Gesetzentwurf der BundesregierungBundesrat Drucksache 169/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes
zu dem Übereinkommen Nr. 183
der Internationalen Arbeitsorganisation vom 15. Juni 2000
über den Mutterschutz
A. Problem und Ziel
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO)
hat auf ihrer 88. Tagung am 15. Juni 2000 das Übereinkommen Nr. 183
über den Mutterschutz angenommen. Es handelt sich dabei um eine
Überarbeitung des Mutterschutz-Übereinkommens Nr. 103 aus dem
Jahr 1952, das wegen seiner zu detaillierten Regelungen nur von
wenigen Mitgliedstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation ratifiziert
worden war. Das Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz
vermeidet durch flexiblere Regelungen die Hindernisse, die mit dem
Übereinkommen Nr. 103 von 1952 verbunden waren, um dadurch die
Ratifizierung durch die Mehrheit der Mitgliedstaaten zu ermöglichen.
Durch das Übereinkommen sollen die Gleichstellung aller erwerbstätigen
Frauen sowie die Gesundheit und Sicherheit von Mutter und Kind
weiter gefördert werden, während die unterschiedliche wirtschaftliche
und soziale Entwicklung der Mitgliedstaaten anerkannt werden soll.
Die inhaltlichen Schwerpunkte des Übereinkommens sind der Gesundheitsschutz
und die ärztliche Betreuung für Mutter und Kind, der
Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen
mit einer Geldleistung von mindestens zwei Dritteln des bisherigen
Arbeitsentgelts der Frau, der Kündigungsschutz und das Rückkehrrecht
zur selben oder gleichwertigen Arbeit sowie das Verbot der
Diskriminierung der Beschäftigten aufgrund einer Schwangerschaft
und während der Stillzeit. Das Übereinkommen ist am 7. Februar 2002
in Kraft getreten.
Im Rahmen der Ratifikation sind Änderungen oder Ergänzungen der
innerstaatlichen gesetzlichen Vorschriften nicht erforderlich.
Fristablauf: 26. 03. 21
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon: (02 21) 97 66 83 40, Telefax: (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946
12. 02. 21
AIS – FS
Drucksache 169/21 – 2 – Bundesrat
B. Lösung
Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59
Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifikation des Übereinkommens
Nr. 183 der Internationalen Arbeitsorganisation geschaffen
werden.
C. Alternativen
Keine.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
Keine.
E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Keiner.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Keiner.
Davon Bürokratiekosten aus Informationspflichten
Keine.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Keiner.
F. Weitere Kosten
Keine.
Bundesrat Drucksache 169/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes
zu dem Übereinkommen Nr. 183
der Internationalen Arbeitsorganisation vom 15. Juni 2000
über den Mutterschutz
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 12. Februar 2021
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von
der Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 183 der Internationalen
Arbeitsorganisation vom 15. Juni 2000 über den Mutterschutz
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 26. 03. 21
12. 02. 21
AIS – FS
Bundesrat – 5 – Drucksache 169/21
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf
Gesetz
zu dem Übereinkommen Nr. 183
der Internationalen Arbeitsorganisation vom 15. Juni 2000
über den Mutterschutz
Vom 2020
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Dem in Genf am 15. Juni 2000 von der Allgemeinen Konferenz der Inter -
nationalen Arbeitsorganisation angenommenen Übereinkommen Nr. 183 über
den Mutterschutz wird zugestimmt. Das Übereinkommen wird nachstehend mit
einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.
Artikel 2
(1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
(2) Der Tag, an dem das Übereinkommen nach seinem Artikel 15 Absatz 3 für
die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt
zu geben.
Drucksache 169/21 – 6 – Bundesrat
Begründung zum Vertragsgesetz
Zu Artikel 1
Auf das Übereinkommen ist Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes
anzuwenden, da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Die Zustimmung des Bundesrates ist nicht erforderlich.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht dem Erfordernis des Artikels 82
Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, in dem das Übereinkommen nach seinem
Artikel 15 Absatz 3 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt
bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Bund, Länder und Gemeinden werden durch die Ausführung dieses Gesetzes
nicht mit Kosten belastet.
Für die Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft und für die Verwaltung entsteht
kein Erfüllungsaufwand. Es werden auch keine Informationspflichten im
Sinne des § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates
geschaffen.
Die gleichstellungspolitischen Auswirkungen des Vertragsgesetzes wurden ge -
prüft. Das Gesetz ist gleichstellungspolitisch bedeutsam, weil die Ratifizierung
des Übereinkommens dem hohen Stellenwert des Mutterschutzes Nachdruck
verleiht. Die Regelungen des Übereinkommens, die auch durch das deutsche
Mutterschutzrecht gewährleistet werden, können maßgeblich dazu beitragen,
Benachteiligungen von Frauen aufgrund von Schwangerschaft und Stillzeit auf
dem Arbeitsmarkt zu mindern und berufliche Nachteile zu vermeiden.
Das Vertragsgesetz wurde auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeitsstrategie
der Bundesregierung geprüft. Diese wird durch die Ratifizierung des Überein -
kommens Nr. 183 gefördert, weil die Ratifizierung den hohen Stellenwert des
Mutterschutzes hervorhebt.
Die Ratifizierung trägt dem Gedanken der Managementregel 10 Rechnung.
Diese zielt auf die Gestaltung der internationalen Rahmenbedingungen in einer
Weise, dass die Menschen in allen Ländern ein menschenwürdiges Leben nach
ihren Vorstellungen und in Einklang mit ihrer regionalen Umwelt führen und an
der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben können. Zunächst trägt bereits die
Umsetzung des Mutterschutzes als solche dazu bei, Frauen auch während
Schwangerschaft und Stillzeit die Teilhabe an der wirtschaftlichen Entwicklung
zu ermöglichen. Darüber hinaus besteht in der Ratifizierung aber auch eine
Möglichkeit, durch die Mitgestaltung der internationalen Rahmenbedingungen
die Umsetzung des Mutterschutzes in anderen Ländern voranzutreiben.
Deutschland kann als Teil der internationalen Gemeinschaft von der Rechts -
entwicklung in anderen Ländern profitieren und dort Ideen für die Gestaltung
des deutschen Rechts aufgreifen. Zudem besteht die Möglichkeit, als starke
Industrienation die Gelegenheit der Ratifizierung zu nutzen, um internationale
Standards mitzugestalten und zu stärken. So kann es gelingen, an der inter -
nationalen Entwicklung hoher Mutterschutzstandards teilzuhaben. Dabei wird
auch das Ziel des Indikators 14b verfolgt. Denn die Etablierung hoher Mutterschutzstandards
weltweit dient dem Rückgang der vorzeitigen Sterblichkeit von
Frauen. Gesundheitsschutz während der Schwangerschaft, nach der Entbindung
und in der Stillzeit führt zu einem Rückgang von Komplikationen und
negativen gesundheitlichen Folgen und letztendlich auch zur Verringerung der
Sterblichkeit.
Der Mutterschutz als solcher dient der Umsetzung der Managementregel 4.
Demnach sind Gefahren und unvertretbare Risiken für die menschliche Gesundheit
zu vermeiden. Dies wird durch den mutterschutzrechtlichen Gesundheitsschutz
für schwangere und stillende Frauen und ihre Kinder gewährleistet.
Bundesrat – 7 – Drucksache 169/21
Auch Managementregel 9 ist berührt, wonach allen Bevölkerungsschichten
Chancen eröffnet werden sollen, sich an der wirtschaftlichen Entwicklung zu
beteiligen, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Mit der Zielsetzung des
Übereinkommens Nr. 183 und des deutschen Mutterschutzrechts, der Frau ihre
Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit in der Schwangerschaft, nach der Ent -
bindung und in der Stillzeit zu ermöglichen, wird zudem ihr Teilhabeanspruch
gefördert. Damit gehen auch positive Auswirkungen auf die Indikatoren 16a
„Beschäftigung – Beschäftigungsniveau steigern“ und 18 „Gleichstellung in der
Gesellschaft fördern“ einher. Zugleich ist auch Indikator 10 „Wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit“ einschlägig. Danach soll die Steigerung des Wirtschaftswachstums
in nachhaltiger und sozialverträglicher Weise gestaltet werden.
Durch die Etablierung hoher Mutterschutzstandards wird dies umgesetzt, denn
diese ermöglichen die Teilhabe von Frauen am Berufs- und Erwerbsleben auch
während der Schwangerschaft und Stillzeit. So werden die Weichen für die Fortsetzung
der Berufstätigkeit während der Mutterschaft gestellt und Altersarmut
von Frauen wird entgegengewirkt. Die Wirtschaft selbst profitiert ebenfalls
davon, Frauen als Arbeitskräfte nicht zu verlieren.
Drucksache 169/21 – 8 – Bundesrat
Übereinkommen 183
Convention 183
Convention 183
Übereinkommen
über die Neufassung des Übereinkommens über den Mutterschutz
(Neufassung), 1952
Convention
concerning the revision of the Maternity Protection Convention
(Revised), 1952
The General Conference of the International
Labour Organization,
Having been convened at Geneva by
the Governing Body of the International
Labour Office, and having met in its 88 th
Session on 30 May 2000, and
Noting the need to revise the Maternity
Protection Convention (Revised), 1952,
and the Maternity Protection Recommendation,
1952, in order to further promote
equality of all women in the workforce and
the health and safety of the mother and
child, and in order to recognize the diver -
sity in economic and social development
of Members, as well as the diversity of
enterprises, and the development of the
protection of maternity in national law and
practice, and
Noting the provisions of the Universal
Declaration of Human Rights (1948), the
United Nations Convention on the Elimination
of All Forms of Discrimination Against
Women (1979), the United Nations Convention
on the Rights of the Child (1989),
the Beijing Declaration and Platform for
Action (1995), the International Labour
Organization’s Declaration on Equality of
Opportunity and Treatment for Women
Workers (1975), the International Labour
Organization’s Declaration on Fundamental
Principles and Rights at Work and its
Follow-up (1998), as well as the international
labour Conventions and Recommendations
aimed at ensuring equality of
opportunity and treatment for men and
women workers, in particular the Convention
concerning Workers with Family
Responsibilities, 1981, and
Convention
concernant la révision de la Convention (révisée)
sur la protection de la maternité, 1952
La Conférence générale de l’Organisation
internationale du Travail,
Convoquée à Genève par le Conseil
d’administration du Bureau international
du Travail, et s’y étant réunie le 30 mai
2000, en sa quatre-vingt-huitième session ;
Prenant note de la nécessité de réviser
la convention sur la protection de la
maternité (révisée), 1952, ainsi que la
recommandation sur la protection de la
maternité, 1952, afin de promouvoir
davantage l’égalité de toutes les femmes
qui travaillent ainsi que la santé et la
sécurité de la mère et de l’enfant, et afin de
reconnaître la diversité du développement
économique et social des Membres ainsi
que la diversité des entreprises et le développement
de la protection de la maternité
dans les législations et les pratiques
nationales ;
Prenant note des dispositions de la
Déclaration universelle des droits de
l’homme (1948), de la Convention des
Nations Unies sur l’élimination de toutes
les formes de discrimination à l’égard des
femmes (1979), de la Convention des
Nations Unies relative aux droits de
l’enfant (1989), de la Déclaration et du
Programme d’action de Beijing (1995), de
la Déclaration sur l’égalité de chances et
de traitement pour les travailleuses de
l’Organisation internationale du Travail
(1975), de la Déclaration de l’Organisation
internationale du Travail relative aux
principes et droits fondamentaux au travail
et son suivi (1998) ainsi que des conventions
et recommandations internationales
du travail qui visent à garantir l’égalité de
chances et de traitement aux travailleurs
et aux travailleuses, en particulier la
(Übersetzung)
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen
Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen
Arbeitsamtes nach Genf einberufen
wurde und am 30. Mai 2000 zu ihrer achtundachtzigsten
Tagung zusammengetreten
ist,
verweist auf die Notwendigkeit, das
Übereinkommen über den Mutterschutz
(Neufassung), 1952, und die Empfehlung
betreffend den Mutterschutz, 1952, neu
zu fassen, um die Gleichstellung aller
erwerbstätigen Frauen und die Gesundheit
und Sicherheit der Mutter und des Kindes
weiter zu fördern und um die Vielfältigkeit
der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung
der Mitglieder sowie die Vielfältigkeit
der Unternehmen und die Entwicklung des
Mutterschutzes in der innerstaatlichen
Gesetzgebung und Praxis anzuerkennen,
verweist auf die Bestimmungen der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte
(1948), der Konvention der Vereinten
Nationen zur Beseitigung jeder Form von
Diskriminierung der Frau (1979), der Konvention
der Vereinten Nationen über die
Rechte des Kindes (1989), der Erklärung
und der Aktionsplattform von Beijing
(1995), der Erklärung der Internationalen
Arbeitsorganisation über die Chancengleichheit
und die Gleichbehandlung der
berufstätigen Frauen (1975), der Erklärung
der Internationalen Arbeitsorganisation
über grundlegende Prinzipien und Rechte
bei der Arbeit und ihrer Folgemaßnahmen
(1998) sowie der internationalen Arbeitsübereinkommen
und -empfehlungen, die
auf die Gewährleistung der Chancengleichheit
und Gleichbehandlung männ -
licher und weiblicher Arbeitnehmer ab-
Bundesrat – 9 – Drucksache 169/21
Taking into account the circumstances
of women workers and the need to provide
protection for pregnancy, which are the
shared responsibility of government and
society, and
Having decided upon the adoption of
certain proposals with regard to the revision
of the Maternity Protection Convention
(Revised), 1952, and Recommendation,
1952, which is the fourth item on the
agenda of the session, and
Having determined that these proposals
shall take the form of an international Convention;
adopts this fifteenth day of June of the
year two thousand the following Convention,
which may be cited as the Maternity
Protection Convention, 2000.
Scope
Article 1
For the purposes of this Convention, the
term “woman” applies to any female
person without discrimination whatsoever
and the term “child” applies to any child
without discrimination whatsoever.
Article 2
1. This Convention applies to all
employed women, including those in atypical
forms of dependent work.
2. However, each Member which
ratifies this Convention may, after consulting
the representative organizations of
employers and workers concerned,
exclude wholly or partly from the scope of
the Convention limited categories of workers
when its application to them would
raise special problems of a substantial
nature.
3. Each Member which avails itself of
the possibility afforded in the preceding
paragraph shall, in its first report on the
application of the Convention under art -
icle 22 of the Constitution of the International
Labour Organization, list the categories
of workers thus excluded and the
reasons for their exclusion. In its subsequent
reports, the Member shall describe
the measures taken with a view to progressively
extending the provisions of the Convention
to these categories.
convention sur les travailleurs ayant des
responsabilités familiales, 1981 ;
Tenant compte de la situation des
femmes qui travaillent et prenant acte de la
nécessité d’assurer la protection de la
grossesse, en tant que responsabilité
partagée des pouvoirs publics et de la
société ;
Après avoir décidé d’adopter diverses
propositions relatives à la révision de la
convention (révisée) et de la recommandation
sur la protection de la maternité, 1952,
question qui constitue le quatrième point à
l’ordre du jour de la session ;
Après avoir décidé que ces propositions
prendraient la forme d’une convention
internationale,
adopte, ce quinzième jour de juin deux
mille, la convention ci-après, qui sera
dénommée Convention sur la protection
de la maternité, 2000.
Champ d’application
Article 1
Aux fins de la présente convention, le
terme « femme » s’applique à toute
personne du sexe féminin, sans
discrimination quel le qu’elle soit, et le
terme « enfant » à tout enfant, sans
discrimination quelle qu’elle soit.
Article 2
1. La présente convention s’applique à
toutes les femmes employées, y compris
les femmes qui le sont dans le cadre de
formes atypiques de travail dépendant.
2. Toutefois, un Membre qui ratifie
la convention peut, après consultation
des organisations représentatives des
employeurs et des travailleurs intéressées,
exclure totalement ou partiellement de son
champ d’application des catégories limitées
de travailleurs lorsque son application
à ces catégories soulèverait des problè -
mes spéciaux d’une importance particu -
lière.
3. Tout Membre qui se prévaut de la
possibilité prévue au paragraphe précédent
doit, dans son premier rapport sur
l’application de la convention présenté en
vertu de l’article 22 de la Constitution de
l’Organisation internationale du Travail,
indiquer les catégories de travailleurs ainsi
exclues et les raisons de leur exclusion.
Dans ses rapports ultérieurs, le Membre
doit décrire les mesures prises afin d’étendre
progressivement les dispositions de la
convention à ces catégories.
zielen, insbesondere des Übereinkommens
über Arbeitnehmer mit Familienpflichten,
1981,
berücksichtigt die Lage weiblicher
Arbeitnehmer und die Notwendigkeit,
Schwangerschaftsschutz vorzusehen, was
in die gemeinsame Verantwortung der
Regierung und der Gesellschaft fällt,
hat beschlossen, verschiedene Anträge
anzunehmen betreffend die Neufassung
des Übereinkommens über den Mutterschutz
(Neufassung), 1952, und der Empfehlung
betreffend den Mutterschutz,
1952, eine Frage, die den vierten Gegenstand
ihrer Tagesordnung bildet, und
dabei bestimmt, dass diese Anträge die
Form eines internationalen Übereinkommens
erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 15. Juni
2000, das folgende Übereinkommen an,
das als Übereinkommen über den Mutterschutz,
2000, bezeichnet wird.
Geltungsbereich
Artikel 1
Im Sinne dieses Übereinkommens gilt
der Ausdruck „Frau“ für jede Person weiblichen
Geschlechts ohne irgendwelche
Diskriminierung und der Ausdruck „Kind“
für jedes Kind ohne irgendwelche Diskriminierung.
Artikel 2
1. Dieses Übereinkommen gilt für alle
unselbständig beschäftigten Frauen, einschließlich
derjenigen, die in atypischen
Formen abhängiger Arbeit tätig sind.
2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen
ratifiziert, kann jedoch nach
Anhörung der in Betracht kommenden
repräsentativen Verbände der Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer begrenzte Gruppen
von Arbeitnehmern ganz oder teilweise
aus dem Geltungsbereich des Übereinkommens
ausnehmen, wenn die Anwendung
des Übereinkommens auf diese
Gruppen besondere Probleme von erheblicher
Bedeutung aufwerfen würde.
3. Jedes Mitglied, das die im vorstehenden
Absatz gebotene Möglichkeit für
sich in Anspruch nimmt, hat in seinem ersten
Bericht über die Durchführung des
Übereinkommens nach Artikel 22 der Verfassung
der Internationalen Arbeitsorganisation
die auf diese Weise ausgenommenen
Gruppen von Arbeitnehmern und die
Gründe für ihre Ausnahme zu benennen. In
seinen späteren Berichten hat das Mitglied
die Maßnahmen anzugeben, die getroffen
worden sind, um die Bestimmungen des
Übereinkommens schrittweise auf diese
Gruppen auszudehnen.
Drucksache 169/21 – 10 – Bundesrat
Health protection
Article 3
Each Member shall, after consulting the
representative organizations of employers
and workers, adopt appropriate measures
to ensure that pregnant or breastfeeding
women are not obliged to perform work
which has been determined by the competent
authority to be prejudicial to the health
of the mother or the child, or where an
assessment has established a significant
risk to the mother’s health or that of her
child.
Maternity leave
Article 4
1. On production of a medical certificate
or other appropriate certification, as
determined by national law and practice,
stating the presumed date of childbirth, a
woman to whom this Convention applies
shall be entitled to a period of maternity
leave of not less than 14 weeks.
2. The length of the period of leave
referred to above shall be specified by
each Member in a declaration accompanying
its ratification of this Convention.
3. Each Member may subsequently
deposit with the Director-General of the
International Labour Office a further declaration
extending the period of maternity
leave.
4. With due regard to the protection of
the health of the mother and that of the
child, maternity leave shall include a period
of six weeks’ compulsory leave after
childbirth, unless otherwise agreed at the
national level by the government and the
representative organizations of employers
and workers.
5. The prenatal portion of maternity
leave shall be extended by any period
elapsing between the presumed date of
childbirth and the actual date of childbirth,
without reduction in any compulsory portion
of postnatal leave.
Leave
in case of illness
or complications
Article 5
On production of a medical certificate,
leave shall be provided before or after the
maternity leave period in the case of illness,
complications or risk of complications
arising out of pregnancy or childbirth.
