Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPDDeutscher Bundestag Drucksache 19/26541
19. Wahlperiode 09.02.2021
Gesetzentwurf
der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der
Rechtsgrundlagen der Bundespolizei
A. Problem und Ziel
Das geltende Bundespolizeigesetz, das zum überwiegenden Teil noch aus dem
Jahr 1994 stammt und bisher nur in einzelnen Vorschriften angepasst worden ist,
bedarf einer Modernisierung.
Die besonderen Fähigkeiten und die herausragende Stellung der Bundespolizei
müssen, an ihren Kernkompetenzen orientiert und unter Wahrung des sonderpolizeilichen
Charakters, gezielt gestärkt und an die technische Entwicklung sowie
an die aktuellen sicherheitspolitischen Herausforderungen und Gefahrenlagen angepasst
werden.
Der im Bundespolizeigesetz definierte Aufgabenkanon der Bundespolizei hat sich
im Grundsatz bewährt. Beabsichtigt ist gleichwohl eine weitere Differenzierung
und Fokussierung. Darüber hinaus soll die Bundespolizei im Bereich der Gefahrenabwehr
mit neuen Befugnissen ausgestattet werden.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 20. April 2016 (Az. 1
BvR 966/09 und 1 BvR 1140/09; BVerfGE 141, 220) einige Vorschriften des damaligen
Bundeskriminalamtgesetzes für verfassungswidrig erklärt. Da das Bundespolizeigesetz
vergleichbare Vorschriften enthält, lassen sich die Aussagen des
Bundesverfassungsgerichts insoweit auch auf das Bundespolizeigesetz übertragen.
Das Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt
durch Vollzugsbeamte des Bundes (UZwG) umfasst keine Regelung des finalen
Rettungsschusses, die in der Mehrzahl der Polizeigesetze der Länder vorhanden
ist.
B. Lösung
Das Bundespolizeigesetz wird überarbeitet. Im Bereich der Gefahrenabwehr erforderliche
Befugnisse werden aufgenommen. Dabei werden die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts aus seinem Urteil vom 20. April 2016 zum damaligen
Bundeskriminalamtgesetz und die Regelungen der Richtlinie (EU) 2016/680 vom
27. April 2016 berücksichtigt.
Drucksache 19/26541 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Die Richtlinie (EU) 2016/680 vom 27. April 2016 wird weitgehend in Teil 3 des
Bundesdatenschutzgesetzes umgesetzt. Im Bundespolizeigesetz sollen diese Vorschriften
gleichwohl an einigen Stellen im Hinblick auf die Erfordernisse der Bundespolizei
ergänzt und spezifiziert werden.
Im UZwG wird eine rechtliche Grundlage für den finalen Rettungsschuss eingeführt,
um in besonderen Situationen (z. B. Geiselnahmen, Terroranschlag), die einen
derartigen Schusswaffengebrauch erfordern, auf sicherer Rechtsgrundlage
handeln zu können.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Durch die Änderung des Bundespolizeigesetzes entstehen sowohl dem Bund als
auch den Ländern Erfüllungsaufwände.
Bund:
Durch die Änderung des Bundespolizeigesetzes entsteht dem Bund ein einmaliger
Erfüllungsaufwand in Höhe von rd. 12 384 635 Euro. Hierin enthalten sind ein
einmaliger Personalaufwand in Höhe von rd. 5 212 354 Euro sowie ein einmaliger
Sachaufwand in Höhe von rd. 7 172 281 Euro für die Beschaffung entsprechender
Hard- und Software.
Der jährliche Erfüllungsaufwand beträgt rd. 21 514 197 Euro. Hierin enthalten
sind ein jährlicher Personalaufwand in Höhe von 17 436 657 Euro sowie ein sachbezogener
Aufwand im Bereich der neuen Aufgaben und Befugnisse in Höhe von
rd. 4 077 540 Euro.
Der vorstehend bezifferte Erfüllungsaufwand ist im Wesentlichen auf folgende
Umstände zurückzuführen:
Die Bundespolizei wird – ebenso wie das Bundeskriminalamt – für die Umsetzung
der Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April
2016 und der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 vom 27. April 2016 die
bestehende IT-Architektur, insbesondere die Verbundsysteme, anpassen. Die dort
gestellten Anforderungen an die Verarbeitung personenbezogener Daten müssen
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/26541
unter Beachtung des Grundsatzes der hypothetischen Datenneuerhebung in den
IT-Systemen der Bundespolizei abgebildet werden.
Das Bundesverfassungsgericht macht in seinem Urteil vom 20. April 2016 detaillierte
Vorgaben für den Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung
und weitet den Richtervorbehalt aus. Insbesondere muss sichergestellt werden,
dass bestimmte Erkenntnisse dem anordnenden Gericht vorgelegt werden, damit
dieses unverzüglich über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten entscheiden
kann. Dies erfordert eine systematische Erweiterung und Weiterentwicklung
der bislang zur Durchführung von Maßnahmen genutzten Systeme. Dabei müssen
die Anforderungen der IT-Sicherheit vollumfänglich umgesetzt werden.
Mit dem Wegfall der Erstattung der Selbstkosten in § 62 geht eine Entlastung des
Bundeshaushalts um ca. 35 Millionen Euro beim Titel 671 04 und ca. 11 Millionen
Euro beim Titel 517 01 (Bewirtschaftungskosten) einher.
Länder:
Es ergeben sich Möglichkeiten zur Einsparung für die Länder, wenn die Bundespolizei
zusätzliche Aufgaben übernimmt.
Mit der bundespolizeilichen Durchführung von Maßnahmen des Zeugenschutzes
entfällt die diesbezügliche Unterstützung durch die Polizeien der Länder. Damit
einhergehend entfallen Erfüllungsaufwände für die Länder in nicht bezifferbarer
Höhe.
Mit der Bearbeitung weiterer Straftatbestände durch die Bundespolizei geht eine
Entlastung der Länder (und des Zolls) in nicht bezifferbarer Höhe einher.
Kommunen:
Für die Kommunen fällt kein Erfüllungsaufwand an.
F. Weitere Kosten
Durch die Änderung des Bundespolizeigesetzes entsteht den zuständigen Gerichten
ein Mehraufwand durch künftige Anordnungserfordernisse im Zusammenhang
mit präventiven Maßnahmen sowie durch erforderliche Entscheidungen, ob
gewonnene Erkenntnisse zu verwerten oder zu löschen sind. Einer auf Erfahrungswerten
der letzten Jahre basierenden Schätzung zufolge werden durch die
Bundespolizei im Jahr etwa 80 präventive Maßnahmen durchgeführt.
Sonstige Kosten für die Wirtschaft und für soziale Sicherungssysteme werden
nicht erwartet, ebenso wenig Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere auf
das Verbraucherpreisniveau.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/26541
Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der
Rechtsgrundlagen der Bundespolizei
Vom …
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Bundespolizeigesetzes
Das Bundespolizeigesetz vom 19. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2978, 2979), das zuletzt durch […] geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Nach der Angabe zu § 12 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 12a Zeugenschutz“.
b) Nach der Angabe zu § 14 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 14a Befugnisse für den Schutz von Zeugen“.
c) Nach der Angabe zu § 25 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 25a Meldeauflagen“.
d) Nach der Angabe zu § 27c werden die folgenden Angaben eingefügt:
„§ 27d Überwachung der Telekommunikation
§ 27e Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten“.
e) Nach der Angabe zu § 28a wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 28b Einsatz technischer Mittel gegen fernmanipulierte Geräte“.
f) Die Angabe zu Teil 2 wird wie folgt gefasst:
„Teil 2
Weiterverarbeitung und Übermittlung von Daten“.
g) Die Angabe zu § 29 wird wie folgt gefasst:
„§ 29 Weiterverarbeitung personenbezogener Daten“.
h) Nach der Angabe zu § 29 werden die folgenden Angaben eingefügt:
„§ 29a Zweckbindung, Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
§ 29b Daten zu Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen und sonstigen Anlasspersonen
§ 29c Daten zu anderen Personen
§ 29d Weiterverarbeitung von Daten zur Aus- und Fortbildung, zur Vorgangsverwaltung oder zur
befristeten Dokumentation des polizeilichen Handelns
Drucksache 19/26541 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
§ 29e Kennzeichnung“.
i) Die Angabe zu § 31a wird wie folgt gefasst:
„§ 31a Ausschreibungen von Personen und Sachen zur gezielten und verdeckten Kontrolle oder Ermittlungsanfrage
im Schengener Informationssystem“.
j) Nach der Angabe zu § 31a wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 31b Übermittlung von Fluggastdaten“.
k) Die Angaben zu den §§ 32 und 32a werden wie folgt gefasst:
„§ 32 Übermittlung personenbezogener Daten im innerstaatlichen Bereich
§ 32a Übermittlung personenbezogener Daten an Mitgliedstaaten der Europäischen Union und
Schengen assoziierte Staaten“.
l) Nach der Angabe zu § 32a wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 32b Übermittlung personenbezogener Daten im internationalen Bereich“.
m) Die Angabe zu § 33 wird wie folgt gefasst:
„§ 33 Übermittlungsverbote und Verweigerungsgründe“.
n) Die Angabe zu § 33a wird gestrichen.
o) Nach der Angabe zu § 34 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 34a Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern zur Erkennung von DNA-Trugspuren“.
p) Die Angabe zu § 35 wird wie folgt gefasst:
„§ 35 Aussonderungsprüffristen“.
q) Nach der Angabe zu § 35 werden die folgenden Angaben eingefügt:
„§ 35a Löschung von durch Besondere Mittel der Datenerhebung oder vergleichbare Maßnahmen erlangten
personenbezogenen Daten
§ 35b Berichtigung personenbezogener Daten, Einschränkung der Verarbeitung in Akten und Vernichtung
von Akten
§ 35c Benachrichtigung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen
§ 35d Benachrichtigung über die Speicherung personenbezogener Daten von Kindern
§ 35e Protokollierung
§ 35f Protokollierung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen“.
r) Die Angaben zu den §§ 36 und 37 werden wie folgt gefasst:
„§ 36 Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
§ 37 Ergänzende Befugnisse der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“.
s) Die Angabe zu Teil 3 wird wie folgt gefasst:
„Teil 3
Freiheitsbeschränkende Maßnahmen und Durchsuchung“.
t) Nach der Angabe zu § 38 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 38a Aufenthaltsverbot“.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/26541
u) Nach der Angabe zu § 41 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 41a Bild- und Tonüberwachung von Gewahrsamsräumen“.
v) Die Angabe zu § 43 wird wie folgt gefasst:
„§ 43 Durchsuchung von Personen und Entnahme von Blutproben“.
w) Folgende Angabe wird angefügt:
„§ 71 Berichtspflicht gegenüber dem Deutschen Bundestag“.
2. In § 1 Absatz 5 werden nach dem Wort „Straftaten“ die Wörter „und die Vorsorge für die künftige Verfolgung
von Straftaten“ eingefügt.
3. § 12 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 1 wird wie folgt geändert:
aaa) In dem Satzteil vor Nummer 1 werden die Wörter „eines Vergehens (§ 12 Abs. 2 des
Strafgesetzbuches) besteht, das“ durch die Wörter „einer Straftat besteht, die“ ersetzt.
bbb) In Nummer 2 wird das Wort „es“ durch das Wort „sie“ ersetzt und werden nach den Wörtern
„begangen wurde“ die Wörter „oder die Person, die einer solchen Straftat verdächtig
ist, im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei festgestellt wurde“ eingefügt.
ccc) In Nummer 5 wird das Wort „und“ durch das Wort „oder“ ersetzt.
ddd) Folgende Nummer 7 wird angefügt:
„7. gegen die Sicherheit der Anlagen oder des Betriebes des Luftverkehrs gerichtet ist
und im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei festgestellt wird.“
eee) In dem Satzteil nach Nummer 7 werden die Wörter „darüber hinaus, soweit der Verdacht
eines Verbrechens nach Nummer 2 oder nach § 315 Abs. 3 Nr. 1 des Strafgesetzbuches
besteht sowie in Fällen der Nummer 6.“ gestrichen.
bb) Die Sätze 2 und 3 werden durch folgenden Satz ersetzt:
„Der Bundespolizei obliegt im Fall der Nummer 5 die polizeiliche Aufgabe auf dem Gebiet der
Strafverfolgung bei dem Verdacht eines Verbrechens nur dann, wenn der Verdacht einer Straftat
nach den §§ 244a, 249, 250, 252, 255, 308 Absatz 1 oder 315 Absatz 3 des Strafgesetzbuches besteht.“
b) In Absatz 3 Satz 3 werden die Wörter „oder Absatz 1 Satz 1 letzter Halbsatz“ gestrichen.
c) In Absatz 5 Satz 2 werden die Wörter „und des Absatzes 1 Satz 1 letzter Halbsatz“ gestrichen.
4. Nach § 12 wird folgender § 12a eingefügt:
„§ 12a
Zeugenschutz
(1) In den Fällen des § 12 Absatz 1 und 2 Satz 1 obliegt der Bundespolizei der Schutz von Personen,
deren Aussage zur Erforschung der Wahrheit von Bedeutung ist oder war. Gleiches gilt für Angehörige dieser
Personen und sonstige ihnen nahestehende Personen. Die Bundespolizei unterrichtet die zuständigen
Landeskriminalämter unverzüglich von der Übernahme des Zeugenschutzes.
(2) In Einzelfällen können Zeugenschutzmaßnahmen im Einvernehmen zwischen der Bundespolizei
und einem Landeskriminalamt durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte dieses Landes durchgeführt werden.
Die Verpflichtung anderer Polizeibehörden, die zur Abwehr von Gefahren erforderlichen unaufschiebbaren
Maßnahmen zu treffen, bleibt unberührt.“
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5. Nach § 14 wird folgender § 14a eingefügt:
„§ 14a
Befugnisse für den Schutz von Zeugen
(1) Zur Erfüllung ihrer Aufgabe nach § 12a kann die Bundespolizei, soweit nicht dieses Gesetz oder
das Zeugenschutz-Harmonisierungsgesetz die Befugnisse besonders regelt, die erforderlichen Maßnahmen
treffen, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für Leib, Leben, Gesundheit, Freiheit der Willensentschließung
und -betätigung oder wesentliche Vermögenswerte der in § 12a genannten Personen abzuwehren. Die
Maßnahmen können auch nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens, in dem die Aussage erfolgt
ist, fortgeführt werden. Für den Fall, dass noch die Strafvollstreckung betrieben wird, sind die Maßnahmen
im Einvernehmen mit der Strafvollstreckungsbehörde und im Falle fortdauernder Inhaftierung auch im Einvernehmen
mit der Justizvollzugsbehörde durchzuführen.
(2) Über Maßnahmen der Bundespolizei, die nach Absatz 1 getroffen werden, sind die zuständigen
Landeskriminalämter und die für die Strafverfolgung zuständige Staatsanwaltschaft unverzüglich zu unterrichten.
Nach Erhebung der öffentlichen Klage ist das Gericht unverzüglich zu unterrichten, ob die Bundespolizei
Maßnahmen nach Absatz 1 durchführt. Sollen die Maßnahmen eingestellt werden, ist die Staatsanwaltschaft
zu unterrichten.“
6. § 21 Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Zur Verhütung von Straftaten ist eine Erhebung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit
Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass
1. die Person Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen will und die Daten zur Verhütung solcher
Straftaten erforderlich sind oder
2. die Person mit einer in Nummer 1 genannten Person nicht nur flüchtig oder in zufälligem Kontakt in
Verbindung steht und
a) von der Vorbereitung einer Straftat im Sinne von Nummer 1 Kenntnis hat,
b) aus der Verwertung der Tat Vorteile ziehen könnte oder
c) die Person nach Nummer 1 sich ihrer zur Begehung der Straftat bedienen könnte
und die Verhütung dieser Straftaten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.“
7. § 22a Absatz 3 Satz 6 wird wie folgt gefasst:
„§ 28 Absatz 5 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.“
8. § 24 Absatz 1 Nummer 2 wird wie folgt gefasst:
„2. dies zur Verhütung oder Vorsorge der künftigen Verfolgung von Straftaten im Sinne des § 12 Absatz 1
erforderlich ist, weil Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Gefahr der Begehung einer solchen
Straftat besteht, insbesondere der Betroffene verdächtig ist, eine Straftat begangen zu haben und
wegen der Art oder Ausführung dieser Tat die Gefahr einer Wiederholung besteht.“
9. Nach § 25 wird folgender § 25a eingefügt:
„§ 25a
Meldeauflagen
(1) Die Bundespolizei kann gegenüber einer Person anordnen, sich an bestimmten Tagen zu bestimmten
Zeiten bei einer bestimmten Dienststelle der Bundespolizei zu melden (Meldeauflage), wenn
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/26541
1. Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person eine Straftat nach § 12 Absatz 1 von erheblicher
Bedeutung begehen wird, und die Meldeauflage zur vorbeugenden Bekämpfung der Straftat erforderlich
ist oder
2. wenn die Meldeauflage zur Durchsetzung einer Ausreiseuntersagung erforderlich ist.
(2) Die Meldeauflage ist auf höchstens einen Monat zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht
mehr als einen Monat ist zulässig, sofern die Voraussetzungen der Anordnung weiterhin vorliegen.“
10. Nach § 27c werden die folgenden §§ 27d und 27e eingefügt:
„§ 27d
Überwachung der Telekommunikation
(1) Die Bundespolizei kann ohne Wissen der betroffenen Person die Telekommunikation einer Person
überwachen und aufzeichnen,
1. die nach § 17 oder § 18 verantwortlich ist und dies zur Abwehr einer dringenden Gefahr für den Bestand
oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder
Sachen von bedeutendem Wert, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, geboten ist,
2. bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie innerhalb eines übersehbaren Zeitraums
eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Straftat begehen wird, die eine nicht unerhebliche
Schädigung der in Nummer 1 genannten Rechtsgüter erwarten lässt,
3. bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie für eine Person nach Nummer 1 bestimmte
oder von dieser herrührende Mitteilungen entgegennimmt oder weitergibt, oder
4. bei der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine Person nach Nummer 1 deren Telekommunikationsanschluss
oder Endgerät benutzen wird
und die Abwehr der Gefahr auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Die Maßnahme
darf auch durchgeführt werden, wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden.
(2) Die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation darf ohne Wissen der betroffenen
Person in der Weise erfolgen, dass mit technischen Mitteln in von der betroffenen Person genutzte informationstechnische
Systeme eingegriffen wird, wenn
1. durch technische Maßnahmen sichergestellt ist, dass ausschließlich laufende Telekommunikation überwacht
und aufgezeichnet wird und
2. der Eingriff in das informationstechnische System notwendig ist, um die Überwachung und Aufzeichnung
der Telekommunikation insbesondere in unverschlüsselter Form zu ermöglichen
und bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass innerhalb eines übersehbaren Zeitraums eine zumindest
ihrer Art nach konkretisierte Straftat im Zusammenhang mit lebensgefährdenden Schleusungen oder
Menschenhandel begangen werden wird, die eine nicht unerhebliche Schädigung der in Absatz 1 Nummer 1
genannten Rechtsgüter erwarten lässt. Auf dem informationstechnischen System der betroffenen Person gespeicherte
Inhalte und Umstände der Kommunikation dürfen überwacht und aufgezeichnet werden, wenn sie
auch während des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter
Form hätten überwacht und aufgezeichnet werden können.
(3) Es ist technisch sicherzustellen, dass
1. an dem informationstechnischen System nur Veränderungen vorgenommen werden, die für die Datenerhebung
unerlässlich sind,
2. die vorgenommenen Veränderungen bei Beendigung der Maßnahme, soweit technisch möglich, automatisiert
rückgängig gemacht werden und
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3. bei Maßnahmen nach Absatz 2 ausschließlich Inhalte und Umstände der Kommunikation überwacht
und aufgezeichnet werden können, die ab dem Zeitpunkt der Anordnung nach Absatz 4 auch während
des laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz hätten überwacht und
aufgezeichnet werden können.
Das eingesetzte Mittel ist nach dem Stand der Technik gegen unbefugte Nutzung zu schützen. Kopierte Daten
sind nach dem Stand der Technik gegen Veränderung, unbefugte Löschung und unbefugte Kenntnisnahme
zu schützen.
(4) Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 dürfen nur auf Antrag der Präsidentin oder des Präsidenten
des Bundespolizeipräsidiums oder der Präsidentin oder des Präsidenten der Bundespolizeidirektion, oder
ihrer oder seiner Vertretung, durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung
durch die nach Satz 1 Antragsberechtigten getroffen werden. In diesem Fall ist die gerichtliche Entscheidung
unverzüglich nachzuholen. Soweit die Anordnung nach Satz 2 nicht binnen drei Tagen durch das
Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft.
(5) Im Antrag sind anzugeben:
1. die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,
2. die Rufnummer oder eine andere Kennung des zu überwachenden Anschlusses oder des Endgeräts,
sofern sich nicht aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass diese zugleich einem anderen Endgerät zugeordnet
ist,
3. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,
4. im Falle des Absatzes 2 auch eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems,
in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll,
5. der Sachverhalt sowie
6. eine Begründung.
(6) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben:
1. die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,
2. die Rufnummer oder eine andere Kennung des zu überwachenden Anschlusses oder des Endgeräts,
sofern sich nicht aus bestimmten Tatsachen ergibt, dass diese zugleich einem anderen Endgerät zugeordnet
ist,
3. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme unter Benennung des Endzeitpunktes,
4. im Falle des Absatzes 2 auch eine möglichst genaue Bezeichnung des informationstechnischen Systems,
in das zur Datenerhebung eingegriffen werden soll, sowie
5. die wesentlichen Gründe.
Die Anordnung ist auf höchstens drei Monate zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als drei
weitere Monate ist zulässig, soweit die Voraussetzungen der Anordnung unter Berücksichtigung der gewonnenen
Erkenntnisse fortbestehen. Liegen die Voraussetzungen der Anordnung nicht mehr vor, sind die auf
Grund der Anordnung ergriffenen Maßnahmen unverzüglich zu beenden.
(7) Auf Grund der Anordnung hat jeder, der geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt
oder daran mitwirkt, der Bundespolizei die Maßnahmen nach Absatz 1 zu ermöglichen und die zur Auskunftserteilung
erforderlichen Daten auf dem von der Bundespolizei bestimmten Weg unverzüglich zu übermitteln.
Ob und in welchem Umfang hierfür Vorkehrungen zu treffen sind, bestimmt sich nach dem Telekommunikationsgesetz
und der Telekommunikationsüberwachungsverordnung. Für die Entschädigung der
Diensteanbieter ist § 23 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes entsprechend anzuwenden.
(8) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach den
Absätzen 1 und 2 allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/26541
Maßnahme unzulässig. Soweit im Rahmen von Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 neben einer automatischen
Aufzeichnung eine unmittelbare Kenntnisnahme erfolgt, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen,
soweit sich während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte,
die dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Bestehen insoweit Zweifel,
darf nur eine automatische Aufzeichnung fortgesetzt werden. Automatische Aufzeichnungen sind unverzüglich
dem anordnenden Gericht vorzulegen. Das Gericht entscheidet unverzüglich über die Verwertbarkeit
oder Löschung der Daten. Ist die Maßnahme nach Satz 2 unterbrochen worden, so darf sie für den Fall, dass
sie nicht nach Satz 1 unzulässig ist, fortgeführt werden. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung,
die durch eine Maßnahme nach den Absätzen 1 und 2 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet
werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und
der Löschung sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle
verwendet werden. Sie ist sechs Monate nach der Benachrichtigung nach § 35c oder sechs Monate
nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung über das endgültige Absehen von der Benachrichtigung zu
löschen. Ist die Datenschutzkontrolle noch nicht beendet, ist die Dokumentation bis zu ihrem Abschluss
aufzubewahren.
(9) Bei Gefahr im Verzug kann die Präsidentin oder der Präsident des Bundespolizeipräsidiums oder
die Präsidentin oder der Präsident der Bundespolizeidirektion, oder ihre oder seine Vertretung, im Benehmen
mit der oder dem Datenschutzbeauftragten des Bundespolizeipräsidiums oder der Bundespolizeidirektion
über die Verwertung der Erkenntnisse entscheiden. Bei der Sichtung der erhobenen Daten kann sie oder er
sich der technischen Unterstützung von zwei weiteren Bediensteten der Bundespolizei bedienen, von denen
eine oder einer die Befähigung zum Richteramt haben muss. Die Bediensteten der Bundespolizei sind zur
Verschwiegenheit über die ihnen bekannt werdenden Erkenntnisse, die nicht verwertet werden dürfen, verpflichtet.
Die gerichtliche Entscheidung nach Absatz 8 Satz 5 ist unverzüglich nachzuholen.
§ 27e
Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten
(1) Die Bundespolizei kann unter den Voraussetzungen des § 27d Absatz 1 durch technische Mittel
ermitteln:
1. die Gerätenummer eines Mobilfunkendgeräts und die Kartennummer der darin verwendeten Karte sowie
2. den Standort eines Mobilfunkendgeräts.
(2) Personenbezogene Daten Dritter dürfen anlässlich einer Maßnahme nach Absatz 1 nur erhoben
werden, wenn dies aus technischen Gründen zur Erreichung des Zwecks nach Absatz 1 unvermeidbar ist.
