungserwerb). Die Neufassung trägt
dem Beschluss des BVerfG vom 17. Dezember 2013 - 1 BvL 6/10 -, BVerfGE
135, 48, zur Nichtigkeit der behördlichen Vaterschaftsanfechtung Rechnung.
Danach bedarf es – unabhängig von der vom BVerfG festgestellten Unvereinbarkeit
der Regelung über die behördliche Vaterschaftsanfechtung in § 1600
Absatz 1 Nummer 5 BGB mit Artikel 16 Absatz 1 des Grundgesetzes – einer
konkreten Regelung der in § 17 StAG vom Gesetzgeber zwar vorausgesetzten,
aber nicht ausdrücklich bestimmten Verlustfolgen bei drittbetroffenen Kindern.
Das BVerfG hatte in seinem Beschluss festgestellt, dass die Regelung in § 17
Absatz 2 und 3 StAG für den Staatsangehörigkeitsverlust drittbetroffener Kinder
zwar impliziere, dass die Behördenanfechtung zum rückwirkenden Verlust
...
- 17 - Empfehlungen, 249/1/21
der Staatsangehörigkeit führe, diese mittelbare Regelung aber den strengen Anforderungen,
die der Gesetzesvorbehalt nach Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 des
Grundgesetzes an die Regelung der Staatsangehörigkeit stellt, nicht genüge.
Damit liege zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot des Artikels 19 Absatz
1 Satz 2 des Grundgesetzes vor (BVerfGE 135, 48, 78 f.). Entsprechendes
könnte für die sonstigen, bislang in § 17 Absatz 3 StAG aufgeführten Verlusttatbestände
anzunehmen sein. Die insoweit bestehende Rechtsunsicherheit soll
durch eine ausdrückliche und damit zweifelsfrei verfassungskonforme Regelung
aller Fälle rückwirkenden „Nichterwerbs“ beseitigt werden.
§ 17 Absatz 2 Satz 1 StAG regelt daher den rückwirkenden Verlust der deutschen
Staatsangehörigkeit bei drittbetroffenen Kindern im Falle des rückwirkenden
Wegfalls der Voraussetzungen für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit
durch Geburt nach § 4 Absatz 1, 2, 3 Satz 1 StAG sowie durch Annahme
als Kind nach § 6 StAG. Die den Staatsangehörigkeitsverlust bei drittbetroffenen
Kindern auslösenden Tatbestände, die in der bisherigen Fassung
des § 17 Absatz 2, 3 StAG nur mittelbar geregelt waren, werden jetzt in § 17
Absatz 2 Satz 1 StAG im Einzelnen aufgeführt sowie der Eintritt der Verlustfolge
in den in Betracht kommenden Konstellationen in § 17 Absatz 2 Satz 2
StAG enumerativ klarstellend präzisiert. Gleiches gilt für die Ausnahmen von
der Verlustfolge, die in § 17 Absatz 2 Satz 3 StAG geregelt werden. Damit
wird den strengen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts für die Regelung des
Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit nach Artikel 16 Absatz 1 Satz 2
des Grundgesetzes sowie durch die Regelung in Artikel 3 des Grundgesetzes
und dem Zitiergebot des Artikels 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes Rechnung
getragen.