The nature and the maximum duration of
Protection de la santé
Article 3
Tout Membre doit, après consultation
des organisations représentatives des
employeurs et des travailleurs, adopter les
mesures nécessaires pour que les femmes
enceintes ou qui allaitent ne soient pas
contraintes d’accomplir un travail qui a été
déterminé par l’autorité compétente
comme préjudiciable à leur santé ou à
celle de leur enfant ou dont il a été établi
par une évaluation qu’il comporte un ris -
que significatif pour la santé de la mère ou
celle de l’enfant.
Congé de maternité
Article 4
1. Sur présentation d’un certificat
médical ou autre attestation appropriée,
telle que déterminée par la législation et la
pratique nationales, indiquant la date présumée
de son accouchement, toute
femme à laquelle la présente convention
s’applique a droit à un congé de maternité
d’une durée de quatorze semaines au
moins.
2. La durée du congé mentionnée
ci-dessus doit être spécifiée par le Membre
dans une déclaration accompagnant la
ratification de la présente convention.
3. Tout Membre peut, par la suite,
déposer auprès du Directeur général du
Bureau international du Travail une nouvel -
le déclaration étendant la durée du congé
de maternité.
4. Compte dûment tenu de la protection
de la santé de la mère et de l’enfant, le
congé de maternité doit comprendre une
période de congé obligatoire de six semai -
nes après l’accouchement, à moins qu’à
l’échelon national il n’en soit convenu
autrement par le gouvernement et les
organisations représentatives d’employeurs
et de travailleurs.
5. La durée du congé de maternité prénatal
doit être prolongée par un congé
équivalant à la période écoulée entre la
date présumée et la date effective de l’accouchement,
sans réduction de la durée
de tout congé postnatal obligatoire.
Congé
en cas de maladie
ou de complications
Article 5
Sur présentation d’un certificat médical,
un congé doit être accordé, avant ou après
la période de congé de maternité, en cas
de maladie, complications ou risque de
complications résultant de la grossesse ou
de l’accouchement. La nature et la durée
Gesundheitsschutz
Artikel 3
Jedes Mitglied hat nach Anhörung der
repräsentativen Verbände der Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer geeignete Maßnahmen
zu treffen, um sicherzustellen, dass
schwangere oder bruststillende Frauen
nicht gezwungen sind, Arbeit zu verrichten,
die nach den Feststellungen der
zuständigen Stelle für die Gesundheit der
Mutter oder des Kindes schädlich ist oder
deren Beurteilung ergeben hat, dass sie
eine erhebliche Gefahr für die Gesundheit
der Mutter oder diejenige ihres Kindes darstellt.
Mutterschaftsurlaub
Artikel 4
1. Bei Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses
oder einer anderen geeigneten Be -
scheinigung, wie durch die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis bestimmt, in
denen der voraussichtliche Zeitpunkt der
Entbindung angegeben ist, hat eine Frau,
für die dieses Übereinkommen gilt, An -
spruch auf einen mindestens vierzehn -
wöchigen Mutterschaftsurlaub.
2. Die vorstehend erwähnte Dauer des
Urlaubs ist von jedem Mitglied in einer seiner
Ratifikation dieses Übereinkommens
beigefügten Erklärung anzugeben.
3. Jedes Mitglied kann später beim
Generaldirektor des Internationalen
Arbeitsamtes eine weitere Erklärung hinterlegen,
mit der die Dauer des Mutterschaftsurlaubs
verlängert wird.
4. Unter gebührender Berücksichtigung
des Schutzes der Gesundheit der Mutter
und derjenigen des Kindes hat der Mutterschaftsurlaub
einen sechswöchigen obligatorischen
Urlaub nach der Entbindung
einzuschließen, soweit auf innerstaatlicher
Ebene von der Regierung und den repräsentativen
Verbänden der Arbeitgeber und
der Arbeitnehmer nichts anderes vereinbart
wird.
5. Der Teil des Mutterschaftsurlaubs vor
der Geburt ist um jeden Zeitraum zu verlängern,
der zwischen dem voraussicht -
lichen und dem tatsächlichen Zeitpunkt
der Entbindung verstreicht, ohne dass die
Dauer des obligatorischen Teils des
Urlaubs nach der Geburt verringert wird.
Urlaub
im Fall einer Krankheit
oder von Komplikationen
Artikel 5
Bei Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses
ist vor oder nach dem Zeitraum des Mutterschaftsurlaubs
im Fall einer Krankheit,
von Komplikationen oder der Gefahr von
Komplikationen als Folge der Schwangerschaft
oder der Entbindung Urlaub zu
Bundesrat – 11 – Drucksache 169/21
such leave may be specified in accord -
ance with national law and practice.
Benefits
Article 6
1. Cash benefits shall be provided, in
accordance with national laws and regulations,
or in any other manner consistent
with national practice, to women who are
absent from work on leave referred to in
Articles 4 or 5.
2. Cash benefits shall be at a level
which ensures that the woman can maintain
herself and her child in proper conditions
of health and with a suitable standard
of living.
3. Where, under national law or practice,
cash benefits paid with respect to
leave referred to in Article 4 are based on
previous earnings, the amount of such
benefits shall not be less than two-thirds of
the woman’s previous earnings or of such
of those earnings as are taken into
account for the purpose of computing
benefits.
4. Where, under national law or practice,
other methods are used to determine
the cash benefits paid with respect to
leave referred to in Article 4, the amount of
such benefits shall be comparable to the
amount resulting on average from the
application of the preceding paragraph.
5. Each Member shall ensure that the
conditions to qualify for cash benefits can
be satisfied by a large majority of the
women to whom this Convention applies.
6. Where a woman does not meet the
conditions to qualify for cash benefits
under national laws and regulations or in
any other manner consistent with national
practice, she shall be entitled to adequate
benefits out of social assistance funds,
subject to the means test required for such
assistance.
7. Medical benefits shall be provided
for the woman and her child in accordance
with national laws and regulations or in any
other manner consistent with national
practice. Medical benefits shall include
prenatal, childbirth and postnatal care, as
well as hospitalization care when necessary.
8. In order to protect the situation of
women in the labour market, benefits in
respect of the leave referred to in Articles 4
and 5 shall be provided through compulmaximale
de ce congé peuvent être précisées
conformément à la législation et à la
pratique nationales.
Prestations
Article 6
1. Des prestations en espèces doivent
être assurées, conformément à la législation
nationale ou de toute autre manière
conforme à la pratique nationale, aux fem -
mes qui s’absentent de leur travail pour
cause de congé visé aux articles 4 ou 5.
2. Les prestations en espèces doivent
être établies à un niveau tel que la femme
puisse subvenir à son entretien et à celui
de son enfant dans de bonnes conditions
de santé et selon un niveau de vie convenable.
3. Lorsque la législation ou la pratique
nationale prévoit que les prestations en
espèces, versées au titre du congé visé à
l’article 4, sont déterminées sur la base du
gain antérieur, le montant de ces prestations
ne doit pas être inférieur aux deux
tiers du gain antérieur de la femme ou du
gain tel que pris en compte pour le calcul
des prestations.
4. Lorsque la législation ou la pratique
nationale prévoit que les prestations en
espèces, versées au titre du congé visé à
l’article 4, sont déterminées par d’autres
méthodes, le montant de ces prestations
doit être du même ordre de grandeur que
celui qui résulte en moyenne de l’application
du paragraphe précédent.
5. Tout Membre doit garantir que les
conditions requises pour bénéficier des
prestations en espèces puissent être réunies
par la grande majorité des femmes
auxquelles la présente convention s’appli -
que.
6. Lorsqu’une femme ne remplit pas les
conditions prévues par la législation nationale
ou prévues de toute autre manière qui
soit conforme à la pratique nationale pour
bénéficier des prestations en espèces, elle
a droit à des prestations appropriées
financées par les fonds de l’assistance
sociale, sous réserve du contrôle des ressources
requis pour l’octroi de ces prestations.
7. Des prestations médicales doivent
être assurées à la mère et à son enfant,
conformément à la législation nationale ou
de toute autre manière conforme à la prati -
que nationale. Les prestations médicales
doivent comprendre les soins prénatals,
les soins liés à l’accouchement, les soins
postnatals et l’hospitalisation lorsqu’elle
est nécessaire.
8. Afin de protéger la situation des fem -
mes sur le marché du travail, les presta -
tions afférentes au congé visé aux articles
4 et 5 doivent être assurées par une
gewähren. Die Art und die Höchstdauer
eines solchen Urlaubs können in Übereinstimmung
mit der innerstaatlichen Gesetzgebung
und Praxis vorgeschrieben werden.
Leistungen
Artikel 6
1. Frauen sind während der Abwesenheit
von der Arbeit aufgrund des in
Artikel 4 oder 5 erwähnten Urlaubs Geldleistungen
in Übereinstimmung mit der
innerstaatlichen Gesetzgebung oder auf
eine andere der innerstaatlichen Praxis
entsprechende Weise zu gewähren.
2. Die Geldleistungen sind auf einem
Niveau festzusetzen, das den Unterhalt
der Frau und ihres Kindes in einwandfreien
gesundheitlichen Verhältnissen und bei
angemessener Lebenshaltung gewährleistet.
3. Falls aufgrund der innerstaatlichen
Gesetzgebung oder Praxis die für den in
Artikel 4 erwähnten Urlaub gezahlten
Geldleistungen auf dem früheren Verdienst
beruhen, darf der Betrag dieser Leistungen
zwei Drittel des früheren Verdienstes
der Frau oder des für die Berechnung der
Leistungen berücksichtigten Teils dieses
Verdienstes nicht unterschreiten.
4. Falls aufgrund der innerstaatlichen
Gesetzgebung oder Praxis andere Methoden
verwendet werden, um die für den in
Artikel 4 erwähnten Urlaub gezahlten
Geldleistungen zu bestimmen, hat der
Betrag dieser Leistungen dem Betrag vergleichbar
zu sein, der sich im Durchschnitt
aus der Anwendung des vorstehenden
Absatzes ergibt.
5. Jedes Mitglied hat sicherzustellen,
dass die Anspruchsvoraussetzungen für
Geldleistungen von einer großen Mehrheit
der Frauen, für die dieses Übereinkommen
gilt, erfüllt werden können.
6. Falls eine Frau die durch die innerstaatliche
Gesetzgebung oder auf eine
andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende
Weise vorgesehenen An -
spruchsvoraussetzungen für Geldleistungen
nicht erfüllt, hat sie Anspruch auf
angemessene Leistungen aus der Sozialhilfe,
vorbehaltlich der für eine solche Hilfe
vorgeschriebenen Bedürftigkeitsprüfung.
7. Der Frau und ihrem Kind sind ärztliche
Leistungen in Übereinstimmung mit
der innerstaatlichen Gesetzgebung oder
auf eine andere der innerstaatlichen Praxis
entsprechende Weise zu gewähren. Die
ärztlichen Leistungen haben Betreuung
vor, während und nach der Entbindung
und erforderlichenfalls Krankenhauspflege
zu umfassen.
8. Um die Lage der Frauen auf dem
Arbeitsmarkt zu schützen, sind die Leistungen
für den in den Artikeln 4 und 5
erwähnten Urlaub durch die gesetzliche
Drucksache 169/21 – 12 – Bundesrat
sory social insurance or public funds, or in
a manner determined by national law and
practice. An employer shall not be individu -
ally liable for the direct cost of any such
monetary benefit to a woman employed by
him or her without that employer’s specific
agreement except where:
(a) such is provided for in national law or
practice in a member State prior to the
date of adoption of this Convention by
the International Labour Conference;
or
(b) it is subsequently agreed at the national
level by the government and the representative
organizations of employers
and workers.
Article 7
1. A Member whose economy and
social security system are insufficiently
developed shall be deemed to be in compliance
with Article 6, paragraphs 3 and 4,
if cash benefits are provided at a rate no
lower than a rate payable for sickness or
temporary disability in accordance with
national laws and regulations.
2. A Member which avails itself of the
possibility afforded in the preceding paragraph
shall, in its first report on the application
of this Convention under article 22
of the Constitution of the International
Labour Organization, explain the reasons
therefor and indicate the rate at which
cash benefits are provided. In its subsequent
reports, the Member shall describe
the measures taken with a view to progressively
raising the rate of benefits.
Employment
protection and non-discrimination
Article 8
1. It shall be unlawful for an employer to
terminate the employment of a woman
during her pregnancy or absence on leave
referred to in Articles 4 or 5 or during a
period following her return to work to be
prescribed by national laws or regulations,
except on grounds unrelated to the pregnancy
or birth of the child and its consequences
or nursing. The burden of proving
that the reasons for dismissal are unrelated
to pregnancy or childbirth and its consequences
or nursing shall rest on the
employer.
2. A woman is guaranteed the right to
return to the same position or an equivalent
position paid at the same rate at the
assurance sociale obligatoire ou par prélèvement
sur des fonds publics ou d’une
manière déterminée par la législation et la
pratique nationales. L’employeur ne doit
pas être tenu personnellement responsable
du coût direct de toute prestation
financière de ce genre, due à une femme
qu’il emploie, sans y avoir expressément
consenti, à moins :
a) que cela ait été prévu par la pratique
ou par la législation en vigueur dans
l’Etat Membre avant l’adoption de la
présente convention par la Conférence
internationale du Travail ; ou
b) qu’il en soit ainsi convenu ultérieurement
au niveau national par le gouvernement
et les organisations représentatives
d’employeurs et de travailleurs.
Article 7
1. Tout Membre dont l’économie et le
système de sécurité sociale sont insuffisamment
développés est réputé donner
effet à l’article 6, paragraphes 3 et 4, si les
prestations en espèces sont d’un taux au
moins égal à celui des prestations de
maladie ou d’incapacité temporaire prévu
par la législation nationale.
2. Tout Membre qui se prévaut de la
possibilité prévue au paragraphe précédent
doit en expliquer les raisons et
préciser le taux auquel les prestations en
espèces sont versées, dans son premier
rapport sur l’application de la convention
présenté en vertu de l’article 22 de la
Constitution de l’Organisation internationale
du Travail. Dans ses rapports ultérieurs,
le Membre doit décrire les mesures
prises en vue de relever progressivement
ce taux.
Protection
de l’emploi et non-discrimination
Article 8
1. Il est interdit à l’employeur de licencier
une femme pendant sa grossesse, le
congé visé aux articles 4 ou 5, ou pendant
une période suivant son retour de congé à
déterminer par la législation nationale, sauf
pour des motifs sans lien avec la grosses -
se, la naissance de l’enfant et ses suites
ou l’allaitement. La charge de prouver que
les motifs du licenciement sont sans rapport
avec la grossesse, la naissance de
l’enfant et ses suites ou l’allaitement
incombe à l’employeur.
2. A l’issue du congé de maternité, la
femme doit être assurée, lorsqu’elle
reprend le travail, de retrouver le même
Sozialversicherung oder aus öffentlichen
Mitteln oder auf eine durch die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis bestimmte
Weise zu gewähren. Einem Arbeitgeber
dürfen die unmittelbaren Kosten einer solchen
Geldleistung, die einer von ihm
beschäftigten Frau zusteht, ohne seine
ausdrückliche Zustimmung nicht persönlich
auferlegt werden, es sei denn,
a) dass dies in der innerstaatlichen Ge -
setzgebung oder Praxis eines Mitgliedstaats
vor der Annahme dieses Übereinkommens
durch die Internationale
Arbeitskonferenz vorgesehen war; oder
b) dass dies später auf innerstaatlicher
Ebene durch die Regierung und die
repräsentativen Verbände der Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer vereinbart
wird.
Artikel 7
1. Die Bestimmungen von Artikel 6
Absätze 3 und 4 gelten als erfüllt, wenn ein
Mitglied, dessen Wirtschaft und System
der Sozialen Sicherheit unzureichend entwickelt
sind, Geldleistungen zu einem Satz
gewährt, der nicht niedriger ist als der
Satz, der bei Krankheit oder vorübergehender
Arbeitsunfähigkeit in Übereinstimmung
mit der innerstaatlichen Gesetzgebung
zu zahlen ist.
2. Ein Mitglied, das die im vorstehenden
Absatz gebotene Möglichkeit für sich
in Anspruch nimmt, hat in seinem ersten
Bericht über die Durchführung des Übereinkommens
nach Artikel 22 der Verfassung
der Internationalen Arbeitsorganisation
die Gründe dafür zu erläutern und den
Satz anzugeben, zu dem Geldleistungen
gewährt werden. In seinen späteren
Berichten hat das Mitglied die Maßnahmen
anzugeben, die getroffen worden
sind, um den Leistungssatz schrittweise
anzuheben.
Beschäftigungsschutz
und Nichtdiskriminierung
Artikel 8
1. Es ist einem Arbeitgeber untersagt,
das Arbeitsverhältnis einer Frau während
ihrer Schwangerschaft, während des in
Artikel 4 oder 5 erwähnten Urlaubs oder
während eines durch die innerstaatliche
Gesetzgebung vorzuschreibenden Zeitraums
nach ihrer Rückkehr zur Arbeit zu
beenden, außer aus Gründen, die mit der
Schwangerschaft oder der Geburt des
Kindes und ihren Folgen oder dem Stillen
nicht zusammenhängen. Die Beweislast
dafür, dass die Gründe für die Entlassung
nicht mit der Schwangerschaft oder der
Entbindung und ihren Folgen oder dem
Stillen zusammenhängen, liegt beim
Arbeitgeber.
2. Es ist zu gewährleisten, dass eine
Frau nach dem Ende ihres Mutterschaftsurlaubs
an denselben Arbeitsplatz oder
Bundesrat – 13 – Drucksache 169/21
end of her maternity leave.
Article 9
1. Each Member shall adopt appropriate
measures to ensure that maternity
does not constitute a source of discrimination
in employment, including – notwithstanding
Article 2, paragraph 1 – access to
employment.
2. Measures referred to in the preceding
paragraph shall include a prohibition
from requiring a test for pregnancy or a
certificate of such a test when a woman is
applying for employment, except where
required by national laws or regulations in
respect of work that is:
(a) prohibited or restricted for pregnant or
nursing women under national laws or
regulations; or
(b) where there is a recognized or significant
risk to the health of the woman
and child.
Breastfeeding mothers
Article 10
1. A woman shall be provided with the
right to one or more daily breaks or a daily
reduction of hours of work to breastfeed
her child.
2. The period during which nursing
breaks or the reduction of daily hours of
work are allowed, their number, the duration
of nursing breaks and the procedures
for the reduction of daily hours of work
shall be determined by national law and
practice. These breaks or the reduction of
daily hours of work shall be counted as
working time and remunerated accordingly.
Periodic review
Article 11
Each Member shall examine periodically,
in consultation with the representative
organizations of employers and workers,
the appropriateness of extending the period
of leave referred to in Article 4 or of
increasing the amount or the rate of the
cash benefits referred to in Article 6.
Implementation
Article 12
This Convention shall be implemented
by means of laws or regulations, except in
so far as effect is given to it by other
means such as collective agreements,
poste ou un poste équivalent rémunéré au
même taux.
Article 9
1. Tout Membre doit adopter des mesu -
res propres à garantir que la maternité ne
constitue pas une source de discrimination
en matière d’emploi, y compris d’accès
à l’emploi et ce, nonobstant l’article 2,
paragraphe 1.
2. Les mesures auxquelles se réfère le
paragraphe précédent comprennent l’interdiction
d’exiger d’une femme qui pose
sa candidature à un poste qu’elle se soumette
à un test de grossesse ou qu’elle
présente un certificat attestant ou non de
l’état de grossesse, sauf lorsque la législation
nationale le prévoit pour les travaux
qui :
a) sont interdits, totalement ou partiellement,
en vertu de la législation nationa -
le, aux femmes enceintes ou à celles
qui allaitent ; ou
b) comportent un risque reconnu ou
significatif pour la santé de la femme et
de l’enfant.
Mères qui allaitent
Article 10
1. La femme a droit à une ou plusieurs
pauses quotidiennes ou à une réduction
journalière de la durée du travail pour allaiter
son enfant.
2. La période durant laquelle les pauses
d’allaitement ou la réduction journalière du
temps de travail sont permises, le nombre
et la durée de ces pauses ainsi que les
modalités de la réduction journalière du
temps du travail doivent être déterminés
par la législation et la pratique nationales.
Ces pauses ou la réduction journalière du
temps de travail doivent être comptées
comme temps de travail et rémunérées en
conséquence.
