Gesetzentwurf der BundesregierungBundesrat Drucksache 129/21
Gesetzentwurf
der Bundesregierung
12.02.21
AIS - Fz - In - K
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen
mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der
Träger der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz)
A. Problem und Ziel
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen – Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB XII)
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Juli 2020 (Az.: 2 BvR 696/12)
Teile des kommunalen Bildungspakets im SGB XII für nicht mit dem Grundgesetz (GG)
vereinbar erklärt. Die betreffenden Regelungen des Dritten Kapitels des SGB XII stellen
nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Verbindung mit der Aufgabenzuweisung
in § 3 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 SGB XII eine aufgrund des Durchgriffsverbots
nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG unzulässige Aufgabenübertragung durch
Bundesgesetz auf Kommunen dar und verletzen diese in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht.
Konkret erweitern die genannten Regelungen nach den Ausführungen des
Bundesverfassungsgerichts die den örtlichen Trägern der Sozialhilfe nach § 3 Absatz 1
und Absatz 2 Satz 1 SGB XII zugewiesenen Aufgaben und halten sich damit nicht mehr in
den Grenzen eines bloßen Fortbestehens einer bestehenden bundesrechtlichen Aufgabenzuweisung
nach Artikel 125a Absatz 1 GG, sondern sind funktional äquivalent zu einer
gegen Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG (Durchgriffsverbot) verstoßenden erstmaligen Aufgabenübertragung.
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2020 bleiben die betreffenden
Vorschriften zu den Bedarfen für Bildung und Teilhabe nur noch übergangsweise
bis zum 31. Dezember 2021 anwendbar. Daraus folgt der Bedarf einer Neuregelung durch
den Gesetzgeber spätestens zum 1. Januar 2022.
Aufgrund der vorgesehenen Einführung digitaler Pflegeanwendungen in der sozialen
Pflegeversicherung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) ist eine entsprechende
Angleichung in der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII erforderlich.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden – Zweites und
Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB III)
Zur Verbesserung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, die Leistungen nach
dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) beziehen, wird den Jobcentern die Mög-
Fristablauf: 26.03.21
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG
Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
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lichkeit eingeräumt, Leistungen nach den §§ 16a ff. SGB II neben einem Rehabilitationsverfahren
zu erbringen. Die Möglichkeiten der aktiven Arbeitsförderung im SGB II und
SGB III sollen ausgebaut werden. Daneben wird die Abstimmung der Rehabilitationsträger
untereinander gestärkt.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung – Viertes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB IV)
Ergänzung der elektronischen Meldeverfahren um die Anträge für Kurzarbeitergeld und
Saisonkurzarbeitergeld.
4. Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe – § 99 SGB IX
Da die in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführte wissenschaftliche Untersuchung des
Artikel 25a des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) für § 99 SGB IX zu dem Ergebnis geführt
hat, dass dieses Konzept zur Neudefinition des leistungsberechtigten Personenkreises
in der Eingliederungshilfe mit dem übergeordneten gesetzgeberischen Ziel, eine Veränderung
des leistungsberechtigten Personenkreises zu vermeiden, nicht vereinbar ist
(siehe Bundestags-Drucksachen 18/10523 und 19/4500), ist die im BTHG vorgesehene
Regelung hinfällig.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2018 einen
Beteiligungsprozess initiiert, in dem ein alternatives Konzept zu Artikel 25a BTHG (§ 99
SGB IX) entwickelt wurde. Danach werden die Kriterien für die Berechtigung zu Leistungen
der Eingliederungshilfe durch Orientierung an den Begrifflichkeiten der UN-
Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit,
Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation angepasst.