Über den Datenabgleich zur Ermittlung der gesuchten Geräte- und Kartennummer hinaus dürfen sie nicht
verwendet werden und sind nach Beendigung der Maßnahme unverzüglich zu löschen.
(3) § 27d Absatz 4 und 6 Satz 1 und 5 gilt entsprechend. Die Anordnung ist auf höchstens sechs Monate
zu befristen. Eine Verlängerung um jeweils nicht mehr als sechs Monate ist zulässig, soweit die in
Absatz 1 bezeichneten Voraussetzungen fortbestehen.
(4) Auf Grund der Anordnung einer Maßnahme nach Absatz 1 Nummer 2 hat jeder, der Telekommunikationsdienste
erbringt oder daran mitwirkt, der Bundespolizei die für die Ermittlung des Standortes des
Mobilfunkendgeräts erforderliche Geräte- und Kartennummer unverzüglich mitzuteilen.“
11. § 28 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 1 wird das Wort „oder“ am Ende gestrichen.
Drucksache 19/26541 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
bb) Nummer 2 wird durch die folgenden Nummern 2 und 3 ersetzt:
„2. Personen, bei denen bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie innerhalb eines
übersehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise Straftaten
im Sinne des § 12 Absatz 1 mit erheblicher Bedeutung, gewerbs-, gewohnheits-, bandenmäßig
oder als kriminelle Vereinigung begehen werden, oder
3. Personen, die mit einer in Nummer 2 genannten Person entsprechend § 21 Absatz 2 Nummer
2 in Verbindung stehen,“
b) Die Absätze 3 bis 5 werden wie folgt gefasst:
„(3) Maßnahmen nach
1. Absatz 2 Nummer 1,
2. Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a, bei denen durchgehend länger als 24 Stunden oder an mehr als
zwei Tagen Bildaufzeichnungen bestimmter Personen angefertigt werden sollen,
3. Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe b,
4. Absatz 2 Nummer 3 und 4, die sich gegen eine bestimmte Person richten oder bei denen die Vertrauensperson
oder der Verdeckte Ermittler eine Wohnung betritt, die nicht allgemein zugänglich
ist,
dürfen nur durch das Gericht angeordnet werden.
Maßnahmen nach Satz 1 Nummer 3 und 4 dürfen nur auf Antrag der Präsidentin oder des Präsidenten
des Bundespolizeipräsidiums oder der Präsidentin oder des Präsidenten der Bundespolizeidirektion, ihrer
oder seiner Vertretung, oder durch die Leiterin oder den Leiter einer Abteilung des Bundespolizeipräsidiums
durch das Gericht angeordnet werden. Bei Gefahr im Verzug kann die Anordnung einer
Maßnahme nach Satz 1 durch die nach Satz 2 Antragsberechtigten getroffen werden. In diesem Fall ist
die gerichtliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen. Soweit die Anordnung nach Satz 2 nicht binnen
drei Tagen durch das Gericht bestätigt wird, tritt sie außer Kraft. Die übrigen Maßnahmen nach
Absatz 2 Nummer 2 bis 4 dürfen, außer bei Gefahr im Verzug, nur durch die nach Satz 2 Antragsberechtigten
angeordnet werden.
(4) Im Antrag sind anzugeben:
1. die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,
2. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme,
3. der Sachverhalt sowie
4. eine Begründung.
(5) Die Anordnung ergeht schriftlich. In ihr sind anzugeben:
1. die Person, gegen die sich die Maßnahme richtet, soweit möglich, mit Name und Anschrift,
2. Art, Umfang und Dauer der Maßnahme sowie
3. die wesentlichen Gründe.
Die Anordnung ist auf höchstens einen Monat zu befristen; im Falle des Absatzes 2 Nummer 3 und 4
ist die Maßnahme auf höchstens drei Monate zu befristen. Die Verlängerung der Maßnahme bedarf
einer neuen Anordnung. Absatz 3 Satz 4 und 5 gilt entsprechend. Zuständig ist das Amtsgericht, in
dessen Bezirk die Bundespolizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die Vorschriften des
Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
entsprechend.“
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/26541
c) Die Absätze 7 bis 9 werden durch die folgenden Absätze 7 und 8 ersetzt:
„(7) Liegen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme vor, dass durch eine Maßnahme nach
Absatz 2 allein Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die
Maßnahme unzulässig. Ergeben sich bei Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 3 und 4 während der
Durchführung tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Kernbereich betroffen ist, ist die Maßnahme
zu unterbrechen, sobald dies ohne Gefährdung der beauftragten Person möglich ist. Soweit im Rahmen
einer Maßnahme nach Absatz 2 Nummer 1 und 2 eine unmittelbare Kenntnisnahme, auch neben einer
automatischen Aufzeichnung, erfolgt, ist die Maßnahme unverzüglich zu unterbrechen, soweit sich
während der Überwachung tatsächliche Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Inhalte, die dem Kernbereich
privater Lebensgestaltung zuzurechnen sind, erfasst werden. Bestehen insoweit Zweifel, darf die
Maßnahme in den Fällen des Absatzes 2 Nummer 2 als automatische Aufzeichnung weiter fortgesetzt
werden. Automatische Aufzeichnungen nach Satz 3 sind unverzüglich dem anordnenden Gericht vorzulegen.
Das Gericht entscheidet unverzüglich über die Verwertbarkeit oder Löschung der Daten. Ist
die Maßnahme nach Satz 3 unterbrochen worden, so darf sie für den Fall, dass sie nicht nach Satz 1
unzulässig ist, fortgeführt werden. Erkenntnisse aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung, die
durch eine Maßnahme nach Absatz 2 erlangt worden sind, dürfen nicht verwertet werden. Aufzeichnungen
hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsachen der Erfassung der Daten und der Löschung
sind zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der Datenschutzkontrolle
verwendet werden. Sie ist sechs Monate nach der Benachrichtigung nach § 35c oder sechs
Monate nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung über das endgültige Absehen von der Benachrichtigung
zu löschen. Ist die Datenschutzkontrolle noch nicht beendet, ist die Dokumentation bis zu
ihrem Abschluss aufzubewahren.
(8) Bei Gefahr in Verzug kann die Präsidentin oder der Präsident des Bundespolizeipräsidiums
oder die Präsidentin oder der Präsident der Bundespolizeidirektion, ihre oder seine Vertretung, im Benehmen
mit der oder dem Datenschutzbeauftragten des Bundespolizeipräsidiums oder der Bundespolizeidirektion
über die Verwertung der Erkenntnisse entscheiden. Bei der Sichtung der erhobenen Daten
kann sie oder er sich der technischen Unterstützung von zwei weiteren Bediensteten der Bundespolizei
bedienen, von denen eine oder einer die Befähigung zum Richteramt haben muss. Die Bediensteten der
Bundespolizei sind zur Verschwiegenheit über die ihnen bekannt gewordenen Erkenntnisse, die nicht
verwertet werden dürfen, verpflichtet. Die gerichtliche Entscheidung nach Absatz 7 Satz 6 ist unverzüglich
nachzuholen.“
12. § 28a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Ergeben sich bei der Maßnahme während der Durchführung tatsächliche Anhaltspunkte dafür,
dass der Kernbereich privater Lebensgestaltung betroffen ist, ist die Maßnahme zu unterbrechen,
sobald dies ohne Gefährdung der von der Bundespolizei beauftragten Personen möglich ist. Wenn tatsächliche
Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass durch die Maßnahme allein Erkenntnisse aus
dem Kernbereich privater Lebensgestaltung erlangt würden, ist die Maßnahme unzulässig. Aufzeichnungen
über Vorgänge, die den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen, sind unverzüglich zu
löschen. Erkenntnisse über solche Vorgänge dürfen nicht verwertet werden. Die Tatsache der Erfassung
der Daten und ihrer Löschung sind zu dokumentieren. Diese Daten dürfen ausschließlich zu Zwecken
der Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie sind sechs Monate nach der Benachrichtigung nach
§ 35c oder sechs Monate nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung über das endgültige Absehen
von der Benachrichtigung zu löschen. Ist die Datenschutzkontrolle noch nicht beendet, ist die Dokumentation
bis zu ihrem Abschluss aufzubewahren.“
b) Absatz 5 Satz 2 wird aufgehoben.
Drucksache 19/26541 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
13. Nach § 28a wird folgender § 28b eingefügt:
„§ 28b
Einsatz technischer Mittel gegen fernmanipulierte Geräte
Zur Abwehr einer Gefahr, die von fernmanipulierten Geräten ausgeht, die an Land, in der Luft oder zu
Wasser betrieben werden, kann die Bundespolizei geeignete technische Mittel gegen das Fahrzeug, dessen
Steuerungseinheit oder Steuerungsverbindung einsetzen, wenn die Abwehr der Gefahr durch andere Maßnahmen,
insbesondere gegen die nach § 17 verantwortlichen Personen, aussichtslos oder wesentlich erschwert
wäre. Für Maßnahmen zur Abwehr der in Satz 1 bezeichneten Gefahren kann die Bundespolizei
technische Mittel zur Erkennung einer Gefahr einsetzen.“
14. Die Überschrift des Teils 2 wird wie folgt gefasst:
15. § 29 wird durch die folgenden §§ 29 bis 29e ersetzt:
„Teil 2
Weiterverarbeitung und Übermittlung von Daten“.
„§ 29
Weiterverarbeitung personenbezogener Daten
Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten weiterverarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer
Aufgaben erforderlich ist und soweit dieses Gesetz keine zusätzlichen besonderen Voraussetzungen vorsieht.
Sie kann ferner personenbezogene Daten weiterverarbeiten, soweit dies zur Erledigung besonderer Ersuchen
nach § 17 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes erforderlich ist. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für
personenbezogene Daten, die die Bundespolizei ohne Anforderung von Dritten erhalten hat.
§ 29a
Zweckbindung, Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
(1) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten, die sie selbst erhoben hat, weiterverarbeiten
1. zur Erfüllung derselben Aufgabe und
2. zum Schutz derselben Rechtsgüter oder zur Verfolgung oder Verhütung derselben Straftaten.
(2) Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben personenbezogene Daten zu anderen Zwecken,
als denjenigen, zu denen sie erhoben worden sind, weiterverarbeiten, wenn
1. mindestens
a) vergleichbar schwerwiegende Straftaten verhütet, aufgedeckt oder verfolgt oder
b) vergleichbar bedeutsame Rechtsgüter geschützt
werden sollen und
2. sich im Einzelfall konkrete Ermittlungsansätze
a) zur Verhütung, Aufdeckung oder Verfolgung solcher Straftaten ergeben oder
b) zur Abwehr von in einem übersehbaren Zeitraum drohenden Gefahren für mindestens vergleichbar
bedeutsame Rechtsgüter erkennen lassen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/26541
Die §§ 29d und 34 bleiben unberührt.
(3) Abweichend von Absatz 2 kann die Bundespolizei die vorhandenen Grunddaten einer Person gemäß
der Rechtsverordnung nach § 20 des Bundeskriminalamtgesetzes auch weiterverarbeiten, um diese Person
zu identifizieren.
(4) Bei der Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten stellt die Bundespolizei durch organisatorische
und technische Vorkehrungen sicher, dass die Absätze 1 bis 3 beachtet werden.
§ 29b
Daten zu Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen und sonstigen Anlasspersonen
(1) Die Bundespolizei kann, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, personenbezogene Daten
weiterverarbeiten, die sie bei Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung
über
1. Verurteilte,
2. Beschuldigte,
3. Personen, die einer Straftat verdächtig sind, sofern die Weiterverarbeitung der Daten erforderlich ist,
weil wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit der betroffenen Person oder sonstiger
Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass zukünftig Strafverfahren gegen sie zu führen sind,
und
4. Personen, bei denen Anlass zur Weiterverarbeitung der Daten besteht, weil tatsächliche Anhaltspunkte
dafür vorliegen, dass die betroffenen Personen in naher Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung
begehen werden (Anlasspersonen)
erlangt hat, soweit dies zur Abwehr von Gefahren im Rahmen der der Bundespolizei obliegenden Aufgaben
oder für Zwecke künftiger Strafverfahren wegen Straftaten im Sinne des § 12 Absatz 1 erforderlich ist.
(2) Die Bundespolizei kann weiterverarbeiten
1. von Personen nach Absatz 1 Nummer 1 bis 4
a) die Grunddaten gemäß der Rechtsverordnung nach § 20 des Bundeskriminalamtgesetzes und
b) soweit erforderlich, andere zur Identifizierung geeignete Merkmale,
c) die kriminalaktenführende Dienststelle der Bundespolizei und die Kriminalaktennummer,
d) die Tatzeiten und Tatorte und
e) die Tatvorwürfe durch Angabe der gesetzlichen Vorschriften und die nähere Bezeichnung der
Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten;
2. von Personen nach Absatz 1 Nummer 1 und 2 weitere personenbezogene Daten, soweit die Weiterverarbeitung
der Daten erforderlich ist, weil wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit
der betroffenen Person oder sonstiger Erkenntnisse Grund zu der Annahme besteht, dass zukünftig
Strafverfahren gegen sie zu führen sind;
3. von Personen nach Absatz 1 Nummer 3 und 4 weitere personenbezogene Daten.
(3) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten weiterverarbeiten, um festzustellen, ob die betreffenden
Personen die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen. Die Daten dürfen ausschließlich zu diesem
Zweck weiterverarbeitet werden. Die Daten sind nach Abschluss der Prüfung, spätestens jedoch nach zwölf
Monaten zu löschen, soweit nicht festgestellt wurde, dass die betreffende Person die Voraussetzungen nach
Absatz 1 erfüllt.
Drucksache 19/26541 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
(4) Wird der Beschuldigte rechtskräftig freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn
unanfechtbar abgelehnt oder das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt, ist die Weiterverarbeitung unzulässig,
wenn sich aus den Gründen der Entscheidung ergibt, dass er die Tat nicht oder nicht rechtswidrig
begangen hat.
§ 29c
Daten zu anderen Personen
(1) Die Bundespolizei kann nach Maßgabe von § 29 personenbezogene Daten solcher Personen,
1. die bei einer künftigen Strafverfolgung als Zeugen in Betracht kommen,
2. die als Opfer einer künftigen Straftat in Betracht kommen,
3. die mit in § 29b Absatz 1 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Personen nicht nur flüchtig oder in zufälligem
Kontakt und in einer Weise in Verbindung stehen, die erwarten lässt, dass Hinweise für die Verfolgung
oder vorbeugende Bekämpfung dieser Straftaten gewonnen werden können, weil Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass die Personen von der Planung oder der Vorbereitung der Straftaten oder der
Verwertung der Tatvorteile Kenntnis haben oder daran mitwirken, oder
4. die Hinweisgeber oder sonstige Auskunftspersonen sind,
außer zur Abwehr einer Gefahr nur dann weiterverarbeiten, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dies
zur Verhütung von Straftaten im Sinne des § 12 Absatz 1 mit erheblicher Bedeutung oder für Zwecke künftiger
Strafverfahren wegen solcher Straftaten erforderlich ist. Die Weiterverarbeitung nach Satz 1 ist zu beschränken
auf die in § 29b Absatz 2 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Daten sowie auf die Angabe, in welcher
Eigenschaft der Person und in Bezug auf welchen Sachverhalt die Weiterverarbeitung der Daten erfolgt.
Personenbezogene Daten über Personen nach Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 dürfen nur mit Einwilligung der
betroffenen Person weiterverarbeitet werden. Die Einwilligung ist nicht erforderlich, wenn das Bekanntwerden
der Speicherungsabsicht den mit der Speicherung verfolgten Zweck gefährden würde.
(2) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten weiterverarbeiten, um festzustellen, ob die betreffenden
Personen die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllen. Die Daten dürfen ausschließlich zu diesem
Zweck weiterverarbeitet werden. Die Daten sind nach Abschluss der Prüfung, spätestens jedoch nach zwölf
Monaten zu löschen, soweit nicht festgestellt wurde, dass die betreffende Person die Voraussetzungen nach
Absatz 1 erfüllt.
§ 29d
Weiterverarbeitung von Daten zur Aus- und Fortbildung, zur Vorgangsverwaltung oder zur befristeten Dokumentation
des polizeilichen Handelns
(1) Die Bundespolizei kann bei ihr vorhandene personenbezogene Daten zur polizeilichen Aus- und
Fortbildung weiterverarbeiten. Die Daten sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu anonymisieren. Die Anonymisierung
kann unterbleiben, wenn
1. sie nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist und die berechtigten Interessen der betroffenen
Person an der Geheimhaltung der Daten nicht offensichtlich überwiegen oder
2. der Aus- und Fortbildungszweck mit anonymisierten Daten nicht erreicht werden kann und die berechtigten
Interessen der betroffenen Person an der Geheimhaltung der Daten nicht offensichtlich überwiegen.
Eine solche Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten, die aus den in § 27d genannten Maßnahmen
erlangt wurden, ist ausgeschlossen.
(2) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten zur Vorgangsverwaltung oder zur befristeten
Dokumentation des polizeilichen Handelns weiterverarbeiten. Die §§ 29a bis 29c finden keine Anwendung.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/26541
§ 29e
Kennzeichnung
(1) Bei der Speicherung sind personenbezogene Daten wie folgt zu kennzeichnen:
1. Angabe des Mittels der Erhebung der Daten einschließlich der Angabe, ob die Daten offen oder verdeckt
erhoben wurden,
2. Angabe der Kategorie nach den §§ 29b und 29c bei Personen, zu denen Grunddaten angelegt wurden,
3. Angabe der
a) Rechtsgüter oder sonstiger Rechte, deren Schutz die Erhebung dient, oder
b) Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, deren Verfolgung oder Verhütung die Erhebung dient,
4. Angabe der Stelle, die sie erhoben hat, sofern nicht die Bundespolizei die Daten erhoben hat.
Die Kennzeichnung nach Satz 1 Nummer 1 kann auch durch Angabe der Rechtsgrundlage der jeweiligen
Mittel der Datenerhebung ergänzt werden. Personenbezogene Daten, die die Bundespolizei ohne Anforderung
von einem Dritten erhalten hat, sind, soweit möglich, nach Satz 1 zu kennzeichnen; dabei sind die erste
datenverarbeitende Stelle und der Dritte, von dem die Daten erlangt wurden, soweit möglich, anzugeben.
(2) Personenbezogene Daten, die nicht entsprechend den Anforderungen des Absatzes 1 gekennzeichnet
sind, dürfen so lange nicht weiterverarbeitet oder übermittelt werden, bis eine Kennzeichnung entsprechend
den Anforderungen des Absatzes 1 erfolgt ist.
(3) Nach einer Übermittlung an eine andere Stelle ist die Kennzeichnung nach Absatz 1 durch diese
Stelle aufrechtzuerhalten.
(4) Personenbezogene Daten, die nach den §§ 26 bis 27c und 41a erhoben worden sind, müssen erst
mit der Speicherung in einem Vorgangs- oder Fallbearbeitungssystem gekennzeichnet werden.
(5) Abweichend von Absatz 2 ist eine Weiterverarbeitung oder Übermittlung personenbezogener Daten
auch zulässig nach den Bestimmungen der für die Daten am … [einsetzen: Datum des Tages vor dem
Tag des Inkrafttretens dieses Gesetzes nach Artikel 4] jeweils geltenden Errichtungsanordnung nach § 36
des Bundespolizeigesetzes in der bis zum … [einsetzen: Datum des Tages vor dem Tag des Inkrafttretens
dieses Gesetzes nach Artikel 4] geltenden Fassung.“
16. § 31 Absatz 4 Satz 6 wird wie folgt gefasst:
„§ 28 Absatz 5 Satz 5 findet Anwendung.“
17. Nach § 31 wird folgender § 31a eingefügt:
„§ 31a
Ausschreibungen von Personen und Sachen zur gezielten und verdeckten Kontrolle oder Ermittlungsanfrage
im Schengener Informationssystem
(1) Die Bundespolizei kann im Rahmen ihrer Aufgaben nach § 1 Absatz 2 und 3 sowie den §§ 2 bis
7, 12 und 12a personenbezogene Daten der in § 30 Absatz 1 Satz 1 bezeichneten Art im Schengener Informationssystem
zur gezielten und verdeckten Kontrolle oder Ermittlungsanfrage nach Maßgabe des für die
Inbetriebnahme des Schengener Informationssystems geltenden Unionsrechts ausschreiben.
(2) Die Ausschreibung zur Ermittlungsanfrage nach Absatz 1 darf nur eine Erhebung von Informationen
nach § 22 bezwecken.“
18. Der bisherige § 31a wird § 31b.
Drucksache 19/26541 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
19. § 32 wird wie folgt gefasst:
„§ 32
Übermittlung personenbezogener Daten im innerstaatlichen Bereich
(1) Die Bundespolizei kann unter Beachtung von § 29a Absatz 2 und 3 Behörden des Polizeivollzugsdienstes
und, wenn sie Aufgaben nach § 2 Absatz 2 oder Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung
wahrnehmen, Behörden der Zollverwaltung personenbezogene Daten übermitteln, soweit dies zur Erfüllung
polizeilicher Aufgaben erforderlich ist.
(2) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten unter Beachtung von § 29a Absatz 2 und 3 an
andere inländische öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies erforderlich ist zur
1. Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe,
2. Abwehr von Gefahren,
3. Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner,
4. Verfolgung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, zur Strafvollstreckung und zum Strafvollzug
oder
5. Erledigung besonderer Ersuchen nach § 17 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes.
(3) Die Bundespolizei kann personenbezogene Daten unter Beachtung von § 29a Absatz 2 und 3 an
inländische nicht öffentliche Stellen übermitteln, soweit dies zulässig und erforderlich ist zur
1. Verhütung oder Beseitigung erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl,
2. Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe, oder
3. Abwehr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechte Einzelner.
(4) In den Fällen der Absätze 2 bis 3 darf die Übermittlung von Daten, die § 41 oder § 61 des Bundeszentralregistergesetzes
unterfallen, nicht zu einer Erweiterung des Kreises der dort bezeichneten Stellen führen.
Die Verwertungsverbote nach den §§ 51, 52 und 63 des Bundeszentralregistergesetzes sind zu beachten.
(5) Der Empfänger darf die übermittelten personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck verarbeiten,
für den sie ihm übermittelt worden sind. Eine Verarbeitung für andere Zwecke ist unter Beachtung des § 29a
Absatz 2 und 3 zulässig; im Falle des Absatzes 3 gilt dies nur, soweit zusätzlich die Bundespolizei zustimmt.
Bei Übermittlungen an nicht öffentliche Stellen hat die Bundespolizei die empfangende Stelle darauf hinzuweisen.
(6) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die Bundespolizei. Erfolgt die
Übermittlung auf Grund eines Ersuchens einer öffentlichen Stelle nach den Absätzen 1 und 2, trägt diese die
Verantwortung. In diesem Fall prüft die Bundespolizei nur, ob das Ersuchen im Rahmen der Aufgaben des
Empfängers liegt, es sei denn, dass besonderer Anlass zur Prüfung der Zulässigkeit der Übermittlung besteht.
(7) Die Bundespolizei hat Anlass, Inhalt, Empfänger und Tag der Übermittlung zu dokumentieren. In
den Fällen des Absatzes 3 hat die Bundespolizei einen Nachweis zu führen, aus dem die in Satz 1 bezeichneten
Angaben sowie die Aktenfundstelle ersichtlich sind. Die Nachweise sind gesondert aufzubewahren,
gegen unberechtigten Zugriff zu sichern und am Ende des Kalenderjahres, das dem Jahr ihrer Erstellung
folgt, zu vernichten. Die Vernichtung unterbleibt, solange der Nachweis für Zwecke der Datenschutzkontrolle
benötigt wird oder Grund zu der Annahme besteht, dass im Fall einer Vernichtung schutzwürdige
Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt würden.
(8) Sind mit personenbezogenen Daten, die nach den Absätzen 1 und 2 übermittelt werden dürfen,
weitere personenbezogene Daten der betroffenen Person oder eines Dritten in Akten so verbunden, dass eine
Trennung nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, so ist die Übermittlung auch dieser
Daten zulässig, soweit nicht berechtigte Interessen der betroffenen Person oder eines Dritten an der Geheimhaltung
offensichtlich überwiegen. Eine Verwendung dieser Daten ist unzulässig.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/26541
(9) Die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens, das die Übermittlung von bei der Bundespolizei
verarbeiteten personenbezogenen Daten ermöglicht, ist nur zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben mit
Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat zulässig, soweit diese Form der Datenübermittlung
unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person wegen der
Vielzahl der Übermittlungen oder wegen ihrer besonderen Eilbedürftigkeit angemessen ist. Die Berechtigung
zum Abruf darf, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur den in Absatz 1 bezeichneten Stellen
eingeräumt werden.
(10) Die Bundespolizei darf zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch außerhalb des polizeilichen Informationsverbunds
nach § 2 Absatz 3 des Bundeskriminalamtgesetzes an einem polizeilichen Datenverbund mit
anderen Landes- und Bundesbehörden teilnehmen, der auch eine automatisierte Datenübermittlung ermöglicht.