Examen périodique
Article 11
Tout Membre doit examiner périodiquement,
en consultation avec les organisations
représentatives des employeurs et
des travailleurs, l’opportunité d’étendre la
durée du congé prévu à l’article 4 et d’augmenter
le montant ou le taux des prestations
en espèces visé à l’article 6.
Mise en œuvre
Article 12
La présente convention doit être mise
en œuvre par voie de législation, sauf dans
la mesure où il lui serait donné effet par
tout autre moyen tel que conventions
einen gleichwertigen Arbeitsplatz mit dem
gleichen Entgelt zurückkehren kann.
Artikel 9
1. Jedes Mitglied hat geeignete Maßnahmen
zu treffen, um sicherzustellen,
dass Mutterschaft keinen Grund für eine
Dis kriminierung in der Beschäftigung, einschließlich
– ungeachtet Artikel 2 Absatz 1 –
des Zugangs zur Beschäftigung, darstellt.
2. Die im vorstehenden Absatz erwähnten
Maßnahmen haben das Verbot einzuschließen,
von einer Frau, die sich um
einen Arbeitsplatz bewirbt, einen Schwangerschaftstest
oder den Nachweis eines
solchen Tests zu verlangen, außer in Fällen,
in denen die innerstaatliche Gesetzgebung
dies für Arbeit vorschreibt, die:
a) aufgrund der innerstaatlichen Gesetzgebung
für schwangere oder stillende
Frauen ganz oder teilweise verboten
ist; oder
b) eine anerkannte oder erhebliche Ge -
fahr für die Gesundheit der Frau und
des Kindes mit sich bringt.
Bruststillende Mütter
Artikel 10
1. Einer Frau ist das Recht auf eine oder
mehrere tägliche Pausen oder eine tägliche
Verkürzung der Arbeitszeit zum Bruststillen
ihres Kindes zu gewähren.
2. Der Zeitraum, während dessen Stillpausen
oder die Verkürzung der täglichen
Arbeitszeit gestattet sind, die Anzahl und
die Dauer der Stillpausen und die Ver -
fahren für die Verkürzung der täglichen
Arbeitszeit sind durch die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis festzulegen.
Diese Pausen oder die Verkürzung der täglichen
Arbeitszeit sind als Arbeitszeit anzurechnen
und entsprechend zu bezahlen.
Regelmäßige Überprüfung
Artikel 11
Jedes Mitglied hat in Beratung mit den
repräsentativen Verbänden der Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer regelmäßig zu
prüfen, ob es zweckmäßig ist, die Dauer
des in Artikel 4 erwähnten Urlaubs zu verlängern
oder den in Artikel 6 erwähnten
Betrag oder Satz der Geldleistungen anzuheben.
Durchführung
Artikel 12
Dieses Übereinkommen ist durch die
Gesetzgebung durchzuführen, soweit es
nicht durch andere Mittel wie Gesamt -
arbeitsverträge, Schiedssprüche, gericht -
Drucksache 169/21 – 14 – Bundesrat
arbitration awards, court decisions, or in
any other manner consistent with national
practice.
Final provisions
Article 13
This Convention revises the Maternity
Protection Convention (Revised), 1952.
Article 14
The formal ratifications of this Convention
shall be communicated to the Director-General
of the International Labour
Office for registration.
Article 15
1. This Convention shall be binding only
upon those Members of the International
Labour Organization whose ratifications
have been registered with the Director-
General of the International Labour Office.
2. It shall come into force 12 months
after the date on which the ratifications of
two Members have been registered with
the Director-General.
3. Thereafter, this Convention shall
come into force for any Member
12 months after the date on which its
ratification has been registered.
Article 16
1. A Member which has ratified this
Convention may denounce it after the
expiration of ten years from the date on
which the Convention first comes into
force, by an act communicated to the
Director-General of the International
Labour Office for registration. Such denunciation
shall not take effect until one year
after the date on which it is registered.
2. Each Member which has ratified this
Convention and which does not, within the
year following the expiration of the period
of ten years mentioned in the preceding
paragraph, exercise the right of denunciation
provided for in this Article, will be
bound for another period of ten years and,
thereafter, may denounce this Convention
at the expiration of each period of ten
years under the terms provided for in this
Article.
Article 17
1. The Director-General of the International
Labour Office shall notify all Members
of the International Labour Organization
of the registration of all ratifications
and acts of denunciation communicated
by the Members of the Organization.
2. When notifying the Members of the
Organization of the registration of the second
ratification, the Director-General shall
draw the attention of the Members of the
collectives, sentences arbitrales, décisions
judiciaires, ou de toute autre manière
conforme à la pratique nationale.
Dispositions finales
Article 13
La présente convention révise la
convention sur la protection de la materni -
té (révisée), 1952.
Article 14
Les ratifications formelles de la présente
convention seront communiquées au
Directeur général du Bureau international
du Travail et par lui enregistrées.
Article 15
1. La présente convention ne liera que
les Membres de l’Organisation internationale
du Travail dont la ratification aura été
enregistrée par le Directeur général du
Bureau international du Travail.
2. Elle entrera en vigueur douze mois
après que les ratifications de deux Membres
auront été enregistrées par le Directeur
général.
3. Par la suite, cette convention entrera
en vigueur pour chaque Membre douze
mois après la date où sa ratification aura
été enregistrée.
Article 16
1. Tout Membre ayant ratifié la présente
convention peut la dénoncer à l’expiration
d’une période de dix années après la date
de la mise en vigueur initiale de la convention,
par un acte communiqué au Directeur
général du Bureau international du Travail
et par lui enregistré. La dénonciation ne
prendra effet qu’une année après avoir été
enregistrée.
2. Tout Membre ayant ratifié la présente
convention qui, dans le délai d’une année
après l’expiration de la période de dix
années mentionnée au paragraphe précédent,
ne fera pas usage de la faculté de
dénonciation prévue par le présent article
sera lié pour une nouvelle période de dix
années et, par la suite, pourra dénoncer la
présente convention à l’expiration de cha -
que période de dix années dans les conditions
prévues au présent article.
Article 17
1. Le Directeur général du Bureau international
du Travail notifiera à tous les
Membres de l’Organisation internationale
du Travail l’enregistrement de toutes ratifications
et de tous actes de dénonciation
qui lui seront communiqués par les Membres
de l’Organisation.
2. En notifiant aux Membres de l’Organisation
l’enregistrement de la deuxième
ratification qui lui aura été communiquée,
le Directeur général appellera l’attention
liche Entscheidungen oder auf eine andere
der innerstaatlichen Praxis entsprechende
Weise durchgeführt wird.
Schlussbestimmungen
Artikel 13
Durch dieses Übereinkommen wird das
Übereinkommen über den Mutterschutz
(Neufassung), 1952, neu gefasst.
Artikel 14
Die förmlichen Ratifikationen dieses
Übereinkommens sind dem Generaldirektor
des Internationalen Arbeitsamtes zur
Eintragung mitzuteilen.
Artikel 15
1. Dieses Übereinkommen bindet nur
diejenigen Mitglieder der Internationalen
Arbeitsorganisation, deren Ratifikation
durch den Generaldirektor des Internationalen
Arbeitsamtes eingetragen ist.
2. Es tritt zwölf Monate, nachdem die
Ratifikationen zweier Mitglieder durch den
Generaldirektor eingetragen worden sind,
in Kraft.
3. In der Folge tritt dieses Übereinkommen
für jedes Mitglied zwölf Monate nach
der Eintragung seiner Ratifikation in Kraft.
Artikel 16
1. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen
ratifiziert hat, kann es nach
Ablauf von zehn Jahren seit seinem erstmaligen
Inkrafttreten durch förmliche Mitteilung
an den Generaldirektor des Internationalen
Arbeitsamtes kündigen. Die
Kündigung wird von diesem eingetragen.
Sie wird erst ein Jahr nach der Eintragung
wirksam.
2. Jedes Mitglied, das dieses Übereinkommen
ratifiziert hat und binnen eines
Jahres nach Ablauf der in Absatz 1 ge -
nannten zehn Jahre von dem in diesem
Artikel vorgesehenen Kündigungsrecht
keinen Gebrauch macht, bleibt für weitere
zehn Jahre gebunden. In der Folge kann
es dieses Übereinkommen jeweils nach
Ablauf von zehn Jahren nach Maßgabe
dieses Artikels kündigen.
Artikel 17
1. Der Generaldirektor des Internationalen
Arbeitsamtes gibt allen Mitgliedern
der Internationalen Arbeitsorganisation
Kenntnis von der Eintragung aller Ratifikationen
und Kündigungen, die ihm von den
Mitgliedern der Organisation mitgeteilt
werden.
2. Der Generaldirektor wird die Mitglieder
der Organisation, wenn er ihnen von
der Eintragung der zweiten Ratifikation,
die ihm mitgeteilt wird, Kenntnis gibt, auf
Bundesrat – 15 – Drucksache 169/21
Organization to the date upon which the
Convention shall come into force.
Article 18
The Director-General of the International
Labour Office shall communicate to the
Secretary-General of the United Nations,
for registration in accordance with art -
icle 102 of the Charter of the United
Nations, full particulars of all ratifications
and acts of denunciation registered by the
Director-General in accordance with the
provisions of the preceding Articles.
Article 19
At such times as it may consider necessary,
the Governing Body of the International
Labour Office shall present to the
General Conference a report on the working
of this Convention and shall examine
the desirability of placing on the agenda of
the Conference the question of its revision
in whole or in part.
Article 20
1. Should the Conference adopt a new
Convention revising this Convention in
whole or in part, then, unless the new Convention
otherwise provides:
(a) the ratification by a Member of the new
revising Convention shall ipso jure
involve the immediate denunciation of
this Convention, notwithstanding the
provisions of Article 16 above, if and
when the new revising Convention
shall have come into force;
(b) as from the date when the new revising
Convention comes into force, this Convention
shall cease to be open to ratification
by the Members.
2. This Convention shall in any case
remain in force in its actual form and content
for those Members which have ratified
it but have not ratified the revising Convention.
Article 21
The English and French versions of the
text of this Convention are equally authoritative.
des Membres de l’Organisation sur la date
à laquelle la présente convention entrera
en vigueur.
Article 18
Le Directeur général du Bureau international
du Travail communiquera au Secrétaire
général des Nations Unies, aux fins
d’enregistrement, conformément à l’article
102 de la Charte des Nations Unies,
des renseignements complets au sujet de
toutes ratifications et de tous actes de
dénonciation qu’il aura enregistrés conformément
aux articles précédents.
Article 19
Chaque fois qu’il le jugera nécessaire, le
Conseil d’administration du Bureau international
du Travail présentera à la Conférence
générale un rapport sur l’application
de la présente convention et examinera s’il
y a lieu d’inscrire à l’ordre du jour de la
Conférence la question de sa révision tota -
le ou partielle.
Article 20
1. Au cas où la Conférence adopterait
une nouvelle convention portant révision
totale ou partielle de la présente convention,
et à moins que la nouvelle convention
ne dispose autrement :
a) la ratification par un Membre de la nouvelle
convention portant révision
entraînerait de plein droit, nonobstant
l’article 16 ci-dessus, dénonciation
immédiate de la présente convention,
sous réserve que la nouvelle convention
portant révision soit entrée en
vigueur ;
b) à partir de la date de l’entrée en
vigueur de la nouvelle convention portant
révision, la présente convention
cesserait d’être ouverte à la ratification
des Membres.
2. La présente convention demeurerait
en tout cas en vigueur dans sa forme et
teneur pour les Membres qui l’auraient
ratifiée et qui ne ratifieraient pas la convention
portant révision.
Article 21
Les versions française et anglaise du
texte de la présente convention font également
foi.
den Zeitpunkt aufmerksam machen, zu
dem dieses Übereinkommen in Kraft tritt.
Artikel 18
Der Generaldirektor des Internationalen
Arbeitsamtes übermittelt dem General -
sekretär der Vereinten Nationen zur Ein -
tragung nach Artikel 102 der Charta der
Vereinten Nationen vollständige Auskünfte
über alle von ihm nach Maßgabe der
vorausgehenden Artikel eingetragenen
Ratifikationen und Kündigungen.
Artikel 19
Der Verwaltungsrat des Internationalen
Arbeitsamtes erstattet der Allgemeinen
Konferenz, wann immer er es für nötig
erachtet, einen Bericht über die Durchführung
dieses Übereinkommens und prüft,
ob die Frage seiner gänzlichen oder teilweisen
Neufassung auf die Tagesordnung
der Konferenz gesetzt werden soll.
Artikel 20
1. Nimmt die Konferenz ein neues
Übereinkommen an, welches das vorliegende
Übereinkommen ganz oder teilweise
neu fasst, und sieht das neue Übereinkommen
nichts anderes vor, so gilt Folgendes:
a) Die Ratifikation des neu gefassten
Übereinkommens durch ein Mitglied
hat ungeachtet des Artikels 16 ohne
weiteres die Wirkung einer sofortigen
Kündigung des vorliegenden Übereinkommens,
sofern das neu gefasste
Übereinkommen in Kraft getreten ist.
b) Vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des
neu gefassten Übereinkommens an
kann das vorliegende Übereinkommen
von den Mitgliedern nicht mehr ratifiziert
werden.
2. In jedem Fall bleibt das vorliegende
Übereinkommen nach Form und Inhalt für
diejenigen Mitglieder in Kraft, die dieses,
nicht jedoch das neu gefasste Übereinkommen
ratifiziert haben.
Artikel 21
Der französische und der englische
Wortlaut dieses Übereinkommens sind in
gleicher Weise verbindlich.
Drucksache 169/21 – 16 – Bundesrat
Denkschrift
I. Allgemeines
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeits -
organisation hat auf ihrer 88. Tagung am 15. Juni 2000
das Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz an -
genommen.
Das Übereinkommen Nr. 183 wurde bisher von 38 der
187 Mitgliedstaaten der IAO, namentlich von Albanien,
Aserbaidschan, Belarus, Belize, Benin, Bosnien und
Herzegowina, Bulgarien, Burkina Faso, der Dominikanischen
Republik, Italien, Kasachstan, Kuba, Lettland,
Litauen, Luxemburg, Mali, Marokko, Mauritius, Moldawien,
Montenegro, Niger, den Niederlanden, Nord
Mazedonien, Norwegen, Österreich, Peru, Portugal,
Rumänien, San Marino, São Tomé und Príncipe,
Senegal, Serbien, der Slowakei, Slowenien, der Schweiz,
Tschechien, Ungarn und Zypern ratifiziert. Es ist am
7. Februar 2002 in Kraft getreten.
Ziel des Übereinkommens ist eine Überarbeitung des
Übereinkommens über den Mutterschutz (Nr. 103) aus
dem Jahr 1952, das wegen seiner zu detaillierten Regelungen
nur von 41 der 187 Mitgliedstaaten der Internationalen
Arbeitsorganisation ratifiziert worden war und von
neun Mitgliedstaaten (darunter acht nach Ratifikation des
neuen Übereinkommens Nr. 183) inzwischen gekündigt
wurde.
Deutschland hat bisher lediglich das zwischenzeitlich
veraltete Übereinkommen (Nr. 3) über den Mutterschutz,
1919, ratifiziert, nicht aber das Nachfolgeübereinkommen
Nr. 103 von 1952. Grund dafür ist, dass Artikel 4
Absatz 8 des Übereinkommens Nr. 103 eine Beteiligung
der Arbeitgeber an den Kosten für die Mutterschutz -
leistungen ausschloss. Eine derartige Beteiligung der
Arbeitgeber ist jedoch nach deutschem Mutterschutzrecht
vorgesehen:
• Während der Mutterschutzfristen vor und nach der
Entbindung leisten die Arbeitgeber nach § 20 Ab -
satz 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) einen
Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Für die meisten
Frauen stellt dieser Arbeitgeberzuschuss den größten
Anteil der Mutterschaftsleistungen dar.
• Die Arbeitgeber erhalten durch ein Umlageverfahren
nach den Vorschriften des Aufwendungsausgleichsgesetzes
(AAG) diese Kosten im Fall von mutterschutzrechtlichen
Beschäftigungsverboten ganz und
im Fall von krankheitsbedingten Arbeitsunterbrechungen
teilweise erstattet.
• Außerhalb der Schutzfristen haben schwangere und
stillende Frauen nach deutschem Recht einen
Anspruch auf Lohnfortzahlung während eines mutterschutzrechtlichen
Beschäftigungsverbots (sog. Mutterschutzlohn)
oder bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit.
Die Arbeitgeber erhalten durch ein Um -
lageverfahren die im Einzelfall entstehenden Kosten
im Hinblick auf den Mutterschutzlohn voll und bei
krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit zu 80 Prozent
erstattet.
• Die Umlageverfahren zur Erstattung der Aufwendungen
bei Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie bei
Mutterschaft werden durch Beiträge der Arbeitgeber
finanziert. Beide Umlageverfahren werden von den
Krankenkassen mit Ausnahme der landwirtschaft -
lichen Krankenkasse durchgeführt.
Die Kostentragung durch die Arbeitgeber im Rahmen der
Umlageverfahren stellt im Hinblick auf die Ratifizierung
des Übereinkommens Nr. 183 demgegenüber keinen
Hinderungsgrund dar. Denn Artikel 6 Absatz 8 des Übereinkommens
sieht Ausnahmen von dem Grundsatz vor,
dass die Kosten für die mutterschutzrechtlichen Geldleistungen
nach Artikel 6 Absatz 1 dem Arbeitgeber nicht
auferlegt werden dürfen. So ist nach Artikel 6 Absatz 8
Buchstabe a eine Auferlegung der Kosten auf den
Arbeitgeber zulässig, wenn dies in der innerstaatlichen
Gesetzgebung oder Praxis eines Mitgliedstaats vor der
Annahme des Übereinkommens durch die Internationale
Arbeitskonferenz vorgesehen war. Dies trifft auf das AAG
zu, das sowohl die Umlagepflicht der Arbeitgeber als
auch die Erstattung von ihren Aufwendungen für mutterschutzrechtliche
Geldleistungen regelt und bereits vor
der Annahme des Übereinkommens durch die Internationale
Arbeitskonferenz in Kraft getreten war.
Das Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz
vermeidet durch flexiblere Regelungen die Hindernisse,
die mit dem Übereinkommen Nr. 103 von 1952 ver -
bunden waren, um dadurch die Ratifizierung durch die
Mehrheit der Mitgliedstaaten zu erreichen. Durch das
Übereinkommen sollen einerseits die Gleichstellung
aller erwerbstätigen Frauen sowie die Gesundheit und
Sicherheit von Mutter und Kind weiter gefördert werden,
andererseits soll die unterschiedliche wirtschaftliche
und soziale Entwicklung der Mitgliedstaaten anerkannt
werden. Die Allgemeine Konferenz der Internationalen
Arbeitsorganisation verweist auf die vielfältigen völkerrechtlichen
Verpflichtungen über die Gleichberechtigung
und Chancengleichheit der berufstätigen Frauen, der
Beschäftigten mit Familienpflichten und über die Rechte
der Kinder.
Das Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz
gilt grundsätzlich für alle unselbstständig beschäftigen
Personen, es lässt für den einzelnen Mitgliedstaat aber
gewisse einschränkende Regelungen zu. Die inhaltlichen
Schwerpunkte des Übereinkommens sind:
• der Gesundheitsschutz und die ärztliche Betreuung
für Mutter und Kind,
• der Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von
mindestens 14 Wochen mit einer Geldleistung von
mindestens zwei Dritteln des bisherigen Arbeitsentgelts
der Frau,
• der Kündigungsschutz und
• das Rückkehrrecht zur selben oder gleichwertigen
Arbeit sowie
• das Verbot der Diskriminierung der Beschäftigten
aufgrund einer Schwangerschaft und während der
Stillzeit.
Der Mutterschutz schließt auch das Recht auf Stillzeiten
ohne Nachteile für die Arbeitszeit und die Bezahlung mit
ein.
Das Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz
kann in den Mitgliedstaaten unmittelbar durch staatliche
Stellen, die Träger der gesetzlichen Sozialversicherung
und der Sozialhilfe oder die Tarifvertragsparteien umge-
Bundesrat – 17 – Drucksache 169/21
setzt werden. Der Katalog der wesentlichen Verpflichtungen
und Leistungen berücksichtigt aber auch die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis aus der Zeit vor der
Annahme des neuen Übereinkommens durch die Internationale
Arbeitskonferenz. Insoweit bleiben auch abweichende
Regelungen zulässig.