In einem ersten Schritt soll nun der im Rahmen des Beteiligungsprozesses entwickelte
Vorschlag zur Neufassung der gesetzlichen Regelung (§ 99 SGB IX) umgesetzt
werden.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen – SGB IX
Artikel 16 UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten, alle Menschen mit Behinderungen vor
jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer
Aspekte zu schützen. Die Vertragsstaaten sollen wirksame Rechtsvorschriften
und politische Konzepte schaffen, einschließlich solcher, die auf Frauen und Kinder
ausgerichtet sind, um sicherzustellen, dass Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch
gegenüber Menschen mit Behinderungen erkannt, untersucht und gegebenenfalls
strafrechtlich verfolgt werden. Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit
Behinderungen hat in seinen abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht
Deutschlands unter anderem empfohlen, einen wirksamen Gewaltschutz für Frauen
und Mädchen mit Behinderungen zu gewährleisten. Derzeit findet sich im Sozialgesetzbuch
keine Regelung, die zum Gewaltschutz bei der Erbringung von Teilhabeleistungen
verpflichtet.
6. Digitale Gesundheitsanwendung in der Rehabilitation – SGB IX
Durch eine Ergänzung des SGB IX werden digitale Gesundheitsanwendungen in den
Leistungskatalog der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufgenommen. Bisher
kommen digitale Gesundheitsanwendungen im Bereich der medizinischen Rehabilitation
kaum zur Anwendung. Mit der Aufnahme in den Leistungskatalog ist das Ziel verbunden,
dass rechtssicher eine effiziente und qualitativ gute Versorgung der Leistungsberechtigten
mit digitalen Gesundheitsanwendungen erfolgen und damit das große Potential der Digitalisierung
im Bereich der medizinischen Rehabilitation in Zukunft stärker genutzt werden
kann.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung – SGB IX
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Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde zum 1. Januar 2020 das Budget für Ausbildung
(§ 61a SGB IX) als Alternative zu Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich
der Werkstätten für behinderte Menschen oder bei anderen Leistungsanbietern
eingeführt. Das Budget für Ausbildung ermöglicht eine Förderung, wenn
eine nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder nach dem Gesetz zur Ordnung des
Handwerks (HwO) anerkannte Berufsausbildung oder eine Ausbildung nach § 66 BBiG/ §
42r HwO auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgenommen wird. Menschen mit Behinderungen,
die sich schon im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder
eines anderen Leistungsanbieters befinden, können das Budget für Ausbildung bisher
nicht in Anspruch nehmen.
Künftig soll auch diese Personengruppe über das Budget für Ausbildung gefördert und auf
diese Weise unterstützt werden, eine nach dem BBiG oder der HwO anerkannte Berufsausbildung
oder eine Ausbildung nach § 66 BBiG/ § 42r HwO auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
aufzunehmen.
8. Assistenzhunde – Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG)
Neben Blindenführhunden sind Assistenzhunde für viele Menschen mit Behinderungen
notwendige Begleiter im Alltag, um am Leben in der Gesellschaft teilhaben zu können.
„Assistenzhund“ ist die Bezeichnung für alle Hunde, die Assistenzleistungen für Menschen
mit Beeinträchtigungen erbringen. Assistenzhunde unterstützen Menschen mit Sinnesbeeinträchtigungen,
körperlichen oder geistigen Einschränkungen und Menschen mit
posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie sollen für diese Menschen Hilfeleistungen
bei jenen Verrichtungen des täglichen Lebens erbringen, die behinderungsbedingt ohne
Unterstützung nur erschwert, unter gefährdenden Bedingungen oder gar nicht ausgeführt
werden, sowie Eigenständigkeit, Mobilität und Orientierung sichern helfen. Die Aufgaben
eines Assistenzhundes werden individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt und
bei der Ausbildung berücksichtigt.