(11) Völkerrechtliche Vereinbarungen über die Übermittlung personenbezogener Daten bleiben unberührt.“
20. Die §§ 32a und 33 werden durch die folgenden §§ 32a bis 33 ersetzt:
„§ 32a
Übermittlung personenbezogener Daten an Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Schengen assoziierte
Staaten
§ 32 gilt entsprechend für die Übermittlung von personenbezogenen Daten an
1. öffentliche und nicht öffentliche Stellen in Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
2. zwischen- und überstaatliche Stellen der Europäischen Union oder deren Mitgliedstaaten, die mit Aufgaben
der Verhütung und Verfolgung von Straftaten befasst sind und
3. öffentliche und nicht öffentliche Stellen in Staaten, welche die Bestimmungen des Schengen-Besitzstandes
aufgrund eines Assoziierungsübereinkommens mit der Europäischen Union über die Umsetzung,
Anwendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes anwenden.
Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Datenübermittlung trägt die Bundespolizei.
§ 32b
Übermittlung personenbezogener Daten im internationalen Bereich
(1) Die Bundespolizei kann unter Beachtung des § 29a Absatz 2 und 3 und unter Beachtung der §§ 78
bis 80 des Bundesdatenschutzgesetzes an Polizei- und Justizbehörden sowie an sonstige für die Verhütung
oder Verfolgung von Straftaten zuständige öffentliche Stellen in anderen als den in § 32a genannten Staaten
(Drittstaaten) und an andere als die in § 32a genannten zwischen- und überstaatlichen Stellen, die mit Aufgaben
der Verhütung oder Verfolgung von Straftaten befasst sind, personenbezogene Daten übermitteln,
soweit dies erforderlich ist
1. zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe,
2. zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
Entsprechendes gilt, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen
werden sollen.
(2) Die Bundespolizei kann unter den Voraussetzungen des § 81 des Bundesdatenschutzgesetzes und
unter Beachtung des § 29a Absatz 2 und 3 personenbezogene Daten an die in § 81 des Bundesdatenschutzgesetzes
genannten Stellen übermitteln. Zusätzlich kann sie unter den Voraussetzungen des Satzes 1 an andere
als die in Absatz 1 genannten zwischen- und überstaatlichen Stellen personenbezogene Daten übermitteln,
soweit dies erforderlich ist
Drucksache 19/26541 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
1. zur Erfüllung einer ihr obliegenden Aufgabe oder
2. zur Abwehr einer im Einzelfall bestehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
Entsprechendes gilt, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Straftaten von erheblicher Bedeutung
begangen werden sollen.
(3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die Bundespolizei. Die Bundespolizei
hat die Übermittlung und ihren Anlass aufzuzeichnen. Die empfangende Stelle personenbezogener Daten
ist darauf hinzuweisen, dass sie nur zu dem Zweck genutzt werden dürfen, zu dem sie übermittelt worden
sind. Ferner ist ihr der bei der Bundespolizei vorgesehene Löschungszeitpunkt mitzuteilen.
(4) Besondere Rechtsvorschriften über die Übermittlung personenbezogener Daten bleiben unberührt.
§ 33
Übermittlungsverbote und Verweigerungsgründe
(1) Die Übermittlung unterbleibt, wenn für die Bundespolizei erkennbar ist, dass unter Berücksichtigung
der Art der Daten und ihrer Erhebung die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person das Allgemeininteresse
an der Übermittlung überwiegen.
(2) Die Datenübermittlung nach den §§ 32a und 32b unterbleibt über die in Absatz 1 genannten
Gründe hinaus auch dann,
1. wenn hierdurch wesentliche Sicherheitsinteressen des Bundes oder der Länder beeinträchtigt würden,
2. wenn hierdurch der Erfolg laufender Ermittlungen oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person gefährdet
würde,
3. soweit Grund zu der Annahme besteht, dass durch sie gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen
würde,
4. wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Übermittlung der Daten zu den in der Charta
der Grundrechte der Europäischen Union enthaltenen Grundsätzen, insbesondere dadurch, dass durch
die Nutzung der übermittelten Daten im Empfängerstaat Verletzungen von elementaren rechtsstaatlichen
Grundsätzen oder Menschenrechtsverletzungen drohen, in Widerspruch stünde.“
21. § 33a wird aufgehoben.
22. Nach § 34 wird folgender § 34a eingefügt:
„§ 34a
Speicherung von DNA-Identifizierungsmustern zur Erkennung von DNA-Trugspuren
(1) Die Bundespolizei kann von ihren Beschäftigten, die Umgang mit Spurenmaterial haben oder die
Bereiche in ihren Liegenschaften und Einrichtungen betreten müssen, in denen mit Spurenmaterial umgegangen
oder dieses gelagert wird,
1. mittels eines Mundschleimhautabstrichs oder einer hinsichtlich ihrer Eingriffsintensität vergleichbaren
Methode Körperzellen entnehmen,
2. diese zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmusters molekulargenetisch untersuchen und
3. die festgestellten DNA-Identifizierungsmuster mit den an Spurenmaterial festgestellten DNA-Identifizierungsmustern
automatisiert abgleichen,
um zur Erkennung von DNA-Trugspuren festzustellen, ob an Spurenmaterial festgestellte DNA-Identifizierungsmuster
von diesen Personen stammen. Die Entnahme der Körperzellen darf nicht erzwungen werden.
Die entnommenen Körperzellen dürfen nur für die in Satz 1 genannte molekulargenetische Untersuchung
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 21 – Drucksache 19/26541
verwendet werden; sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie hierfür nicht mehr erforderlich sind. Bei
der Untersuchung dürfen andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters
erforderlich sind, nicht getroffen werden; hierauf gerichtete Untersuchungen sind unzulässig.
(2) Untersuchungen und Abgleiche nach Absatz 1 bei Personen, die nicht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
der Bundespolizei sind, dürfen nur mit deren schriftlicher Einwilligung erfolgen.
(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen Daten sind zu pseudonymisieren und darüber hinaus in
einem gesonderten Informationssystem zu speichern. Eine Verwendung dieser Daten zu anderen als den in
den Absätzen 1 und 2 genannten Zwecken ist unzulässig. Die DNA-Identifizierungsmuster sind zu löschen,
wenn sie für die genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind. Die Löschung hat spätestens drei Jahre
nach dem letzten Umgang der betreffenden Person mit Spurenmaterial oder dem letzten Zutritt zu einem in
Absatz 1 Satz 1 genannten Bereich zu erfolgen. Betroffene Personen sind schriftlich über den Zweck und die
Weiterverarbeitung sowie die Löschung der erhobenen Daten zu informieren.“
23. § 35 wird wie folgt gefasst:
„§ 35
Aussonderungsprüffristen
(1) Die Bundespolizei prüft nach § 75 des Bundesdatenschutzgesetzes bei der Einzelfallbearbeitung
und nach festgesetzten Fristen, ob gespeicherte personenbezogene Daten zu berichtigen oder zu löschen sind.
Die Aussonderungsprüffristen nach § 75 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes dürfen bei Erwachsenen
zehn Jahre, bei Jugendlichen fünf Jahre und bei Kindern zwei Jahre nicht überschreiten, wobei nach Zweck
der Speicherung sowie Art und Schwere des Sachverhalts zu unterscheiden ist. Die Beachtung der Aussonderungsprüffristen
ist durch geeignete technische Maßnahmen zu gewährleisten.
(2) In den Fällen von § 29c Absatz 1 dürfen die Aussonderungsprüffristen bei Erwachsenen fünf Jahre
und bei Jugendlichen drei Jahre nicht überschreiten. Personenbezogene Daten der in § 29c Absatz 1 Satz 1
Nummer 1, 2 und 4 bezeichneten Personen können ohne Zustimmung der betroffenen Person nur für die
Dauer eines Jahres gespeichert werden. Die Speicherung für jeweils ein weiteres Jahr ist zulässig, soweit die
Voraussetzungen des § 29c Absatz 1 weiterhin vorliegen. Die maßgeblichen Gründe für die Aufrechterhaltung
der Speicherung nach Satz 3 sind aktenkundig zu machen. Die Speicherung nach Satz 2 darf jedoch
insgesamt drei Jahre nicht überschreiten.
(3) Die Fristen beginnen mit dem Tag, an dem das letzte Ereignis eingetreten ist, das zur Speicherung
der Daten geführt hat, jedoch nicht vor Entlassung der betroffenen Person aus einer Justizvollzugsanstalt
oder Beendigung einer mit Freiheitsentziehung verbundenen Maßregel der Besserung und Sicherung. Die
Speicherung kann über die in Absatz 1 Satz 2 genannten Fristen hinaus auch allein für Zwecke der Vorgangsverwaltung
aufrechterhalten werden, sofern dies erforderlich ist; in diesem Falle können die Daten nur
noch für diesen Zweck oder zur Behebung einer bestehenden Beweisnot verwendet werden.“
24. Nach § 35 werden die folgenden §§ 35a bis 35f eingefügt:
„§ 35a
Löschung von durch Besondere Mittel der Datenerhebung oder vergleichbare Maßnahmen erlangten personenbezogenen
Daten
(1) Sind personenbezogene Daten, die durch eine Maßnahme nach den §§ 14 und 14a oder durch
Maßnahmen nach den §§ 21 bis 28b erlangt worden ist und die nicht dem Kernbereich privater Lebensgestaltung
zuzuordnen sind, zur Erfüllung des der Maßnahme zugrundeliegenden Zwecks und für eine etwaige
gerichtliche Überprüfung der Maßnahme nicht mehr erforderlich, sind sie unverzüglich zu löschen, soweit
keine Weiterverarbeitung der Daten nach den Vorschriften des Abschnitts 2 Unterabschnitt 2 Teil 2 erfolgt.
Die Tatsache der Löschung ist zu dokumentieren. Die Dokumentation darf ausschließlich für Zwecke der
Datenschutzkontrolle verwendet werden. Sie ist sechs Monate nach der Benachrichtigung nach § 35c oder
Drucksache 19/26541 – 22 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
sechs Monate nach Erteilung der gerichtlichen Zustimmung über das endgültige Absehen von der Benachrichtigung
zu löschen. Ist die Datenschutzkontrolle noch nicht beendet, ist die Dokumentation bis zu ihrem
Abschluss aufzubewahren.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für personenbezogene Daten, die
1. der Bundespolizei übermittelt worden sind und
2. durch Maßnahmen erlangt wurden, die den Maßnahmen nach § 14 oder den §§ 21 bis 28b entsprechen.
§ 35b
Berichtigung personenbezogener Daten, Einschränkung der Verarbeitung in Akten und Vernichtung von
Akten
(1) Stellt die Bundespolizei die Unrichtigkeit personenbezogener Daten in Akten fest, ist die in § 75
Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes genannte Berichtigungspflicht dadurch zu erfüllen, dass dies in der
Akte vermerkt oder auf sonstige Weise festgehalten wird. Bestreitet die betroffene Person die Richtigkeit sie
betreffender personenbezogener Daten und lässt sich weder die Richtigkeit noch die Unrichtigkeit feststellen,
sind die Daten entsprechend zu kennzeichnen, um eine Verarbeitungseinschränkung nach § 58 Absatz 1
Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes zu ermöglichen.
(2) Die Bundespolizei hat die Verarbeitung personenbezogener Daten in Akten einzuschränken, wenn
1. die Verarbeitung unzulässig ist oder
2. aus Anlass einer Einzelfallbearbeitung festgestellt wird, dass die Kenntnis der Daten zur Erfüllung der
der Bundespolizei obliegenden Aufgaben nicht mehr erforderlich ist.
Die Akte ist zu vernichten, wenn sie insgesamt zur Erfüllung der Aufgaben der Bundespolizei nicht mehr
erforderlich ist. Die Vernichtung unterbleibt, wenn
1. Grund zu der Annahme besteht, dass andernfalls schutzwürdige Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt
würden oder
2. die personenbezogenen Daten für Zwecke eines gerichtlichen Verfahrens weiter aufbewahrt werden
müssen.
In diesen Fällen ist die Verarbeitung der Daten einzuschränken und sind die Unterlagen mit einem entsprechenden
Einschränkungsvermerk zu versehen.
(3) In ihrer Verarbeitung eingeschränkte Daten dürfen nur für den Zweck verarbeitet werden, für den
die Vernichtung der Akte unterblieben ist; sie dürfen auch verarbeitet werden, wenn dies zur Behebung einer
bestehenden Beweisnot unerlässlich ist oder die betroffene Person einwilligt.
(4) Anstelle der Vernichtung nach Absatz 2 Satz 2 sind die Akten an das zuständige Archiv abzugeben,
sofern diesen Unterlagen bleibender Wert im Sinne des § 1 Nummer 10 in Verbindung mit § 3 des
Bundesarchivgesetzes zukommt.
(5) § 75 Absatz 4 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend.
§ 35c
Benachrichtigung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen
(1) Über eine Maßnahme nach den §§ 27d, 27e, 28, 28a, 30 bis 31a sind zu benachrichtigen im Fall
1. des § 27d (Telekommunikationsüberwachung) die Beteiligten der überwachten Telekommunikation,
2. des § 27e (Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten) die Zielperson,
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 23 – Drucksache 19/26541
3. des § 28a, bei der Vorgänge außerhalb von Wohnungen erfasst wurden, und des § 28 Absatz 2 Nummer
1 und 2 (längerfristige Observation, Bildaufnahmen, Tonaufnahmen) die Zielperson sowie die erheblich
mitbetroffenen Personen,
4. des § 28a, bei der Vorgänge innerhalb von Wohnungen erfasst wurden, und des § 28 Absatz 2 Nummer
3 und 4 (Einsatz Vertrauensperson und Verdeckter Ermittler)
a) die Zielperson,
b) die erheblich mitbetroffenen Personen,
c) die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung die beauftragte Person, die Vertrauensperson
oder der Verdeckte Ermittler betreten hat,
5. der §§ 30 bis 31a (Ausschreibungen) die Zielperson und die Personen, deren personenbezogene Daten
gemeldet worden sind.
Die Benachrichtigung unterbleibt, wenn ihr überwiegende schutzwürdige Belange einer betroffenen Person
entgegenstehen. Zudem kann die Benachrichtigung einer in Satz 1 Nummer 1 bezeichneten Person, gegen
die sich die Maßnahme nicht gerichtet hat, unterbleiben, wenn diese von der Maßnahme nur unerheblich
betroffen ist und anzunehmen ist, dass sie kein Interesse an einer Benachrichtigung hat. Nachforschungen
zur Feststellung der Identität einer in Satz 1 bezeichneten Person sind nur vorzunehmen, wenn dies unter
Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser Person, des Aufwands für die Feststellung
ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen folgenden Beeinträchtigungen geboten
ist.
(2) Die Benachrichtigung erfolgt, sobald dies ohne Gefährdung des Zwecks der Maßnahme, des Bestandes
des Staates, von Leib, Leben oder Freiheit einer Person oder Sachen von bedeutendem Wert, deren
Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, möglich ist. Im Fall des § 28 Absatz 2 Nummer 3 und 4 und des
§ 28a erfolgt die Benachrichtigung erst, sobald dies auch ohne Gefährdung der Möglichkeit der weiteren
Verwendung des Verdeckten Ermittlers oder der Vertrauensperson möglich ist. Wird wegen des zugrundeliegenden
Sachverhaltes ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geführt, entscheidet die Strafverfolgungsbehörde
entsprechend den Vorschriften des Strafverfahrensrechts, ob eine Benachrichtigung vorgenommen
wird. Die Benachrichtigung erfolgt durch die Bundespolizeibehörde, die die Maßnahme veranlasst hat. Wird
die Benachrichtigung aus einem der vorgenannten Gründe zurückgestellt, ist dies zu dokumentieren.
(3) Erfolgt die nach Absatz 2 zurückgestellte Benachrichtigung nicht binnen zwölf Monaten nach Beendigung
der Maßnahme, bedarf die weitere Zurückstellung der gerichtlichen Zustimmung. Das Gericht bestimmt
die Dauer der weiteren Zurückstellung. Fünf Jahre nach Beendigung der Maßnahme kann mit gerichtlicher
Zustimmung endgültig von der Benachrichtigung abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen
für die Benachrichtigung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten
werden, eine weitere Verwendung der Daten gegen den Betroffenen ausgeschlossen ist und die Daten gelöscht
werden. Sind mehrere Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt worden,
beginnt die in Satz 1 genannte Frist mit der Beendigung der letzten Maßnahme.
§ 35d
Benachrichtigung über die Speicherung personenbezogener Daten von Kindern
Werden personenbezogene Daten von Kindern, die ohne Kenntnis der Sorgeberechtigten durch die
Bundespolizei erhoben worden sind, gespeichert, sind die Sorgeberechtigten zu benachrichtigen, sobald die
Aufgabenerfüllung hierdurch nicht mehr gefährdet wird. Von der Benachrichtigung kann abgesehen werden,
solange zu besorgen ist, dass die Benachrichtigung zu erheblichen Nachteilen für das Kind führt.
Drucksache 19/26541 – 24 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
§ 35e
Protokollierung
(1) Die Protokollierung nach § 76 des Bundesdatenschutzgesetzes erfolgt ergänzend zu den dort genannten
Anforderungen in einer Weise, dass die Protokolle
1. den Datenschutzbeauftragten der Bundespolizeibehörden und der oder dem Bundesbeauftragten für den
Datenschutz und die Informationsfreiheit in elektronisch auswertbarer Form für die Überprüfung der
Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zur Verfügung stehen und
2. eine Überprüfung ermöglichen, dass Zugriffe auf personenbezogene Daten innerhalb der Zugriffsberechtigungen
erfolgen.
(2) Die nach § 76 des Bundesdatenschutzgesetzes und unter Beachtung von Absatz 1 generierten Protokolldaten
sind nach zwölf Monaten zu löschen, soweit sie nicht mehr für Zwecke der Datenschutzkontrolle
benötigt werden.
§ 35f
Protokollierung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen
(1) Bei der Erhebung von Daten nach den §§ 27d, 27e, 28, 28a, 30 bis 31a sind zu protokollieren:
1. das zur Datenerhebung eingesetzte Mittel,
2. der Zeitpunkt des Einsatzes,
3. Angaben, die die Feststellung der erhobenen Daten ermöglichen, sowie
4. die Organisationseinheit, die die Maßnahme durchführt.
(2) Zu protokollieren sind auch
1. bei Maßnahmen nach § 27d
a) die Beteiligten der überwachten Telekommunikation sowie
b) im Falle, dass Überwachung mit einem Eingriff in von der betroffenen Person genutzte informationstechnische
Systeme verbunden ist, die Angaben zur Identifizierung des informationstechnischen
Systems und die daran vorgenommenen nicht nur flüchtigen Veränderungen,
2. bei Maßnahmen nach § 27e die Zielperson,
3. bei Maßnahmen nach § 28a, bei denen Vorgänge außerhalb von Wohnungen erfasst wurden, und nach
§ 28 Absatz 2 Nummer 1 und 2 die Zielperson sowie die erheblich mitbetroffenen Personen,
4. bei Maßnahmen nach § 28a, bei denen Vorgänge innerhalb von Wohnungen erfasst wurden, und nach
§ 28 Absatz 2 Nummer 3 und 4
a) die Zielperson,
b) die erheblich mitbetroffenen Personen sowie
c) die Personen, deren nicht allgemein zugängliche Wohnung die beauftragte Person, die Vertrauensperson
oder der Verdeckte Ermittler betreten haben,
5. bei Maßnahmen nach den §§ 30 bis 31a die Zielperson und die Personen, deren personenbezogene Daten
gemeldet worden sind.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 25 – Drucksache 19/26541
(3) Nachforschungen zur Feststellung der Identität einer in Absatz 2 bezeichneten Person sind nur
vorzunehmen, wenn dies unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität der Maßnahme gegenüber dieser
Person, des Aufwands für die Feststellung ihrer Identität sowie der daraus für diese oder andere Personen
folgenden Beeinträchtigungen geboten ist. Die Zahl der Personen, deren Protokollierung unterblieben ist, ist
im Protokoll anzugeben.
(4) Die Protokolldaten dürfen nur verwendet werden für Zwecke der Benachrichtigung nach § 35c
und um der betroffenen Person oder einer dazu befugten öffentlichen Stelle die Prüfung zu ermöglichen, ob
die Maßnahmen rechtmäßig durchgeführt worden sind. Sie sind nach zwölf Monaten zu löschen, soweit sie
nicht mehr für Zwecke der Datenschutzkontrolle benötigt werden.“
25. Die §§ 36 und 37 werden wie folgt gefasst:
„§ 36
Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
(1) Die Bundespolizei nimmt in das Verzeichnis nach § 70 des Bundesdatenschutzgesetzes zusätzlich
Angaben auf
1. zu den Zugriffsberechtigungen,
2. zur Übermittlung im Wege eines automatisierten Abrufverfahrens und
3. zur Auftragsverarbeitung.
(2) Das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten wird beim Bundespolizeipräsidium geführt. Die
Datenschutzbeauftragen der Bundespolizeibehörden sind bei der Erstellung und Aktualisierung zu beteiligen.
(3) Die Bundespolizei stellt das Verzeichnis und dessen Aktualisierungen der oder dem Bundesbeauftragten
für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und den Datenschutzbeauftragten der Bundespolizeibehörden
zur Verfügung.
§ 37
Ergänzende Befugnisse der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
(1) Die oder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit führt, unbeschadet
ihrer oder seiner in § 14 des Bundesdatenschutzgesetzes genannten Aufgaben, Kontrollen bezüglich der
Datenverarbeitung bei Maßnahmen nach den §§ 22a, 27d, 27e, 28 oder § 28a und von Übermittlungen nach
§ 32b mindestens alle zwei Jahre durch.
(2) Sofern die oder der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Verstöße
nach § 16 Absatz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes beanstandet hat, kann sie oder er geeignete Maßnahmen
anordnen, wenn dies zur Beseitigung eines erheblichen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Vorschriften
erforderlich ist.“
26. Die Überschrift des Teils 3 wird wie folgt gefasst:
„Teil 3
Freiheitsbeschränkende Maßnahmen und Durchsuchung“.
Drucksache 19/26541 – 26 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
27. Nach § 38 wird folgender § 38a eingefügt:
„§ 38a
Aufenthaltsverbot
Die Bundespolizei kann einer Person für höchstens drei Monate den Aufenthalt an einem Ort untersagen,
wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person dort innerhalb eines übersehbaren Zeitraums
eine Straftat im Sinne des § 12 Absatz 1 von erheblicher Bedeutung begehen oder zu ihrer Begehung
beitragen wird. Das Verbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang
zu beschränken. Es hat berechtigte Interessen der betroffenen Person zu berücksichtigen. Die Vorschriften
des Versammlungsrechts bleiben unberührt.“
28. Nach § 41 wird folgender § 41a eingefügt:
„§ 41a
Bild- und Tonüberwachung von Gewahrsamsräumen
(1) Die Bundespolizei kann in ihren polizeilichen Gewahrsamsräumen durch die offene Anfertigung
von Bild- und Tonaufzeichnungen personenbezogene Daten erheben und weiterverarbeiten, soweit diese
Maßnahme zum Schutz der festgehaltenen Person oder von anwesenden Polizeivollzugsbeamtinnen oder
Polizeivollzugsbeamten erforderlich ist.
(2) Befindet sich keine Polizeivollzugsbeamtin und kein Polizeivollzugsbeamter in dem Gewahrsamsraum
der festgehaltenen Person, darf die Bundespolizei durch die offene Anfertigung von Bildaufzeichnungen
personenbezogene Daten nur erheben und weiterverarbeiten, soweit dies zur Abwehr einer gegenwärtigen
Gefahr für Leib oder Leben der festgehaltenen Person oder der höchstens kurzzeitigen Erforschung dieser
Gefahr erforderlich ist.
(3) Die Datenerhebung ist für die festgehaltene Person wahrnehmbar und verständlich durch ein optisches
oder akustisches Signal anzuzeigen. Der Schutz der Intimsphäre der festgehaltenen Person ist zu
wahren.
(4) Beginn, Ende, Umfang und Anlass der Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 sind zu dokumentieren.