Die Anforderungen des Übereinkommens Nr. 183 an den
Mutterschutz für Beschäftigte werden in Deutschland insbesondere
durch das Mutterschutzgesetz vollumfänglich
erfüllt. Für Bundesbeamtinnen und Bundesrichterinnen
finden sich entsprechende Regelungen in der Mutterschutz-
und Elternzeitverordnung (MuSchEltZV – für
Bundesrichterinnen i. V. m. § 46 Deutsches Richter -
gesetz (DRiG)), für Soldatinnen in der Mutterschutz -
verordnung für Soldatinnen (MuSchSoldV). Ergänzungen
oder Anpassungen der gesetzlichen Vorschriften sind zur
Umsetzung des Übereinkommens nicht erforderlich.
Nach Artikel 21 des Übereinkommens sind der fran -
zösische und der englische Wortlaut dieses Überein -
kommens in gleicher Weise verbindlich. Die deutsche
Übersetzung ist für die Auslegung und Umsetzung inter -
nationalrechtlich nicht verbindlich. So finden sich in der
deutschen Übersetzung des Übereinkommens Begrifflichkeiten,
die mittlerweile im deutschen Mutterschutzrecht
aufgrund ihrer Unschärfe nicht mehr gebräuchlich
sind (z. B. „Mutterschaftsurlaub“ und „Urlaub im Fall
einer Krankheit“). Im Hinblick auf den Begriff der Leistung
ist darauf hinzuweisen, dass er sowohl Lohn(fort-)zah -
lungen des Arbeitgebers als auch staatliche Leistungen
umfasst.
II. Besonderes
Das Übereinkommen Nr. 183 über den Mutterschutz ist
in folgende Abschnitte gegliedert:
• Geltungsbereich (Artikel 1 und 2)
• Gesundheitsschutz (Artikel 3)
• Mutterschaftsurlaub (Artikel 4)
• Urlaub im Fall einer Krankheit oder von Komplika -
tionen (Artikel 5)
• Leistungen (Artikel 6 und 7)
• Beschäftigungsschutz und Nichtdiskriminierung (Artikel
8 und 9)
• Bruststillende Mütter (Artikel 10)
• Regelmäßige Überprüfung (Artikel 11)
• Durchführung (Artikel 12)
• Schlussbestimmungen (Artikel 13 bis 21).
Insgesamt sind die im Übereinkommen formulierten
Mindestanforderungen an den Mutterschutz durch das
geltende deutsche Mutterschutzrecht erfüllt. Im Einzelnen
ergibt sich dies aus folgenden Erwägungen:
Geltungsbereich
Artikel 1 des Übereinkommens bestimmt, dass die
Begriffe „Frau“ und „Kind“ im Sinne des Übereinkommens
ohne irgendeine Diskriminierung für jede Person
weiblichen Geschlechts und für jedes Kind gelten.
Nach § 1 Absatz 4 MuSchG gilt das Gesetz für jede
Person, die schwanger ist, ein Kind geboren hat oder
stillt. Damit trägt auch das MuSchG dem Umstand Rechnung,
dass nicht jede Person, die schwanger ist, ein Kind
geboren hat oder stillt, notwendigerweise eine Frau ist.
Vielmehr gibt es auch Männer, die ein Kind gebären, im
Fall der Transgeschlechtlichkeit. Zudem gibt es Menschen,
die weder männlich noch weiblich sind, sondern
im Personenstandsregister einen offenen oder diversen
Geschlechtseintrag haben, weil sie z. B. intergeschlechtlich
sind. Durch die ausdrückliche Erfassung von inter -
sexuellen Personen geht das MuSchG über die diskriminierungsschützende
Zielsetzung des Übereinkommens
Nr. 183 hinaus.
Artikel 2 des Übereinkommens bezieht grundsätzlich
alle nicht selbstständig beschäftigten Frauen – auch
bei atypischen Formen abhängiger Arbeit – in dieses
Übereinkommen ein (Absatz 1), erlaubt aber Ausnahmen
im Falle besonderer Probleme für bestimmte Frauen -
gruppen, wenn die Verfahrensvorschriften der Absätze 2
und 3 beachtet werden.
Nach § 1 Absatz 2 MuSchG gilt das Mutterschutzgesetz
für alle Frauen in einer Beschäftigung in Deutschland
unabhängig von ihrer Nationalität und ihrem Wohnsitz,
also beispielsweise auch für Teilzeitbeschäftigte und
Hausangestellte.
Nach § 7 Absatz 4 Viertes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB IV) ist die Beschäftigung die nichtselbstständige
Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte
für eine Beschäftigung sind danach eine Tätigkeit
nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers. In Zweifelsfällen besteht
für die betreffende Frau oder den Arbeitgeber die Möglichkeit,
über das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV
den Status als Beschäftigte prüfen zu lassen. Der Be -
schäftigtenbegriff erfasst insbesondere auch Fremdgeschäftsführerinnen
sowie Minderheiten-Gesellschafter-
Geschäftsführerinnen einer GmbH, wenn diese im Sinne
der oben genannten Kriterien persönlich abhängig sind.
Unabhängig davon, ob eine Beschäftigung vorliegt, gilt
das Mutterschutzgesetz auch für:
• Frauen in der beruflichen Ausbildung und Praktikantinnen
im Sinne des Berufsausbildungsgesetzes,
• Frauen mit Behinderung, die in einer Werkstatt für
behinderte Menschen beschäftigt sind,
• Entwicklungshelferinnen,
• Freiwillige im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes
oder des Bundesfreiwilligendienstgesetzes,
• Frauen, die als Mitglieder einer geistlichen Genossenschaft,
Diakonissen oder Angehörige einer ähnlichen
Gemeinschaft tätig werden,
• in Heimarbeit beschäftigte Frauen und ihnen Gleichgestellte,
• Frauen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbstständigkeit
als arbeitnehmerähnliche Person anzu -
sehen sind, sowie
• Schülerinnen und Studentinnen.
Für Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen gelten
entsprechende beamtenrechtliche und soldatenrecht -
liche Mutterschutzvorschriften.
Nach § 1 Absatz 3 MuSchG gilt das MuSchG nicht
(unmittelbar) für Beamtinnen und Richterinnen. Das
Gesetz gilt ebenso nicht für Soldatinnen, auch soweit die
Drucksache 169/21 – 18 – Bundesrat
Voraussetzungen des Absatzes 2 erfüllt sind, es sei
denn, sie werden aufgrund dienstlicher Anordnung
oder Gestattung außerhalb des Geschäftsbereiches des
Bundesministeriums der Verteidigung tätig.
Für diese Beschäftigtengruppen ist nach § 79 Ab satz 1
Bundesbeamtengesetz (BBG), § 46 Beamtenstatus -
gesetz (BeamtStG), §§ 46 und 71 DRiG sowie § 30
Absatz 5 i. V. m. § 93 Absatz 1 Nummer 6 Soldaten -
gesetz (SG) jedoch das gleiche Schutz niveau auf dem
Verordnungswege sicherzustellen. § 25 BBG enthält
darüberhinausgehend noch ein ausdrück liches Verbot
der Diskriminierung aufgrund der Schwangerschaft und
des Mutterschutzes.
Der Umstand, dass diese Personengruppen aus dem
Anwendungsbereich des MuSchG ausgenommen sind,
trägt damit nur regelungssystematischen Erwägungen
Rechnung, inhaltlich finden sich die mutterschutzrecht -
lichen Schutzregelungen in den beamten-, richter- und
soldatenrechtlichen Regelungen wieder.
Damit geht das deutsche Mutterschutzrecht insgesamt
über Artikel 2 des Übereinkommens Nr. 183 hinaus, da
es keine der nach dem Übereinkommen für bestimmte
Gruppen von Beschäftigte zulässigen Einschränkungen
(Artikel 2 Absatz 2 und 3) vorsieht und zudem – über das
Übereinkommen Nr. 183 hinausgehend – Schülerinnen
und Studentinnen in den Anwendungsbereich des
MuSchG einbezieht.
Gesundheitsschutz
Artikel 3 des Übereinkommens verpflichtet den Mitgliedstaat,
Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, dass
schwangere und stillende Frauen nicht gezwungen sind,
Arbeiten zu verrichten, die für ihre Gesundheit oder die
ihres Kindes schädlich sind oder zumindest eine erheb -
liche Gefahr darstellen.
Das Mutterschutzgesetz geht auch beim Gesundheitsschutz
erheblich weiter als die Vorgaben des Übereinkommens:
Die vorgesehenen Beschäftigungsverbote schließen
nicht nur aus, dass schwangere und stillende Frauen zu
gefährlichen Arbeiten gezwungen werden. Vielmehr sind
gefährliche Tätigkeiten auch verboten, wenn die Frau in
ihre Ausübung einwilligt.
• § 11 MuSchG enthält einen umfangreichen Katalog
von unzulässigen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen
für schwangere und stillende Frauen. Durch
den Katalog erfasst sind insbesondere Arbeiten mit
bestimmten Gefahr- und Biostoffen sowie Tätigkeiten
oder Arbeitsbedingungen, durch welche die Frau
physikalischen Einwirkungen in einem Maße ausgesetzt
ist oder sein kann, dass dies für sie oder für ihr
Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. Der
Katalog gilt weitgehend auch für stillende Frauen
(§ 12 MuSchG).
• Grundsätzlich verboten sind Mehrarbeit (§ 4 MuSchG),
Nachtarbeit (§ 5 MuSchG) sowie Sonn- und Feiertagsarbeit
(§ 6 MuSchG).
• § 9 Absatz 2 MuSchG normiert, dass der Arbeitgeber
die Arbeitsbedingungen für schwangere und stillende
Frauen so gestalten muss, dass Gefährdungen der
Frau und des Kindes möglichst vermieden werden
und dass eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen
wird.
• Zur Ermittlung möglicher Gefährdungen verpflichtet
§ 10 MuSchG den Arbeitgeber zur Durchführung einer
Gefährdungsbeurteilung.
• Bei Feststellung von Gefährdungen ist der Arbeit -
geber gemäß § 13 MuSchG verpflichtet, Schutzmaßnahmen
nach der folgenden Rangfolge zu treffen:
o Umgestaltung der Arbeitsbedingungen.
o Wenn die Umgestaltung der Arbeitsbedingungen
nicht möglich oder wegen unverhältnismäßigen
Aufwands nicht zumutbar ist: Einsatz der Frau auf
einem anderen Arbeitsplatz, wenn dieser vorhanden
ist und der Einsatz der Frau zumutbar ist.
o (Nur,) wenn der Einsatz auf einem anderen Arbeitsplatz
ebenfalls nicht möglich ist: Verbot für den
Arbeitgeber, die Frau weiter zu beschäftigen.
Ein Beschäftigungsverbot i. S. d. § 13 MuSchG führt, je
nach den Umständen des Einzelfalls, zu einer vorüber -
gehenden teilweisen oder vollständigen Freistellung der
schwangeren oder stillenden Frau von ihrer bisherigen
oder auch von jeder Arbeitsleistung.
Die ärztlichen Beschäftigungsverbote nach § 16 MuSchG
dienen ebenfalls dem Gesundheitsschutz. Diese sind
jedoch auch im Zusammenhang zu sehen mit den Regelungen
zur Arbeitsunfähigkeit, da das Übereinkommen
in Artikel 5 auch Urlaub im Fall einer Krankheit oder
von Komplikationen vorsieht. Nähere Erläuterungen zum
ärzt lichen Beschäftigungsverbot nach § 16 MuSchG
finden sich daher im entsprechenden Abschnitt dieser
Denkschrift.
Verstöße des Arbeitgebers gegen Beschäftigungsver -
bote können nach §§ 32 und 33 MuSchG als Ordnungswidrigkeiten
oder Straftaten mit Geldbußen, Geldstrafen
oder Freiheitsstrafe geahndet werden.
Mutterschaftsurlaub
Artikel 4 des Übereinkommens normiert den Anspruch
der Frau auf einen mindestens 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub.
Davon müssen mindestens sechs obligatorische
Wochen Mutterschaftsurlaub nach der Entbindung
umfasst sein, soweit auf innerstaatlicher Ebene
nichts anderes vereinbart wird. Damit geht das Übereinkommen
Nr. 183 über die Vorgaben des Artikels 8 Ab -
satz 2 der EU-Richtlinie 92/85/EWG des Rates der EU
zum Mutterschutz hinaus, die insgesamt lediglich eine
zweiwöchige obligatorische Schutzfrist verlangen. Wenn
das Kind erst nach dem errechneten Geburtstermin zur
Welt kommt, ist der Mutterschaftsurlaub vor der Geburt
entsprechend zu verlängern, ohne dass sich der obligatorische
Teil des Mutterschaftsurlaubs nach der Entbindung
verkürzt.
Das MuSchG erfüllt diese Vorgaben. Gemäß § 3 Absatz 1
MuSchG beträgt die Mutterschutzfrist vor der Geburt
sechs Wochen, bei einer Entbindung nach dem voraussichtlichen
Geburtstermin entsprechend länger (vgl. § 3
Absatz 1 MuSchG). Nach der Geburt beträgt die Schutzfrist
acht Wochen, bei einer Mehrlingsgeburt (§ 3 Ab -
satz 2 Satz 2 Nummer 2 MuSchG) oder bei einer medizi-
Bundesrat – 19 – Drucksache 169/21
nischen Frühgeburt zwölf Wochen (§ 3 Absatz 2 Satz 2
Nummer 2 MuSchG). Eine Frühgeburt liegt vor,
• wenn das Gewicht des Kindes weniger als 2 500
Gramm beträgt,
• wenn das Gewicht des Kindes 2 500 Gramm oder
mehr beträgt, jedoch ein wesentlich erweiterter Pflegebedarf
wegen nicht voll ausgebildeter Reifezeichen
oder verfrühter Beendigung der Schwangerschaft
besteht oder
• bei einer Totgeburt ab einem Geburtsgewicht des
Kindes von 500 Gramm oder ab der 24. Schwangerschaftswoche.
Bei Frühgeburten und sonstigen vorzeitigen Entbin -
dungen verlängert sich die Schutzfrist nach der Geburt
zusätzlich um die Anzahl der Tage, die das Kind vorzeitig
zur Welt gekommen ist (§ 3 Absatz 2 MuSchG).
Auf die Schutzfrist vor der Geburt können schwangere
Frauen ausdrücklich verzichten, ihre Erklärung aber
jederzeit widerrufen (§ 3 Absatz 1 MuSchG). Im Fall des
Todes des Kindes kann die Frau auf ihr ausdrückliches
Verlangen ausnahmsweise auch schon vor Ablauf der
Mutterschutzfrist von acht Wochen nach der Entbindung
wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, frühestens
aber ab der dritten Woche. Zudem bedarf es einer
ärztlichen Unbedenklichkeitserklärung (§ 3 Absatz 4
MuSchG). Die Frau kann ihre Erklärung jederzeit wider -
rufen (§ 3 Absatz 4 MuSchG).
Beide Ausnahmebestimmungen sind mit den Vorgaben
des Artikels 4 des Übereinkommens vereinbar. Die Möglichkeit,
beim Tod des Kindes vorzeitig an den Arbeitsplatz
zurückzukehren, steht nicht im Widerspruch zur
Vorgabe des Artikels 4 Absatz 4 hinsichtlich des obligatorischen
sechswöchigen Mutterschaftsurlaubs nach der
Entbindung. Artikel 4 Absatz 4 sieht die Vereinbarung
abweichender Regelungen auf innerstaatlicher Ebene
ausdrücklich vor. Die Regelung des MuSchG schwächt
den Mutterschutz auch nicht zu Lasten der Frau ab, sondern
berücksichtigt lediglich die besondere Lage und die
besonderen Bedürfnisse der Frau nach dem Tod ihres
Kindes, vor allem die schwere persönliche Belastung.
Urlaub im Fall einer Krankheit oder von Komplikationen
Artikel 5 des Übereinkommens begründet außerhalb des
Mutterschaftsurlaubs einen Urlaubsanspruch bei Krankheit
oder Komplikationen infolge von Schwangerschaft
oder Entbindung, soweit ein ärztliches Zeugnis diese
Maßnahme anordnet.
Im deutschen Recht besteht, wenn eine Arbeitnehmerin
vor dem Beginn oder nach dem Ende der Mutterschutzfrist
infolge Krankheit arbeitsunfähig ist, nach allgemeinen
arbeitsrechtlichen Regeln keine Verpflichtung zur
Arbeitsleistung (§ 3 Absatz 1 Satz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz
(EntgFG)).
Ferner sieht das Mutterschutzgesetz in § 16 die Mög -
lichkeit eines ärztlichen Beschäftigungsverbots vor. Ein
solches wird ausgesprochen, wenn die Fortsetzung der
Tätigkeit zu einer Gefährdung für Mutter oder Kind
führt, jedoch keine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit
vorliegt. Der Umfang des Beschäftigungsverbots ist
im Einzelfall abhängig vom Zustand der Frau und den
Beschäftigungsmöglichkeiten und kann auch eine vollständige
Freistellung bewirken. Nach § 16 Absatz 1
MuSchG darf eine schwangere Frau nicht beschäf -
tigt werden, soweit nach ärztlicher Bescheinigung das
Leben oder die Gesundheit von Mutter oder Kind bei
Fortdauer der Beschäftigung gefährdet ist. Nach § 16
Absatz 2 MuSchG darf eine in den ersten Monaten nach
der Entbindung nach ärztlicher Bescheinigung nicht voll
leistungsfähige Frau nicht zu Tätigkeiten herangezogen
werden, die ihre Leistungsfähigkeit übersteigen.
Leistungen
Die Artikel 6 und 7 des Übereinkommens regeln die
Leistungen für die Frau während des Mutterschafts -
urlaubs nach Artikel 4 und des Urlaubs nach Artikel 5 des
Übereinkommens. Die wesentliche Grundlage ist Artikel
6. Artikel 7 enthält ergänzende Vorschriften für Mitgliedstaaten,
deren Wirtschaft und System der sozialen
Sicher heit unzureichend entwickelt sind, und ist deshalb
für die Bundesrepublik Deutschland ohne Bedeutung.
Artikel 6 lässt sich wie folgt gliedern:
• Die Absätze 1 bis 5 des Artikels 6 betreffen Art und
Umfang der Ansprüche auf Geldleistungen,
• Absatz 6 betrifft den hilfsweisen Anspruch auf Sozialhilfe
für eine Frau, die keine andere Geldleistung
bekommt, und
• Absatz 7 betrifft den Anspruch für Mutter und Kind auf
ärztliche Leistungen und gegebenenfalls Behandlung
im Krankenhaus vor und nach der Entbindung,
• Absatz 8 regelt die Kostentragung für die Geldleistungen.
Art und Umfang der Ansprüche auf Geldleistungen
Zu den Ansprüchen auf Geldleistungen werden in Artikel
6 Absatz 1 bis 5 im Einzelnen folgende Vorgaben
gemacht:
• Nach Absatz 1 sind Frauen während der Abwesenheit
von der Arbeit aufgrund des in Artikel 4 oder 5
erwähnten Urlaubs Geldleistungen in Übereinstimmung
mit der innerstaatlichen Gesetzgebung oder
eine andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende
Weise zu gewähren.
• Die Geldleistungen müssen nach Artikel 6 Absatz 2
ein Niveau erreichen, das den Unterhalt der Frau und
ihres Kindes in einwandfreien gesundheitlichen Verhältnissen
und bei angemessener Lebenshaltung
gewährleistet.
• Die Absätze 3 und 4 spezifizieren diese Vorgabe für
den Mutterschaftsurlaub: Falls in einem Mitgliedstaat
der frühere Verdienst der Frau die Bemessungsgrundlage
für die Geldleistungen während des Mutterschaftsurlaubs
ist, müssen die Leistungen mindestens
zwei Drittel des früheren Arbeitsentgelts be tragen.
Wenn eine andere Berechnungsgrundlage maßgebend
ist, muss sich ein vergleichbarer Betrag ergeben.
• Nach Absatz 5 haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen,
dass eine große Mehrheit der Frauen, für die
das neue Übereinkommen gilt, die Anspruchsvoraussetzungen
für diese Geldleistungen erfüllen kann.