Es erfolgt lediglich eine Konkretisierung der bereits seit 2009 bestehenden
Vorschrift, die inhaltlich unverändert bleibt. Nach dieser Vorschrift verlieren
drittbetroffene Kinder im Fall des rückwirkenden „Nichterwerbs“ kraft Gesetzes
die rechtswidrig erworbene deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie das
fünfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Eine Ermessensentscheidung im
Falle der Kinder war hier nie vorgesehen. In der Gesetzesbegründung zu dieser
Vorschrift (vergleiche BR-Drucksache 549/08 vom 8. August 2008) ist unter
anderem in der Einzelbegründung zu § 17 StAG ausgeführt worden: „Die Regelung,
dass dritte Personen, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit von dem
Täuschenden kraft Gesetzes, zum Beispiel durch Abstammung oder Adoption,
ableiten, von einem Verlust durch die Rücknahme der Einbürgerung ausgenommen
sind, bezieht sich jedoch nur auf Personen, die bereits ihr fünftes Lebensjahr
vollendet haben. Für jüngere Personen, das heißt für Kinder unter fünf
Jahren, gilt sie nicht. Für sie entfällt daher rückwirkend die Abstammung von
einem deutschen Elternteil als Erwerbsgrund für die deutsche Staatsangehörigkeit,
was dazu führt, dass sie selbst die deutsche Staatsangehörigkeit rückwirkend
verlieren.“
In Fällen, in denen sich beim Ius soli-Erwerb im Nachhinein herausstellt, dass
tatsächlich kein achtjähriger rechtmäßiger Voraufenthalt bestand, liegt ein Fall
des Nichterwerbs vor, bei dem lediglich der Rechtsschein des Erwerbs der
deutschen Staatsangehörigkeit erzeugt wird, der letztlich nur zur Ersitzung führen
kann. Die deutsche Staatsangehörigkeit hingegen wird tatsächlich nicht er-
...
In
Empfehlungen, 249/1/21 - 18 -
worben, so dass es auch keiner Regelung über den Verlust bedarf (vergleiche
etwa OVG Lüneburg, Beschluss vom 9. März 2016 - 13 ME 12/16, bei juris
Rn. 6 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 5. Oktober 2009 - 3 Bf 48/08.Z, bei
juris Rn. 14 ff. - liegen die Erwerbsvoraussetzungen bei Geburt tatsächlich
nicht vor, wird die deutsche Staatsangehörigkeit selbst dann nicht erworben,
wenn ein entsprechender Eintrag im Geburtsregister erfolgt, weil diesem keine
konstitutive Wirkung beizumessen ist und er den tatsächlichen Erwerb der
deutschen Staatsangehörigkeit voraussetzt).
Dies gilt auch für Fälle, in denen zunächst ein Abstammungserwerb nach § 4
Absatz 1 StAG angenommen wurde, wenn sich im Nachhinein herausstellt,
dass der maßgebliche Elternteil tatsächlich nicht Deutscher war.
Ein unter Verstoß gegen das SchKG erlangter Beweis kommt nicht als beachtlicher
Beweis des Gegenteils nach § 17 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 StAG in
Betracht.
10. Artikel 1 Nummer 10a – neu – (§ 27 Satz 1, 3, 4 – neu – StAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 10 folgende Nummer einzufügen:
‚10a. § 27 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden nach den Wörtern „Ausländer die“ das Wort
„deutsche“ eingefügt.
b) In Satz 3 wird das Wort „bleiben.“ durch die Wörter „bleiben oder
ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben.“ ersetzt.
c) Folgender Satz wird angefügt:
„§ 25 Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.“ ‘
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Klarstellende Änderung in § 27 Satz 1 StAG. In den einzelnen Vorschriften
wird jetzt durchgängig die Bezeichnung „deutsche Staatsangehörigkeit“ verwendet.
Zu Buchstabe b und c:
Mit der Ergänzung des § 27 Satz 3, 4 StAG werden die Regelung des § 27 Satz
1 StAG über den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit bei einem minderjährigen
Deutschen, der mit einer nach den deutschen Gesetzen wirksamen
Annahme als Kind durch einen Ausländer dessen ausländische Staatsangehörigkeit
erwirbt, sowie die Regelung des § 27 Satz 2 StAG über die Erstreckung
dieser Verlustfolge auf Abkömmlinge des Angenommenen, auf die sich der
Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit erstreckt, eingeschränkt.
...