(5) Für die Fälle des Absatzes 1 findet § 27a Absatz 4 entsprechende Anwendung. In den Fällen des
Absatzes 2 findet keine Speicherung statt.“
29. § 43 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„§ 43
Durchsuchung von Personen und Entnahme von Blutproben“.
b) Folgender Absatz 6 wird angefügt:
„(6) Die Bundespolizei kann zur Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben die Entnahme von
Blutproben anordnen. Dies gilt insbesondere, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass eine
Übertragung besonders gefährlicher Krankheitserreger auf eine andere Person stattgefunden haben
könnte. Die Maßnahme bedarf, außer bei Gefahr im Verzug, der richterlichen Anordnung. Zuständig
ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Polizeibehörde ihren Sitz hat. Für das Verfahren gelten die
Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit entsprechend. Maßnahmen nach Satz 1 dürfen nur von Ärztinnen oder Ärzten
durchgeführt werden.“
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 27 – Drucksache 19/26541
30. § 62 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3) Die in Absatz 2 genannten Unternehmen stellen die erforderlichen Einrichtungen, insbesondere
Dienst- und Lagerräume gemäß den polizeilichen Anforderungen sowie Parkplätze für die Dienstkraftfahrzeuge
der Bediensteten der Bundespolizei unentgeltlich zur Verfügung. Soweit die Unternehmen keine oder
nicht ausreichend eigene Flächen bereitstellen können, sind sie verpflichtet, der Bundespolizei vergleichbare
Ersatzflächen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Ist dies nicht möglich, da die Unternehmen die für die
Wahrnehmung der Aufgabe der Bundespolizei erforderlichen Betriebsflächen nach Inkrafttreten dieses Gesetzes
veräußert haben, tritt der Erwerber in die Verpflichtung des Unternehmens ein. Der Umfang der Verpflichtung
beschränkt sich auf die zum Zeitpunkt der Veräußerung bereitgestellten Flächen, wenn nicht veränderte
Sicherheitslagen einen anderen Flächenbedarf begründen. Sofern den Unternehmen oder Erwerbern
die Bereitstellung der erforderlichen Einrichtungen auf Grund bestehender Nutzungsverträge mit Dritten
nicht möglich ist, sind sie verpflichtet, auslaufende Verträge nicht zu verlängern. Die Unternehmen oder
Erwerber sind verpflichtet, die Einrichtungen in einem guten Zustand zu überlassen und sie während der
gesamten Nutzung in diesem Zustand zu erhalten.“
31. In § 69a Absatz 1 wird die Angabe „§ 31a Abs. 1“ durch die Angabe „§ 31b Absatz 1“ ersetzt.
32. Folgender § 71 wird angefügt:
„§ 71
Berichtspflicht gegenüber dem Deutschen Bundestag
Die Bundespolizei berichtet dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat alle zwei Jahre,
erstmals bis zum … [einsetzen: Datum des ersten Tages des vierundzwanzigsten auf die Verkündung folgenden
Kalendermonats] über die Ausübung ihrer Befugnisse nach den §§ 26, 27, 27b, 27d, 27e, 28, 28a,
28b, 30 bis 31a und diesbezüglichen Übermittlungen nach § 32b. In dieser Unterrichtung wird insbesondere
dargestellt, in welchem Umfang von welchen Befugnissen Gebrauch gemacht wurde und inwieweit die betroffenen
Personen hierüber benachrichtigt wurden. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat
leitet diese Unterrichtung der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag innerhalb von zwei Monaten
zu. Der Deutsche Bundestag macht die Unterrichtung öffentlich zugänglich.“
Artikel 2
Änderung des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch
Vollzugsbeamte des Bundes
§ 12 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch
Vollzugsbeamte des Bundes in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 2015, veröffentlichten bereinigten
Fassung, das zuletzt durch Artikel 43 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert
worden ist, wird wie folgt gefasst:
„Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenn er
das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen Gefahr einer schwerwiegenden
Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.“
Drucksache 19/26541 – 28 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Artikel 3
Änderung des Aufenthaltsgesetzes
Nach § 71 Absatz 3 des Aufenthaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008
(BGBl. I S. 162), das zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I S. 2855) geändert
worden ist, wird folgender Absatz 3a eingefügt:
„(3a) Ungeachtet der Zuständigkeit nach Absatz 3 ist die Bundespolizei für Abschiebungen und Zurückschiebungen
von Drittstaatsangehörigen zuständig, sofern
1. diese im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei festgestellt wurden,
2. diese vollziehbar ausreisepflichtig sind und
3. deren Abschiebung nicht ausgesetzt ist oder deren Abschiebung innerhalb von sechs Monaten durchführbar
ist, insbesondere, wenn nach § 60a Absatz 2 Satz 1 Alternative 1 die Abschiebung aufgrund von fehlenden
Reisedokumenten ausgesetzt ist und nach Einschätzung der Bundespolizei die notwendigen Reisedokumente
innerhalb dieser Frist beschafft werden können.
Die Zuständigkeit der Bundespolizei nach Satz 1 endet, wenn
1. im Falle der Aussetzung der Abschiebung aufgrund von fehlenden Reisedokumenten nicht innerhalb von
sechs Monaten nach der Feststellung des Drittstaatsangehörigen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei
die Beschaffung von Reisedokumenten gelungen ist und eine Beschaffung nicht unmittelbar bevorsteht oder
2. nach Feststellung des Drittstaatsangehörigen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei andere rechtliche
oder tatsächliche Gründe aufgetreten sind oder fortbestehen, die einer Abschiebung innerhalb von sechs Monaten
nach der Feststellung entgegenstehen oder
3. die zuständige oberste Landesbehörde widerspricht.
Die Zuständigkeiten nach Absatz 3 Nummer 1e und 2 gelten in den Fällen des Satzes 1 entsprechend.“
Artikel 4
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Berlin, den 9. Februar 2021
Ralph Brinkhaus, Alexander Dobrindt und Fraktion
Dr. Rolf Mützenich und Fraktion
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 29 – Drucksache 19/26541
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
Das geltende Bundespolizeigesetz, das zum überwiegenden Teil noch aus dem Jahr 1994 stammt und nur in einzelnen
Vorschriften angepasst worden ist, bedarf einer Modernisierung. Die Bundespolizei soll einzelne neue
Aufgaben (unter Wahrung des sonderpolizeilichen Charakters) und ein verbessertes Befugnisinstrumentarium erhalten.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 20. April 2016 das bisherige Bundeskriminalamtgesetz
in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Es hat geurteilt, dass bei solchen Maßnahmen, die tief in das Privatleben
Betroffener hineinreichen, besondere Anforderungen an den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu stellen sind. Insbesondere
verlangen die Befugnisse besondere Regelungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung
sowie zum Schutz von Berufsgeheimnisträgern. Sie unterliegen bestimmten Anforderungen an Transparenz,
individuellen Rechtsschutz und datenschutzaufsichtliche Kontrolle.
Mit seinem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht zudem ein Grundsatzurteil zum polizeilichen Datenschutz
gesprochen, mit dem es die bisherige Rechtsprechung zu den einzelnen verdeckten Ermittlungsbefugnissen zusammenführt,
sie in übergreifende Prinzipien systematisiert, die verfassungsrechtlichen Anforderungen an
Zweckbindung und Zweckänderung von Daten fortentwickelt und erstmals Aussagen zur Übermittlung von Daten
an öffentliche Stellen im Ausland trifft. Es hat insbesondere ausgeführt, dass sich die Anforderungen an die Nutzung
und Übermittlung staatlich erhobener Daten nach den Grundsätzen der Zweckbindung und Zweckänderung
richten und sich die Verhältnismäßigkeitsanforderungen für eine solche Zweckänderung am Grundsatz der hypothetischen
Datenneuerhebung zu orientieren haben. Auch die Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen im
Ausland unterliegt diesen verfassungsrechtlichen Grundsätzen der Zweckänderung und Zweckbindung.
Außerdem ist die Richtlinie (EU) 2016/680 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung
personenbezogener Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung
oder Verfolgung von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr umzusetzen.
Mit dieser Richtlinie soll der Datenschutz im Polizeibereich weiter harmonisiert werden, um zum einen ein vergleichbar
hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten – unter anderem durch Stärkung von Betroffenenrechten
– zu gewährleisten und zum anderen den unionsweiten Informationsaustausch zu erleichtern und zu verbessern.
Die Richtlinie wird weitgehend bereits durch Artikel 3 des Bundesdatenschutzgesetzes umsetzt. Für die
Bundespolizei müssen die Vorschriften ergänzt und spezifiziert werden.
Die erforderliche Überarbeitung wird auch zum Anlass genommen, das Bundespolizeigesetz um bislang fehlende,
aber erforderliche Befugnisse, insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr, zu ergänzen.
Im UZwG fehlt eine in der Mehrzahl der Polizeigesetze der Länder enthaltene Regelung des finalen Rettungsschusses.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
Der Gesetzentwurf passt die Regelungen zur Erhebung von Daten, die durch den Einsatz verdeckter Maßnahmen
erlangt wurden, an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom 20. April 2016 an. Er führt hierzu
umfangreiche Änderungen der Voraussetzungen zur Anordnungsbefugnis – auch durch erweiterte richterliche
Kontrollbefugnisse -, zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, zur Transparenz, zum individuellen
Rechtsschutz, zur aufsichtlichen Kontrolle durch eine unabhängige Stelle und zu Löschungs- und Benachrichtigungspflichten
ein.
Drucksache 19/26541 – 30 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zudem setzt der Gesetzentwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Nutzung der in den Datenbeständen
der Bundespolizei vorhandenen personenbezogenen Daten und zur Übermittlung dieser Daten an andere
nationale und internationale Stellen um. Insbesondere umfasst der Entwurf dabei Regelungen zu den Voraussetzungen,
unter denen die Daten zu einem anderen Zweck genutzt werden können, als zu dem sie ursprünglich
erhoben worden sind und führt den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung ein.
Des Weiteren enthält der Gesetzesentwurf Vorschriften zum Datenschutz, welche der Umsetzung der EU-Richtlinie
2016/680 vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener
Daten durch die zuständigen Behörden zum Zwecke der Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung
von Straftaten oder der Strafvollstreckung sowie zum freien Datenverkehr dienen. Er stärkt insbesondere die
Rechte des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, welcher die Befugnis erhält,
Maßnahmen zur Beseitigung von erheblichen Verstößen gegen datenschutzrechtliche Vorschriften anzuordnen.
Der Gesetzentwurf sieht eine umfassende Protokollierung zum Zwecke der Datenschutzkontrolle vor und verpflichtet
die Bundespolizei durch technische und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Datenschutzgrundsätze
und die Anforderungen an die Datensicherheit bereits bei der Datenverarbeitung beachtet werden.
Es wird ein umfassendes Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten eingerichtet, dass das bestehende System
der Errichtungsanordnungen ablöst. Die Datenverarbeitung aufgrund von bereits bestehenden Errichtungsanordnungen
bleibt aufgrund einer Übergangsregelung weiter zulässig.
Die Harmonisierung und Standardisierung im EU-Kontext zur Verbesserung des Informationsflusses wird durch
die Gleichstellung der EU-internen Übermittlungen mit innerstaatlichen Übermittlungen zur Erreichung des unionsrechtlich
vorgegebenen Ziels, den freien Datenverkehr auch im Bereich Polizei und Justiz zu erleichtern, die
Überarbeitung der Regelungen zur Datenübermittlung an Stellen in Drittstaaten und die neue Systematisierung
und Präzisierung der Einschränkungen der Übermittlungsbefugnisse gefördert.
Um eine effektive Kriminalitätsbekämpfung auch künftig gewährleisten zu können, werden auch zusätzliche,
neue Befugnisse für die Bundespolizei geschaffen. Hierzu zählt etwa die Überwachung der Telekommunikation
(§ 27d), die Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten (§ 27e), der Einsatz technischer
Mittel gegen fernmanipulierte Geräte (§ 28b), die Möglichkeit, eine Meldeauflage (25a) oder ein Aufenthaltsverbot
(§ 38a) zu erlassen, oder der Schutz von Zeugen (§ 14a).
Der Gesetzentwurf zur Änderung des UZwG sieht die Einführung einer rechtlichen Grundlage für den finalen
Rettungsschuss vor, um in besonderen Situationen (z. B. Geiselnahmen, Terroranschlag) ergänzend zu den Notwehrbestimmungen
den Schusswaffengebrauch zu legitimieren.
III. Alternativen
Keine.
IV. Gesetzgebungskompetenz
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelungen in Artikel 1 des Gesetzentwurfs folgt aus Artikel 73
Absatz 1 Nummern 5 (Grenzschutz), 6 (Luftverkehr) und 6a (Eisenbahnen) des Grundgesetzes (GG), aus Artikel
74 Absatz 1 Nummer 1 GG (Strafverfolgung) sowie aus der Natur der Sache (u. a. Schutz von Bundesorganen,
Verwendung zum Unterstützung anderer Bundesbehörden sowie der Länder) sowie für die datenschutzrechtlichen
Regelungen als Annex zu den jeweiligen Sachkompetenzen.
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Artikel 2 ergibt sich kraft Sachzusammenhangs, insbesondere zu
Artikel 1, für Artikel 3 aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 4 in Verbindung mit Artikel 72 Absatz 2 GG. Eine bundeseinheitliche
Regelung ist zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich, um einen einheitlichen und umfassenden
Vollzug der Ausreisepflicht bei Feststellungen im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei zu ermöglichen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 31 – Drucksache 19/26541
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die die Bundesrepublik
Deutschland geschlossen hat, vereinbar. Der Gesetzentwurf dient auch der Umsetzung der Richtlinie
(EU) 2016/680.
VI. Gesetzesfolgen
Die Regelungen tragen zum besseren Schutz der öffentlichen Sicherheit bei und verbessern die Rechte der durch
die Datenverarbeitung der Bundespolizei betroffenen Personen.
1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Durch den Wegfall der Errichtungsordnung nach dem bisherigen § 36 entfällt das dort vorgesehene Verwaltungsverfahren,
das die Erstellung der Errichtungsanordnung, die Zustimmung des Bundesministeriums des Innern, für
Bau und Heimat und die Anhörung des Bundesbeauftragen für den Datenschutz und die Informationsfreiheit umfasste.
Aufgrund Übernahme von Zuständigkeiten von den Ländern entfallen Abstimmungsprozesse (§ 12 Absatz 1), bei
der Übernahme von Zeugenschutzmaßnahmen (§§ 12a, 14a) auch in Bezug auf das BKA.
2. Nachhaltigkeitsaspekte
Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen Entwicklung
im Sinne der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie. Die Wirkungen des Gesetzentwurfs zielen mittelbar auf eine
nachhaltige Entwicklung, weil er der Bundespolizei rechtssichere Befugnisse zum Schutz der Bürgerinnen und
Bürger an die Hand gibt. Die Schutzgüter im Wesentlichen aus Artikel 73 GG bilden den strukturellen Rahmen,
in dem sich individuelle Sicherheit realisiert. Eine Operationalisierung statistischer Messbarkeit der Wirkungen
des Gesetzes in Bezug auf den Nachhaltigkeitsindikator ist daher nicht möglich, mithin sind auch prognostische
Einschätzungen gegenständlich nicht eröffnet. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass die effektive Aufgabenwahrnehmung
der Bundespolizei sich positiv niederschlägt. Dies gilt auch für die Stärkung des Datenschutzes
zugunsten der Bürgerinnen und Bürger.
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
4. Erfüllungsaufwand
4.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
4.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Durch § 27d entsteht für die Wirtschaft (Telekommunikationsunternehmen) insofern kein Erfüllungsaufwand, als
die Kosten für die Einrichtung der Überwachung eines Anschlusses der Bundesregierung in Rechnung gestellt
werden.
Im Übrigen fallen die für die Wirtschaft entstehenden Belastungen nicht unter die sogenannte One-in-one-out-
Regel der Bundesregierung, denn die gesetzlichen Änderungen dienen der Gefahrenabwehr.
Die Erweiterung der Unterstützungspflichten auf weitere Unternehmen und von diesen unentgeltlich zu erbringende
Unterstützungsleistungen führt zu einer finanziellen Zusatzbelastung der Unternehmen, die nicht näher zu
beziffern ist.
Im Gegenzug geht die Abschaffung der Selbstkostenerstattungspflicht im Rahmen des § 62 Absatz 3 geht mit
einer Entlastung des Bundeshaushalts von mindestens 37 Millionen Euro einher.
Drucksache 19/26541 – 32 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
4.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Bundespolizei
Übersicht Bürokratiekosten in Euro
Vorgabe
Prozess
Zeugenschutz
§ 12a BPolG,
§ 14a BPolG
Ermittlungen
§ 12 Abs. 1
BPolG
Meldeauflagen
§ 25a BPolG
VP Führung
§ 28 BPolG
VE Führung
§ 28 BPolG
Grundsatz
§ 28 BPolG
TKÜ
§ 27d BPolG
Identifizierung
und Lokalisierung
von Mobilfunkkarten
und -endgeräten
§ 27e BPolG
Hypothetische
Datenneuerhebung
§ 29a BPolG
Schulung
§ 29 bis 29e
BPolG
VBS
§ 29e BPolG
b-case, PIAV
§ 29a BPolG
INPOL
§ 29e BPolG
Referenzdatenbank/Kontaminationsfälle
§ 34a BPolG
Benachrichtigungspflichten
§ 35c BPolG
Protokollierungspflichten
§ 35f BPolG
Personalaufwand
jährlich
Personalaufwand
einmalig
Sachaufwand
jährlich
Sachaufwand
einmalig
868.480 450.000 200.000
4.780.160 940.709
11.192
35.200
35.200
69.440 12.217
232.407 14.000
13.968 1.605
1.940.000
50.021
126.752
126.752
5.200.442
2.117 11.912 1.935 19.355
43.400
69.440
Sonstige
Kosten
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 33 – Drucksache 19/26541
Vorgabe
Prozess
Personalaufwand
jährlich
Übersicht Bürokratiekosten in Euro
Personalaufwand
einmalig
Sachaufwand
jährlich
Sachaufwand
einmalig
Sonstige
Kosten
Video Gewahrsam
150.000 6.000.000
§ 41a BPolG
Berichtspflicht
20.128
§ 71 BPolG
Aufenthaltsbeendigung
9.012.000 3. 460.000
§ 71 AufenthG
Gesamtsumme 17.436.657 5.212.354 4.077.540 7.172.281
Im Einzelnen:
a) Anpassung der Befugnisnormen, Kernbereichsschutz
Die Aufnahme von Bestimmungen für den Zeugenschutz in das Bundespolizeigesetz eröffnet eine neue Aufgabe.
Für die Berechnung der Kosten wird von jährlich fünf Zeugenschutzfällen ausgegangen. Dadurch entstehen Personalkosten
von 870 00 Euro sowie ein jährlicher Sachaufwand von 450 000 Euro und ein einmaliger Sachaufwand
von 200 000 Euro.
Die Bundespolizei ist nach dem Inkrafttreten der Neuregelung für die abschließende Bearbeitung von aufgabenbezogenen
Straftatbeständen (ohne ausgewählte Verbrechenstatbestände), die bisher an die Landespolizei oder
den Zoll abgegeben wurden, zuständig. Aus der Übernahme dieser neuen Aufgabe resultiert ein Erfüllungsaufwand
für jährliche Personalkosten in Höhe von 4,8 Millionen Euro und 940 000 Euro für den einmaligen Sachaufwand.
Die Einführung einer Befugnis zum Erlass von Meldeauflagen stellt einen hohen Mehrwert für die Bundespolizei
dar und trägt insbesondere signifikant zur Befriedung des schienengebundenen Fußballfanreiseverkehrs bei. Hier
wird von einer Größenordnung von etwa 150 Fällen je Saison ausgegangen, woraus sich ein jährlicher Personalaufwand
in Höhe von 11 192 Euro ergibt.
Der Entscheidungsvorbehalt bei einem präventiven Einsatz einer Vertrauensperson (VP), der sich gegen eine
bestimmte Person richtet oder das Betreten von Wohnungen bedingt, soll nur noch bei Personen liegen, die die
genannten Ämter innehaben, analog dem präventiven Einsatz von Verdeckten Ermittlern (VE). Diese Einsatzanordnungen
unterliegen der Entscheidung des zuständigen Gerichts und sind gemäß § 28 durch die dort Genannten
zu beantragen. Ein Erfüllungsaufwand für den jährlichen Personalaufwand ergibt sich in Höhe von 139 000
Euro sowie für den einmaligen Sachaufwand in Höhe von 12 300 Euro.
Zur Berechnung der Bürokratiekosten im Falle einer festgestellten Kontamination (§ 34a) wurde aufgrund vorliegender
Erfahrungen die Größenordnung von zehn Fällen angenommen. Hieraus ergeben sich ein einmaliger
Personalaufwand in Höhe von 13 135 Euro, ein jährlicher Personalaufwand in Höhe von 2 117 Euro, ein einmaliger
Sachaufwand in Höhe von 19 355 Euro und ein jährlicher Sachaufwand 1 935 Euro.
b) Datenverarbeitung
Die präventive Telekommunikationsüberwachung kommt im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei insbesondere
im Zusammenhang mit Schleusungskriminalität und der Ankündigung von Bombenexplosionen auf
Bahnhöfen oder Flughäfen in Betracht. Die Androhungen von Anschlägen gegen Anlagen der Eisenbahnen oder
des Luftverkehrs erfolgt etwa durchschnittlich in 70 Fällen pro Jahr. Der Erfüllungsaufwand für die neue zusätzliche
Aufgabe der präventiven Telekommunikationsüberwachung umfasst einen jährlichen Personalaufwand in
Höhe von 232 000 Euro sowie einen jährlichen Sachaufwand in Höhe von 14 000 Euro.
Die Videoüberwachung von Gewahrsamsräumen ist als technische Möglichkeit der vorgeschriebenen Kontrolle
des Gewahrsamsraumes zu betrachten und kann als zusätzliche Option zur persönlichen Kontrolle der Gewahrsamsräume
herangezogen werden.
Drucksache 19/26541 – 34 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Von der Bundespolizei werden 347 Gewahrsamsräume betrieben, von denen bisher 25 mit entsprechender Technik
ausgerüstet sind. Für die Ausstattung der übrigen Gewahrsamsräume der Bundespolizei entsteht jährlich ein
Sachaufwand in Höhe von 150 000 Euro ab 2020 (für vier Jahre). Für die Unterhaltung der Videoüberwachungsanlagen
(Sicherung eigener Einrichtungen sowie Überwachung der Gewahrsamsräume) werden jährlich 150 000
Euro erforderlich.
c) Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung, Kennzeichnung
Durch den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung werden eingehendere datenschutzrechtliche Prüfschritte
erforderlich. Der zeitliche Mehraufwand pro Jahr wird mit 2 Millionen Euro Personalaufwand bemessen.
Personalaufwand fällt hierbei auch für die Erstellung von Schulungsunterlagen für die Aus- und Fortbildung an.
Für die einmalige Ausbildung aller @rtus-Bund und b-case/eFBS Anwender wird von einem reinen Personalaufwand
von 5 Millionen Euro ausgegangen.
Um die Kennzeichnung der personenbezogenen Daten umzusetzen, müssen die durch die Bundespolizei geführten
IT-Systeme ertüchtigt und gewartet werden. Für das Vorgangsbearbeitungssystem (VBS) der Bundespolizei
entsteht ein jährlicher Personalaufwand in Höhe von 50 021 Euro. Für das Fallbearbeitungssystem b-case im
Verbundsystem PIAV beträgt der jährliche Personalaufwand 127 000 Euro. Für das INPOL-System beläuft sich
der jährliche Personalaufwand ebenfalls auf 127 000 Euro.
5. Weitere Kosten
Mit der Einführung des Richtervorbehaltes für verdeckte Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ist eine Erreichbarkeit
rund um die Uhr des für die Bundespolizei zuständigen Richters zwingend erforderlich. Ein weiterer Mehraufwand
entsteht für das Gericht durch die erhöhten Anforderungen an den Kernbereichsschutz bei besonders eingriffsintensiven
Maßnahmen. Bei verdeckten Überwachungsmaßnahmen der Telekommunikation, besonderen
Mitteln der Datenerhebung zur Gefahrenabwehr sieht das Gesetz vor, die so gewonnenen Erkenntnisse sofort dem
Gericht vorzulegen, welches unverzüglich über die Verwertung oder Löschung zu entscheiden hat. Zur Abwicklung
des dabei anfallenden Geschäftsverkehrs muss eine Geschäftsstelle eingerichtet werden.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Der Entwurf hat keine erkennbaren gleichstellungspolitischen Auswirkungen. Auswirkungen auf demografierelevante
Belange sind nicht zu erwarten.
VII. Befristung; Evaluation
Eine Befristung ist nicht vorgesehen.
Dieses Regelungsvorhaben wird spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten hinsichtlich des mit dem Vorhaben
verbundenen Erfüllungsaufwands evaluiert. Dabei wird die Bundesregierung untersuchen, wie sich der Erfüllungsaufwand
für die neuen Aufgaben und Befugnisse sowie die Umsetzung der Datenschutzanforderungen entwickelt
hat und ob die Entwicklung des Erfüllungsaufwands in einem angemessenen Verhältnis zu den festgestellten
Regelungswirkungen steht. Die Evaluierung wird die Frage nach unbeabsichtigten Nebenwirkungen sowie
nach der Akzeptanz und Praktikabilität der Regelungen einschließen.
§ 28 Absatz 2 Nummer 4 sollte bereits im Rahmen des Gesetzes zum besseren Informationsaustausch bei der
Bekämpfung des internationalen Terrorismus evaluiert werden. Da beim Einsatz Verdeckter Ermittler zunächst
entsprechende Strukturen aufgebaut und etabliert werden müssen, befanden sich drei Jahre nach Inkrafttreten des
BVerfSchG noch keine VE im Einsatz, so dass zu den Regelungswirkungen keine Aussagen getroffen werden
konnten und die Evaluierung in dieses Gesetzgebungsvorhaben übernommen wurde.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 35 – Drucksache 19/26541
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Bundespolizeigesetzes)
Zu Nummer 1 (Inhaltsübersicht)
Die Änderungen in der Inhaltsübersicht sind durch die nachfolgenden Änderungen der Nummern 2 bis 32 veranlasst.
Zu Nummer 2 (§ 1 Absatz 5)
Die ergänzende Nennung der „Vorsorge für die künftige Verfolgung von Straftaten“ dient der Klarstellung, dass
Maßnahmen zur Strafverfolgungsvorsorge auch der Gefahrenabwehr dienen und hierunterfallen. Entsprechende
Regelungen finden sich ebenfalls in mehreren Polizeigesetzen der Länder.