Das deutsche Recht wird den Vorgaben des Artikels 6
des Übereinkommens gerecht:
Drucksache 169/21 – 20 – Bundesrat
• Innerhalb der mutterschutzrechtlichen Schutzfristen
sind folgenden Geldleistungen an die Frauen vorgesehen:
o Beschäftigte, die Mitglied in der gesetzlichen
Krankenversicherung sind, erhalten während der
Mutterschutzfristen im Ergebnis ihr bisheriges
Nettoarbeitsentgelt in Form von Mutterschaftsgeld
durch die gesetzliche Krankenversicherung zuzüglich
eines Arbeitgeberzuschusses. Das Mutterschaftsgeld
beläuft sich nach § 19 Absatz 1
MuSchG i. V. m. § 24i Absatz 2 des Fünften
Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) auf maximal
13 Euro pro Kalendertag, der Zu schuss des
Arbeitgebers nach § 20 Absatz 1 MuSchG auf
die Differenz zwischen 13 Euro und dem bisherigen
durchschnittlichen kalendertäglichen Netto -
arbeitsentgelt.
o Die vergleichsweise geringe Anzahl der Beschäftigten,
die nicht Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung
sind, erhalten nach § 19 Absatz 2
MuSchG vom Bundesamt für Soziale Sicherung
während der Mutterschutzfristen zwar nur ein auf
maximal 210 Euro insgesamt begrenztes Mutterschaftsgeld,
daneben aber auch den Arbeitgeberzuschuss
nach § 20 Absatz 1 MuSchG in der
gleichen Höhe wie die erste Gruppe. Der Zuschuss
des Arbeitgebers beträgt bei beiden Gruppen
inzwischen durchschnittlich ca. 70 Prozent der
Leistungen während der Mutterschutzfristen, so
dass auch die zweite Gruppe regelmäßig mehr als
nur den Mindestbetrag von zwei Drittel des früheren
Verdienstes (Artikel 6 Absatz 3 des Übereinkommens)
erhält.
o Lediglich eine geringere Anzahl von geringfügig
beschäftigten Frauen, die nicht Mitglied in der
gesetzlichen Krankenversicherung sind, erhalten
nur das Mutterschaftsgeld in Höhe von insgesamt
maximal 210 Euro, weil ihr kalendertägliches
Arbeitsentgelt nicht den nach § 20 MuSchG für
den Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss
maßgeblichen Betrag von 13 Euro übersteigt. In
diesen Fällen erfüllt bereits das Mutterschaftsgeld
die Anforderungen des Artikels 6 Absatz 3 des
Übereinkommens an den Entgeltersatz.
• Außerhalb der Mutterschutzfristen haben Beschäftigte
bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit bis zu sechs
Wochen Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem
Entgeltfortzahlungsgesetz und anschließend unter
den Voraussetzungen des § 44 SGB V auf Krankengeld.
Im Fall eines Beschäftigungsverbots haben sie
Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG.
Hilfsweiser Anspruch auf Sozialhilfe
Nach Artikel 6 Absatz 6 des Übereinkommens Nr. 183
muss einer Frau – vorbehaltlich der für eine solche Hilfe
vorgeschriebenen Bedürftigkeitsprüfung – Anspruch auf
angemessene Leistungen aus der Sozialhilfe zustehen,
falls sie die durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder
auf eine andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende
Weise vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen für
Geldleistungen nach Artikel 6 Absatz 1 bis 5 nicht erfüllt.
Auch diese Voraussetzung ist nach deutschem Recht
erfüllt.
Anspruch auf ärztliche Leistungen
Umfassender als Artikel 6 Absatz 7 des Übereinkommens
sind die Vorschriften nach § 24c bis 24i SGB V
über die Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung
für Mutter und Kind bei Schwangerschaft und
Mutterschaft. Als Sachleistungen vorgesehen sind nach
Bedarf:
• die ärztliche Betreuung und Hebammenhilfe,
• die Versorgung mit Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln,
• die Entbindung,
• häusliche Pflege sowie
• Haushaltshilfe.
Anspruchsberechtigt sind nach § 11 Absatz 1 Nummer 1,
§ 24c bis 24i SGB V alle in der gesetzlichen Kranken -
versicherung versicherten Frauen, also sowohl die Mitglieder
als auch die im Rahmen der Familienversicherung
mitversicherten Frauen. Privat krankenversicherte
Frauen erhalten vergleichbare Leistungen durch ihre
private Krankenversicherung. Der Leistungsumfang wird
dabei vertraglich zwischen Versicherungsnehmerin und
Versicherer vereinbart.
Kostentragung
Nach Artikel 6 Absatz 8 des Übereinkommens sind
die Leistungen während des Mutterschaftsurlaubs nach
Artikel 4 und des Urlaubs nach Artikel 5 des Überein -
kommens durch die gesetzliche Sozialversicherung oder
aus öffentlichen Mitteln oder auf andere durch die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis bestimmte Weise zu
erbringen. Die unmittelbare Belastung des Arbeitgebers
mit den Kosten ist ohne dessen Zustimmung grundsätzlich
unzulässig.
An dieser Hürde scheiterte die Ratifizierung des früheren
Übereinkommens Nr. 103 durch die Bundesrepublik
Deutschland.
Das neue Übereinkommen Nr. 183 enthält in Artikel 6
Absatz 8 nunmehr eine flexiblere Regelung: Die Kostenbelastung
des Arbeitgebers ist zulässig, wenn sie bereits
vor der Annahme dieses Übereinkommens durch die
Internationale Arbeitskonferenz im Juni 2000 bestand.
Das trifft auf das AAG zu, das in § 3 die Umlagepflicht für
Arbeitgeber regelt und das bereits vor der Annahme dieses
Übereinkommens durch die Internationale Arbeitskonferenz
im Juni 2000 bestand. Das AAG regelt die
Erstattung sowohl für den Arbeitgeberzuschuss nach
§ 20 Absatz 1 MuSchG, als auch für die Fortzahlung des
Arbeitsentgelts bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit
nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz sowie die Zahlung
von Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG im Fall eines
Beschäftigungsverbots. Nach § 1 Absatz 2 AAG erhalten
alle Arbeitgeber die Leistungen nach den §§ 18 und 20
Absatz 1 MuSchG im Rahmen eines Umlageverfahrens
von der gesetzlichen Krankenkasse in vollem Umfang
erstattet. Die Erweiterung des Umlageverfahrens auf alle
Arbeitgeber erfolgte aufgrund der Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts vom 18. November 2004
zum jetzigen § 20 (damals § 14) MuSchG. Arbeitgeber
mit bis zu 30 Beschäftigten erhalten außerdem nach § 1
Absatz 1 AAG regelmäßig 80 Prozent der Entgeltfort -
zahlungskosten im Krankheitsfall im Wege der Umlage
Bundesrat – 21 – Drucksache 169/21
erstattet. Nach § 9 Absatz 2 Nummer 1 AAG können
die Krankenkassen diese Erstattungshöhe per Satzungsregelung
einschränken, dürfen aber einen Erstattungssatz
von 40 Prozent nicht unterschreiten.
Auch die Anforderungen des Übereinkommens Nr. 183
zur Kostentragung werden nunmehr nach Artikel 6
Absatz 8 durch das deutsche Recht erfüllt.
Nach Artikel 7 Absatz 1 gelten die Bestimmungen von
Artikel 6 Absatz 3 und 4 als erfüllt, wenn ein Mitglied,
dessen Wirtschaft und System der sozialen Sicherheit
unzureichend entwickelt sind, Geldleistungen zu einem
Satz gewährt, der nicht niedriger ist als der Satz, der bei
Krankheit oder vorübergehender Arbeitsunfähigkeit zu
zahlen ist. Diese Vorschrift ist für Deutschland nicht
anwendbar.
Beschäftigungsschutz und Nichtdiskriminierung
Kündigungsschutz
Nach Artikel 8 Absatz 1 darf der Arbeitgeber der Arbeitnehmerin
ab dem Beginn der Schwangerschaft bis zu
einem bestimmten Zeitraum nach Ende der Mutterschutzfrist
grundsätzlich nicht kündigen. Eine Kündigung
ist nur möglich, wenn sie nicht mit der Mutterschaft
zusammenhängt. Dafür hat der Arbeitgeber die Beweislast.
Das Kündigungsverbot des § 17 Absatz 1 MuSchG be -
ginnt mit der Schwangerschaft und dauert bis zum
Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung. Es greift
auch im Fall einer Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche
bis zum Ablauf von vier Monaten nach
der Fehlgeburt. Durch das Kündigungsverbot erfasst
sind zudem auch Vorbereitungsmaßnahmen des Arbeitgebers,
die er im Hinblick auf die Kündigung einer Frau
trifft. Voraussetzung für das Eingreifen des Kündigungsverbots
ist, dass beim Zugang der Kündigung die
Schwangerschaft schon besteht und die Schwangerschaft
dem Arbeitgeber bekannt ist oder die Arbeit -
nehmerin ihn innerhalb von zwei Wochen nach Zugang
der Kündigung über das Bestehen der Schwangerschaft
informiert. In Ausnahmefällen ist auch eine spätere In -
formation noch ausreichend – namentlich dann, wenn
die Überschreitung der Frist auf einem von der Frau nicht
zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich
nachgeholt wird.
Das Kündigungsverbot des § 17 MuSchG ist strenger als
Artikel 8 des Übereinkommens, weil es eine Kündigung
nur ausnahmeweise und nur mit Zustimmung der zuständigen
Landesbehörde zulässt. Nach § 17 Absatz 2
MuSchG kann die zuständige Landesbehörde (Gewerbeaufsichtsamt,
Amt für Arbeitsschutz etc.) in besonderen
Fällen, die nicht mit der Mutterschaft im Zusammenhang
stehen, z. B. bei einer besonders schweren Pflicht -
verletzung oder einer Gefährdung der wirtschaftlichen
Existenz des Betriebes, die Kündigung auf Antrag des
Arbeitgebers für zulässig erklären. Die Darlegungs- und
Beweislast für die erfolgte behördliche Zustimmung
sowie für das Vorliegen eines besonderen Falles liegt
beim Arbeitgeber. Die betroffene Arbeitnehmerin ist vor
der Entscheidung der Behörde zu hören. Die Zustimmung
zur Kündigung kann gegebenenfalls auch mit
Auflagen verbunden werden, z. B. dass die Kündigung
nur mit Wirkung nach Ablauf der Mutterschutzfrist ausgesprochen
werden darf.
Rückkehrrecht
Artikel 8 Absatz 2 des Übereinkommens begründet das
Rückkehrrecht der Frau nach Ende ihres Mutterschaftsurlaubs
an denselben oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz
mit dem gleichen Entgelt.
Auch dies entspricht der Rechtslage im deutschen
Recht. So hat eine Frau nach § 25 MuSchG mit dem
Ende eines Beschäftigungsverbots im Sinne von § 2
Absatz 3 MuSchG das Recht, entsprechend den vertraglich
vereinbarten Bedingungen beschäftigt zu werden.
Dementsprechend leben nach dem Ablauf der Mutterschutzfrist
die Rechte und Pflichten der Frau aus dem
Arbeitsvertrag unverändert wieder auf. Die maßgeblichen
Elemente des Arbeitsvertrages sind die Arbeitszeit, das
Arbeitsentgelt und die Art der Arbeit. Innerhalb dieses
Rahmens ist das Recht des Arbeitgebers zur Umsetzung,
z. B. wegen betrieblicher Umorganisationen, regelmäßig
nicht eingeschränkt.
Diskriminierungsschutz
Das Diskriminierungsverbot des Artikels 9 Absatz 1 des
Übereinkommens schützt Beschäftigte vor Benachteiligung
wegen Schwangerschaft und Mutterschaft beim
Zugang zur Beschäftigung und in der Beschäftigung. Die
Mitgliedstaaten des Übereinkommens haben geeignete
Maßnahmen zu treffen um sicherzustellen, dass die
Mutterschaft keinen Grund für eine Diskriminierung in der
Beschäftigung darstellt, einschließlich des Zugangs zur
Beschäftigung.
Nach Artikel 9 Absatz 2 darf der Arbeitgeber von einer
Frau, die sich um einen Arbeitsplatz bewirbt, weder einen
Schwangerschaftstest noch den Nachweis eines solchen
Tests verlangen, es sei denn, die innerstaatliche Gesetzgebung
schreibt dies für eine Tätigkeit vor, die unter ein
mutterschutzrechtliches Beschäftigungsverbot fällt oder
die eine anerkannte oder erhebliche Gefahr für die
Gesundheit der Frau und des Kindes mit sich bringt.
Auch diese Voraussetzungen werden erfüllt:
So garantiert schon Artikel 3 Absatz 2 des Grundge -
setzes (GG) die Gleichberechtigung von Männern und
Frauen. Außerdem fördert der Staat die tatsächliche
Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und
Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender
Nachteile hin. Nach Artikel 3 Absatz 3 GG darf niemand
wegen seines Geschlechtes benachteiligt oder be -
vorzugt werden. Nach Artikel 6 Absatz 4 GG hat jede
Mutter Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der
Gemeinschaft.
Auf einfachgesetzlicher Ebene verbietet beispielsweise
das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dem
Arbeitgeber, Beschäftigte wegen ihres Geschlechts zu
benachteiligen. Dies gilt nicht nur in einem bestehenden
Arbeitsverhältnis oder in Bezug auf dessen Beendigung,
sondern auch hinsichtlich der Auswahlkriterien und der
Einstellungsbedingungen (§ 2 Absatz 1 Nummer 1 und 2
AGG). So ist beispielsweise die Frage des Arbeitgebers
nach dem Bestehen einer Schwangerschaft unzulässig.
Sie stellt eine unmittelbare Benachteiligung wegen des
Geschlechts im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 2 AGG
dar und verstößt gegen das Diskriminierungsverbot
des § 7 Absatz 1 AGG. Dies gilt auch dann, wenn die
Beschäftigung von Anfang an unmöglich ist, weil ein
Beschäftigungsverbot besteht. Ebenso unzulässig sind
Drucksache 169/21 – 22 – Bundesrat
Umgehungsfragen, wie z. B. nach der Familienplanung
oder das Verlangen des Arbeitgebers nach Vornahme
eines Schwangerschaftstests.
Folge der in unzulässiger Weise gestellten Frage des
Arbeitgebers nach Bestehen einer Schwangerschaft ist
das Recht der Schwangeren, die Frage nicht wahrheitsgemäß
zu beantworten. Die wahrheitswidrige Beantwortung
einer solchen Frage darf für die Beschäftigte keine
arbeitsrechtlichen Konsequenzen haben. Grund ist, dass
der Arbeitgeber nur dann eine wahrheitsgemäße Antwort
erwarten darf, wenn er eine Frage in zulässiger Weise
gestellt hat. Eine Frage gegenüber einer (möglichen)
Arbeitnehmerin ist jedoch nur dann zulässig, wenn der
Arbeitgeber an ihrer Beantwortung ein berechtigtes, billigenswertes
und schutzwürdiges Interesse hat. Dies ist
bei der Frage nach dem Bestehen einer Schwangerschaft
nicht der Fall.
Stillende Mütter
Artikel 10 des Übereinkommens begründet das Recht
der stillenden Frau auf eine oder mehrere Stillpausen
oder Verkürzung der täglichen Arbeitszeit ohne Arbeitszeit-
oder Entgeltnachteile.
Auch diese Voraussetzungen werden erfüllt:
§ 7 Absatz 2 MuSchG verpflichtet den Arbeitgeber, eine
stillende Frau auf ihr Verlangen während der ersten zwölf
Monate nach der Entbindung für die zum Stillen erforderliche
Zeit freizustellen, mindestens aber zweimal täglich
für eine halbe Stunde oder einmal täglich für eine Stunde.
Bei einer zusammenhängenden Arbeitszeit von mehr als
acht Stunden soll der Arbeitgeber der Frau auf ihr Ver -
langen zweimal eine Stillzeit von mindestens 45 Minuten
oder, wenn in der Nähe der Arbeitsstätte keine Stillgelegenheit
vorhanden ist, einmal eine Stillzeit von mindestens
90 Minuten gewähren. Durch die Gewährung der
Freistellung darf bei der stillenden Frau gemäß § 23
Absatz 1 MuSchG kein Entgeltausfall eintreten. Frei -
stellungszeiten sind weder vor- noch nachzuarbeiten. Sie
werden nicht auf Ruhezeiten angerechnet, die im Arbeitszeitgesetz
oder in anderen Vorschriften festgelegt sind.
Regelmäßige Überprüfung
Artikel 11 des Übereinkommens verpflichtet die Mitgliedstaaten,
in Beratungen mit den Arbeitgeberverbänden
und Gewerkschaften regelmäßig zu prüfen, ob eine
Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs oder eine Erhöhung
der Leistungen während des Mutterschaftsurlaubs
zweckmäßig ist.
Das MuSchG sieht kein formalisiertes Überprüfungs -
verfahren vor. § 34 MuSchG sieht jedoch die Evaluation
der Auswirkungen des Gesetzes vor. Zudem sind die
Regelungen des MuSchG bereits jetzt sehr weitreichend.
Die Regelungen zum Mutterschutzlohn gemäß § 18
MuSchG sowie zum Mutterschaftsgeld (§ 19 MuSchG) und
Arbeitgeberzuschuss (§ 20 MuSchG) gewährleisten, dass
gesetzlich krankenversicherte Frauen Mutterschutzleistungen
erhalten, die im Ergebnis dem vorherigen Nettoentgelt
entsprechen. Auch hinsichtlich der Dauer der
Mutterschutzfristen entspricht das deutsche Mutterschutzrecht
bereits dem Übereinkommen. In besonderen
Fällen beträgt die Schutzfrist 18 Wochen (§ 3 Ab -
satz 2 MuSchG). Im Anschluss daran hat jede Frau die
Möglichkeit, Elternzeit und Elterngeld nach dem Bundeselterngeld-
und Elternzeitgesetz (BEEG) in Anspruch
zu nehmen. Die nach dem Übereinkommen verlangte
Prüfung, ob eine Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs
oder eine Erhöhung der Leistungen während des Mutterschaftsurlaubs
zweckmäßig ist, löst daher vor diesem
Hintergrund keinen Umsetzungsbedarf aus.
Durchführung
Nach Artikel 12 ist das Übereinkommen grundsätzlich
durch die innerstaatliche Gesetzgebung durchzuführen.
In Deutschland wurde das Mutterschutzrecht durch
Gesetzgebung von Bund und Länder (im Hinblick auf
Landesbeamtinnen und Landesrichterinnen) umgesetzt.
Die Aufsicht über die Ausführung der Vorschriften des
MuSchG und etwaiger aufgrund des MuSchG erlassener
Vorschriften obliegt den nach Landesrecht zuständigen
Behörden.
Schlussbestimmungen
Die Artikel 13 bis 21 des Übereinkommens enthalten die
üblichen Schlussbestimmungen zur Ratifizierung durch
die einzelnen Mitgliedstaaten, zum Inkrafttreten, zur
Kündigung und zur Neufassung des Übereinkommens.
Diesbezüglich besteht kein Umsetzungsbedarf durch die
Mitgliedstaaten.
Bundesrat – 23 – Drucksache 169/21
Empfehlung 191
Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation,
die vom Verwaltungsrat des Internationalen Arbeitsamtes
nach Genf einberufen wurde und am 30. Mai 2000 zu
ihrer achtundachtzigsten Tagung zusammengetreten ist,
hat beschlossen, verschiedene Anträge anzunehmen
betreffend den Mutterschutz, eine Frage, die den vierten
Gegenstand ihrer Tagesordnung bildet, und
dabei bestimmt, dass diese Anträge die Form einer
Empfehlung zur Ergänzung des Übereinkommens über
den Mutterschutz, 2000 (im Folgenden „das Übereinkommen“
genannt), erhalten sollen.
Die Konferenz nimmt heute, am 15. Juni 2000, die folgende
Empfehlung an, die als Empfehlung betreffend
den Mutterschutz, 2000, bezeichnet wird.
Mutterschaftsurlaub
1. (1) Die Mitglieder sollten sich bemühen, die Dauer
des in Artikel 4 des Übereinkommens erwähnten Mutterschaftsurlaubs
auf mindestens 18 Wochen auszudehnen.
(2) Bei Mehrlingsgeburten sollte eine Verlängerung des
Mutterschaftsurlaubs vorgesehen werden.