In Deutschland gibt es bislang keine ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften, die die
Begleitung von Menschen mit Behinderungen durch Assistenzhunde oder Blindenführhunde
zu öffentlichen und privaten Anlagen und Einrichtungen regeln. Immer wieder
kommt es daher zu Streitfällen zwischen Hundehaltern und beispielsweise Betreibern von
Arztpraxen, Geschäften und Theatern, die auch in Gerichtsverfahren mit unterschiedlichem
Ausgang mündeten. Zuletzt entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem
Beschluss vom 30. Januar 2020 (Az. 2 BvR 1005/18) bezüglich eines Verbots, mit einem
Blindenführhund eine Arztpraxis zu durchqueren, dass „das Benachteiligungsverbot des
Artikels 3 Absatz 3 Satz 2 GG es Menschen mit Behinderungen ermöglichen soll, so weit
wie möglich ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu führen. Das Benachteiligungsverbot
untersagt es, behinderte Menschen von Betätigungen auszuschließen, die
nicht Behinderten offenstehen, wenn nicht zwingende Gründe für einen solchen Ausschluss
vorliegen.“ Das Gericht gelangte zu der Bewertung, dass die Reichweite des Benachteiligungsverbots
des § 19 Absatz 1 Nummer 1 AGG im Lichte des Grundrechts aus
Artikel 3 Absatz 2 GG zu bestimmen sei. Das Grundrecht sei wegen seiner Ausstrahlungswirkung
in das Zivilrecht bei der Auslegung der einschlägigen zivilrechtlichen Normen
zu berücksichtigen.
Die bislang allein durch die Auslegung bestehender allgemeiner Rechtsvorschriften durch
die Rechtsprechung geprägte Rechtslage zum Zutritt mit Assistenzhunden oder Blindenführhunden
soll mit dem vorliegenden Gesetzentwurf kodifiziert und weiterentwickelt werden.
Eigentümer, Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen
und Einrichtungen dürfen Menschen mit Behinderungen den Zutritt zu ihren typischerweise
für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen Anlagen und
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Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch den Assistenzhund oder den Blindenführhund
verweigern; sie trifft insoweit eine Duldungspflicht. Menschen mit Behinderungen
wird so die Begleitung durch einen Assistenzhund oder Blindenführhund zu typischerweise
der Allgemeinheit zugänglichen Anlagen und Einrichtungen ermöglicht.
Mit dem Gesetzesentwurf wird zudem dem Recht auf Zugänglichkeit zu Einrichtungen und
Diensten, die der Öffentlichkeit offenstehen oder für sie bereit gestellt werden nach Artikel
9 Absatz 2 Buchstabe b) und dem Recht auf persönliche Mobilität aus Artikel 20 Buchstabe
b) UN-BRK gesetzgeberisch Rechnung getragen.
B. Lösung
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen – SGB XII
Es bleibt bei örtlichen und überörtlichen Trägern der Sozialhilfe, die Kommunen werden
dabei aber nicht mehr durch Bundesgesetz als örtliche Träger benannt. Die Bestimmung
der örtlichen und überörtlichen Träger der Sozialhilfe erfolgt durch das jeweilige Landesrecht.
Damit soll das mit der Föderalismusreform in Form des Durchgriffsverbots nach
Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG geschaffene Gebot, die Entscheidung über kommunale
Zuständigkeiten künftig den Ländern zu überlassen, übergreifend Berücksichtigung finden.
Auch in Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII werden digitale Pflegeanwendungen
für ambulant versorgte Personen eingeführt.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –SGB II und
SGB III
Vorgesehen sind verschiedene Anpassungen im Bereich der Leistungserbringung undkoordinierung
für Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende beziehen. Ihre Betreuungssituation in den Jobcentern soll verbessert
werden, indem den Jobcentern die Möglichkeit eingeräumt wird, Leistungen nach
den §§ 16a ff. SGB II neben einem Rehabilitationsverfahren zu erbringen. Die Möglichkeiten
der aktiven Arbeitsförderung im SGB II und SGB III sollen ausgebaut werden. Die von
den Rehabilitationsträgern und den Jobcentern zu erbringenden Leistungen sind verbindlich
zu koordinieren und abzustimmen. Der notwendige Austausch von Sozialdaten wird
sichergestellt.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung – SGB IV
Um das Verfahren der Beantragung von Kurzarbeitergeld sowie Saison-Kurzarbeitergeld
zu beschleunigen und eine Entlastung bei Arbeitgebern und der Bundesagentur für Arbeit
zu erreichen, soll die Übermittlung der Anträge für Kurzarbeitergeld, Saisonkurzarbeitergeld
sowie die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und der zusätzlichen Leistungen
zum Saison-Kurzarbeitergeld zukünftig als optionales Verfahren auch elektronisch
über die Entgeltabrechnungsprogramme der Arbeitgeber und dem damit verbundenen
Meldeverfahren beantragt werden können.
4. Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe – § 99 SGB IX
Die gesetzlichen Kriterien für die Berechtigung zu Leistungen der Eingliederungshilfe im
SGB IX Teil 2 (§ 99 SGB IX) sollen entsprechend dem Konzept der Arbeitsgruppe „Leistungsberechtigter
Personenkreis“ durch Orientierung an den Begrifflichkeiten der UN-BRK
und der ICF angepasst werden.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen – SGB IX
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Das SGB IX wird dahingehend ergänzt, dass die dort genannten Leistungserbringer geeignete
Maßnahmen treffen sollen, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen
und von Behinderung bedrohte Menschen vor Gewalt geschützt werden. Die Rehabilitationsträger
und die Integrationsämter wirken bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen
Aufgaben darauf hin, dass der Schutzauftrag von den Leistungserbringern umgesetzt
wird.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation – SGB IX
Durch eine Ergänzung des SGB IX werden digitale Gesundheitsanwendungen in den
Leistungskatalog der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufgenommen. Damit
verbunden ist das Ziel, die Digitalisierung im Bereich der medizinischen Rehabilitation in
Zukunft stärker zu nutzen und die Versorgung der Leistungsberechtigten um eine weitere
Komponente zu ergänzen.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung – SGB IX
§ 61a SGB IX wird dahingehend ergänzt, dass über das Budget für Ausbildung auch
Menschen mit Behinderungen gefördert werden können, die sich schon im Arbeitsbereich
einer Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters befinden.
8. Assistenzhunde – BGG
Mit der Änderung des BGG wird explizit geregelt, dass Menschen mit Behinderungen der
Zutritt nicht wegen einer Begleitung durch einen Assistenzhund oder Blindenführhund
verweigert werden darf. Dies führt zu deutlich mehr Rechtsklarheit und letztlich auch zu
breiterer allgemeiner Akzeptanz von Assistenzhunden und Blindenführhunden sowie von
Menschen mit Behinderungen, die auf einen Assistenzhund oder Blindenführhund angewiesen
sind. Dies soll sich bei den Duldungsverpflichteten nicht auf Träger öffentlicher
Gewalt beschränken, sondern auch private natürliche und juristische Personen erfassen.
Der Geltungsbereich des BGG wird damit ausgeweitet. Um ein hohes Niveau der Assistenzhundeausbildung
zu sichern und gleichzeitig Missbrauch vorzubeugen, legt der Gesetzentwurf
zudem fest, dass Assistenzhunde im Sinne des BGG immer ganzheitlich, also
im Zusammenwirken von Mensch und Tier betrachtet werden (Mensch-Assistenzhund-
Gemeinschaft). Die Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft muss von einer zertifizierten
Ausbildungsstätte ausgebildet und von unabhängigen Prüferinnen oder Prüfern geprüft
werden. Dadurch können Qualitätsstandards in der Assistenzhundeausbildung gesetzt
werden.
C. Alternativen
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen – SGB XII
Alternativ zu der im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen übergreifenden Regelung
bezüglich der Bestimmung der Träger der Sozialhilfe durch das Landesrecht wäre als
Umsetzung des oben genannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts eine punktuelle,
auf die Bestimmung der Träger von Bedarfen für Bildung und Teilhabe nach dem
Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB XII beschränkte Änderung denkbar.
Längerfristig hätte dies zur Folge, dass in Abhängigkeit von der verfassungsrechtlichen
Bewertung künftiger Rechtsänderungen für Einzelvorschriften spezielle Bestimmungen
der Träger der Sozialhilfe erforderlich wären, um unzulässige Aufgabenübertragungen zu
verhindern. In Abhängigkeit vom Ergebnis der vorzunehmenden Einzelfallentscheidungen
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können unzulässige Aufgabenübertragungen damit nicht verlässlich ausgeschlossen werden.