In
- 19 - Empfehlungen, 249/1/21
Die Verlustfolge nach den § 27 Satz 1, 2 StAG tritt nach § 27 Satz 3 StAG
nunmehr nicht mehr ein, wenn der Angenommene und dessen Abkömmlinge
bei der Annahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Damit soll
ein ungewollter Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Annahme
bei einem fortbestehenden Inlandsaufenthalt verhindert werden, der sonst eine
Wiedereinbürgerung erforderlich machen würde. Die Verlustfolge tritt nach
dem neuen § 27 Satz 4 StAG, demzufolge § 25 Absatz 1 Satz 2 StAG entsprechend
gilt, ferner nicht ein, wenn der Angenommene und dessen Abkömmlinge
mit der Annahme die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaates der EU
oder der Schweiz erwerben. Der Erwerb oder Besitz der Staatsangehörigkeit
einer dieser Staaten soll generell keine Auswirkungen auf den Fortbestand der
deutschen Staatsangehörigkeit haben.
11. Zu Artikel 1 Nummer 11a – neu – (§ 32a – neu – StAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer einzufügen:
‚11a. Nach § 32 wird folgender § 32a eingefügt:
„§ 32a
§ 88 Absatz 3 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes gilt für Einbürgerungsverfahren
entsprechend.“ ‘
Begründung:
§ 32a StAG verweist zur Übermittlung personenbezogener Daten in Einbürgerungsverfahren,
die nach § 30 AO dem Steuergeheimnis unterliegen, auf § 88
Absatz 3 Satz 1 AufenthG.
Die Regelung in § 88 Absatz 3 Satz 1 AufenthG war bereits (weitestgehend)
gleichlautend in der Vorgängervorschrift des § 77 Absatz 3 Satz 1 AuslG enthalten.
Sie galt vom Inkrafttreten des AuslG am 1. Januar 1991 bis zu dessen
Außerkrafttreten am 31. Dezember 2004 unmittelbar auch für die darin geregelte
Anspruchseinbürgerung nach den §§ 85 ff. AuslG und war bei deren mit
dem Zuwanderungsgesetz erfolgten Übernahme in die §§ 10 ff. StAG am
1. Januar 2005 aufgrund eines Redaktionsversehens nicht übernommen worden.
Aus der Rechtspraxis ist aber dringender Bedarf an einer entsprechenden
Übermittlungsvorschrift geltend gemacht worden, da ansonsten Informationen
über ein laufendes strafrechtliches Ermittlungsverfahren oder die Verhängung
von Geldbußen bei Verstößen gegen das Steuerrecht nicht erlangt werden, um
die Prüfung der Straffreiheit des Ausländers nach § 8 Absatz 1 Nummer 2
StAG beziehungsweise § 10 Absatz 1 Nummer 5 StAG durchführen zu können.
...
In
Empfehlungen, 249/1/21 - 20 -
12. Zu Artikel 1 Nummer 11a – neu – (§ 33 Absatz 4 Satz 1 StAG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer einzufügen:
‚11a. § 33 Absatz 4 Satz 1 wird wie folgt geändert:
a) Das Wort „Staatsangehörigkeitsbehörden“ wird durch die Wörter
„Staatsangehörigkeitsbehörden, Standesämtern“ ersetzt.
b) Das Wort „soweit“ wird durch die Wörter „wenn und soweit“ ersetzt.
c) Nach dem Wort „staatsangehörigkeitsrechtlichen“ werden die Wörter
„oder personenstandsrechtlichen" eingefügt.‘
Begründung:
Mit der Änderung sollen die Standesämter einen Zugriff auf das Register EStA
beim BVA erhalten.
Bislang werden in § 33 Absatz 4 Satz 1 StAG nur die Staatsangehörigkeitsbehörden
und die Auslandsvertretungen explizit als Behörden genannt, denen auf
Ersuchen Daten nach § 33 Absatz 2 StAG zu übermitteln sind. Zwar gelten
nach § 33 Absatz 4 Satz 2 StAG für die Übermittlung „an andere öffentliche
Stellen“ die Bestimmungen des BDSG, die Gestattung eines elektronischen
Zugriffs auf die Daten dürfte damit aber nicht rechtlich abgesichert sein.