(3) Soweit möglich sollten Maßnahmen getroffen werden,
um sicherzustellen, dass die Frau das Recht hat,
den Zeitpunkt, zu dem sie den nicht obligatorischen Teil
ihres Mutterschaftsurlaubs vor oder nach der Entbindung
nehmen will, frei zu wählen.
Leistungen
2. Die Geldleistungen, auf die eine Frau während des in
den Artikeln 4 und 5 des Übereinkommens erwähnten
Urlaubs Anspruch hat, sollten, soweit praktisch möglich
und nach Beratung mit den repräsentativen Verbänden
der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, bis zum vollen
Betrag des früheren Verdienstes der Frau oder des für die
Berechnung der Leistungen berücksichtigten Teils dieses
Verdienstes erhöht werden.
3. Die in Artikel 6 Absatz 7 des Übereinkommens vorgesehenen
ärztlichen Leistungen sollten so weit wie möglich
umfassen:
a) die Betreuung durch einen praktischen Arzt oder
einen Facharzt in einer Arztpraxis, zu Hause oder in
einem Krankenhaus oder einer anderen medizinischen
Einrichtung;
b) die Mutterschaftsbetreuung durch eine geprüfte
Hebamme oder durch eine andere Mutterschaftshilfe
zu Hause, in einem Krankenhaus oder einer anderen
medizinischen Einrichtung;
Empfehlung
betreffend die Neufassung der Empfehlung
betreffend den Mutterschutz, 1952
c) die Unterbringung in einem Krankenhaus oder einer
anderen medizinischen Einrichtung;
d) alle erforderlichen Arzneimittel und medizinischen
Hilfsmittel, Untersuchungen und Analysen, die von
einem Arzt oder einer anderen qualifizierten Person
verschrieben werden; und
e) zahnärztliche und chirurgische Betreuung.
Finanzierung der Leistungen
4. Jeder Beitrag im Rahmen einer gesetzlichen Sozialversicherung,
die Leistungen bei Mutterschaft vorsieht,
und jede öffentliche Abgabe, die aufgrund des gezahlten
Arbeitsentgelts berechnet und zum Zweck der Gewährung
derartiger Leistungen erhoben wird, sollte entsprechend
der Gesamtzahl der männlichen und weiblichen
Arbeitnehmer ohne Unterschied des Geschlechts gezahlt
werden, unabhängig davon, ob die Zahlung gemeinsam
durch den Arbeitgeber und die Arbeitnehmer oder lediglich
durch den Arbeitgeber erfolgt.
Beschäftigungsschutz und Nichtdiskriminierung
5. Eine Frau sollte das Recht haben, nach Ende des in
Artikel 5 des Übereinkommens vorgesehenen Urlaubs an
ihren früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz mit
dem gleichen Entgelt zurückzukehren. Der Zeitraum des
in den Artikeln 4 und 5 des Übereinkommens vorgesehenen
Urlaubs sollte für die Zwecke der Festsetzung ihrer
Ansprüche als Dienstzeit angesehen werden.
Gesundheitsschutz
6. (1) Die Mitglieder sollten Maßnahmen treffen, um die
Beurteilung aller mit dem Arbeitsplatz verbundenen Risiken
für die Sicherheit und Gesundheit der schwangeren
oder stillenden Frau und ihres Kindes sicherzustellen. Die
Ergebnisse der Beurteilung sollten der betreffenden Frau
mitgeteilt werden.
(2) In den in Artikel 3 des Übereinkommens erwähnten
Fällen oder falls ein erhebliches Risiko nach Unterabsatz
(1) festgestellt worden ist, sollten Maßnahmen
getroffen werden, um gegebenenfalls bei Vorlage eines
ärztlichen Zeugnisses eine Alternative für diese Arbeit
vorzusehen, wie:
a) die Beseitigung des Risikos;
Anlage 1 zur Denkschrift
b) die Anpassung ihrer Arbeitsbedingungen;
(Übersetzung)
c) eine Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz ohne
Entgelteinbuße, wenn eine solche Anpassung nicht
möglich ist; oder
d) ein bezahlter Urlaub in Übereinstimmung mit der
innerstaatlichen Gesetzgebung oder Praxis, wenn
eine solche Versetzung nicht möglich ist.
Drucksache 169/21 – 24 – Bundesrat
(3) Die in Unterabsatz (2) vorgesehenen Maßnahmen
sollten insbesondere getroffen werden in Bezug auf:
a) beschwerliche Arbeiten, die mit dem manuellen
Heben, Tragen, Schieben oder Ziehen von Lasten verbunden
sind;
b) Arbeiten, die mit einer Exposition gegenüber biolo -
gischen, chemischen oder physikalischen Agenzien
verbunden sind, welche eine Gefahr für die reproduktive
Gesundheit darstellen;
c) Arbeiten, die eine besondere Gleichgewichtshaltung
erfordern;
d) Arbeiten, die infolge längeren Sitzens oder Stehens,
extremer Temperaturen oder von Vibrationen mit körperlicher
Anstrengung verbunden sind.
(4) Eine schwangere oder stillende Frau sollte nicht
gezwungen werden, Nachtarbeit zu verrichten, falls ein
ärztliches Zeugnis bescheinigt, dass solche Arbeit mit
ihrer Schwangerschaft oder dem Stillen unvereinbar ist.
(5) Die Frau sollte das Recht behalten, an ihren Arbeitsplatz
oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz zurückzukehren,
sobald dies gefahrlos möglich ist.
(6) Eine Frau sollte die Möglichkeit haben, ihren Arbeitsplatz
erforderlichenfalls zu verlassen, nachdem sie ihren
Arbeitgeber davon unterrichtet hat, um sich ärztlichen
Untersuchungen im Zusammenhang mit ihrer Schwangerschaft
zu unterziehen.
Bruststillende Mütter
7. Bei Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses oder einer
anderen geeigneten Bescheinigung, wie durch die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis bestimmt, sollten
die Häufigkeit und Länge der Stillpausen an besondere
Bedürfnisse angepasst werden.
8. Die Stillpausen sollten, soweit praktisch möglich und
mit Zustimmung des Arbeitgebers und der betreffenden
Frau, zusammengelegt werden können, um eine Verkürzung
der Arbeitszeit am Anfang oder Ende des Arbeitstags
zu ermöglichen.
9. Soweit praktisch möglich, sollten Vorkehrungen für
die Schaffung von Einrichtungen zum Stillen unter angemessenen
hygienischen Bedingungen in der Arbeitsstätte
oder in ihrer Nähe getroffen werden.
Verwandte Urlaubsarten
10. (1) Im Fall des Todes der Mutter vor dem Ende des
Urlaubs nach der Geburt sollte der unselbständig
beschäftigte Vater des Kindes berechtigt sein, Urlaub
entsprechend dem verbleibenden Teil des nach der
Geburt liegenden Mutterschaftsurlaubs zu nehmen.
(2) Im Fall der Erkrankung oder der Krankenhauseinweisung
der Mutter nach der Entbindung und vor dem Ende
des Urlaubs nach der Geburt und falls die Mutter sich
nicht um das Kind kümmern kann, sollte der unselbständig
beschäftigte Vater des Kindes Anspruch auf Urlaub
entsprechend dem verbleibenden Teil des nach der
Geburt liegenden Mutterschaftsurlaubs in Übereinstimmung
mit der innerstaatlichen Gesetzgebung und Praxis
haben, um sich um das Kind zu kümmern.
(3) Die unselbständig beschäftigte Mutter oder der
unselbständig beschäftigte Vater des Kindes sollte während
eines Zeitraums nach dem Ende des Mutterschaftsurlaubs
Anspruch auf Elternurlaub haben.
(4) Der Zeitraum, während dessen Elternurlaub gewährt
werden könnte, die Dauer des Urlaubs und die anderen
Modalitäten, einschließlich der Zahlung der Elternleistungen
sowie der Inanspruchnahme und Verteilung des
Elternurlaubs zwischen den unselbständig beschäftigten
Eltern, sollten durch die innerstaatliche Gesetzgebung
oder auf eine andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende
Weise festgelegt werden.
(5) Falls die innerstaatliche Gesetzgebung und Praxis
eine Adoption vorsieht, sollten Adoptiveltern Zugang zu
dem durch das Übereinkommen gebotenen Schutz -
system haben, insbesondere in Bezug auf den Urlaub,
die Leistungen und den Beschäftigungsschutz.
Bundesrat – 25 – Drucksache 169/21
I. Allgemeines
Stellungnahme der Bundesregierung
zur Empfehlung Nr. 191 der Internationalen Arbeitsorganisation
betreffend den Mutterschutz
vom 15. Juni 2000
Die Empfehlung Nr. 191 der Internationalen Arbeitsorganisation
(IAO) betreffend den Mutterschutz wurde von
der Internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer 88. Tagung
am 15. Juni 2000 gemeinsam mit dem Übereinkommen
Nr. 183 über den Mutterschutz angenommen.
Die für die Mitgliedstaaten nicht verbindliche Empfehlung
Nr. 191 befasst sich mit folgenden Themen: Dem Mutterschaftsurlaub
(Absatz 1), den Leistungen während des
Mutterschaftsurlaubs (Absätze 2 und 3) und ihrer Finanzierung
(Absatz 4), dem Beschäftigungsschutz und dem
Diskriminierungsverbot (Absatz 5), dem Gesundheitsschutz
(Absatz 6), den Stillzeiten (Absätze 7 bis 9) und
mit Urlaubsarten, die einen ähnlichen Schutzzweck verfolgen,
wie der Mutterschaftsurlaub (Absatz 10).
Die Empfehlung Nr. 191 gibt teilweise Anstöße zur Er -
weiterung des Mutterschutzes, teilweise wiederholt sie
lediglich die Vorgaben aus dem Übereinkommen Nr. 183.
Das Mutterschutzrecht in Deutschland erfüllt die Vorgaben
der Empfehlung Nr. 191 weitestgehend für Beamtinnen,
Richterinnen und Soldatinnen gelten gesonderte,
aber entsprechende Regelungen. Keine (vollständige)
Entsprechung im deutschen Recht finden lediglich folgende
Empfehlungen:
Absatz 1 Unterabsatz 3: Nach deutschem Mutterschutzrecht
hat eine Frau nicht das Recht, den Zeitpunkt, zu
dem sie den nicht obligatorischen Teil ihres Mutterschaftsurlaubs
vor oder nach der Entbindung nehmen
möchte, frei zu wählen.
Absatz 2: Grundsätzlich erhalten unselbstständig be -
schäftigte Frauen, wie von der IAO empfohlen, vollen
Lohnersatz. In folgenden Fällen ist dies nicht der Fall:
Arbeitnehmerinnen, die nicht Mitglied in der gesetzlichen
Krankenversicherung sind, erhalten nach deutschem
Recht in der Zeit der Schutzfristen sowie für den Tag
der Entbindung Mutterschaftsgeld nach den für GKV-
Mitglieder geltenden Regelungen, jedoch insgesamt
höchstens 210 Euro zuzüglich des Arbeitgeberzuschusses.
Insoweit erscheint jedoch eine Anpassung auch
nach erneuter Prüfung im Rahmen dieses Ratifizierungsprozesses
nicht angezeigt.
Arbeitnehmerinnen, die in ihrer Schwangerschaft erkranken
und deswegen arbeitsunfähig sind, erhalten Ent -
geltfortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 Absatz 1
Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Das bedeutet, dass
sie für die Dauer von sechs Wochen ihr Entgelt durch
den Arbeitgeber weiterhin erhalten. Danach erhalten sie,
sofern sie gesetzlich krankenversichert sind, gemäß § 44
Absatz 1, § 47 Absatz 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozial -
gesetzbuch (SGB V) durch die gesetzliche Krankenversicherung
Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des erzielten
regelmäßigen Arbeitsentgelts; es darf 90 Prozent des
entsprechenden Nettoarbeitsentgelts nicht übersteigen.
Dies gilt auch dann, wenn die Erkrankung schwangerschaftsbedingt
ist. Privat krankenversicherte Arbeitnehmerinnen
können eine private Krankentagegeldversicherung
abschließen, um einen potentiellen Verdienstausfall
nach Ende der Lohnfortzahlung abzusichern.
Insoweit erscheint jedoch eine Anpassung auch nach
erneuter Prüfung im Rahmen dieses Ratifizierungsprozesses
nicht angezeigt. Schwangere Personen sollen
durch das MuSchG vor Benachteiligungen geschützt
werden. Schwangere erkrankte Personen dürfen nicht
schlechter, aber auch nicht bessergestellt werden als
nicht schwangere erkrankte Personen.
Absatz 5 Satz 2: Das MuSchG enthält keine allgemeine
Regelung, wonach Ausfallzeiten wegen Beschäftigungsverboten
stets als Beschäftigungszeiten zu werten sind.
Stattdessen finden sich im deutschen Recht viele
bereichsspezifische Regelungen, die den Diskriminierungsschutzgedanken
der Einzelempfehlung 5 Satz 2
umsetzen. Eine Anpassung des MuSchG erscheint daher
nicht angezeigt.
II. Besonderes
Anlage 2 zur Denkschrift
Absatz 1 der Empfehlung enthält zum Mutterschafts -
urlaub drei Punkte: Die Erweiterung des Mutterschafts -
urlaubs auf mindestens 18 Wochen, die Verlängerung
des Mutterschaftsurlaubs bei Mehrlingsgeburten und
das Recht der Frau, frei zu entscheiden, wann sie den
nichtobligatorischen Teil des Mutterschaftsurlaubs vor
oder nach der Entbindung in Anspruch nehmen will.
Nach Absatz 1 Unterabsatz 1 sollten sich die IAO-
Vertragsmitglieder bemühen, die Dauer des in Artikel 4
des Übereinkommens erwähnten Mutterschaftsurlaubs
auf mindestens 18 Wochen auszudehnen.
Nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) belaufen sich
die Mutterschutzfristen vor und nach der Entbindung
grundsätzlich auf insgesamt mindestens 14 Wochen.
Eine generelle Verlängerung auf mindestens 18 Wochen
ist bei medizinischen Früh- sowie Mehrlingsgeburten
vorgesehen, zudem kann eine solche Verlängerung der
Schutzfrist auch im Fall der Geburt eines Kindes mit
Behinderung beantragt werden (siehe auch Denkschrift
zu Artikel 4 des Übereinkommens Nr. 183). Unmittelbar
im Anschluss an die Mutterschutzfrist kann die Mutter
zudem, wenn sie es wünscht, die flexible Elternzeit nach
dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) in
Anspruch nehmen. Daher gibt es für eine generelle
Ausweitung der Mindestdauer der Mutterschutzfristen
von 14 auf 18 Wochen in Deutschland keinen Bedarf.
Drucksache 169/21 – 26 – Bundesrat
Das deutsche Recht entspricht dem Absatz 1 Unterabsatz
1 insoweit bereits.
Nach Unterabsatz 2 sollte bei Mehrlingsgeburten eine
Verlängerung des Mutterschaftsurlaubs vorgesehen werden.
Nach dem deutschen Mutterschutzrecht ist bei Mehrlingsgeburten
eine Verlängerung der mutterschutzrecht -
lichen Schutzfrist vorgesehen (§ 3 Absatz 2 Satz 2
Nummer 2 MuSchG). Zudem ist eine Verlängerung der
Schutzfristen auch in anderen Fällen vorgesehen bzw.
möglich (s. o.).
Das deutsche Recht geht damit über die Vorgaben dieser
Empfehlung hinaus.
Nach Unterabsatz 3 sollten – soweit möglich – Maß -
nahmen getroffen werden, um sicherzustellen, dass die
Frau das Recht hat, den Zeitpunkt, zu dem sie den nicht
obligatorischen Teil ihres Mutterschaftsurlaubs vor oder
nach der Entbindung nehmen will, frei zu wählen.
Auf ihre Schutzfrist vor der Entbindung kann eine
schwangere Frau bereits jetzt verzichten (§ 3 Absatz 1
Satz 1 MuSchG). Die Schutzfrist nach der Entbindung
dient insbesondere der körperlichen Regeneration der
Frau nach der Entbindung sowie dem Bindungsaufbau
zwischen Mutter und Kind. Eine Verzichtsmöglichkeit
würde diese Regeneration möglicherweise gefährden.
Zudem bestünde die Gefahr, dass der Arbeitgeber Druck
auf die Beschäftigte ausübt, die Schutzfrist nicht in
Anspruch zu nehmen. Daher ist ein Verzicht auf die
Schutzfrist nach der Entbindung nach deutschem Recht
nicht möglich (§ 3 Absatz 2 Satz 1 MuSchG).
Die Empfehlung, der Frau das Recht zu geben, den
Zeitpunkt, zu dem sie den nicht obligatorischen Teil des
Mutterschaftsurlaubs nehmen will, frei zu bestimmen,
erfüllt das deutsche Mutterschutzrecht daher nicht. Denn
das MuSchG verfolgt das Ziel, die Gesundheit von
Mutter und Kind zu schützen. Eine noch größere Dis -
positionsfreiheit hinsichtlich der Schutzfristen für die
Arbeitnehmerin ließe sich unter Berücksichtigung dieses
Schutzzwecks nicht vertreten.
Soweit durch die IAO-Regelungen zur Vereinbarkeit von
Familie und Beruf empfohlen werden, wird dies im deutschen
Recht vor allem durch das Bundeselterngeld- und
Elternzeitgesetz (BEEG) umgesetzt. So hat die Frau nach
§ 15 Absatz 2 Satz 1 BEEG die Möglichkeit, nach dem
Mutterschutz Elternzeit in Anspruch zu nehmen.
Das deutsche Recht entspricht insoweit dem Absatz
Empfehlung Nr. 1 Unterabsatz 3 nicht, eine Anpassung
wird aus den ausgeführten Gründen nicht angestrebt.
Mit Absatz 2 der Empfehlung wird die Verbesserung der
Geldleistungen während des Mutterschaftsurlaubs angestrebt.
Die Geldleistungen, auf die eine Frau während
des in den Artikeln 4 und 5 des Übereinkommens er -
wähnten Urlaubs (Mutterschaftsurlaub und Urlaub im
Fall der Krankheit oder von Komplikationen) Anspruch
hat, sollten, soweit praktisch möglich und nach Beratung
mit den repräsentativen Verbänden der Arbeitgeber und
der Arbeitnehmer, bis zum vollen Betrag des früheren
Verdienstes der Frau oder des für die Berechnung der
Leistungen berücksichtigten Teils dieses Verdienstes
erhöht werden.
(1) Mutterschaftsleistungen
Während der Mutterschutzfristen erhält der weit überwiegende
Anteil der Beschäftigten praktisch das
jeweilige bisherige Nettoarbeitsentgelt.
• Die Leistungen während der Schutzfristen setzen
sich für Frauen, die Mitglieder der gesetzlichen
Krankenversicherung sind, aus dem Mutterschaftsgeld
gemäß § 19 Absatz 1 MuSchG i. V. m.
§ 24i Absatz 1 SGB V und einem Arbeitgeber -
zuschuss gemäß § 20 Absatz 1 MuSchG zusammen.
Für diese Frauen zahlen die gesetzlichen
Krankenkassen das Mutterschaftsgeld aus. Dieses
beträgt gemäß § 24i Absatz 2 Satz 2 SGB V
höchstens 13 Euro pro Kalendertag. Die Höhe des
Arbeit geberzuschusses wird gemäß § 20 Absatz 1
Satz 2 MuSchG ermittelt, indem der Differenz -
betrag zwischen 13 Euro und dem durchschnitt -
lichen kalendertäglichen Nettoentgelt der letzten
drei Monate vor Beginn der Schutzfrist vor der
Entbindung berechnet wird.
• Frauen, die keine Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung
sind, erhalten gemäß § 20 Ab -
satz 1 Satz 2 MuSchG einen Arbeitgeberzuschuss
in gleicher Höhe. Für sie beträgt das Mutterschaftsgeld
gemäß § 19 Absatz 2 Satz 1 MuSchG
insgesamt höchstens 210 Euro. Die Auszahlung
erfolgt für sie durch das Bundesamt für Soziale
Sicherung, § 19 Absatz 2 Satz 2 MuSchG.
• Somit erhalten nur Frauen, die als Beschäftigte
Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung
sind, Leistungen in Höhe des vollen Betrages des
früheren Verdienstes. Eine Erhöhung des Mutterschaftsgeldes
für Frauen, die keine Mitglieder der
gesetzlichen Krankenversicherung sind, wäre nur
möglich, wenn die Finanzierungsgrundlagen für
das Mutterschutzgesetz neu konzipiert würden.