Zu Nummer 3 (§ 12)
Zu Buchstabe a (Absatz 1)
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa (Satz 1)
In Bezug auf die Zuständigkeit der Bundespolizei für polizeiliche Maßnahmen auf dem Gebiet der Strafverfolgung
wird die bisher bestehende grundsätzliche Beschränkung auf Vergehen weitestgehend aufgegeben. Nachdem
die Bundespolizei nach dem bisherigen BPolG im Grundsatz für Vergehen zuständig war und nur ausnahmsweise
für Verbrechen, soll diese Differenzierung künftig prinzipiell unterbleiben und eine Zuständigkeit im eigenen
Bereich im Regelfall unabhängig von der angedrohten Mindestfreiheitsstrafe eines Delikts bestehen.
Diese Änderung liegt maßgeblich darin begründet, dass sich die nach dem bisherigen BPolG bestehende Unterscheidung
zwischen Vergehen und Verbrechen als nicht zweckmäßig erwiesen hat, sondern verschiedene Zuständigkeiten
vielmehr oftmals zu einem künstlichen Aufspalten eines einheitlichen Lebenssachverhalts führten. Dies
wurde besonders deutlich in Sachverhalten, in denen zunächst wegen des Verdachts eines Vergehens ermittelt
wurde und sich im Laufe der Ermittlungen ein Verdacht eines Verbrechens ergab, sich zum Beispiel der gewerbsmäßige
Taschendiebstahl auf dem Bahnhof gemäß § 243 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 Strafgesetzbuch (Vergehen)
später als bandenmäßiger gewerbsmäßiger Diebstahl nach § 244a Absatz 1 in Verbindung mit § 243 Absatz 1
Satz 2 Nummer 3 Strafgesetzbuch (Verbrechen) darstellte. Insoweit ergeben sich bislang ermittlungshindernde
Schnittstellen in Fällen, in denen nach Durchführung möglicherweise eines Großteils der Ermittlungen aufgrund
eines weiteren hinzutretenden Umstandes (Bande) die Abgabe der Ermittlungen an die neu zuständige Behörde
erforderlich wird. Derartige Schnittstellen gilt es künftig zu vermeiden.
Auch im Übrigen scheint es aus polizeitaktischen Gründen sachgerecht, ein paralleles Ermitteln mehrerer Behörden
innerhalb eines deliktischen Bereichs (z. B. Diebstähle an Bahnhöfen) zugunsten einer verbleibenden Verantwortlichkeit
aufzugeben.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe bbb (Nummer 2)
Nach der in Nummer 2 eingefügten Ergänzung wird die Bundespolizei für polizeiliche Maßnahmen im Rahmen
der Strafverfolgung von unerlaubten Aufenthalten zuständig, sofern sie Drittstaatsangehörige in ihrem Zuständigkeitsbereich
feststellt, in Bezug auf die ein Verdacht einer solchen Straftat besteht (z. B. auf dem Gebiet der
Bahnanlagen oder im Bereich Luftsicherheit). Außerhalb dieser bundespolizeilichen Zuständigkeit sind die Landesbehörden
weiterhin für die Bekämpfung des unerlaubten Aufenthaltes zuständig. Damit einhergehend ist die
Bundespolizei auch für die Verfolgung des qualifizierten unerlaubten Aufenthaltes mit angedrohter Höchstfreiheitsstrafe
von drei Jahren nach § 95 Absatz 2 Nummer 1b und Nummer 2 AufenthG zuständig, sofern die Feststellung
des Tatverdachts im Rahmen der bundespolizeilichen Aufgabenwahrnehmung erfolgt. Die Strafverfolgungszuständigkeit
für den unerlaubten Aufenthalt, sofern der Ausländer bei der Wahrnehmung bundespolizeilicher
Aufgaben festgestellt wird, ist ein wesentlicher Baustein eines ganzheitlichen Bekämpfungsansatzes, der
untrennbar mit der Ergänzung des § 71 AufenthG um den neuen Absatz 3a verknüpft ist (siehe dortige Begründung),
welcher der Bundespolizei die Zuständigkeit für aufenthaltsbeendende Maßnahmen in diesen Fällen (Feststellen
vollziehbar ausreisepflichtiger Drittstaatsangehöriger im eigenen Zuständigkeitsbereich) zuweist.
Drucksache 19/26541 – 36 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe ccc (Nummer 5)
Die bislang durch die „Und“-Verknüpfung bestehende Einschränkung ist nicht sachgerecht und soll deshalb zugunsten
einer „Oder“-Verknüpfung aufgegeben werden. Die Zuständigkeit der Bundespolizei soll danach begründet
sein, wenn entweder eine Straftat auf dem Gebiet der Bahnanlagen des Bundes begangen wurde oder sich eine
Straftat gegen die Sicherheit eines Benutzers, der Anlagen oder des Betriebes der Bahn richtet. Eine Einschränkung
der Zuständigkeit aus Nummer 5 ergibt sich aus dem neuen Satz 2.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe ddd (Nummer 7)
Nach Nummer 5 obliegt der Bundespolizei bereits die Zuständigkeit für polizeiliche Maßnahmen im Rahmen der
Strafverfolgung, sofern sich Angriffe gegen die Sicherheit der Anlagen oder des Betriebes der Bahn richten.
Gleichermaßen soll dies nach Nummer 7 in Bezug auf Angriffe der Fall sein, die sich gegen die Sicherheit und
den Betrieb des Luftverkehrs richten. Umfasst sind insbesondere solche Straftaten, die im Zusammenhang mit
Drohnenangriffen verwirklicht werden können (z. B. §§ 315, 316b StGB). Der Bundespolizei sind in diesem Zusammenhang
zahlreiche Fälle bekannt, in denen beispielsweise durch fernmanipulierte Luftfahrzeuge (Drohnen)
im Bereich von Flughäfen, durch den Einsatz von Lichtzeigern (sog. Laserpointer) gegen im Einsatz befindliche
Polizeihubschrauber oder andere, gleichsam gefährliche Eingriffe die Sicherheit des Luftverkehrs beeinträchtigt
wurde. Damit korrespondierend normiert § 28b die präventivpolizeiliche Befugnis zur Abwehr von Drohnenangriffen.
Eine Einschränkung ergibt sich daraus, dass der Tatverdacht im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei festgestellt
worden sein muss. Ausgenommen sind danach solche Fälle, die in den Zuständigkeitsbereich einer anderen
Behörde fallen, etwa ausdrücklich dem Bundeskriminalamt zugewiesen sind.
Durch die bisher fehlende Zuständigkeit zwischen den Behörden der Bundespolizei und der Polizeien der Länder
kam es zu Doppelarbeit: Die Bundespolizei nimmt den Sachverhalt als Luftsicherheitsbehörde auf und übergibt
den Sachverhalt nach bereits erfolgtem ersten Aufgriff an eine andere Behörde, die zumeist vor Ort ebenfalls
derartige Maßnahmen vornimmt. Das Verfahren vor Ort wird aufgrund notwendiger Übergaben somit verlängert.
Die Landespolizei ist insbesondere an kleineren Flughäfen zudem nicht zeitnah am Ereignisort. Außerdem werden
bei der Bearbeitung dieser Straftaten regelmäßig wichtige Informationen für die künftige Wahrnehmung der präventivpolizeilichen
Luftsicherheitsaufgaben der Bundespolizei gewonnen.
Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (Satz 2)
Der neue Satz 2 beschränkt die Zuständigkeit der Bundespolizei für polizeiliche Aufgaben auf dem Gebiet der
Strafverfolgung nach Satz 1 Nummer 5 auf Verbrechenstatbestände, die typischerweise auf Bahnanlagen der Eisenbahnen
verwirklicht werden.
Zu Buchstabe b und c (Absätze 3 und 5)
Bei den Änderungen handelt es sich um redaktionelle Folgeänderungen.
Zu Nummer 4 (§ 12a)
Der neue § 12a ermöglicht der Bundespolizei den Schutz von Zeugen innerhalb von durch die Bundespolizei
geführten Strafverfahren. § 12a entspricht § 7 Absatz 1 und Absatz 3 BKAG.
Eine gesetzliche Regelung im BPolG für den Schutz von Zeugen ist aus kriminalstrategischen und praktischen
Erwägungen für die Ermittlungstätigkeiten der Bundespolizei erforderlich. Insbesondere im Bereich der Schleusungskriminalität
sind regelmäßig Einschüchterungen von Zeugen zu beobachten. Dabei ist der Zeugenbeweis
unverändert von wesentlicher Bedeutung zur Überführung der Täter. Der Erhalt der Aussagefähigkeit und -bereitschaft
ist in diesen Fällen nur durch einen effektiven Zeugenschutz zu gewährleisten.
Die bislang bestehende Abhängigkeit zu anderen Behörden wird durch die Neuregelung beendet und Zeugenschutzmaßnahmen
können ohne zeitlichen Verzug unmittelbar in eigener Zuständigkeit durchgeführt werden.
Bisher ist die bei der Bundespolizei eingerichtete Koordinationsstelle für Maßnahmen zum Schutz gefährdeter
aussagebereiter Personen zunächst gehalten, einen geeigneten Kooperationspartner zu finden, der über die erforderlichen
Kapazitäten zur Übernahme eines behördenfremden Zeugenschutzfalls verfügt und außerdem die im
konkreten Fall notwendigen Rahmenbedingungen gewährleisten kann. Bis zum Vollzug der Maßnahme vergehen
nach dieser bisherigen Praxis teilweise 6 bis 8 Wochen.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 37 – Drucksache 19/26541
Nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern auch im Übrigen kann die Neuregelung einen effektiveren Zeugenschutz
bewirken. Denn nach derzeitiger Rechtslage wird infolge der bestehenden Aufgabenteilung zum einen zwangsläufig
ein breiterer Personenkreis mit sensiblen Informationen in Bezug auf das Ermittlungsverfahren und die
gefährdete Zeugin oder den gefährdeten Zeugen versorgt. Der beabsichtigte Schutz der Zeugin oder des Zeugen
kann hierdurch beeinträchtigt werden. Die durch die Neuregelung bezweckte Vermeidung von Schnittstellen minimiert
dieses Risiko. Zum anderen verfügt im Vergleich zu den in Amtshilfe tätig werdenden Behörden die
ermittlungsverfahrensführende Behörde selbst naturgemäß über die größere Sachkenntnis. Insbesondere im Bereich
der Schleusungskriminalität kann der Zeugenschutz aufgrund der speziellen milieu- und deliktsspezifischen
Kenntnisse der Bundespolizei bestmöglich durch diese erfolgen.
Durch die Regelung in Absatz 2 bleibt die Möglichkeit erhalten, dass Zeugenschutzmaßnahmen in Einzelfällen
unverändert durch die Länder wahrgenommen werden.
Zu Nummer 5 (§ 14a)
§ 14 legt fest, dass die Bundespolizei im Rahmen der neuen Aufgabe gemäß § 12a auch die im Einzelfall erforderlichen
Maßnahmen treffen kann. Die Regelung orientiert sich an § 66 BKAG. Nach der enumerativen Auflistung
von Rechtsgütern ist fraglich, ob auch vor einer Nachstellung nach § 238 StGB geschützt werden dürfte.
Dort ist das Rechtsgut umstritten, wird bisweilen aber etwa im „individuellen Rechtsfrieden“ oder in der „Freiheit
der Lebensgestaltung“ gesehen.
Dies wirft die Frage auf, ob der Staat hier seiner grundrechtlichen Schutzpflicht für die Betroffenen hinreichend
effektiv nachkommt. Im Rahmen des weitgehend gleichartigen § 66 BKAG sind jedenfalls noch weitergehende
Maßnahmen der Gefahrerforschung nach § 66 Absatz 1 Satz 3 i. V. m. § 63 BKAG eröffnet. Womöglich bietet
die hiesige Norm aber auch so schon ausreichenden Spielraum für hinreichend effektives Vorgehen (insoweit
Fachfrage).
Zu Nummer 6 (§ 21 Absatz 2)
Durch die Neufassung von Absatz 2 entfällt in Nummer 1 die bisherige Einschränkung einer Datenerhebung nur
in Bezug auf Straftaten nach § 12 Absatz 1. Bei den Änderungen in Nummer 2 handelt sich es sich um redaktionelle
Anpassungen, die vorgenommen werden, um einen Gleichlauf mit § 39 Absatz 2 BKAG zu erreichen.
Zu Nummer 7 (§ 22a Absatz 3 Satz 6)
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen.
Zu Nummer 8 (§ 24 Absatz 1 Nummer 2)
Entsprechend der Änderung in § 1 Absatz 5 wird auch hier die Strafverfolgungsvorsorge klarstellend ergänzt. Im
Übrigen wird dahingehend präzisiert, dass die Annahme einer Gefahr auf Tatsachen gestützt sein muss.
Zu Nummer 9 (§ 25a)
Die Bundespolizei erhält nach Absatz 1 Nummer 1 die Befugnis zum Erlass von Meldeauflagen, wenn Tatsachen
die Annahme rechtfertigen, dass eine Straftat im Sinne des § 12 Absatz 1 begangen werden wird, die für sich
genommen oder aufgrund des wiederholenden Charakters erhebliche Bedeutung hat, und diese durch eine Meldeauflage
vorbeugend bekämpft werden kann.
Nach Absatz 1 Nummer 2 soll eine Meldeauflage ferner erforderlichenfalls zur Durchsetzung einer Ausreiseuntersagung
gemäß § 10 Absatz 1 PassG möglich sein.
Eine solche Befugnis trägt insbesondere signifikant zur Befriedung des schienengebundenen grenzüberschreitenden
Fußballfanreiseverkehrs bei, indem bevorstehende Ausreisen gewaltbereiter Fußballfans zu Auslandsspielen
auf diese Weise weniger wahrscheinlich gemacht werden können. Außerdem fallen hierunter Fälle, in denen etwa
mutmaßlich extremistische und/oder gewaltbereite Personen nach den ermittelten Umständen zu ausländischen
Veranstaltungen auszureisen beabsichtigen.
Zu Nummer 10 (§§ 27d und 27e)
Zu § 27d
Der neue § 27d regelt die Überwachung der Telekommunikation durch die Bundespolizei.
Drucksache 19/26541 – 38 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu Absatz 1
Die Einführung einer Befugnis zur präventiven Telekommunikationsüberwachung ist kriminaltaktisch insbesondere
bei der Bekämpfung der Schleusungskriminalität sowie bahnpolizeilich relevanten banden- und gewerbsmäßig
begangenen Straftaten geboten. Regelmäßig werden etwa Personen durch Schleuserorganisationen unter bewusster
Inkaufnahme von Gefahren für Leib und Leben nach Deutschland geschleust, z. B. in geschlossenen
Behältnissen. Die Bundespolizei enthält in etwa 20 Fällen pro Jahr Hinweise auf derartige Behältnisschleusungen.
Ferner kommt es jährlich zu durchschnittlich etwa 70 Ankündigungen von Anschlägen gegen Anlagen der Eisenbahnen
oder von Flughäfen. Hier kommt einem schnellen Erkennen sowie einer zügigen Intervention entscheidende
Bedeutung bei der Abwehr dieser Gefahren zu.
Die präventive Telekommunikationsüberwachung soll hier eine Erkenntnislücke der Bundespolizei schließen und
sich gegen Personen richten, gegen die noch kein Tatverdacht begründet ist und daher noch keine strafprozessuale
Maßnahme nach § 100a StPO angeordnet werden kann. Überdies ermöglicht eine Telekommunikationsüberwachung
neben der Erlangung inhaltlicher Erkenntnisse zu dem geplanten Vorhaben, dass neben der bereits anvisierten
Zielperson weitere Beteiligte bekannt werden. Normzweck ist vor allem die Abwehr von Gefahren für
Leib und Leben, insbesondere von unter unmenschlichen Bedingungen geschleusten Migranten. Die Norm orientiert
sich in ihrer Ausgestaltung an § 51 BKAG.
Die Maßnahme ist nach Nummer 1 gegen Verantwortliche nur möglich, wenn dies zur Abwehr einer dringenden
Gefahr für eines der benannten bedeutenden Rechtsgüter geboten ist. Unter Sachen von bedeutendem Wert, deren
Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, fallen dabei primär Infrastrukturen im Bahn- und Flugbereich.
Auch ist die Maßnahme nach Nummer 2 im Vorfeld einer dringenden Gefahr im Sinne von Nummer 1 möglich.
Nummer 3 erfasst den sog. Nachrichtenmittler. Notwendig für die Anordnung sind tatsächliche Anhaltspunkte für
eine gewisse Tat- oder Gefahrennähe des Mittlers.
Nummer 4 erfasst Dritte. Notwendig für die Anordnung sind tatsächliche Anhaltspunkte für eine gewisse Tatoder
Gefahrennähe des Dritten.
Zu Absatz 2
Absatz 2 erweitert die herkömmliche Telekommunikationsüberwachung um die Möglichkeit der Quellen-TKÜ,
welche das Abhören verschlüsselter IP-Telefonie ermöglicht, sofern bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen,
dass innerhalb eines übersehbaren Zeitraums eine konkretisierte Straftat im Zusammenhang mit einer der
beiden benannten Sachverhalte aus dem Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei mit höchstem Schädigungspotential
für Leib und Leben und bedeutende Infrastrukturen droht. Namentlich sind hier lebensgefährdende (Behältnis-)Schleusungen
in den Blick genommen sowie gefährliche Eingriffe in den See-, Luft- oder Bahnverkehr.
Vermehrt findet Kommunikation über Internettelefonie statt. Dabei muss der Nutzer von Programmen gängiger
Anbieter, wie beispielsweise Skype oder Whatsapp, eine Verschlüsselung des von ihm Gesprochenen oder Geschriebenen
bzw. eine Entschlüsselung empfangener Nachrichten nicht erst aktiv durch entsprechende technische
Maßnahmen herbeiführen. Verschlüsselungen von Daten sind vielmehr bereits standardisiert in die Software implementiert.
Infolge der Verschlüsselung sind in diesen Fällen mittels herkömmlicher Telekommunikationsüberwachung
nur kryptierte, also verschlüsselte und nicht lesbare, Daten der Kommunikation festzustellen.
Aus diesem Grunde erfreuen sich Kommunikationsformen via Internet größter Beliebtheit, zuvörderst im Rahmen
der Vorbereitung grenzüberschreitender organisierter Kriminalität, um auf diese Weise „abhörsicher“ Straftaten
zu planen. Mittlerweile ist diese Möglichkeit jedoch bereits über den Kreis organisierter Banden hinaus allgemeinbekannt
und wird deliktsbereichsübergreifend zur Umgehung einer üblichen Telekommunikationsüberwachung
bevorzugt genutzt. Im Ergebnis kann es indes keinen Unterschied machen, ob die Zielperson herkömmlich
telefoniert und Nachrichten via Short Message Service (SMS) versendet oder sich hierzu Anbietern wie Skype
oder Whatsapp bedient. Diese Unterscheidung ist vielmehr ungerechtfertigt.
Eine erfolgreiche Überwachung muss daher im Fall von Datenübertragungen, die auf dem Weg zum Empfänger
verschlüsselt sind, auf die Daten zugreifen können, bevor sie am Versendergerät verschlüsselt werden oder nachdem
sie am Empfängergerät entschlüsselt wurden. Es werden im Vergleich zur herkömmlichen Telekommunikationsüberwachung
daher nicht mehr Daten erfasst, es werden vielmehr dieselben Daten nur an anderer Stelle
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 39 – Drucksache 19/26541
aufgenommen, namentlich nicht während des Übertragungsvorgangs, sondern am Gerät des Versenders oder
Empfängers.
Dass nur Inhalte von laufender Kommunikation überwacht werden dürfen und dies zudem durch die eingesetzte
Überwachungssoftware technisch sichergestellt sein muss, stellt Satz 1 Nummer 1 klar. Nach Satz 1 Nummer 2
bedarf es ferner der Notwendigkeit des Eingriffs, was nicht der Fall ist, wenn unverschlüsselte Daten übertragen
werden. Denn nicht verschlüsselte Daten können mittels herkömmlicher Telekommunikationsüberwachung observiert
werden, was einen Zugriff auf das Versender- oder Empfängergerät obsolet macht. Die Quellen-TKÜ ist
damit subsidiär zur herkömmlichen Telekommunikationsüberwachung.
Nach Satz 2 dürfen auch gespeicherte Inhalte der (ge-)laufenden Telekommunikation überwacht werden. In Abgrenzung
zur sog. Online-Durchsuchung dürfen indes nur solche Inhalte erhoben werden, die auch während des
laufenden Übertragungsvorgangs im öffentlichen Telekommunikationsnetz in verschlüsselter Form erhoben werden
könnten, nicht also bereits vor der Anordnung abgelegte Kommunikationsinhalte oder gar andere Inhalte als
solche die Kommunikation betreffend.
Ein Beispiel für eine konkrete Anwendung der neuen Befugnis durch die Bundespolizei ergibt sich im Bereich
von gewerbs- und bandenmäßig durchgeführten Schleusungen: Erhält die Bundespolizei Kenntnis von unmittelbar
bevorstehenden oder gerade stattfindenden Schleusungshandlungen, die unter lebensgefährlichen Bedingungen
für die geschleusten Personen vollzogen werden (z. B. auf ungesicherten Landeflächen, im lebensgefährlichen
Fahrwerksbereich von Güterwaggons oder Lkw, in Behältnissen ohne ausreichende Luftzirkulation), bedarf es
einer gefahrenabwehrenden Sofortintervention. Verläuft dabei die durch den Schleuser und dessen Kontaktpersonen
geführte Kommunikation (über die geplante Schleusungsroute, Ausweichstrecken im Falle von Verkehrsbehinderungen
oder geplante Logistikstopps) via verschlüsselter Kurznachrichten oder Internettelefonie, können die
dieserart ausgetauschten Informationen nur über eine durchgeführte Quellen-TKÜ der Bundespolizei zur Kenntnis
gelangen.
Auch im Fall eines bevorstehenden gefährlichen Eingriffs in Anlagen der Eisenbahnen des Bundes oder des Luftverkehrs
ist eine Überwachung von Gesprächsinhalten und Kurznachrichten durch die Bundespolizei unabdingbar,
um die Ernsthaftigkeit der Drohung zu verifizieren, die Modalitäten des geplanten Angriffs und die mögliche
Beteiligung evtl. weiterer Gefahrenmitverursacher polizeilich aufklären zu können.
Die Bundespolizei bedarf zur Gefahrenabwehr daher der Befugnis zur Vornahme der Quellen-TKÜ, um nicht
hinter dem technischen Fortschritt zurückbleiben zu müssen, dem sich die Verantwortlichen einer Gefahr bedienen.
Die im Rahmen der Vorbereitung einer Tat oder sonstigen Gefahr ausgetauschten Informationen sind unverzichtbar
für eine effektive Gefahrenabwehr.
Die grundsätzliche Verfassungsmäßigkeit der Quellen-TKÜ nimmt auch das BVerfG in seinem Urteil vom
20. April 2016 (BVerfGE 141, 220 – Rn. 234) im Hinblick auf die präventive Regelung der Quellen-TKÜ im
BKA-Gesetz an. Vergleichbare Regelungen finden sich ferner bereits in einigen Landespolizeigesetzen.
Zu Absatz 3
Es ist ferner technisch zu gewährleisten, dass der Eingriff nach Absatz 2 nur unabdingbare Veränderungen im
informationstechnischen System bewirkt und vorgenommene Veränderungen, soweit technisch möglich, wieder
rückgängig gemacht werden müssen.
Zu Absatz 4
Maßnahmen nach Absatz 1 und 2 stehen unter Richtervorbehalt. Es besteht ferner ein Antragserfordernis der
Präsidentin oder des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums oder der zuständigen Bundespolizeidirektion, oder
deren jeweiligen Vertretung. Nach Satz 2 sind diese Personen bei Gefahr im Verzug auch zur Anordnung der
Maßnahme befugt, in Bezug auf die nach Satz 3 unverzüglich eine richterliche Bestätigung einzuholen ist. Dieser
alternativen Möglichkeit der Entscheidung über die Anordnung bedarf es für den Gefahr-im-Verzugs-Fall, da die
Sichtung der bei einem Verantwortlichen gespeicherten Informationen in Bezug auf eine unmittelbar drohende
Gefahr naturgemäß regelmäßig keinen Aufschub duldet.
Zu Absatz 5
Absatz 5 regelt Antragserfordernisse.
Drucksache 19/26541 – 40 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu Absatz 6
Absatz 6 bestimmt die Anordnungsinhalte sowie die möglichen Höchstfristen der Maßnahmen.
Zu Absatz 7
In Absatz 7 findet sich die mit der Eingriffsbefugnis korrelierende Verpflichtung der Diensteanbieter zur Mitwirkung.
Zu den Absätzen 8 und 9
Absätze 8 und 9 normieren Verfahrensregelungen für die Klärung der Frage der Verwertbarkeit von Daten, die
möglicherweise den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen. Es gilt das sog. Richterband, Absatz 8.
Nach Absatz 9 darf ausnahmsweise bei Gefahr im Verzug die Präsidentin oder der Präsident des Bundespolizeipräsidiums
oder einer Bundespolizeidirektion oder deren jeweilige Vertretung über die Verwertung entscheiden,
die unverzüglich richterlicher Bestätigung bedarf.
Zu § 27e
Der neue § 27e gibt der Bundespolizei die Befugnis zur Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten
und -endgeräten. Er entspricht inhaltlich dem § 53 BKAG.
Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung der Bundespolizei besteht das Erfordernis zur Identifizierung und Lokalisierung
von Mobilfunkendgeräten. Die Vorschrift ergänzt § 39 und ermöglicht den Versand von sogenannten
„stillen SMS“ bzw. der Einsatz von anderen technischen Möglichkeiten (bspw. IMSI-Catcher) zur Ortung der
überwachten Mobilfunknummer. Ohne die Befugnis wäre eine Standortbestimmung ohne Einsatz technischer
Mittel nur bei aktiver Telekommunikation des Mobilfunknutzers möglich.
Hintergrund ist der Beschluss des BGH vom 8. Februar 2018 – 3 StR 400/17 mit dem Leitsatz: „Rechtsgrundlage
für das Versenden sogenannter „stiller SMS“ durch die Ermittlungsbehörden ist § 100i Absatz 1 Nummer 2
StPO“. Insofern kann der Versand „stiller SMS“ nicht mehr wie bisher auf Grundlage des § 100a StPO bzw. in
Analogie auf Grundlage des § 39 BPolG erfolgen. Für einen präventiven Einsatz dieses Mittels ist daher eine
gesonderte Rechtsgrundlage zu schaffen.
Zu Absatz 1
Die Vorschrift stellt die Maßnahme unter die Voraussetzungen, die auch für die Telekommunikationsüberwachung
nach § 39 Absatz 1 gelten. Hierzu sei deshalb auf die Ausführungen in der dortigen Begründung verwiesen.
Anwendungsfälle bei der Bundespolizei ergeben sich insbesondere im Rahmen der Verhinderung der Durchführung
von Schleusungen. Erfolgt beispielsweise eine transeuropäische Behältnisschleusung durch Deutschland, ist
eine Standortbestimmung mittels „stiller SMS“ die erfolgversprechendste Maßnahme, um effektive Interventionsmaßnahmen
einleiten zu können. Ein weiterer Anwendungsfall ist die Ortung/Lokalisierung eines Verursachers
von Androhungen von Anschlägen gegen Anlagen der Eisenbahnen oder des Luftverkehrs.
In diesen Fällen besteht das Erfordernis, unterhalb der eingriffsintensiveren Gesprächsüberwachung Mobiltelefone
und deren Nutzer zu lokalisieren. Während polizeilich relevante Personen ihre Identitäten häufig wechseln,
werden erfahrungsgemäß Mobiltelefone und/oder Mobiltelefonkarten über einen längeren Zeitraum mitgeführt
(vor diesem Hintergrund wurden auch die gesetzlichen Befugnisse des Auslesens von Mobiltelefonen zur Identifizierung
von Drittstaatsangehörigen eingeführt, § 15a AsylG, § 48 Absatz 3a AufenthG).
Folgende weitere Anwendungsbeispiele kommen in Betracht:
Aufklärung des Standortes bei einem Suizidverdacht mit Bahnbezug: Hier sind unmittelbar nach der Ankündigung
unverzüglich Sofortmaßnahmen zur Lokalisierung der suizidgefährdeten Person unter Berücksichtigung der
besonderen örtlichen Begebenheiten der betreffenden Bahnanlagen und des Bahnverkehrs unter Einbindung der
Landespolizei einzuleiten. Die Übergabe der erforderlichen Sofortmaßnahme der Standortermittlung an die Landespolizei
würde aufgrund der zusätzlichen Schnittstelle zu einer zeitlichen Verzögerung führen, die in diesen
Fällen des unmittelbar bevorstehenden Schadenseintritts für Leib und Leben vermeidbar gewesen wäre.
Aufklärung des Standortes einer zur Einreiseverweigerung ausgeschriebenen Person: Die Bundespolizei hat derzeit
in eigener Zuständigkeit über 41.000 Personen zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben. Von den über
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 41 – Drucksache 19/26541
20.000 zur schengenweiten Einreiseverweigerung im SIS ausgeschriebenen Personen weisen ca. 14.000 einen
Terrorismusbezug auf. Diese Ausschreibungen basieren gemäß Artikel 24 Absatz 2 VO 1087/2006 (SIS II) auf
einer einzelfallbezogenen Gefahrenprognose (tatbestandliches Regelbeispiel für eine solche Gefahr: Planung oder
Begehung schwerer Straftaten). Bei derart schwerwiegenden Sachverhalten muss es der Bundespolizei in begründeten
Einzelfällen auch möglich sein, vorhandene Mobiltelefondaten dahingehend zu überprüfen, ob sich der
Gerätenutzer – d. h. die gefährliche Person – bereits nach unerlaubter bzw. unbemerkter Einreise im Inland befindet.
Eine erfolgreiche Lokalisierung ermöglicht sodann polizeiliche Anschlussmaßnahmen, die im Einvernehmen
mit Landes- und Bundesbehörden angepasst bzw. eingeleitet werden (z. B. Identifizierung des Handynutzers, zusätzliche
Fahndungsausschreibung mit anderer Zweckrichtung, z. B. Ausschreibung zur Festnahme).
Lokalisierung von Personen zum Zwecke der Prüfung von Ausreiseuntersagungen im Binnengrenzraum: Derzeit
hat die Bundespolizei 123 Personen zur Ausreiseuntersagung mit Terrorismusbezug ausgeschrieben. In den Fällen,
in denen sicherheitsbehördliche Informationen zu bevorstehenden Ausreisen zum Zwecke des späteren Anschlusses
an eine terroristische Organisation in Krisengebieten vorliegen, obliegt es der Bundespolizei, auf der
Basis einer Gefahrenprognose die Ausreise zu untersagen (§ 10 i. V. m. 7 Absatz 1 PassG, § 46 Absatz 2
AufenthG), sofern im Vorfeld durch die Passbehörde nicht bereits der Pass entzogen wurde. Häufig erhält die
Bundespolizei in zeitkritischen Sachverhalten lediglich die Information über die mögliche Abfahrtszeit (z. B. mit
dem Pkw von Wolfsburg Richtung Konstanz, um über die Schweiz auszureisen). Bei bekannter Mobiltelefonnummer
könnte durch eine Bestimmung des Mobiltelefonstandortes mittels „stiller SMS“ die Zielperson lokalisiert
werden. Bei nicht vorhandener Grenzkontrolle an den Binnengrenzen wird dadurch die Erfolgswahrscheinlichkeit
des Antreffens deutlich erhöht.
Zu Absatz 2
Absatz 2 beschränkt die Maßnahme auf die Erhebung nur solcher personenbezogener Daten, die zur Zweckerreichung
unvermeidbar erhoben werden müssen. Ein Abgleich ist ausschließlich mit der gesuchten Geräte-/Kartennummer
möglich.
Zu Absatz 3
Über den Verweis auf § 39 Absatz 4 steht die Maßnahme unter Richtervorbehalt. Es besteht ferner ein Antragserfordernis
der Präsidentin oder des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums oder einer Bundespolizeidirektion,
oder deren jeweiligen Vertretung. Die Antragsberechtigten sind nach Satz 2 bei Gefahr im Verzug auch zur Anordnung
der Maßnahme befugt, in Bezug auf die nach Satz 3 unverzüglich eine richterliche Bestätigung einzuholen
ist. Dieser alternativen Möglichkeit der Entscheidung über die Anordnung bedarf es für den Gefahr-im-Verzugs-Fall,
da die Sichtung der bei einem Verantwortlichen gespeicherten Informationen in Bezug auf eine unmittelbar
drohende Gefahr naturgemäß regelmäßig keinen Aufschub duldet.
Über den weiteren Verweis auf § 39 Absatz 5 hat die Anordnung schriftlich zu ergehen. Bei Wegfall der Voraussetzungen
ist die Maßnahme unverzüglich zu beenden.
Zu Absatz 4
Absatz 4 enthält die mit der Eingriffsbefugnis korrelierende Verpflichtung der Diensteanbieter zur Auskunfterteilung.
Zu Nummer 11 (§ 28)
Zu Buchstabe a (Absatz 1 Satz 1)
In Nummer 2 und 3 werden die Anforderungen des BVerfG (vgl. BVerfGE 141, 220 – Rn. 165 i. V. m. Rn. 111 ff.
zu § 20g BKAG a.F.) an eine hinreichend gehaltvolle Ausgestaltung der Prognoseanforderungen bei Maßnahmen
zur Straftatenverhütung umgesetzt. Die Formulierung orientiert sich an § 45 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BKAG.
Zu Buchstabe b (Absätze 3 bis 5)
Die Änderungen in Absatz 3 erstrecken sich, wie vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. April
2016 gefordert (BVerfGE 141, 220 – Rn. 174), auf einen Richtervorbehalt und ggf. erforderliche Antragsbefugnisse.
Eine bestimmte Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen wird verfassungsrechtlich zwar nicht eingefordert
(BVerfGE 141, 220 – Rn. 117). Das Bundesverfassungsgericht führt aus, dass „eingriffsintensive Überwachungs-
Drucksache 19/26541 – 42 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
und Ermittlungsmaßnahmen, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie auch höchstprivate Informationen erfassen,
und gegenüber den Betroffenen heimlich durchgeführt werden, grundsätzlich einer vorherigen Kontrolle durch
eine unabhängige Stelle, etwa in Form einer richterlichen Anordnung, bedürfen“.
Eine Differenzierung ist demnach bei Maßnahmen nach Absatz 3 Nummern 1 und 2 und Nummern 3 und 4 dergestalt
erfolgt, dass in letzteren Fällen wegen der besonderen Eingriffsqualität ein Richtervorbehalt besteht und
zudem ein Antrag der Präsidentin oder des Präsidenten des Bundespolizeipräsidiums oder der zuständigen Bundespolizeidirektion,
der Vertretung oder der Abteilungsleitung erforderlich ist. Bei den etwas weniger eingriffsintensiven
Maßnahmen nach Absatz 3 Nummer 1 und 2 besteht demgegenüber ein Richtervorbehalt ohne besondere
Antragserfordernisse. Bei den verbleibenden am wenigsten eingriffsintensiven Maßnahmen nach Absatz 2
Nummer 2 bis 4 genügt die Anordnung durch die vorgenannten Antragsberechtigten.
Die neue Regelung es Absatz 4 entspricht § 45 Absatz 4 BKAG und setzt die vom Bundesverfassungsgericht an
den Antrag gestellten Anforderungen um.
Die Änderung in Absatz 5 setzt die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 141, 220 – Rn. 118)
an die grundrechtssichernde Funktion der unabhängigen Richterkontrolle um.
Im Gleichklang mit § 45 Absatz 5 Satz 2 BKAG wird die Höchstdauer der Erstanordnung des Einsatzes von Vertrauenspersonen
und verdeckten Ermittlern auf drei Monate festgelegt. Hierdurch soll dem Umstand Rechnung
getragen werden, dass die Regelanordnung nach § 110b Absatz 1 und 2 StPO ebenfalls drei Monate beträgt.
Bei den übrigen Änderungen handelt es sich um Folgeänderungen.
Absatz 7 normiert, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert (BVerfGE 141, 220 – Rn. 177), eine ausdrückliche
gesetzliche Kernbereichsregelung für die besonderen Mittel der Datenerhebung.
Nach Satz 1 ist daher vor der Durchführung der Maßnahme, also auf der Erhebungsebene, eine Prognose dahingehend
zu treffen, dass mit der Maßnahme voraussichtlich keine Äußerungen erfasst werden, die allein den Kernbereich
der persönlichen Lebensgestaltung betreffen. Diese Prognose muss sich auf tatsächliche Anhaltspunkte
stützen, welche sich beispielsweise aus der Art der zu überwachenden Räumlichkeiten oder dem Verhältnis der
zu überwachenden Personen zueinander ergeben können; eine vollständige Gewissheit ist nicht erforderlich.
Schützenswert ist insbesondere die nichtöffentliche Kommunikation mit Personen des höchstpersönlichen Vertrauens.
Ist aufgrund dieser Prognose eine Anordnung zulässig, kann bei entsprechenden Erkenntnissen nach einer
strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung auch eine nur automatische Aufzeichnung zulässig sein.
Diese den Kernbereichsschutz sichernden Verfahrensvorschriften zielen in Umsetzung der verfassungsrechtlichen
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts darauf ab, nach Möglichkeit bereits auf der Erhebungsebene einen Eingriff
in den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung weitestgehend auszuschließen.
Satz 2 stellt zum Schutz des Kernbereiches privater Lebensgestaltung beim Einsatz von verdeckten Ermittlern
und Vertrauenspersonen sicher, dass die Maßnahme bei einer möglichen Kernbereichsrelevanz zu unterbrechen
ist, sobald dies ohne Gefährdung der beauftragten Person möglich ist.
Satz 3 enthält das Gebot der unverzüglichen Unterbrechung der Maßnahmen nach Absatz 2 Nummer 1 bis 3 und
regelt, was zu unternehmen ist, wenn sich während der Überwachung unerwartet tatsächliche Anhaltspunkte dafür
ergeben, dass Inhalte aus dem Kernbereich der persönlichen Lebensgestaltung erfasst werden. In solchen Fällen
regelt Satz 4 die Zulässigkeit des sogenannten Richterbandes. Die Regelung dient dem Schutz des Kernbereichs,
indem sie bestimmt, dass auch in solchen Fällen, in denen keine eindeutigen Anhaltspunkte für eine Kernbereichsrelevanz
sprechen, eine unmittelbare Überwachung durch die ermittelnden Stellen ausgeschlossen ist. In Zweifelsfällen
darf der Kommunikationsinhalt daher automatisch aufgezeichnet werden.
Nach Satz 5 sind Aufzeichnungen von Zweifelsfällen unverzüglich dem anordnenden Gericht vorzulegen, welches
nach Satz 6 anschließend unverzüglich die Feststellung zu treffen hat, ob eine Kernbereichsrelevanz vorliegt
oder nicht und damit eine Entscheidung über die Löschung oder Verwertbarkeit der Daten trifft.
In solchen Zweifelsfällen werden die Grundrechte der Betroffenen dadurch geschützt, dass ein Richter als unabhängige
Stelle die Auswertung einer automatischen Aufzeichnung übernimmt.
Satz 7 regelt, dass die unterbrochenen Maßnahmen nur fortgeführt werden dürfen, wenn dadurch keine Erkenntnisse
aus dem Kernbereich privater Lebensgestaltung mehr erhoben werden. Da trotz aller gebotenen Vorsorge
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 43 – Drucksache 19/26541
nicht ausgeschlossen werden kann, dass zuweilen Daten erfasst werden, die den Kernbereich betreffen, werden
die Regelungen verfahrensrechtlich abgesichert und durch das in Satz 8 enthaltene Verwertungsverbot und die in
Satz 9 normierte Löschungsverpflichtung flankiert.
Die nachfolgenden Sätze dienen der Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016
zur Aufbewahrungsfrist der Löschungsprotokolle zwecks effektiver Ausübung der Betroffenenrechte und einer
wirksamen Kontrolle durch die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit.
Absatz 8 macht von der durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 141, 220 – Rn. 129) eröffneten Möglichkeit
des Gesetzgebers Gebrauch, die notwendigen Regelungen zu treffen, um den Ermittlungsbehörden für Ausnahmefälle
bei Gefahr im Verzug auch kurzfristig erste Handlungsmöglichkeiten einzuräumen. Die gerichtliche
Entscheidung ist nach Satz 4 unverzüglich nachzuholen.
Zu Nummer 12 (§ 28a)
Zu Buchstabe a (Absatz 2)
In Absatz 2 sind die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Kernbereichsschutz umgesetzt worden, entsprechend
§ 34 Absatz 2 BKAG.
Bei den übrigen Änderungen handelt es sich um redaktionelle Folgeänderungen.
Zu Buchstabe b (Absatz 5 Satz 2)
Es handelt sich um redaktionelle Folgeänderungen. Die im bisherigen § 28 Absatz 7 bis 9 geregelten Benachrichtigungspflichten
werden im neuen § 35c aufgenommen.
Zu Nummer 13 (§ 28b)
Aktuelle technische Entwicklungen schaffen eine neue Gefahrenlage. Zweck dieser Regelung ist die Detektion
und Abwehr von Land-, Luft und Wasserfahrzeugen, die nicht durch eine an Bord befindliche Person gesteuert
werden (z. B. fernmanipulierte Geräte). Rechtlich abgesichert wird damit insbesondere die Abwehr von Drohnen
mit geeigneten technischen Mitteln.
Zum Einsatz gegen fernmanipulierte Geräte kommen in der polizeilichen Praxis moderne Techniken wie Laser,
elektromagnetische Impulse, Jamming, GPS-Störung und die Nutzung von Detektionstechnik (Überwachung des
elektromagnetischen Wellenspektrums).
Zu Nummer 14 (Überschrift Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Teil 2)
Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen.
Zu Nummer 15 (§§ 29 bis 29e)
An die Stelle des bisherigen § 29, der die Speicherung, Veränderung und Nutzung von personenbezogenen Daten
geregelt hat, treten die neuen §§ 29 bis 29e. Unter Anpassung der Terminologie und Regelungssystematik an das
BKAG erfolgt damit die Umsetzung Vorgaben der Richtlinie (EU) 2016/680 und des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
vom 20. April 2016 (BVerfGE 141, 220) an die Weiterverarbeitung von personenbezogenen Daten.
Zu § 29
Der neue § 29 (Weiterverarbeitung personenbezogener Daten) enthält in Satz 1 wie der bisherige § 29 Absatz 1
die Generalklausel zur Weiterverarbeitung von Daten, die die Bundespolizei selbst erhoben hat oder die ihr von
anderen Behörden übermittelt wurden oder die sonst von der Bundespolizei nicht selbst aktiv beschafft wurden.
Mit Satz 2 wird auch die Befugnis der Bundespolizei zur Weiterverarbeitung personenbezogener Daten zur Erledigung
besonderer Ersuchen nach § 17 Absatz 2 des Bundesverfassungsschutzgesetzes aus den bisherigen § 29
Absatz 1 Satz 2 übernommen.
Der neue Satz 3 stellt klar, dass die Bundespolizei unter den Voraussetzungen von Satz 1 und 2 auch Daten verarbeiten
darf, die sie nicht aktiv beschafft, sondern die ihr „aufgedrängt“ werden, d. h. von der betroffenen Person
selbst oder von Dritten ohne Aufforderung übermittelt werden. Entsprechende Regelungen finden sich im Landesrecht,
beispielsweise in § 22 Absatz 1 Satz 2 LSA SOG und § 20 Absatz 1 Satz 2 HSOG. Bei aufgedrängten
Drucksache 19/26541 – 44 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Daten ist davon auszugehen, dass eine Datenerhebung vorliegt, wenn die Polizei zur Kenntnisnahme verpflichtet
ist, wenn die Daten also ein polizeiliches Tätigwerden erforderlich machen oder machen könnten.
Zu § 29a
Der neue § 29a (Zweckbindung, Grundsatz der hypothetischen Datenneuverarbeitung) setzt das vom Bundesverfassungsgericht
in seinem Urteil vom 20. April 2016 konkretisierte und geprägte Kriterium der hypothetischen
Datenneuerhebung für den Bereich der Bundespolizei um.
Satz 1 stellt klar, dass die Verarbeitung von personenbezogenen Daten zur Erfüllung derselben Aufgabe und zum
Schutz derselben Rechtsgüter oder zur Verfolgung oder Verhütung derselben Straftaten durch die Bundespolizei
nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an eine Zweckänderung unterliegt. Aufgaben im Sinne der Vorschrift
sind die Gefahrenabwehr die Strafverfolgung (nicht die Einzelaufgaben der Bundespolizei nach Abschnitt
1).
Satz 2 trägt den besonderen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, a. a. O. – Rn. 283) an die
Zweckbindung für Daten aus Maßnahmen durch den Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen (§ 42)
Rechnung. Aufgrund des besonderen Eingriffsgewichts solcher Datenerhebungen sieht Satz 2 vor, dass im Einzelfall
eine dringende Gefahr oder eine Gefahrenlage im Sinne des § 42 Absatz 1 vorliegen muss, was eine Nutzung
der Erkenntnisse als bloßer Spuren- oder Ermittlungsansatz ausschließt.
Absatz 2 entspricht § 12 Absatz 2 BKAG. Satz 1 setzt die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts an die zweckändernde
Verarbeitung von personenbezogenen Daten um und führt damit den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
in das Bundespolizeigesetz ein.
Satz 2 stellt klar, dass der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung insbesondere die Nutzung personenbezogener
Daten zu Zwecken der Aus- und Fortbildung (neuer § 29d) zum Datenabgleich (§ 34) nicht einschränkt.
Absatz 3 entspricht § 12 Absatz 4 BKAG. Er sieht vor, dass die strengen Vorgaben der Zweckbindung und der
Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung nicht gelten, wenn die Grunddaten einer Person zu Identifizierungszwecken
verwendet werden sollen. Da die Datenverwendung so in doppelter Weise eng begrenzt ist – nur
Grunddaten nach § 18 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a BKAG und nur zum Zweck der Identifizierung – ist das
Eingriffsgewicht dieser Maßnahme mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu vereinbaren. Weitere
Daten – etwa die weiteren zu einer als „Treffer“ identifizierten Person gespeicherten Ereignisse – sind hingegen
nach Absatz 5 nicht verfügbar; insoweit bleibt es bei den Begrenzungen nach den Absätzen 2 und 3.
Die zweifelsfreie Klärung der Identität einer Person ist notwendig, um Identitätsverwechselungen auszuschließen
und damit zu verhindern, dass Eingriffe in die Grundrechte von unbeteiligten Personen stattfinden. Die Bundespolizei
muss daher zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Grunddaten einer Person stets zu diesem Zweck verarbeiten
können. Der Begriff Grunddaten wird in der BKA-Daten-Verordnung für die verschiedenen Personenkategorien
der §§ 18 und 19 legaldefiniert.
Absatz 4 sieht die Verpflichtung der Bundespolizei vor, bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch
technische und organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass die Voraussetzungen des Grundsatzes der
hypothetischen Datenneuerhebung beachtet werden. Die in Absatz 5 geregelte Verpflichtung findet ihre nähere
Ausgestaltung in § 29e (Kennzeichnung), der festlegt, wie der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
technisch durch die Bundespolizei umzusetzen ist. Der Absatz 4 gilt für die Erhebung von neuen Daten sowie
grundsätzlich auch für Altdatenbestände. Bei Letzteren ist jedoch zu beachten, dass sich die Mittel der Datenerhebung
teilweise nur mit einem erheblichen Aufwand feststellen und kennzeichnen lassen. Die Bundespolizei
trifft vor diesem Hintergrund alle angemessenen Maßnahmen, die geeignet sind, die neuen gesetzlichen Vorgaben
auch auf Altdatenbestände anzuwenden, ohne die Funktionsfähigkeit der Bundespolizei zu beeinträchtigen.
Zu § 29b
Der neue § 29b (Daten zu Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen und sonstigen Anlasspersonen) übernimmt
die wesentlichen Regelungen aus dem bisherigen § 29 Absatz 2 und systematisiert und ergänzt diese. Die
Neufassung dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie (EU) 2016/680, der fordert, dass die Mitgliedstaaten
für die Unterscheidbarkeit zwischen den personenbezogenen Daten verschiedener Personenkategorien Sorge
zu tragen haben. Hierunter fallen insbesondere Personen, gegen die ein begründeter Verdacht besteht, dass sie
eine Straftat begangen haben oder in naher Zukunft begehen werden, verurteilte Straftäter, Opfer einer Straftat
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 45 – Drucksache 19/26541
oder Personen, bei denen bestimmte Fakten darauf hindeuten, dass sie Opfer einer Straftat sein könnten, und
andere Parteien im Zusammenhang mit einer Straftat, wie Personen, die bei Ermittlungen in Verbindung mit der
betreffenden Straftat oder beim anschließenden Strafverfahren als Zeugen in Betracht kommen, Personen, die
Hinweise zur Straftat geben können, oder Personen, die mit Verurteilten, Beschuldigten oder Tatverdächtigen in
Kontakt oder in Verbindung stehen.
Absatz 1 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 29 Absatz 2 und legt – wie auch § 18 Absatz 1 BKAG –
fest, dass die Bundespolizei zur Erfüllung ihrer Aufgaben auf dem Gebiet der Strafverfolgung personenbezogene
Daten von Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen oder Personen, bei denen ein Anlass dafür besteht (Anlasspersonen)
verarbeiten kann. Klarstellend aufgenommen wird die Befugnis zur Verarbeitung personenbezogener
Daten von Verurteilten wie in Artikel 6 Buchstabe b der Richtlinie (EU) 2016/680 vorgesehen. Den Verurteilten
sind Personen i. S. d. § 81g Absatz 4 StPO gleichgestellt.
Der neue Absatz 2 systematisiert in den Nummern 1 bis 3 die Kategorien der personenbezogenen Daten, die von
den in Absatz 1 aufgeführten Personen gespeichert werden dürfen. Eine inhaltliche Änderung ist mit der Neuregelung
nicht verbunden. Der bislang verwendete Begriff der „Personendaten“ wird ohne inhaltliche Änderung
durch den Begriff der „Grunddaten“ ersetzt. Die Grunddaten von Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen
oder Anlasspersonen bilden die entscheidenden Faktoren für die zweifelsfreie, schnelle und effektive Identifizierung
der betreffenden Person in den Datenbeständen der Bundespolizei.