Die Staatsangehörigkeit einer Person (hier insbesondere der Zeitpunkt des Erwerbs
der deutschen Staatsangehörigkeit) ist für eine Reihe personenstandsrechtlicher
Fragen relevant. So ist für Nachbeurkundung der Geburt eines im
Ausland geborenen Kindes von Bedeutung, ob ein Elternteil schon im Zeitpunkt
der Geburt des Kindes die deutsche Staatsangehörigkeit besessen oder
diese gegebenenfalls erst nachträglich durch Einbürgerung erworben hat. Hierzu
können sich aus dem EStA-Register Hinweise ergeben, sodass ein Registerzugriff
die Arbeit der Standesämter erleichtern würde. Informationen über
mögliche staatsangehörigkeitsrechtliche Entscheidungen, die nicht im Melderegister
verzeichnet sind, müssten derzeit immer über die Auslandsvertretungen
angefragt werden. Es erscheint effizienter, eine direkte Datenübermittlung
auf Ersuchen der Standesämter an diese zu erlauben, freilich unter der (üblichen)
Voraussetzung, dass die Daten zur Aufgabenerfüllung der Standesämter
erforderlich sind.
...
In
13. Zu Artikel 1 Nummer 11a – neu – (§ 35 StAG)
- 21 - Empfehlungen, 249/1/21
In Artikel 1 ist nach Nummer 11 folgende Nummer einzufügen:
‚11b. § 35 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird gestrichen.
b) Die bisherigen Absätze 3, 4 und 5 werden Absätze 2, 3 und 4.
c) Nach Absatz 4 wird folgender Absatz angefügt:
„(5) Die deutsche Staatsangehörigkeit geht rückwirkend verloren,
wenn die Rücknahmeentscheidung unanfechtbar ist; bei Rücknahme
einer Beibehaltungsgenehmigung aber nur, wenn ohne deren
Erteilung sonst der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eingetreten
wäre und der Betroffene durch die Rücknahme nicht staatenlos
wird. Der Verlust tritt ein
1. bei Rücknahme einer Beibehaltungsgenehmigung nach § 25
Absatz 2 Satz 1 rückwirkend zum Zeitpunkt des Erwerbs der
ausländischen Staatsangehörigkeit,
2. bei Rücknahme einer Beibehaltungsgenehmigung nach § 29
Absatz 3 Satz 2 rückwirkend zu dem Zeitpunkt, zu dem der
Verlust wegen des Fortbestandes der ausländischen Staatsangehörigkeit
eingetreten wäre.
Der Rechtsfolge nach Satz 1 steht bei Rücknahme einer Einbürgerung
nicht entgegen, dass der Betroffene dadurch staatenlos wird.
Bei Rücknahme einer rechtswidrigen Bescheinigung nach § 15 Absatz
1 oder 2 des Bundesvertriebenengesetzes, die nach § 15 Absatz
4 des Bundesvertriebenengesetzes mit Wirkung für die Vergangenheit
erfolgt ist, gelten Satz 1 Halbsatz 1 und Satz 3 entsprechend.“ ‘
Begründung:
Zu Buchstabe a:
§ 35 Absatz 2 StAG wird gestrichen und der bisherige Regelungsinhalt in Absatz
5 übernommen.
...