• Frauen, die nicht in der gesetzlichen Krankenver -
sicherung sind und eine private Krankentagegeldversicherung
abgeschlossen haben, profitieren
ebenfalls durch die Rechtslage in Deutschland.
Gemäß § 192 Absatz 5 Satz 2 Versicherungs -
vertragsgesetz (VVG) wird der Verdienstausfall,
der während der Schutzfristen nach § 3 Absatz 1
und 2 MuSchG sowie am Entbindungstag entsteht,
durch das vereinbarte Krankentagegeld
ersetzt, soweit der versicherten Person kein anderweitiger
Ersatz für den während dieser Zeit verursachten
Verdienstausfall zusteht.
• Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen erhalten
keine Mutterschaftsleistungen im eigentlichen
Sinne. Sie erhalten während der Mutterschutzfristen
weiterhin ihre üblichen Bezüge. Für Bundes -
beamtinnen ergibt sich dies aus § 3 Absatz 1 Verordnung
über den Mutterschutz für Beamtinnen
des Bundes und die Elternzeit für Beamtinnen
und Beamte des Bundes (MuSchEltZV). Gleiches
gilt für Richterinnen im Bundesdienst, für die
gemäß § 46 Deutsches Richtergesetz (DRiG) die
Vorschriften für Bundesbeamte entsprechend
Anwendung finden. Soldatinnen haben weiterhin
Anspruch auf Geld- und Sachbezüge gemäß § 30
Absatz 1 Satz 1 Soldatengesetz (SG).
Bundesrat – 27 – Drucksache 169/21
(2) Lohnfortzahlung bei Beschäftigungsverboten außerhalb
der Schutzfristen
In den Beschäftigungsverboten außerhalb der Schutzfristen,
die dem Urlaub im Fall einer Krankheit oder
von Komplikationen nach Artikel 5 des Übereinkommens
Nr. 183 entsprechen, erhalten Frauen folgende
Leistungen:
• Gemäß § 18 MuSchG erhalten Frauen in dieser
Situation durch ihren Arbeitgeber Mutterschutzlohn
in Höhe des durchschnittlichen Arbeitsentgelts
der letzten drei abgerechneten Kalender -
monate vor dem Eintritt der Schwangerschaft.
• Etwas anderes gilt bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit,
wenn die Erkrankung unabhängig von
der Schwangerschaft besteht, und bei schwan -
gerschaftsbedingten Beschwerden, die Krankheitswert
haben. In diesen Fällen besteht kein
Anspruch auf Mutterschutzlohn gemäß § 18
MuSchG, sondern ein Anspruch auf Entgelt -
fortzahlung im Krankheitsfall gemäß § 3 Absatz 1
EntgFG. Nach dieser Vorschrift erhält die schwangere
Frau für die Dauer von sechs Wochen ihr
Entgelt durch den Arbeitgeber fortgezahlt. Danach
erhält sie, wenn sie gesetzlich krankenversichert
ist, gemäß § 44 Absatz 1, § 47 Absatz 1 Satz 1
SGB V durch die gesetzliche Krankenversicherung
Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des erzielten
regelmäßigen Arbeitsentgelts, also in diesem Fall
keine Leistungen in voller Höhe. Dies ist nicht der
Fall, wenn eine bestehende Krankheit erst bei
Fortführung der Beschäftigung die weitere Verschlechterung
der Gesundheit und dadurch die
Arbeitsunfähigkeit bewirkt und die Ursache hierfür
ausschließlich in der Schwangerschaft liegt. In
diesem Fall erhält die Frau Mutterschutzlohn.
• Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen erhalten,
wie während der Schutzfristen, weiterhin ihre
üblichen Bezüge.
Insgesamt entspricht das deutsche Recht somit weitgehend
den Vorgaben des Absatzes 2 der Empfehlung:
• Der Anspruch auf vollen Entgeltersatz in der Zeit der
Schutzfristen für Nichtmitglieder in der gesetzlichen
Krankenversicherung kann privatversicherungsrechtlich
erlangt werden.
• Im Hinblick auf den Umstand, dass Arbeitnehmerinnen
bei schwangerschaftsbedingten Beschwerden
mit Krankheitswert nach Ablauf der Entgeltfortzahlung
nur Anspruch auf einen verminderten Entgeltersatz
haben, kann die Empfehlung Anlass zur Prüfung
einer entsprechenden Rechtsanpassung geben.
Absatz 3 der Empfehlung enthält einen medizinischen
Leistungskatalog für die Frau während der Schwangerschaft
und nach der Geburt. Die ärztlichen Leistungen
sollen sowohl ambulante als auch stationäre Leistungen
umfassen. Im Einzelnen sollten hiernach die in Artikel 6
Absatz 7 des Übereinkommens vorgesehenen ärztlichen
Leistungen soweit wie möglich umfassen:
a) die Betreuung durch einen praktischen Arzt oder
einen Facharzt in einer Arztpraxis, zu Hause oder in
einem Krankenhaus oder einer anderen medizinischen
Einrichtung;
b) die Mutterschaftsbetreuung durch eine geprüfte Hebamme
oder durch eine andere Mutterschaftshilfe zu
Hause, in einem Krankenhaus oder einer anderen
medizinischen Einrichtung;
c) die Unterbringung in einem Krankenhaus oder einer
anderen medizinischen Einrichtung;
d) alle erforderlichen Arzneimittel und medizinischen
Hilfsmittel, Untersuchungen und Analysen, die von
einem Arzt oder einer anderen qualifizierten Person
verschrieben werden und
e) zahnärztliche und chirurgische Betreuung.
Die Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen erfüllen
bereits diesen Standard. Die Ansprüche ergeben sich
aus § 11 Absatz 1 Nummer 1 und 4, § 24c bis 24h sowie
§ 28 Absatz 1 und 2 SGB V. Im Einzelnen werden die
Empfehlungsgesichtspunkte wie folgt erfüllt (siehe auch
Denkschrift zu Artikel 3 des Übereinkommens Nr. 183):
• zu Buchstabe a: Umsetzung durch § 24d SGB V
• zu Buchstabe b: Umsetzung durch § 24d SGB V
• zu Buchstabe c: Umsetzung durch § 24f Satz 2 SGB V
• zu Buchstabe d: Umsetzung durch § 24e SGB V
• zu Buchstabe e: Umsetzung durch § 28 Absatz 1
und 2 SGB V.
Die privaten Krankenversicherungsunternehmen orientieren
sich bei ihren Leistungen am gleichen medizinischen
Standard. Der Leistungsumfang wird dabei vertraglich
zwischen Versicherungsnehmerin und Versicherungs -
unternehmen vereinbart.
Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen erhalten
ebenfalls vergleichbare Leistungen. Der Anspruch auf
Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen ergibt
sich für Beamtinnen und Richterinnen aus § 80 Absatz 1
Nummer 1 Bundesbeamtengesetz (BBG), § 42 Absatz 1
Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und
Geburtsfällen (BBhV). Nach diesen Vorschriften trägt der
Staat als Dienstherr die anfallenden Kosten anteilig. Zur
Deckung der weiteren Kosten müssen Beamtinnen eine
private Krankenversicherung abschließen. Soldatinnen
haben gemäß § 30 Absatz 1 Satz 2 SG Anspruch auf
truppenärztliche Versorgung.
Absatz 3 der Empfehlung ist damit im deutschen Recht
umgesetzt.
Nach Absatz 4 der Empfehlung sollte jeder Beitrag im
Rahmen einer gesetzlichen Sozialversicherung, die Leistungen
bei Mutterschaft vorsieht, und jede öffentliche
Abgabe, die aufgrund des gezahlten Arbeitsentgelts
berechnet und zum Zweck der Gewährung derartiger
Leistungen erhoben wird, entsprechend der Gesamtzahl
der männlichen und weiblichen Arbeitnehmer ohne
Unterschied des Geschlechts gezahlt werden, unabhängig
davon, ob die Zahlung gemeinsam durch den Arbeitgeber
und die Arbeitnehmer oder lediglich durch den
Arbeitgeber erfolgt.
In Deutschland verteilen sich die durch Mutterschaftsleistungen
bedingten Kosten auf die Arbeitgeber, die
gesetzlichen Krankenkassen und den Bund. Die Finanzierungsgrundlagen
sind die Sozialversicherungsbeiträge,
Beiträge für die Umlageversicherung zum Ausgleich
der Aufwendungen bei Mutterschaft nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz
(AAG) sowie die Steuermittel.
Drucksache 169/21 – 28 – Bundesrat
Die Regelungen über Beiträge und Abgaben unter -
scheiden nicht zwischen weiblichen und männlichen
Beschäftigten. Das Umlageverfahren nach dem AAG als
Grundlage für die Erstattung der Aufwendungen des
Arbeitgebers bei Mutterschaft durch die gesetzlichen
Krankenkassen sieht die Heranziehung aller Arbeitgeber
unabhängig vom Geschlecht ihrer Beschäftigten vor. Die
insoweit von den Arbeitgebern zu entrichtenden Beiträge
bemessen sich jeweils nach den beitragspflichtigen Einnahmen
ihrer Arbeitnehmer.
Im Einzelnen:
• Finanzierung des Mutterschutzlohns:
Die Mittel zur Durchführung des Umlageverfahrens
werden gemäß § 7 Absatz 1 AAG von den Arbeitgebern
durch gesonderte Umlagen aufgebracht. Nach
§ 7 Absatz 2 Satz 1 AAG sind die Umlagen jeweils in
einem Prozentsatz des Entgelts festzusetzen, nach
dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung
für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer,
Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen
werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetz -
lichen Rentenversicherung zu bemessen wären.
• Finanzierung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall:
Kommt es im Fall der schwangerschaftsbedingten
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit zur Entgeltfortzahlung
durch den Arbeitgeber gemäß § 3 Absatz 1
EntgFG hat der Arbeitgeber gemäß § 1 Absatz 1
Nummer 1 AAG Anspruch auf eine teilweise Erstattung
der für die Entgeltfortzahlung aufgewendeten
Kosten, wenn er in der Regel ausschließlich der zu
ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als
30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigt.
Die Krankenkassen sind durch § 9 Absatz 2 AAG dazu
ermächtigt, durch Satzungsbestimmung die Höhe der
Erstattungsleistungen zu beschränken und bieten
insoweit in der Regel unterschiedliche Erstattungs -
sätze zwischen der Mindesthöhe von 40 Prozent bis
hin zu einer Höhe von 80 Prozent an.
o Für mindestens 20 Prozent der Kosten erhalten
auch nach dem AAG anspruchsberechtigte Arbeitgeber
mithin keine Erstattung.
o Arbeitgeber, die in der Regel mehr als 30 Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer beschäftigen, sind
in das Aufwendungsausgleichsverfahren für Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall nicht einbezogen,
da nach Ansicht des Gesetzgebers die Schutzbedürftigkeit
von Arbeitgebern mit der Zunahme der
Beschäftigtenzahl und wachsender Lohnsumme
abnimmt.
• Finanzierung des Mutterschaftsgeldes:
Das Mutterschaftsgeld wird als versicherungsfremde
Leistung von den Krankenkassen ausgezahlt und wie
alle Leistungen der Krankenkassen aus ihren Ein -
nahmen heraus bestritten. Versicherungsfremd sind
Leistungen, die mit dem Versorgungsauftrag der
gesetz lichen Krankenkassen nur eingeschränkt und
mittelbar begründet werden können, aber von
familien politischem oder gesamtgesellschaftlichem
Interesse sind. Neben den Beitragseinnahmen der
Mitglieder erhält die GKV auch einen Zuschuss des
Bundes nach § 221 SGB V zur pauschalen Abgeltung
aller versicherungsfremden Leistungen.
• Finanzierung des Arbeitgeberzuschusses:
Die Finanzierung des Arbeitgeberzuschusses erfolgt
in der gleichen Weise wie die des Mutterschutzlohns.
• Finanzierung der versicherungsrechtlichen Leistungen
während der Schutzfristen bei privat Krankenversicherten
mit Krankentagegeldversicherung:
Die Finanzierung der privatversicherungsrechtlichen
Leistungen während der Schutzfristen erfolgt ebenfalls
diskriminierungsfrei durch Beiträge aller Versicherungsnehmer
einer Krankentagegeldversicherung.
Auch die Finanzierung der Leistungen für Beamtinnen,
Richterinnen und Soldatinnen führt nicht zu
Nachteilen, die der Empfehlung widersprechen. Denn
Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen werden
während der Schutzfristen in gleicher Höhe besoldet
wie zuvor und somit nicht abweichend von männ -
lichen Beamten, Richtern und Soldaten.
Die Vorgaben des Absatzes 4 sind damit im deutschen
Recht umgesetzt.
Absatz 5 Satz 1 betrifft das Recht zur Rückkehr an
den früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz bei
gleichem Entgelt nach Ende des Mutterschaftsurlaubs.
Danach sollte eine Frau das Recht haben, nach Ende des
in Artikel 5 des Übereinkommens vorgesehenen Urlaubs
an ihren früheren oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz
mit dem gleichen Entgelt zurückzukehren. Diese Forderung
entspricht Artikel 8 Absatz 2 des Übereinkommens
Nr. 183 (siehe Denkschrift zu Artikel 8 des Übereinkommens
Nr. 183).
Nach § 25 MuSchG hat eine Frau nicht nur nach dem
Ende der Schutzfrist, sondern mit dem Ende jedes mutterschutzrechtlichen
Beschäftigungsverbots im Sinne
von § 2 Absatz 3 MuSchG das Recht, entsprechend
den vertraglich vereinbarten Bedingungen beschäftigt
zu werden. Dementsprechend leben nach dem Ende
jedes mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots
die Rechte und Pflichten der Frau aus dem Arbeitsvertrag
unverändert wieder auf.
Für Beamtinnen und Richterinnen ergibt sich das Recht
auf Beschäftigung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz
mit gleichem Entgelt aus dem Grundsatz der amtsangemessenen
Beschäftigung. Auch Soldatinnen sind gemäß
§ 3 Absatz 1 SG nach Eignung, Befähigung und Leistung
zu verwenden.
Das deutsche MuSchG geht damit über diese Einzelempfehlung
hinaus. Die Regelungen für Beamtinnen,
Richterinnen und Soldatinnen erfüllen die Anforderungen
der Einzelempfehlung ebenfalls.
Absatz 5 Satz 2 enthält die ergänzende Empfehlung,
den Mutterschaftsurlaub für die Ansprüche der Frau als
Dienstzeit zu berücksichtigen. Danach sollte der Zeitraum
des in den Artikeln 4 und 5 des Übereinkommens
vorgesehenen Urlaubs (Mutterschaftsurlaub und Urlaub
im Fall einer Krankheit oder von Komplikationen) für die
Zwecke der Festsetzung ihrer Ansprüche als Dienstzeit
angesehen werden.
Das MuSchG enthält keine allgemeine Regelung,
wonach Ausfallzeiten wegen Beschäftigungsverboten
stets als Beschäftigungszeiten zu werten sind. Es gibt
jedoch eine Vielzahl von Normen, die für spezielle Be -
reiche entsprechende Regelungen treffen:
Bundesrat – 29 – Drucksache 169/21
(1) Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche in der Renten-
und Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-
und Pflegeversicherung:
• Der Mutterschutzlohn nach § 18 MuSchG ist ein
Lohnersatzanspruch und somit als Bruttolohn
auszuzahlen. Dies hat zur Folge, dass er sozial -
abgabenpflichtig ist. Es fallen daher Sozialversicherungsbeiträge
im gleichen Umfang an wie im
Rahmen der Beschäftigung vor einem Beschäf -
tigungsverbot. Die sozialversicherungsrechtliche
Absicherung der Frau und die sich daraus er -
gebenden Versicherungsleistungsansprüche der
Frau verringern sich daher infolge eines Beschäf -
tigungsverbots nicht.
• Das Mutterschaftsgeld nach § 19 Absatz 1 MuSchG
in Verbindung mit § 24i Absatz 1 SGB V wird auf
Grundlage des vorangegangenen Nettoentgelts
ermittelt und ist daher nicht sozialabgabenpflichtig.
Das Sozialversicherungsrecht enthält eine Vielzahl
von Regelungen, um zu verhindern, dass der
Frau hieraus Nachteile entstehen:
o Aus § 58 Absatz 1 Nummer 2 Sechstes Buch
Sozialgesetzbuch (SGB VI) ergibt sich, dass
Zeiten, in denen Versicherte wegen Schwangerschaft
oder Mutterschaft während der Schutzfristen
nach dem MuSchG eine versicherte Be -
schäftigung oder selbstständige Tätigkeit nicht
ausgeübt haben, als rentenversicherungsrechtliche
Anrechnungszeiten berücksichtigt werden.
Das heißt, dass die Zeiten sich rentensteigernd
auswirken, obwohl während dieser Zeit keine
Beiträge erbracht werden.
o Die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung
bleibt gemäß § 192 Absatz 1
Nummer 2 SGB V für zuvor versicherungspflichtige
Frauen erhalten. Gleichzeitig besteht
für die Entgeltersatzleistung Beitragsfreiheit
gemäß § 224 Absatz 1 SGB V.
o Die Mitgliedschaft in der Sozialen Pflegever -
sicherung besteht ebenfalls fort. Gemäß § 1
Absatz 2 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB XI) sind gesetzlich krankenversicherte
Personen dort kraft Gesetzes einbezogen. Es
besteht für die Dauer des Bezugs von Mutterschaftsgeld
gemäß § 56 Absatz 3 SGB XI
Beitragsfreiheit, die sich auf die Entgeltersatzleistung
bezieht.
o In der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung
besteht gemäß § 26 Absatz 2 Nummer 1 Drittes
Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für Zeiten
des Bezugs von Mutterschaftsgeld Versicherungspflicht.
Die Beiträge werden gemäß § 347
Nummer 8 SGB III von den Leistungsträgern
getragen.
(2) Berechnung von Urlaubsansprüchen:
• Nach der Regelung des § 24 MuSchG gelten
Ausfallzeiten wegen Beschäftigungsverboten für
die Berechnung des Anspruchs auf bezahlten Er -
holungsurlaub als Beschäftigungszeiten. Hat eine
Frau ihren Urlaub vor Beginn eines Beschäftigungsverbots
nicht oder nicht vollständig erhalten,
kann sie nach dem Ende des Beschäftigungsverbots
den Resturlaub im laufenden oder im nächsten
Urlaubsjahr beanspruchen.
• Gleiches gilt für Zeiten krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
während einer Schwangerschaft. Hierzu
trifft das Bundesurlaubsgesetz (BurlG) in § 9
eine allgemeine Regelung. Danach werden die
durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage
der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht
angerechnet, wenn ein Arbeitnehmer während des
Urlaubs erkrankt.
(3) Beamtenrechtliche Einstellungsansprüche:
• Im Beamtenrecht wird durch § 125b Absatz 1
Satz 1 und 4 Beamtenrechtsrahmengesetz (BRRG)
gewährleistet, dass Zeiten des Mutterschutzes
nicht zum Einstellungshemmnis für Frauen in den
öffentlichen Dienst werden. Wenn sich Anforderungen
an die fachliche Eignung für die Einstellung
in den öffentlichen Dienst in der Zeit erhöht haben,
in der sich die Bewerbung um die Einstellung nur
infolge von Geburt oder Betreuung eines Kindes
im Rahmen der Schutzfristen nach § 3 MuSchG
verzögert hat, wird dies besonders berücksichtigt.
Konkret ist der Grad der fachlichen Eignung
dann nach den Anforderungen zu prüfen, die zu
einem Zeitpunkt bestanden haben, zu dem die
Bewerbung ohne die Geburt oder die Betreuung
des Kindes hätte erfolgen können. Zusätzliche
Voraussetzung für diese Erleichterung ist, dass die
Bewerbung innerhalb von drei Jahren nach der
Geburt dieses Kindes oder sechs Monate nach
Erfüllung der ausbildungsmäßigen Einstellungs -
voraussetzungen erfolgt.