Der neue Absatz 3 regelt – wie § 18 Absatz 3 BKAG – die sogenannten Prüffälle. Erhält die Bundespolizei durch
Hinweisgeber, aber auch durch in- oder ausländische Polizeidienststellen, Erkenntnisse und Angaben zu Personen,
die der Bundespolizei bislang unbekannt waren und bei denen daher auch noch nicht feststeht, ob die betroffenen
Personen einer der in Absatz 1 genannten Kategorien unterfallen. Nachdem das Bundeskriminalamt im
Rahmen eines ersten Prüfungsschritts feststellen muss, ob die mitgeteilten personenbezogenen Daten und Erkenntnisse
zu dieser Person zur Erfüllung seiner Aufgaben benötigt werden, hat sie in einem zweiten Schritt zu
ermitteln, welcher Personenkategorie die Betroffenen unterfallen. Die neuen Sätze 1 und 2 legen für diesen zweiten
Prüfungsschritt strenge datenschutzrechtliche Maßstäbe fest. Die Verarbeitung und gegebenenfalls Anreicherung
der personenbezogenen Daten darf nur zu dem Zweck erfolgen, festzustellen, ob die betroffenen Personen
den Kategorien als Verurteilte, Beschuldigte, Tatverdächtige oder Anlasspersonen unterfallen. Satz 4 bestimmt,
dass die Daten nach Abschluss der Prüfung, spätestens jedoch nach zwölf Monaten zu löschen sind, soweit nicht
festgestellt wurde, dass die betreffende Person die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt.
Die Reglungen in Absatz 4 entsprechen denen im bisherigen § 29 Absatz 2 Satz 3 und auch § 18 Absatz 5 BKAG.
Zu § 29c
Der neue § 29c (Daten zu anderen Personen) regelt, unter welchen Voraussetzungen die Bundespolizei personenbezogene
Daten von anderen Personen weiterverarbeiten kann.
Absatz 1 greift bisher in § 29 Absatz 3 enthaltene Regelungen auf und entspricht § 19 Absatz 1 BKAG; er dient
der Umsetzung von Artikel 6 Buchstabe d der Richtlinie (EU) 2016/680.
Nummer 3 umschreibt den Begriff der Kontakt- und Begleitperson. Hiernach ist eine Kontakt- und Begleitperson
eine Person, die mit in Absatz 6 Nummer 1 bis 3 bezeichneten Personen nicht nur flüchtig oder in zufälligem
Kontakt, sondern in einer Weise in Verbindung steht, die die Erhebung ihrer personenbezogenen Daten zur Verfolgung
oder vorbeugenden Bekämpfung dieser Straftaten erfordert. Die gewählte Begriffsbestimmung en-spricht
dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 141, 220 – Rn. 168) aufgestellten Voraussetzungen an die Definition
einer Kontakt- und Begleitperson, insbesondere fordert sie konkrete Tatsachen für einen objektiven Tatbezug.
Unter die Auskunftspersonen der Nummer 4 fällt auch der Personenkreis des § 44 Satz 1 Nummer 2 (Eigentümer
und rechtmäßiger Inhaber der tatsächlichen Gewalt). Dies ist erforderlich vor dem Hintergrund der Ausschreibung
von durch Verlust abhanden gekommenen Dokumenten über die Personalien in der Sachfahndung ohne Straftatbezug.
Der neue Absatz 2 regelt wie § 29b Absatz 3 die Prüffälle.
Drucksache 19/26541 – 46 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu § 29d
Der neue § 29d (Weiterverarbeitung von Daten zur Aus- und Fortbildung, zur Vorgangsverwaltung und zur befristeten
Dokumentation des polizeilichen Handelns) übernimmt im Wesentlichen die Regelungen aus den Absätzen
5 und 6 des bisherigen § 29.
Absatz 1 entspricht inhaltlich dem bisherigen § 29 Absatz 6. Er wird redaktionell überarbeitet und an die neue
Terminologie der Weiterverarbeitung von Daten angepasst.
Absatz 2 entspricht inhaltlich dem bisherigen § 29 Absatz 5. Er wird redaktionell angepasst und an die neue Terminologie
der Weiterverarbeitung von Daten angepasst.
Zu § 29e
Der neue § 29e (Kennzeichnung) ermöglicht die Umsetzung des Grundsatzes der hypothetischen Datenneuerhebung.
Dessen Umsetzung setzt voraus, dass gespeicherte personenbezogene Daten mit den notwendigen Zusatzinformationen
versehen sind, das heißt gekennzeichnet, sind.
Absatz 1 Satz 1 sieht dementsprechend vor, dass personenbezogene Daten durch Angabe des Mittels der Erhebung
der Daten einschließlich der Angabe, ob die Daten offen oder verdeckt erhoben wurden (Nummer 1), bei
Personen, zu denen Grunddaten angelegt wurden, durch die Angabe der Kategorie nach den §§ 29b und 29c
(Nummer 2), durch die Angabe der Rechtsgüter, deren Schutz die Erhebung dient oder Straftaten und Ordnungswidrigkeiten,
deren Verfolgung oder Verhütung die Erhebung dient (Nummer 3), und durch die Angabe der Stelle,
die sie erhoben hat, sofern nicht die Bundespolizei die Daten erhoben hat (Nummer 4) zu kennzeichnen sind.
Diese umfassende Kennzeichnung, schafft die Voraussetzung für eine konsistente Anwendung des Grundsatzes
der hypothetischen Datenneuerhebung. Nach Absatz 1 Satz 2 kann die Kennzeichnung auch durch die Angabe
der Rechtsgrundlage der jeweiligen Mittel der Datenerhebung ergänzt werden.
Zur Vermeidung einer Weiterverarbeitung von Daten, die nicht dem Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
entspricht, bestimmt Absatz 2, dass personenbezogene Daten, die nicht entsprechend den Anforderungen
des Absatzes 1 gekennzeichnet sind, solange nicht weiterverarbeitet werden dürfen, bis eine Kennzeichnung entsprechend
den Anforderungen des Absatzes 1 erfolgt ist.
Damit der Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung auch bei der Weiterverarbeitung von Daten bei anderen
Stellen beachtet werden kann, regelt Absatz 3, dass die nach Absatz 1 vorzunehmende Kennzeichnung im
Falle der Übermittlung der Daten durch die empfangende Stelle aufrechtzuerhalten ist.
Eine Kennzeichnung von Bild- und Tonaufnahmen, die nach den §§ 26 bis 27c und 41a erstellt wurden, ist aufgrund
der Art und dem Umfang der erhobenen Daten erst bei der Übernahme in ein Vorgangs- oder Fallbearbeitungssystem
vorzunehmen. Damit wird eine praxisgerechte Ausnahme für die Kennzeichnung von Videoaufzeichnungen
der Bundespolizei geschaffen, da bei der Speicherung der Aufnahmen auf den Aufzeichnungsgeräten
selbst, die nach Absatz 2 erforderlichen Angaben noch nicht erfasst werden können. Die Kennzeichnung ist jedoch
dann vorzunehmen, wenn die Aufnahmen der Gegenstand eines polizeilichen Vorgangs werden und der
Bezug zu konkreten Rechtsgütern, Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten feststeht.
Es handelt sich bei Absatz 5 um eine Übergangsvorschrift, die § 91 BKAG angeglichen ist. Die Weiterverarbeitung
und Übermittlung von personenbezogenen Daten ist bis zum Inkrafttreten der Neufassung des BPolG auch
ohne Kennzeichnung zulässig nach den Bestimmungen einer Errichtungsanordnung nach dem bisherigen § 36.
Damit soll die Weiterverwendung der nach bisherigem Recht erhobenen „Altdaten“ mit einem für die Bundespolizei
vertretbaren Verwaltungsaufwand ermöglicht werden.
Zu Nummer 16 (§ 31 Absatz 4 Satz 6)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Nummer 17 (§ 31a)
Der neue § 31a sieht vor, dass die Bundespolizei Ausschreibungen zur polizeilichen Beobachtung oder gezielten
Kontrolle im Schengener Informationssystem (SIS) vornehmen kann. Mit der Bezugnahme auf das für die Inbe-
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 47 – Drucksache 19/26541
triebnahme des Schengener Informationssystem geltenden Unionsrechts wird die Ausschreibung nach der aktuellen
Verordnung (EU) 1987/2006 und dem Beschluss 2007/533/JI sowie zukünftig nach der neuen Verordnung
(EU) 2018/1862 ermöglicht.
Im SIS kann die Bundespolizei bisher nur Personen zur Einreiseverweigerung, zur Gewahrsamnahme und zur
Aufenthaltsermittlung nach § 30 Absatz 5 ausschreiben. Daneben ergibt sich aus der polizeilichen Praxis die Notwendigkeit,
der Bundespolizei die Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung, gezielten Kontrolle oder Ermittlungsanfrage
im SIS zu gestatten. Anwendungsfälle ergeben sich insbesondere im Rahmen der Verhinderung
der Durchführung von Schleusungsfahrten, wenn polizeiliche Erkenntnisse zu genutzten Fahrzeugen vorliegen.
Mit der Verordnung (EU) 2018/1862 vom 28. November 2018 wird in Artikel 36 Absatz 1 die Ausschreibung im
SIS für Ermittlungsanfragen neben der Ausschreibung für verdeckte oder gezielten Kontrollen eingeführt. Damit
soll gemäß Erwägungsgrund Nummer 37 eine neue zu ergreifende Maßnahme eingeführt werden, damit eine Person
angehalten und befragt werden kann, damit der ausschreibende Mitgliedstaat möglichst detaillierte Informationen
erhält. Diese Maßnahme soll für Fälle gelten, in denen eine Person aufgrund eindeutiger Anhaltspunkte
verdächtigt wird, eine der in Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI genannten Straftaten
zu planen oder zu begehen, in denen weitere Informationen für die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe oder
Haftanordnung gegen eine wegen einer der in Artikel 2 Absätze 1 und 2 des Rahmenbeschlusses 2002/584/JI
genannten Straftaten verurteilte Person erforderlich sind, oder in denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie
eine dieser Straftaten begehen wird.
Mit der Ausschreibung zur Ermittlungsanfrage kann die Bundespolizei ergänzende Informationen gewinnen, die
über eine reine Kenntnis einer durchgeführten gezielten Kontrolle und der damit in Zusammenhang stehenden
Informationen (u. a. Ort, Zeit, Reiseroute, Begleitpersonen) hinausgehen. Anwendungsfälle ergeben sich insbesondere
im Rahmen der Verhinderung der Durchführung von Schleusungen (genuines Gefahrenabwehrrecht im
Segment der Schadensvertiefung oder der Tatverhinderung), um im weiteren Organisations- und Täterumfeld
durch offene Befragungen abstrakte Sachverhaltsbezüge polizeilich bewerten oder Strukturen aufklären zu können.
Im diesem Sinne ergänzt die Ermittlungsanfrage die Ausschreibungsoptionen der gezielten und verdeckten
Kontrolle.
Zu Nummer 18 (§ 31b)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Nummer 19 (§ 32)
Der neue § 32 (Übermittlung personenbezogener Daten im innerstaatlichen Bereich) Die Gliederung der Vorschriften
zur Übermittlung personenbezogener Daten wird neu gefasst. Es erfolgt die Aufteilung der Regelungen
zur Übermittlung im innerstaatlichen Bereich, zur Übermittlung an Mitgliedstaaten der Europäischen Union und
zur Übermittlung im internationalen Bereich in drei gesonderte Paragrafen. Die Regelungen aus dem bisherigen
§ 33 werden dabei integriert.
Zu Absatz 1
Die Ergänzung überträgt die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Urteil vom 20. April 2016
(BVerfG, a. a. O. – Rn. 276f.), den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung auf die Datenübermittlung
der Bundespolizei an die Polizeien des Bundes und der Länder.
Entgegen § 1 Absatz 4 VwVfG ist der Behördenbegriff nicht organisatorisch, sondern funktional zu verstehen.
Vor diesem Hintergrund wurde der bisherige § 32 Absatz 1 Satz 2 gestrichen, da ansonsten bei jeder zwischen
Bundespolizeidirektionen stattfindenden Datenübermittlung die personenbezogenen Daten enthält, eine Prüfung
der Voraussetzungen des Zweckwechsels obligatorisch wäre. Dabei wurde auch der damit einhergehende nicht
unerhebliche Mehraufwand in Betracht gezogen.
Zu den Absätzen 2 und 3
Absatz 2 entspricht dem bisherigen § 32 Absatz 2 und Absatz 3 entspricht dem bisherigen § 32 Absatz 4; dabei
werden aber die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts an den Grundsatz der hypothetischen Datenneuerhebung
auf die Datenübermittlung der Bundespolizei an andere inländische öffentliche und an nichtöffentliche
Stellen übertragen.
Drucksache 19/26541 – 48 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
In Absatz 3 Satz 1 wird die Terminologie an das BKAG angepasst.
Absatz 3 wird um einen weiteren Fall („zur Abwehr erheblicher Nachteile für das Gemeinwohl“) ergänzt. Daten
der Bundespolizei werden durch die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze an nichtöffentliche Stellen (insbesondere
an den Deutschen Fußball Bund) z. B. nach dem Polizeirecht von Nordrhein-Westfalen übermittelt. Laut
Schreiben der Datenschutzkonferenz an die Innenministerkonferenz vom 17. Dezember 2018 liegt eine „Umgehung“
bundespolizeilicher Vorschriften vor, soweit die Übermittlung „zur Abwehr erheblicher Nachteile für das
Gemeinwohl“ erfolgt. Mit einer entsprechenden Ergänzung von Absatz 3 wird ein Gleichlauf mit nordrheinwestfälischen
Vorschriften hergestellt.
Zu Absatz 4
Absatz 4 entspricht dem bisherigen § 33 Absatz 5.
Zu Absatz 5
Absatz 5 entspricht dem bisherigen § 33 Absatz 6. Auch der neue Absatz 5 dient der Umsetzung der vom Bundesverfassungsgericht
in seinem Urteil vom 20. April 2016 aufgestellten Anforderungen des Grundsatzes der
hypothetischen Datenneuerhebung an die weitere Verarbeitung der Daten durch die empfangende Stelle. Auch
die empfangende Stelle hat zukünftig die Voraussetzungen des Grundsatzes der hypothetischen Datenneuerhebung
zu berücksichtigen, wenn sie die vom Bundeskriminalamt übermittelten Daten zu andern Zwecken, als zu
denen die Daten übermittelt wurden, verarbeiten will.
Entscheidend für eine Datenübermittlung an sonstige öffentliche Stellen ist demnach, dass neben konkreten Ermittlungsansätzen
für die Aufdeckung von Straftaten oder Gefahren für Rechtsgüter zugleich auch Erkenntnisse
zu einer Gefährdung von mindestens gleichwertigen Rechtsgütern vorliegen, die zur Erfüllung der Aufgabe der
jeweiligen Behörde bedeutsam sein können.
Zu Absatz 6
Absatz 6 entspricht dem bisherigen § 33 Absatz 1.
Zu Absatz 7
Absatz 7 entspricht dem bisherigen § 33 Absatz 2.
Zu Absatz 8
Absatz 8 entspricht dem bisherigen § 33 Absatz 4.
Zu Absatz 9
Absatz 9 entspricht dem bisherigen § 33 Absatz 7.
Zu Absatz 10
Der neue Absatz 10 ermöglicht der Bundespolizei die Teilnahme an einem polizeilichen Datenverbund außerhalb
des BKA-Verbunds, die Regelung orientiert sich an § 36e Absatz 4 BremPolG. Ein Beispiel ist die automatisierte
Bund-Länder-Datei „PIAS“ (Polizeilicher Informationsaustausch bei Sportveranstaltungen).
Zu Absatz 11
Absatz 11 übernimmt die Regelung aus dem bisherigen § 32 Absatz 5 auch für den innerstaatlichen Bereich.
Zu Nummer 20 (§§ 32a, 32b und 33)
Zu § 32a
Der neue § 32a regelt die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Bundespolizei an Mitgliedstaaten der
Europäischen Union und Schengen assoziierte Staaten.
Ein effektiver und wirksamer polizeilicher Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden der Mitgliedstaaten
der Europäischen Union ist ein Schlüsselelement für die Gewährleistung der Sicherheit der Bundesrepublik
Deutschland und der Europäischen Union. Nur durch die intensive grenzübergreifende Zusammenarbeit
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 49 – Drucksache 19/26541
der europäischen Sicherheitsbehörden bei der Gefahrenabwehr und der Straftatenverhütung und -verfolgung können
europaweit Straftaten verhindert, verfolgt und aufgedeckt werden. Vor diesem Hintergrund und der sich stetig
vertiefenden europäischen Integration, welche die Europäische Union zu einem gemeinsamen Raum der Freiheit,
der Sicherheit und des Rechts gemacht hat, setzt § 53 Absatz 1 den Gleichbehandlungsgrundsatz konsequent um
und stellt künftig Datenübermittlung an Mitgliedstaaten der Europäischen Union den inländischen Datenübermittlungen
gleich.
Durch Satz 1 Nummer 1 wird die Übermittlung an Behörden, sonstige öffentliche und nichtöffentliche Stellen
anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union den Regelungen über Übermittlung an inländische Stellen
gleichgestellt. Über Satz 1 Nummer 2 wird klargestellt, dass sich auch Datenübermittlungen an zwischen- und
überstaatliche Stellen der Europäischen Union oder deren Mitgliedstaaten, die mit Aufgaben der Verhütung und
Verfolgung von Straftaten befasst sind, nach Regelungen über die Übermittlung an Polizeibehörden der Mitgliedstaaten
nach Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 52 Absatz 1 richten.
Absatz 2 entspricht dem bisherigen § 32a Absatz 6 und Absatz 3 entspricht dem bisherigen § 32 Absatz 5.
Zu § 32b
Der neue § 32b gestaltet die Übermittlung personenbezogener Daten durch die Bundespolizei im internationalen
Bereich.
Absatz 1 orientiert sich an § 27 Absatz 1 BKAG und dient über den Verweis auf § 29a der Umsetzung der vom
Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. April 2016 aufgestellten Anforderungen des Grundsatzes der
hypothetischen Datenneuerhebung an die Übermittlung von Daten aus besonders eingriffsintensiven Maßnahmen
im internationalen Bereich.
Des Weiteren erfolgt ein Hinweis auf die Geltung der im BDSG vorgesehenen Drittstaatenübermittlungsvorschriften.
Absatz 2 orientiert sich an § 27 Absatz 8 BKAG und enthält eine Befugnis zur Datenübermittlung an zwischenund
überstaatliche Stellen, die nicht mit Aufgaben der Verhütung oder Verfolgung von Straftaten befasst sind.
Diese Regelung vervollständigt die auf die Verarbeitung bei der Bundespolizei anwendbare Befugnis aus § 81
BDSG, in eng umgrenzten Fällen für die Aufgabenerfüllung Daten an nicht für die Strafverfolgung zuständige
Stellen in Drittstaaten zu übermitteln. In Satz 1 wird auf die für die Bundespolizei nach § 81 BDSG bestehende
Möglichkeit klarstellend explizit hingewiesen. Durch den Verweis auf § 29a werden die Anforderungen des
Grundsatzes der hypothetischen Datenneuerhebung erfüllt.
Absatz 3 legt die Verantwortung für die Übermittlung fest, greift die Regelungen aus dem bisherigen § 33 Absatz
6 Satz 3 und 4 auf und gleicht diese an die Terminologie aus § 27 Absatz 7 BKAG an.
Absatz 4 stellt wie der bisherige § 32 Absatz 5 klar, dass andere Rechtsvorschriften zur Übermittlung personenbezogener
Daten unberührt bleiben.
Zu § 33
§ 33 regelt Übermittlungsverbote und Verweigerungsgründe im Rahmen der Datenübermittlung.
Absatz 1 umfasst die Regelungen des bisherigen § 33 Absatz 3 Satz 1. Die Regelungen des bisherigen § 33 Absatz
3 Satz 2 bis 4 entfallen, da über § 32b Absatz 1 die §§ 78, 79 BDSG für die Übermittlung an Drittstaaten
anzuwenden sind.
Absatz 2 übernimmt die Regelungen des bisherigen § 33 Absatz 3a Nummer 1 und bisherigen § 33 Absatz 3b
Nummer 2.
Ergänzend tragen die neuen Nummern 3 und 4 den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen
an die Vergewisserung über das Vorhandensein eines datenschutzrechtlich angemessenen und mit elementaren
Menschenrechtsgewährleistungen vereinbaren Umgangs mit den übermittelten Daten im Empfängerstaat und Artikel
38 der Richtlinie (EU) 2016/680 Rechnung.
Zu Nummer 21 (§ 33a)
Der bisherige § 33a zur Umsetzung des „Rahmenbeschluss 2006/960/JI des Rates vom 18. Dezember 2006 über
die Vereinfachung des Austauschs von Informationen und Erkenntnissen zwischen den Strafverfolgungsbehörden
Drucksache 19/26541 – 50 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
der Mitgliedstaaten der Europäischen Union“ entfällt aufgrund der neuen Regelungen zur Umsetzung der Richtlinie
(EU) 2016/680.
Zu Nummer 22 (§ 34a)
§ 34a sieht die Möglichkeit vor, eine DNA-Referenzdatenbank zu führen, um sogenannte DNA-Trugspuren, die
durch Verunreinigungen der betreffenden Spurenträger bei der kriminaltechnischen Untersuchung entstehen können,
auszuschließen. Hierdurch können aufwendige Ermittlungsverfahren aufgrund von DNA-Trugspuren verhindert
werden.
Die DNA-Analyse nimmt für die Aufklärung von Straftaten mittlerweile eine zentrale Rolle ein. Die Methoden
der DNA-Analyse haben sich ständig weiterentwickelt und die für die Analysen notwendige Menge an DNA-
Material hat sich beständig verringert. Da mittlerweile bereits in etwa 20 Nanogramm DNA-Material, was der
Menge von ca. zwei bis drei DNA-Biomolekülen entspricht, ausreichend ist, um das DNA-Identifizierungsmuster
feststellen zu können, können selbst kleinste Verunreinigungen zu so genannten Trugspuren führen. Ein öffentlichkeitswirksames
Beispiel für DNA-Trugspuren stellt der Fall des „Phantoms von Heilbronn“ dar. Nachdem am
25. April 2007 in Heilbronn auf der Theresienwiese eine Polizistin getötet wurde und ihr Kollege durch einen
Kopfschuss schwerste Verletzungen erlitten hatte, wurde am Tatort ein DNA-Identifizierungsmuster einer weiblichen
Unbekannten entdeckt. Bei Abgleichen dieses DNA-Identifizierungsmuster mit den polizeilichen Datenbanken
wurde festgestellt, dass in 40 weiteren Fällen übereinstimmende genetische Spuren gefunden wurden.
Diese Feststellungen führten zu umfangreichen Ermittlungs- und Fahndungsmaßnahmen in den Jahren 2007 bis
2009 in Süddeutschland, Österreich und Frankreich. Letztendlich stellte sich heraus, dass das fragliche DNA-
Identifizierungsmuster von einer Mitarbeiterin der Herstellerfirma der für die Spurensicherung eingesetzten Wattestäbchen
stammte und es sich damit um eine DNA-Trugspur handelte.
Eine unter Datenschutzgesichtspunkten weniger belastende anonymisierte Speicherung der DNA-Identifizierungsmuster
ist nicht möglich. Denn neben der Feststellung, dass es sich um eine Trugspur handelt, ist es von
wesentlicher Bedeutung, zu ermitteln, auf welche Weise das Spurenmaterial verunreinigt wurde. Nur auf diese
Weise lässt sich für künftige Fälle das Risiko einer erneuten Verunreinigung minimieren. Mit einer anonymisierten
Speicherung ist dies nicht möglich.
Der neue Absatz 1 ermöglicht der Bundespolizei, von ihren Beschäftigten, die Umgang mit Spurenmaterial haben
oder die Bereiche in ihren Liegenschaften und Einrichtungen betreten müssen, in denen mit Spurenmaterial umgegangen
oder dieses gelagert wird, mittels eines Mundschleimhautabstrichs oder einer hinsichtlich ihrer Eingriffsintensität
vergleichbaren Methode Körperzellen zu entnehmen, hieraus das DNA-Identifizierungsmuster
festzustellen und dieses mit an Spurenmaterial festgestellten DNA-Identifizierungsmustern automatisiert abzugleichen.
Der Abgleich darf nur zu dem Zweck erfolgen, DNA-Trugspuren zu erkennen.
Nach Satz 2 darf die Entnahme der Körperzellen nicht erzwungen werden.
Satz 3 und 4 legen enge Zweckbindungen der Nutzung der Daten fest: Die entnommenen Körperzellen dürfen nur
zur Feststellung des DNA-Identifizierungsmuster genutzt werden. Sie sind unverzüglich zu vernichten, sobald sie
hierfür nicht mehr erforderlich sind. Andere Feststellungen als diejenigen, die zur Ermittlung des DNA-Identifizierungsmusters
erforderlich sind, dürfen bei der Untersuchung des DNA-Identifizierungsmusters nicht getroffen
werden.
Der neue Absatz 2 gibt der Bundespolizei die Möglichkeit, unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 DNA-
Identifizierungsmuster von anderen Personen zum Aufdecken von DNA-Trugspuren zu untersuchen und abzugleichen.
Die Untersuchungen und Abgleiche dürfen nur mit dem schriftlichen Einverständnis der betreffenden
Person erfolgen.