Empfehlungen, 249/1/21 - 22 -
Zu Buchstabe c:
Im neuen § 35 Absatz 5 StAG wird in Satz 1 der rückwirkende Staatsangehörigkeitsverlust
als Folge der Rücknahme einer Einbürgerungsentscheidung oder
einer Genehmigung zur Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit nunmehr
ausdrücklich geregelt; bisher ergab sich der Staatsangehörigkeitsverlust
in diesen Fällen nur aus der Auflistung als Verlustgrund in § 17 Absatz 1
Nummer 7 StAG. In Satz 1 wird zudem im Falle der Rücknahme einer Beibehaltungsgenehmigung
klargestellt, dass die Verlustfolge nur eintritt, wenn ohne
deren Erteilung sonst der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit eingetreten
wäre und der Betroffene durch die Rücknahme nicht staatenlos wird. Die erschlichene
Beibehaltungsgenehmigung muss ursächlich dafür gewesen sein,
dass die Verlustfolge nicht eingetreten ist. Die Verlustfolge tritt somit nicht
ein, wenn die Beibehaltungsgenehmigung vor dem Erwerb der ausländischen
Staatsangehörigkeit zurückgenommen worden ist, bevor diese also ihre
Rechtswirkungen (Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit) entfaltet hat.
In § 35 Absatz 5 Satz 2 StAG wird festgelegt, wann der Verlust bei Rücknahme
einer Beibehaltungsgenehmigung eintritt; nach Nummer 1 geschieht dies
im Fall der Rücknahme einer Beibehaltungsgenehmigung nach § 25 Absatz 2
Satz 1 StAG rückwirkend zum Zeitpunkt des Erwerbs der ausländischen
Staatsangehörigkeit, nach Nummer 2 im Fall der Rücknahme einer Beibehaltungsgenehmigung
nach § 29 Absatz 3 Satz 2 StAG rückwirkend zu dem Zeitpunkt,
zu dem der Verlust wegen des Fortbestandes der ausländischen Staatsangehörigkeit
eingetreten wäre. Das ist jeweils der Zeitpunkt, zu dem die deutsche
Staatsangehörigkeit ohne die Beibehaltungsgenehmigung verloren gegangen
wäre.
In § 35 Absatz 5 Satz 3 StAG wird der Regelungsinhalt des bisherigen § 35
Absatz 2 übernommen, wonach der Eintritt von Staatenlosigkeit der Verlustfolge
nach § 35 Absatz 5 Satz 1 StAG bei Rücknahme einer Einbürgerung
nicht entgegensteht. Damit wird zugleich entsprechend Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b und Absatz 3 des Europäischen Übereinkommens vom 6. November
1997 über die Staatsangehörigkeit ausdrücklich klargestellt, dass Staatenlosigkeit
nur bei Rücknahme einer Einbürgerung, nicht aber bei Rücknahme einer
Beibehaltungsgenehmigung eintreten darf. Der im bisherigen § 35 Absatz 2
StAG enthaltenen Formulierung „in der Regel“, die diesem Umstand Rechnung
tragen sollte, bedarf es daher nicht mehr.
In § 35 Absatz 5 Satz 4 StAG wird zudem der Verlust der Staatsangehörigkeit
in den Fällen der Rücknahme einer rechtswidrigen Bescheinigung nach § 15
Absatz 1 oder 2 BVFG ausdrücklich geregelt. Bislang wurde nur mittelbar aus
dem Umstand, dass mit der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Absatz
1 oder 2 BVFG die dort genannten Personen nach § 7 StAG kraft Gesetzes zu
deutschen Staatsangehörigen werden, geschlossen, dass mit der Rücknahme einer
rechtswidrigen Bescheinigung für die Vergangenheit auch die auf diese
Weise erworbene deutsche Staatsangehörigkeit entfällt (vergleiche BR-
Drucksache 196/09, Seite 7).
Mit der ausdrücklichen Regelung dieser Verlusttatbestände wird nunmehr auch
den strengen Anforderungen des Gesetzesvorbehalts für die Regelung des Verlustes
der deutschen Staatsangehörigkeit nach Artikel 16 Absatz 1 Satz 2 des
...
- 23 - Empfehlungen, 249/1/21
Grundgesetzes sowie durch die Regelung in Artikel 3 des Grundgesetzes und
dem Zitiergebot des Artikels 19 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes Rechnung
getragen.