(4) Ansprüche auf Verlängerung von befristeten Ver -
trägen:
• Nach § 2 Absatz 5 Nummer 3 Wissenschafts -
zeitvertragsgesetz (WissZeitVG) gelten Besonderheiten
für Arbeitsverträge, die gemäß § 2 Ab -
satz 1 WissZeitVG befristet sind. Die Dauer entsprechend
befristeter Verträge verlängert sich im
Einverständnis mit der Frau um Zeiten eines
Beschäftigungsverbots nach den §§ 3 bis 6, § 10
Absatz 3, § 13 Absatz 1 Nummer 3 und § 16
MuSchG in dem Umfang, in dem eine Erwerbs -
tätigkeit nicht erfolgt ist.
• Eine ähnliche Regelung besteht für Ärztinnen in
der Weiterbildung. Sie findet sich in § 1 Absatz 4
Nummer 3 Gesetz über befristete Arbeitsverträge
mit Ärzten in der Weiterbildung (ÄArbVtrG). Nach
§ 1 Absatz 3 ÄArbVtrG ist die Befristung eines
Arbeitsvertrags mit einer Ärztin zulässig, wenn
die Beschäftigung bestimmten, im Gesetz näher
definierten, Weiterbildungszwecken dient. Auf die
im ÄArbVtrG festgelegte Höchstbefristungsdauer
sind dabei im Einvernehmen mit der zur Weiter -
bildung beschäftigten Ärztin Zeiten eines Beschäftigungsverbots
nach den §§ 3 bis 6, § 13 Absatz 1
Nummer 3 und § 16 MuSchG nicht anzurechnen,
soweit eine Beschäftigung nicht erfolgt ist.
(5) Ansprüche auf berufsbildende Maßnahmen nach dem
SGB III:
• Auch das Arbeitsförderungsrecht berücksichtigt
Zeiten des Mutterschutzes. § 69 Absatz 1 SGB III
normiert den Anspruch auf Berufsausbildungshilfe
Drucksache 169/21 – 30 – Bundesrat
für die Dauer der Berufsbildung oder die Dauer
berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen. Nach
§ 69 Absatz 2 Nummer 2 SGB III bestehen die
Ansprüche auch für Fehlzeiten,
o wenn bei einer Berufsausbildung die Fehlzeit
durch ein Beschäftigungsverbot oder eine
Schutzfrist aufgrund der Schwangerschaft oder
der Geburt entsteht oder
o wenn bei einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme
die Maßnahme nicht länger als
14 Wochen, im Fall von Früh- oder Mehrlingsgeburten,
wenn vor Ablauf von acht Wochen
nach der Entbindung bei dem Kind eine Behinderung
im Sinne von § 2 Absatz 1 des Neunten
Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) ärztlich fest -
gestellt wird, nicht länger als 18 Wochen unterbrochen
wird.
Insgesamt zeigt sich, dass die im deutschen Recht vorgenommene
bereichsspezifische Berücksichtigung von
Beschäftigungsverbotszeiten als Beschäf tigungszeiten
in angemessener Weise den Diskriminierungsschutzgedanken
der Empfehlung 5 Satz 2 umsetzt. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass teilweise aus Gründen der Vermeidung
von Diskriminierung die Zeiten eines Beschäftigungsverbots
gerade nicht als Beschäftigungszeiten
berücksichtigt werden (vgl. etwa unter (4) – Anspruch auf
Verlängerung befristeter Verträge). Die Einzelempfehlung
ist damit im deutschen Recht bereits umgesetzt.
Absatz 6 der Empfehlung enthält einen umfangreichen
Pflichtenkatalog für Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers
gegenüber der schwangeren und stillenden Frau. Im
Einzelnen werden für folgende Gesichtspunkte Empfehlungen
formuliert:
1. die Beurteilung der mit dem Arbeitsplatz verbundenen
Risiken,
2. die Durchführung ggf. erforderlicher Maßnahmen zur
Vermeidung von Risiken bis hin zur bezahlten Freistellung,
3. die Konkretisierung von unzulässigen Tätigkeiten,
4. das Verbot der Nachtarbeit,
5. das Rückkehrrecht an den Arbeitsplatz nach dem
Ende des Beschäftigungsverbots und
6. das Recht der Frau, ihren Arbeitsplatz zu verlassen,
um sich ärztlichen Untersuchungen im Zusammenhang
mit ihrer Schwangerschaft zu unterziehen.
Im Einzelnen erfüllt das MuSchG diese Einzelempfehlung
wie folgt (siehe auch Denkschrift zu Artikel 3 des Übereinkommens
Nr. 183):
• zu Absatz 1: Umsetzung durch § 10 Absatz 1 MuSchG
• zu Absatz 2: Umsetzung durch § 10 Absatz 2 Satz 1,
§ 13 Absatz 1 MuSchG
• zu Absatz 3: Umsetzung durch §§ 11, 12 MuSchG
• zu Absatz 4: Umsetzung durch § 5 MuSchG
• zu Absatz 5: Umsetzung durch § 25 MuSchG
• zu Absatz 6: Das Recht der Frau auf Freistellung für
ärztliche Untersuchungen folgt aus § 7 Absatz 1
MuSchG.
Diese Regelungen gelten aufgrund der Inbezugnahme in
§ 2 Absatz 1 MuSchEltZV, § 46 DRiG auch für Beamtinnen
und Richterinnen. Für Soldatinnen gelten ebenfalls
im Wesentlichen vergleichbare Regelungen, die sich insbesondere
aus der MuSchSoldV ergeben.
Die Empfehlung ist damit im deutschen Recht bereits
umfassend umgesetzt.
Die Absätze 7 bis 9 der Empfehlung befassen sich mit
der Häufigkeit und Länge der Stillpausen, dem Zusammenlegen
der Stillpausen und den Einrichtungen zum
Stillen.
Nach Absatz 7 sollten bei Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses
oder einer anderen geeigneten Bescheinigung,
wie durch die innerstaatliche Gesetzgebung und Praxis
bestimmt, die Häufigkeit und Länge der Stillpausen an
besondere Bedürfnisse angepasst werden.
In Deutschland sind die Vorgaben zu Stillpausen der
Empfehlung 191 bereits erfüllt. Das MuSchG trifft Regelungen,
um die Anpassung der Stillpausen an die individuellen
Bedürfnisse der Frau zu ermöglichen. Nach § 7
Absatz 2 MuSchG hat die Freistellung für die zum Stillen
erforderliche Zeit zu erfolgen. Jedenfalls hat der Arbeitgeber
die stillende Frau auf ihr Verlangen während der
ersten zwölf Monate nach der Entbindung mindestens
zweimal täglich für eine halbe Stunde oder einmal täglich
für eine Stunde freizustellen. Bei einer zusammenhängenden
Arbeitszeit von mehr als acht Stunden soll auf
Verlangen der Frau zweimal eine Stillzeit von mindestens
45 Minuten oder, wenn in der Nähe der Arbeitsstätte
keine Stillgelegenheit vorhanden ist, eine einmalige
Stillzeit von mindestens 90 Minuten gewährt werden. Für
Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen finden inhaltlich
die gleichen Regelungen Anwendung. Im Übrigen
wird auf die Denkschrift zu Artikel 10 des Übereinkommens
Nr. 183 verwiesen.
Die Empfehlung ist damit im deutschen Recht bereits
umgesetzt.
Nach Absatz 8 der Empfehlung sollten die Stillpausen,
soweit praktisch möglich und mit Zustimmung des
Arbeitgebers und der betreffenden Frau, zusammengelegt
werden können, um eine Verkürzung der Arbeitszeit
am Anfang oder Ende des Arbeitstages zu ermöglichen.
Nach § 7 Absatz 2 MuSchG hat der Arbeitgeber eine
stillende Frau auf ihr Verlangen während der ersten zwölf
Monate nach der Entbindung für die zum Stillen erforderliche
Zeit freizustellen. Nach § 23 Absatz 1 Satz 1 und 2
MuSchG darf durch die Gewährung der Stillpausen
bei der Frau kein Entgeltausfall eintreten. Zudem sind
die Freistellungszeiten weder vor- noch nachzuarbeiten.
Die Stillpausen sind, soweit sie erforderlich sind,
auch zu gewähren, wenn sie am Beginn oder am Ende
des Arbeitstages liegen. Bei Gleitzeitmodellen ist eine
bezahlte Freistellung am Rand der Arbeitszeit jedoch
nur dann geboten, wenn die Arbeitszeit und die Stillzeit
in besonderer Weise kollidieren. Namentlich, wenn die
Erbringung der Arbeitsleistung für die stillende Frau unter
Berücksichtigung des Gleitzeitrahmens nicht mehr vollständig
möglich ist oder nur in einer Weise, die das vernünftigerweise
Zumutbare überschreitet. Denn Ziel der
Regelung im MuSchG ist es, die Kollision von Arbeitszeit
und Stillzeit zu verhindern, um das Stillen zu ermög -
lichen. Das MuSchG zielt jedoch nicht darauf ab, stillende
Frauen allgemein durch eine Verringerung der Arbeitszeit
Bundesrat – 31 – Drucksache 169/21
zu entlasten. Absatz 8 wird somit im deutschen Recht
weitestgehend umgesetzt.
Nach Absatz 9 der Empfehlung sollten – soweit praktisch
möglich – Vorkehrungen für die Schaffung von Einrichtungen
zum Stillen unter angemessenen hygienischen
Bedingungen in der Arbeitsstätte oder in ihrer Nähe
getroffen werden. Damit geht die Empfehlung über die
verbindlichen Vorgaben der EU-Richtlinie 92/85/EWG
des Rates der EU zum Mutterschutz hinaus, die die
Schaffung von Einrichtungen zum Stillen nicht verpflichtend
vorsieht. Europarechtlich gibt es ebenfalls lediglich
eine Empfehlung. Die Leitlinien der Kommission der
Europäischen Gemeinschaften für die Beurteilung der
chemischen, physikalischen und biologischen Agenzien
sowie der industriellen Verfahren, die als Gefahrenquelle
für Gesundheit und Sicherheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen,
Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen
am Arbeitsplatz gelten, nennen beispielhaft
als Schutzmaßnahmen für die Behebung von Gefährdungen
durch ungeeignete oder fehlende Räumlichkeiten
die Zurverfügungstellung von Räumlichkeiten. Als mög -
liche Maßnahmen, die jedoch ausdrücklich auch durch
andere – für die jeweilige Situation und das Unternehmen
am besten geeignete – Maßnahmen ersetzt werden können,
nennen die Leitlinien:
• Zugang zu Räumlichkeiten, in denen die junge Mutter
ungestört ihr Kind stillen bzw. Milch abpumpen kann
und
• Einsatz sicherer und hygienisch einwandfreier Kühlvorrichtungen
zur Aufbewahrung abgepumpter Milch
während der Arbeitszeit sowie Vorrichtungen zur Reinigung,
Sterilisierung und Aufbewahrung der Behältnisse.
Der Arbeitgeber hat gemäß § 9 Absatz 3 Satz 2 MuSchG
sicherzustellen, dass sich die schwangere oder stillende
Frau während der Pausen und Arbeitsunterbrechungen
unter geeigneten Bedingungen hinlegen, hinsetzen und
ausruhen kann. Dies ergibt sich auch aus Nummer 4.2
Absatz 1 Satz 4 des Anhangs der Arbeitsstättenverordnung
(ArbStättV). Nach Abschnitt 6 Absatz 1 der diese
Vorgaben konkretisierenden technischen Regel für
Arbeitsstätten (ASR) A4.2 müssen Einrichtungen zum
Hinlegen, Ausruhen und Stillen am Arbeitsplatz oder in
unmittelbarer Nähe in einer Anzahl vorhanden sein, die
eine jederzeitige Nutzbarkeit sicherstellen, wenn schwangere
Frauen oder stillende Mütter beschäftigt werden.
Weitergehende materielle Anforderungen normiert Nummer
6 Absatz 2 und 3 ASR A4.2.
Nach § 29 Absatz 3 Nummer 3 MuSchG kann die Aufsichtsbehörde
weiterhin Einzelheiten zur Bereithaltung
von Räumen, die zum Stillen geeignet sind, anordnen.
§ 10 MuSchG schreibt die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung
sowie die Ableitung der erforderlichen
Maßnahmen verbindlich vor.
Absatz 9 der Empfehlung ist damit im deutschen Recht
im Wesentlichen umgesetzt.
Absatz 10 der Empfehlung zu verwandten Urlaubsarten
bezieht den Vater bei Erkrankung oder Tod der Mutter in
den Mutterschaftsurlaub ein. Weitere Punkte sind der
anschließende Elternurlaub und seine Bezahlung sowie
die Aufnahme von Adoptiveltern in den durch das
Übereinkommen Nr. 183 geschützten Personenkreis. Im
Einzelnen werden folgende Empfehlungen gegeben:
1. Übertragung des Mutterschaftsurlaubs bei schwerer
Erkrankung oder Tod der Mutter auf den Vater,
(Absätze 1 und 2)
2. Anspruch auf Elternurlaub mit finanziellen Leistungen
im Anschluss an den Mutterschaftsurlaub (Absätze 3
und 4) sowie
3. die Einbeziehung von Adoptiveltern in das Mutterschutz-Übereinkommen
Nr. 183 (Absatz 5).
Das deutsche Recht verfolgt die gleichen Ziele, ihm liegt
jedoch eine andere gesetzliche Konzeption zugrunde.
• Das MuSchG hat seinen Fokus auf dem Gesundheitsschutz
für schwangere und stillende Frauen sowie
deren ungeborenen oder neugeborenen Kindern.
Darüber hinaus soll es der Frau die Fortführung ihrer
Beschäftigung ohne Gefährdung ihrer Gesundheit
oder der ihres Kindes ermöglichen. Die mutterschutzrechtlichen
Regelungen können daher nicht auf Väter
oder Adoptiveltern erstreckt werden.
• Vereinbarkeitsaspekte, wie sie in dieser Einzelempfehlung
thematisiert werden, werden im deutschen
Recht vor allem durch das BEEG abgedeckt.
Nach Unterabsatz 1 sollte im Fall des Todes der Mutter
vor dem Ende des Urlaubs nach der Geburt der unselbstständig
beschäftigte Vater des Kindes berechtigt sein,
Urlaub entsprechend dem verbleibenden Teil des nach
der Geburt liegenden Mutterschaftsurlaubs zu nehmen.
Nach Unterabsatz 2 sollte im Fall der Erkrankung oder
der Krankenhauseinweisung der Mutter nach der Entbindung
und vor dem Ende des Urlaubs nach der Geburt
und falls die Mutter sich nicht um das Kind kümmern
kann, der unselbstständig beschäftigte Vater des Kindes
Anspruch auf Urlaub entsprechend dem verbleibenden
Teil des nach der Geburt liegenden Mutterschaftsurlaubs
in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Gesetz -
gebung und Praxis haben, um sich um das Kind zu
kümmern.
Auch diesen Empfehlungen entspricht das deutsche
Recht weitgehend. Das MuSchG gilt nur für Schwangere,
vor kurzem entbundene Frauen und Stillende sowie
ihre Kinder. Es ist vor allem auf den Gesundheitsschutz
ausgerichtet. Väter haben demgemäß keine Ansprüche
nach dem MuSchG. Ein Vaterschaftsurlaub mit vollem
Lohnersatz ist im deutschen Recht daher nicht vorge -
sehen.
Gesichtspunkte der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
werden im deutschen Recht durch andere Gesetze ge -
schützt (insbesondere das Bundeselterngeld- und Eltern -
zeitgesetz (BEEG). Danach hat der Vater einen Anspruch
auf flexible Elternzeit bereits unmittelbar nach der Geburt
des Kindes, wenn er die Inanspruchnahme rechtzeitig
vor dem Beginn der Elternzeit beim Arbeit geber angezeigt
hat (§ 15 Absatz 1 und 2, § 16 Absatz 1 BEEG). In
dringenden Fällen ist ausnahmsweise auch eine kürzere
Frist möglich (§ 16 Absatz 1 Satz 3 BEEG). Nach § 15 Ab -
satz 1 und 2 BEEG besteht der Anspruch auf Eltern -
zeit für beide Elternteile bis zur Vollendung des dritten
Lebensjahres des Kindes. Ein Anteil von bis zu 24 Monaten
kann zwischen dem dritten Geburtstag und dem
vollendeten achten Lebensjahr des Kindes in Anspruch
genommen werden. Die Eltern können die Elternzeit
gemeinsam nehmen oder sich abwechseln sowie die
Eltern zeit in jeweils drei Abschnitte unterteilen. Mit Zu -
stimmung des Arbeitgebers sind sogar mehr als drei
Drucksache 169/21 – 32 – Bundesrat
Abschnitte möglich. Nach § 15 Absatz 4 BEEG ist während
der Elternzeit Teilzeitarbeit von bis zu 30 Stunden
wöchentlich je Elternteil möglich. Nach § 15 Absatz 7
BEEG besteht unter den dort genannten Voraussetzungen
sogar ein Anspruch auf Teilzeitarbeit.
Auch Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen haben
Anspruch auf Elternzeit. Für Beamtinnen finden sich
Regelungen in § 6 MuSchEltZV, für Richterinnen in § 46
DRiG, § 6 MuSchEltZV und für Soldatinnen in § 28 Ab -
satz 7 SG i. V. m. § 1 EltZSoldV.
Im Ergebnis geht die deutsche Rechtslage auch im Hinblick
auf die Unterabsätze 1 und 2 über die Empfehlung
der IAO hinaus.
Nach Unterabsatz 3 sollte die unselbstständig beschäftigte
Mutter oder der unselbstständig beschäftigte Vater
des Kindes während eines Zeitraums nach dem Ende
des Mutterschaftsurlaubs Anspruch auf Elternurlaub
haben. Nach Absatz 4 sollten
• der Zeitraum, während dessen Elternurlaub gewährt
werden könnte,
• die Dauer des Urlaubs und
• die anderen Modalitäten, einschließlich der Zahlung
der Elternleistungen sowie
• der Inanspruchnahme und Verteilung des Eltern -
urlaubs zwischen den unselbstständig beschäftigten
Eltern,
durch die innerstaatliche Gesetzgebung oder auf eine
andere der innerstaatlichen Praxis entsprechende Weise
festgelegt werden.
Die Regelungen zum Elternurlaub werden im deutschen
Recht von den Regelungen der Elternzeit und des Elterngeldes
abgedeckt. Diese finden sich einheitlich im BEEG.
So regelt das BEEG neben dem Anspruch auf bis zu drei
Jahren Elternzeit je Elternteil auch einen finanziellen Ausgleich,
falls die Eltern weniger Einkommen haben, weil
sie nach der Geburt des Kindes zeitweise weniger oder
gar nicht mehr arbeiten. Eltern haben in diesem Zeitraum
einen gemeinsamen Anspruch auf Elterngeld während
der ersten zwölf bzw. bei Beteiligung beider Eltern an
der Betreuung 14 Lebensmonate des Kindes (§ 4 Ab -
satz 4 BEEG). Mit der Elternzeit verbunden ist ein be -
sonderer Kündigungsschutz, der sich wie das mutterschutzrechtliche
Kündigungsverbot auf den Bestand des
Arbeitsverhältnisses bezieht (§ 18 BEEG, vgl. Denkschrift
zu Artikel 8 des Übereinkommens Nr. 183).
Entsprechende Regelungen bestehen auch für Beamtinnen,
Richterinnen und Soldatinnen.
Die Empfehlung ist damit im deutschen Recht insoweit
bereits umgesetzt.
Nach Unterabsatz 5 sollten – falls die innerstaatliche
Gesetzgebung und Praxis eine Adoption vorsieht, Adoptiveltern
Zugang zu dem durch das Übereinkommen
gebotenen Schutzsystem haben, insbesondere in Bezug
auf
• den Urlaub,
• die Leistungen und
• den Beschäftigungsschutz.
Die Erweiterung des MuSchG auf Adoptiveltern ist nicht
beabsichtigt, da das MuSchG auf den Gesundheitsschutz
ausgerichtet ist, der mit Schwangerschaft, Geburt
und Stillzeit verbunden ist. Dieser Schutz ist jedoch nicht
auf Adoptiveltern übertragbar.
Allerdings sind Adoptiveltern nach dem BEEG leiblichen
Eltern gleichgestellt. Damit kommt ihnen im Hinblick auf
Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie derselbe
Schutz zu wie leiblichen Eltern.
Entsprechende Regelungen bestehen auch für Beamtinnen,
Richterinnen und Soldatinnen. Damit wird dem Ab -
satz 10 der Empfehlung auch im Hinblick auf seinen
Unterabsatz 5 im deutschen Recht hinreichend Rechnung
getragen.