Nach Absatz 3 Satz 1 sind die DNA-Identifizierungsmuster zu pseudonymisieren und darüber hinaus in einem
gesonderten Informationsbestand der Bundespolizei zu speichern. Satz 2 verbietet eine Verwendung der DNA-
Identifizierungsmusters zu anderen als den in den Absätzen 1 bis 3 genannten Zwecken. Satz 3 sieht vor, dass die
DNA-Identifizierungsmuster unverzüglich zu löschen sind, wenn ihre Verarbeitung für die Zwecke nicht mehr
erforderlich ist. Nach Satz 4 hat die Löschung spätestens drei Jahre nach dem letzten Umgang der betreffenden
Person mit Spurenmaterial oder dem letzten Zutritt zu einem Bereich, in dem mit Spurenmaterial umgegangen
wird, zu erfolgen. Satz 5 sieht vor, dass Betroffene schriftlich über den Zweck und die Verarbeitung der erhobenen
Daten zu informieren sind.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 51 – Drucksache 19/26541
Zu Nummer 23 (§ 35)
Der neue § 35 (Aussonderungsprüffristen) nimmt die Regelungen aus dem bisherigen § 35 auf und konkretisiert
die sich aus § 75 BDSG ergebende Verpflichtung, Lösch- bzw. Aussonderungsprüffristen vorzusehen. Die Regelungen
des bisherigen § 35 werden mit dem Ziel der Vereinheitlichung der gesetzlichen Regelungen in den Polizeigesetzen
des Bundes in zwei Paragraphen aufgeteilt und in ihrer Struktur an die §§ 77 und 78 BKAG angepasst.
Zu Nummer 24 (§§ 35a bis 35f)
Die §§ 35a bis 35f treffen insbesondere Regelungen zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts
vom 20. April 2016 und lehnen sich an die vergleichbaren Bestimmungen des BKAG an.
Zu § 35a
Der neue § 35a (Löschung von durch Besondere Mittel der Datenerhebung oder vergleichbare Maßnahmen erlangten
personenbezogenen Daten) entspricht § 79 BKAG und vollzieht auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vom 20. April 2016 (a. a. O. – Rn. 269 ff.) nach.
Zu § 35b
Der neue § 35b (Berichtigung personenbezogener Daten, Einschränkung der Verarbeitung in Akten und Vernichtung
von Akten) trifft gesonderte Regelungen für die Berichtigung personenbezogener Daten und die Einschränkung
der Verarbeitung in Akten, die bisher ebenfalls im bisherigen § 35 enthalten waren. Der neue § 35b orientiert
sich an § 78 BKAG.
Zu § 35c
Der neue § 35c (Benachrichtigung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen) entspricht § 74 BKAG.
Die Vorschrift setzt einerseits die Anforderungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April
2016 (BVerfGE 141, 220 – Rn. 136) an Benachrichtigungspflichten bei verdeckten und sonstigen eingriffsintensiven
Maßnahmen um. Andererseits führt sie die bereits bestehenden Benachrichtigungsvorschriften an einer
Stelle zusammen.
Zu § 35d
Der neue § 35d (Benachrichtigung über die Speicherung personenbezogener Daten von Kindern) entspricht § 75
BKAG und schafft damit einheitliche Regelungen für BKA und Bundespolizei hinsichtlich der Benachrichtigungspflichten
über die Speicherung personenbezogener Daten von Kindern.
Zu § 35e
Der neue § 35e (Protokollierung) trifft zum BDSG ergänzende Regelungen zur Protokollierung von Verarbeitungsvorgängen.
Die Vorschrift ist § 81 BKAG nachgebildet.
Absatz 1 legt über § 76 Absatz 2 BDSG hinausgehend und diesen ergänzend in seiner Nummer 1 fest, dass die
Protokolle der oder dem Beauftragten für den Datenschutz und der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit in elektronisch auswertbarer Form zum Zwecke der Datenschutzkontrolle zur
Verfügung stehen müssen, um eine effiziente und IT-gestützte Datenschutzkontrolle zu ermöglichen. Nach Nummer
2 muss die Protokollierung es außerdem ermöglichen, zu überprüfen, ob die Regelungen über Zugriffsberechtigungen
eingehalten werden.
Absatz 2 trifft datenschutzfreundliche Regelungen zur Löschung der Protokolldaten.
Zu § 35f
Der neue § 35f (Protokollierung bei verdeckten und eingriffsintensiven Maßnahmen) setzt einerseits die Anforderungen
aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2016 (BVerfGE 141, 220 – Rn. 141, 267)
an eine umfassende Protokollierungspflicht bei verdeckten und sonstigen eingriffsintensiven Maßnahmen um.
Andererseits führt sie die bereits bestehenden Protokollierungsvorschriften an einer Stelle zusammen. Die Regelung
ist § 82 BKAG nachgebildet.
Drucksache 19/26541 – 52 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu Nummer 25 (§§ 36 und 37)
Zu § 36
Der neue § 36 (Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten) trifft ergänzend zu § 70 BDSG konkretisierende Regelungen.
Anstelle der Errichtungsordnung nach dem bisherigen § 36 ist künftig ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
zu führen, dass im Wesentlichen die gleichen Inhalte enthalten werden. Das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten
ermöglicht die interne und externe Datenschutzkontrolle.
Absatz 1 stellt klar, dass die Bundespolizei zusätzlich zu den Angaben nach § 70 BDSG zu den Zugriffsberechtigungen
aufnimmt. Des Weiteren sind zu den betroffenen Verfahren auch Angaben zur Übermittlung im Wege
eines eingerichteten automatisierten Abrufverfahrens und zur Auftragsverarbeitung aufzunehmen.
Nach Absatz 2 ist das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten zentral beim Bundespolizeipräsidium zu führen.
Es ist dort laufend zu aktualisieren. Zur Qualitätssicherung wird durch Satz 2 die Beteiligung der Datenschutzbeauftragen
der Bundespolizeibehörden vorgeschrieben.
In Absatz 3 wird bestimmt, dass das Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten und dessen Aktualisierungen der
oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zur Verfügung zu stellen ist. Insoweit
wird über § 70 Absatz 4 BDSG hinausgegangen, der eine Zurverfügungstellung lediglich „auf Anfrage“
vorsieht.
Zu § 37
Der neue § 37 trifft ergänzende Regelungen zu den Befugnissen der oder des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
und die Informationsfreiheit. Die datenschutzaufsichtliche Zuständigkeit der oder des Bundesbeauftragten
für den Datenschutz und die Informationsfreiheit für die Datenverarbeitung sowie Regelungen zur Ausgestaltung
seines Amts und allgemeine Beschreibungen seiner Aufgaben und Befugnisse finden sich im Bundesdatenschutzgesetz.
§ 37 dient insofern nur der Ergänzung.
Absatz 1 dient der Umsetzung der Anforderungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April
2016 zum BKAG (BVerfG, a. a. O. – Rn. 140 f., 266, 340 und 354) im Hinblick auf die aufsichtliche Kontrolle
der Wahrnehmung der Verarbeitungsbefugnisse der Bundespolizei. Hierzu wird angeordnet, dass die oder der
Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Kontrollen im Hinblick auf die Datenverarbeitung
bei Maßnahmen nach § 22a (Erhebung von Telekommunikationsdaten), § 27d (Überwachung der Telekommunikation),
§ 27e (Identifizierung und Lokalisierung von Mobilfunkkarten und -endgeräten), § 28 (Besondere
Mittel der Datenerhebung) und § 28a (Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung) sowie der Übermittlung
nach § 32b (Übermittlung personenbezogener Daten im internationalen Bereich) durchführt. Die Regelungen
orientieren sich an § 69 Absatz 1 BKAG.
Absatz 2 bestimmt, dass der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit – auch
in Umsetzung von Artikel 47 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2016/680 – die Befugnis hat, gegenüber der Bundespolizei
verbindliche Maßnahmen anzuordnen, sofern sie datenschutzrechtliche Verstöße zuvor nach den allgemeinen
Regelungen des § 16 Absatz 2 BDSG beanstandet hat. Diese Maßnahmen schließen nicht die Löschung
personenbezogener Daten ein und setzen voraus, dass ein erheblicher Verstoß in Rede stehen muss. Die in § 61
BDSG niedergelegten Rechtsschutzmöglichkeiten gegen solche verbindlichen Maßnahmen bleiben unberührt.
Zu Nummer 26 (Überschrift Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 Teil 3)
Es handelt sich um redaktionelle Anpassungen.
Zu Nummer 27 (§ 38a)
Durch die neu in das Bundespolizeigesetz aufgenommene Vorschrift erhält die Bundespolizei die Befugnis, zur
Abwehr von Gefahren sowie zur Verhütung von Straftaten Personen zu untersagen, sich an bestimmten Orten
aufzuhalten (Aufenthaltsverbot). Dieses Verbot ergänzt den in § 38 geregelten „klassischen“ Platzverweis, der
nur eine vorübergehende Entfernung einer Person von einem bestimmten Ort bezweckt. Vergleichbare Regelungen
finden sich in nahezu allen Landespolizeigesetzen sowie auch in § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2
StGB.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 53 – Drucksache 19/26541
Zu Satz 1
Zweck des Aufenthaltsverbotes ist es, den Aufenthalt an Orten zu verhindern, an denen sich das Risiko der Verwirklichung
der abzuwehrenden Gefahr erhöht. Es müssen nachprüfbare Tatsachen vorliegen, die zu der Prognose
berechtigen, dass eine Person an einer bestimmten Örtlichkeit eine Straftat im Sinne des § 12 Absatz 1 begehen
wird, die für sich genommen oder aufgrund des wiederholenden Charakters erhebliche Bedeutung haben würde
(Gefahrenprognose).
So ist die Bundespolizei mit einschlägig wegen schwerer Gewaltdelikte im Kontext des Fußballfanreiseverkehrs
in Erscheinung getretenen Personen konfrontiert, die wiederholt versuchen, z. B. anlässlich von Fußballveranstaltungen,
Spielorte unter Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln (§§ 3 oder 4) zu erreichen oder auch gewalttätige
Aktionen am Rande der Veranstaltung zu initiieren, zum Beispiel in Form eines Abfangens des „gegnerischen
Fanzugs“. Der in seiner örtlichen Ausdehnung stark eingegrenzte Platzverweis ist in diesen Fällen zur Verhinderung
der Anreise oder auch der Teilnahme von Personen an gewalttätigen Aktionen am Rande der Veranstaltung
ungeeignet.
Zu Satz 2
Nach Satz 2 ist die Anordnung zudem auf den zur Abwehr der Gefahr oder zur Straftatenverhütung erforderlichen
zeitlichen und örtlichen Umfang zu beschränken. Die Dauer der Maßnahme ist auf höchstens drei Monate zu
befristen (vgl. Satz 1).
Zu Satz 3
Nach Satz 3 müssen bei der Anordnung eines Aufenthaltsverbots berechtigte Interessen der betroffenen Personen
berücksichtigt werden, z. B. Wege zur Wohnung, zum Arbeitsplatz oder beruflich bedingte Reisen. Dies kann zu
einer veränderten Ausgestaltung des Verbots oder auch zur Unzulässigkeit führen.
Zu Satz 4
Die Maßnahme kann nicht bei Versammlungen angeordnet werden. Sie wäre auch als Auflage i. S. d. § 15 Versammlungsgesetz
nicht vertretbar, da die Auflage sich nur auf einen bestimmten Versammlungsfall beziehen
kann. Satz 4 stellt insoweit klar, dass die Vorschriften des Versammlungsrechts unberührt bleiben.
Zu Nummer 28 (§ 41a)
Im Zuge der bundeseinheitlichen technischen Ertüchtigung von Gewahrsamsräumen ist auch eine mögliche Überwachung
mittels Videoanlagen vorgesehen. Die Überwachung kann nur offen, also erkennbar, erfolgen. Eine
verdeckte Aufnahme ermöglicht die neue Befugnis nicht.
Zielrichtung ist der Schutz der Gewahrsamsinsassen vor unrechtmäßigen Handlungen der eingesetzten Polizeivollzugsbeamtinnen
und Polizeivollzugsbeamten sowie deren Schutz vor Angriffen in gleichem Maße. Eine Unterscheidung
zwischen Gewahrsamsräumen, die offen, und solchen, die verschlossen sind, ist nicht vorzunehmen.
Durch eine offene Videoüberwachung soll die Hemmschwelle für Übergriffe auf Polizeivollzugsbeamtinnen und
Polizeivollzugsbeamten heraufsetzt und gleichzeitig das Handeln der Aufsichtspersonen dokumentiert werden.
Darüber hinaus ergibt sich für die Aufsichtspersonen eine zusätzliche Möglichkeit, ihrer Kontrollpflicht nachzukommen,
sofern Leib oder Leben der festgehaltenen Person gefährdet erscheint.
Auch die Bundesstelle zur Verhütung von Folter kommt in ihrem Jahresbericht 2016 zu dem Schluss, dass der
Einsatz von Video- und Tonüberwachung in Gewahrsamsräumen sich positiv zum Schutz aller beteiligten Personen
auswirkt.
Zu Absatz 1
Nach Absatz 1 dürfen bei Anwesenheit von Beamtinnen und Beamten im Gewahrsamsraum einer festgehaltenen
Person zum Schutz der festgehaltenen Person oder der Polizeibeamtin und des Polizeibeamten Bild- und Tonaufnahmen
erstellt werden. Neben Bildaufzeichnungen ist die Nutzung von Tonaufnahmen angezeigt, da tätlichen
Auseinandersetzungen häufig verbale Auseinandersetzungen vorausgehen. Entsprechende Aufnahmen sind daher
geeignet, eine vollständige Aufklärung der Situation, insbesondere auch in Bezug auf ihre Entstehung, zu ermöglichen.
Drucksache 19/26541 – 54 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
Zu Absatz 2
Nach Absatz 2 sind – ohne Anwesenheit von Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten – zum
Schutz der Privatsphäre der festgehaltenen Person grundsätzlich nur Bildaufnahmen und diese nur kurzzeitig für
einen Zeitraum von einigen Sekunden zulässig, wenn eine Gefahr für Leib oder Leben der Person zu besorgen ist,
insbesondere Suizidgefahr besteht. Die Person muss in diesen Fällen durch die Gewahrsamsbeamten kurz in Augenschein
genommen werden können, um z. B. etwaige Selbstverletzungshandlungen auszuschließen. Der Maßnahme
kann auch abschreckende und damit gefahrenabwehrende Wirkung zukommen, gerade im Falle von denkbaren
Fremdgefährdungen. „Soweit“ begrenzt die Maßnahme in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer, die zur Erforschung
der Gefahr erforderlich ist.
Zu Absatz 3
Absatz 3 enthält zum Schutz der Privat- und Intimsphäre der festgehaltenen Person Vorschriften betreffend die
Ausgestaltung der Überwachungsmöglichkeit.
Zu den Absätzen 4 und 5
Die Absätze 4 und 5 regeln Dokumentationspflichten und über den Verweis auf § 27a Absatz 4 die in Bezug auf
die erhobenen personenbezogenen Daten geltenden Aufbewahrungs- und Löschfristen.
Zu Nummer 29 (§ 43)
Die Überschrift wird angepasst.
Der neue Absatz 6 orientiert sich an § 36 Hessisches Sicherheits- und Ordnungsgesetz und dient der Eigensicherung
von Polizeivollzugsbeamten. Danach können körperliche Eingriffe bei denjenigen Personen vorgenommen
werden, die möglicherweise eine Gefahr für andere verursachen. Damit wird die Blutentnahme bei Personen, die
möglicherweise HIV-positiv sind und z. B. bei ihrer Festnahme Polizeibeamte verletzt haben, auf eine gesetzliche
Grundlage gestellt. Die Maßnahmen dürfen außer bei Gefahr im Verzug nur richterlich angeordnet werden.
Zu Nummer 30 (§ 62 Absatz 3)
Bis zum Jahr 1992 zahlte die Bahnpolizei als Teil der Bundesbahn in der Zuständigkeit des Verkehrsministeriums
keine Selbstkosten für die Unterbringung.
Die Verkehrsbetreiber (vornehmlich Deutsche Bahn AG – DB AG) entziehen sich vermehrt ihrer gesetzlichen
Verpflichtung zur kostengünstigen Bereitstellung zur Wahrnehmung der bundespolizeilichen Aufgaben erforderlichen
Diensträume, in dem sie selbst ein Flächenfehl herbeiführen (z. B. durch Fremdvermietung) oder Liegenschaftsveräußerung
und die Unterbringung in Investorenbauten auf ihren Grundstücken anbieten. Während die
DB AG nach dem bisherigen § 62 Absatz 3 von der Bundespolizei lediglich ein „gedeckeltes“ Nutzungsentgelt
(sog. Selbstkosten) verlangen kann, sind mit der Vermietung von Flächen an Gewerbetreibende höhere Erträge
verbunden. Für Investoren, die bahneigene Flächen kaufen/bebauen, besteht keine gesetzliche Verpflichtung, die
Bundespolizei unterzubringen bzw. Selbstkosten zu fordern. Die Bundespolizei ist dann zur Entrichtung der marküblichen
Gewerbemiete genötigt oder wird aus den Liegenschaften verdrängt. Dies führt zu einer Sicherheitsgefährdung
und unverhältnismäßigen Belastung der Bundespolizei. Die Aufgabenwahrnehmung der Bundespolizei
liegt auch im wesentlichen Interesse der jeweiligen Betreiber von Verkehrsunternehmen, da sie die Sicherheit
gewährleistet und den reibungslosen Betrieb ermöglicht und insofern Zeit und Kosten spart, die ansonsten für
eigene Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit an Bahnhöfen sowie Flug- und Seehäfen von den Unternehmen
aufgewendet werden müssten. Die Verkehrsunternehmen sparen hohe Personal und Sachmittel, die nur
zum geringen Teil durch Investitionen in die bundespolizeiliche Unterbringung abgebildet werden.
Der bisherige § 62 Absatz 3 enthält keine Regelung zur Gestellung von Ersatzflächen. Die Regelungslücke betrifft
sowohl Fälle einer erforderlichen Drittanmietung (bislang über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) als
auch Fälle einer Ersatzunterbringung im engeren Sinne (z. B. Auszug der Bundespolizei aufgrund Sanierungsarbeiten
im Bahnhof), die nunmehr die Betreiber in die Verantwortung nimmt und zur Kostentragung verpflichtet.
Die nunmehrige Anpassung durch Neufassung des § 62 Absatz 3 zugunsten der Bundespolizei ist insofern sachgerecht,
da diese den von den Betreibern eröffneten Verkehr auch in deren Interesse schützt. Ohne die Einrichtung
eines entsprechenden Verkehrs durch die Unterstützungspflichtigen, wäre eine Unterbringung auf deren Liegenschaften
nicht erforderlich.
Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 55 – Drucksache 19/26541
Zu Nummer 31 (§ 69a Absatz 1)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.
Zu Nummer 32 (§ 71)
In § 71 (Berichtspflicht) gegenüber dem Deutschen Bundestag werden in Umsetzung der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts
vom 20. April 2016 (BVerfGE 141, 220 – Rn. 143, 268) enthaltenen Anforderungen turnusmäßige
Berichtspflichten der Bundespolizei bzgl. der nach den §§ 26, 27, 27b, 27d, 27e, 28, 28a, 28b, 30 bis 31a
enthaltenen Befugnisse eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht hatte für verdeckte und eingriffsintensive
Überwachungsmaßnahmen eine Berichtspflicht gefordert, da betroffene Personen und die Öffentlichkeit die Maßnahme
unmittelbar nicht wahrnehmen und lediglich nachträglichen Rechtsschutz beanspruchen können; durch
eine Berichtspflicht soll darüber hinaus eine öffentliche Diskussion über die Ausübung dieser Befugnisse ermöglicht
werden.
Dabei wird die Berichtspflicht auch auf die Wahrnehmung der Befugnisse zur Übermittlung personenbezogener
Daten im internationalen Bereich (§ 32b) ausgedehnt, soweit die übermittelten Daten im Zusammenhang mit den
vorgenannten Maßnahmen erlangt wurden. Die prozedurale Ausgestaltung der Berichtspflicht, d. h. die Berichterstattung
des Bundespolizeipräsidiums an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und
Weiterleitung von dort an die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag spiegelt die fachaufsichtliche Rolle
des BMI adäquat wider.
Zu Artikel 2 (Änderung des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt
durch Vollzugsbeamte des Bundes)
In § 12 Absatz 2 Satz 1 wird die Einführung des finalen Rettungsschusses zur Schaffung größerer Rechtsklarheit
und -sicherheit in Amok-, Geisel- und Piraterielagen vorgenommen (Anpassung an § 41 Absatz 2 Satz 2
MEPolG/Ländergesetze).
Wenn keine anderen geeigneten polizeilichen Mittel gegeben sind, um das Leben Unschuldiger zu retten, muss
auch mit dem Ziel geschossen werden können, evtl. zu töten. Mit der Einschränkung, dass der finale Rettungsschuss
„das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder der gegenwärtigen Gefahr einer
schwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist“, wird Artikel 2 EMRK Rechnung getragen,
wonach die Tötung eines Menschen nur dann nicht verboten ist, wenn sie „zur Verteidigung eines Menschen
gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung“ vorgenommen wird.
Zu Artikel 3 (Änderung des Aufenthaltsgesetzes)
Nach Abschluss der strafprozessualen Maßnahmen nach § 12 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BPolG ist die Bundespolizei
bei vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländern sodann zuständig für die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen,
einschließlich der Beantragung von Haft zur Sicherung der Abschiebung. Als eine Lehre aus dem Anschlag
auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember 2016 sollten zuständigkeitsbedingte Brüche im Bearbeitungsprozess
durch Schnittstellenreduzierung vermieden werden – dem dient die hier vorgenommene Zuständigkeitsarrondierung
im bundespolizeilichen Aufgabenbereich. Die legislativen Anpassungen sind nur in dieser Verzahnung
repressiver und aufenthaltsrechtlicher Maßnahmen sinnvoll, zumal im Rahmen der Feststellung des unerlaubten
Aufenthaltes in der beschriebenen Fallkonstellation die polizeiliche Sachbearbeitung bereits überwiegend
in der Hand der Bundespolizei liegt.
Entsprechend der Zuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten nach § 13 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BPolG
ist ein neuer Absatz 3a erforderlich, da sich die Zuständigkeitszuweisung des § 71 Absatz 3 ausschließlich auf die
mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden bezieht.
Der durch die Regelung erfassten Hauptanwendungsfälle betreffen vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer ohne
Duldung und solche Duldungsinhaber, die die Beschaffung der Heimreisedokumente behindern und insoweit wegen
fehlender Passdokumente aus tatsächlichen Gründen geduldet werden (§ 60a Absatz 2 Satz 1 Alternative 1).
Darüber hinaus werden auch andere Fälle der vorübergehenden Aussetzung der Abschiebung erfasst, sofern unter
Berücksichtigung des Einzelfalls davon ausgegangen werden kann, dass die Gründe für die Aussetzung der Abschiebung
insbesondere bei Ermessensduldungen zwischenzeitlich entfallen sind oder demnächst entfallen und
Drucksache 19/26541 – 56 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode
die Abschiebung des betroffenen Drittstaatsangehörigen innerhalb von sechs Monaten wahrscheinlich ist. Denkbare
Anwendungsfälle sind Duldungserteilungen an Drittstaatsangehörige, deren Anwesenheit im Bundesgebiet
von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wurde (§ 60 Absatz 2 Satz 2) oder Duldungserteilungen
aus dringenden persönlichen Gründen, z. B. zur Beendigung einer Drogentherapie, Durchführung
einer ärztlichen Behandlung, unmittelbar bevorstehenden Heirat, Betreuung von Familienangehörigen oder
Abschluss einer Berufsausbildung (§ 60a Absatz 2 Satz 3), sofern einzelfallbezogen davon ausgegangen werden
kann, dass der Duldungsgrund tatsächlich entfallen ist oder in allernächster Zukunft entfällt. Die diesbezügliche
Feststellung obliegt der zuständigen Erteilungsbehörde, die von der Bundespolizei unverzüglich in Kenntnis gesetzt
wird.
Im Falle der festgestellten Ausreisepflicht prüft die Bundespolizei in eigener Zuständigkeit aufenthaltsbeendende
Maßnahmen sowie erforderlichenfalls freiheitsentziehende Maßnahmen zur Vorbereitung oder Sicherung aufenthaltsbeendender
Maßnahmen im Zuge des gesetzlichen Befugnisrahmens des § 62 AufenthG in Verbindung mit
den Vorschriften nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit (FamFG).
Mit dem Beginn der Zuständigkeit übernimmt die Bundespolizei die Fallbearbeitung von der bisher befassten
Ausländerbehörde und stimmt sich mit dieser auch im Verlauf des aufenthaltsbeendenden Verfahrens anlassbezogen
ab.
Satz 2 legt fest, dass die Zuständigkeit der Bundespolizei auf maximal sechs Monate begrenzt ist. Sie endet, wenn
die Abschiebung (z. B. mangels erfolgreicher Passersatzbeschaffung) in diesem Zeitraum nicht gelingt und dies
in absehbarer Zeit auch nicht zu erwarten ist oder, wenn nachträglich tatsächliche oder rechtliche Hindernisse
auftreten, die der Abschiebung innerhalb von sechs Monaten nach der Feststellung der Drittstaatsangehörigen im
Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei entgegenstehen. Nach diesem Zeitraum lebt die Zuständigkeit der bisher
befassten Aufenthaltsbehörde wieder auf.
Zu Artikel 4 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.
Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0722-8333