In der Hilfe zur Pflege besteht keine Alternative zur Einführung ambulanter Pflegeanwendungen.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden – SGB II und
SGB III
Keine.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung – SGB IV
Keine.
4. Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe – § 99 SGB IX
Für die Neufassung der Definition der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe
(SGB IX Teil 2) hat die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales initiierte Arbeitsgruppe
„Leistungsberechtigter Personenkreis“ 2019 diverse Konzepte diskutiert. Am Ende
hat sich die Arbeitsgruppe auf die UN-BRK-konforme und an der ICF-orientierte Anpassung
der Begrifflichkeiten als das am geeignetsten erscheinende Konzept verständigt.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen – SGB IX
Alternativen kommen nicht in Betracht.
Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat in seinen
abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands unter anderem
empfohlen, einen wirksamen Gewaltschutz für Frauen und Mädchen mit Behinderungen
zu gewährleisten. Ein solcher kann am besten über eine Verpflichtung der Leistungserbringer
gewährleistet werden.
6. Digitale Gesundheitsanwendung in der Rehabilitation –- SGB IX
Durch den offenen Leistungskatalog des § 42 Absatz SGB IX ist es zwar jetzt schon möglich,
digitale Gesundheitsanwendungen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation zu
erbringen. Angesichts der Vielzahl an digitalen Gesundheitsanwendungen auf dem Markt
fehlt es jedoch an konkreten Voraussetzungen und Einschränkungen für geeignete digitale
Gesundheitsanwendungen im Bereich der medizinischen Rehabilitation.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung – SGB IX
Keine.
8. Assistenzhunde - BGG
Um das Ziel zu erreichen, für Menschen mit Behinderungen, die auf die Hilfe eines Assistenzhundes
oder Blindenführhundes angewiesen sind, eine barrierefreie Umwelt zu schaffen,
ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, die für Menschen mit Behinderungen klarstellt,
dass ihnen der Zutritt zu Einrichtungen oder Anlagen, die für den Publikums- und
Benutzungsverkehr typischerweise allgemein zugänglich sind, nicht verwehrt werden darf,
weil sie sich von ihrem Assistenzhund oder ihrem Blindenführhund begleiten lassen. Das
BGG als Gesetz für Menschen mit Behinderungen ist als Regelungsstandort geeignet,
weil es die Herstellung von Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen regelt.
D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen – SGB XII
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Die Änderung der Vorschriften zu Zuständigkeit und Trägerbestimmung im SGB XII haben
für den Bund keine Haushaltswirkungen. Welche Auswirkungen sich auf die Haushalte
der Länder ergeben, kann nicht abgeschätzt werden, weil diese von der jeweiligen landesrechtlichen
Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen abhängig
sind. Deshalb kann auch nicht abgeschätzt werden, welche Auswirkungen sich auf
die Haushalte der Kommunen ergeben.
Die Einführung von digitalen Pflegeanwendungen in der Hilfe zur Pflege haben für die
Haushalte der ausführenden Träger Mehrkosten zur Folge, die sich auf 200 000 Euro im
Jahr 2022 belaufen und im Jahr 2025 bis zu 900 000 Euro betragen.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden – SGB II und
SGB III
Die partielle Aufhebung des bisherigen Leistungsausschlusses für Rehabilitanden führt zu
jährlichen Mehrausgaben bei den Jobcentern in Höhe von rund 18 Millionen Euro und bei
den Agenturen für Arbeit in Höhe von rund 4 Millionen Euro. Da diese teilweise
Aufhebung zu einer deutlich zügigeren Vermittlung in Arbeit führt, stehen diesen
Mehrausgaben Einsparungen bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
bzw. bei Arbeitslosengeld in nicht bezifferbarer Höhe gegenüber. Den Trägern der
gesetzlichen Rentenversicherung entstehen durch diese Maßnahme Minderausgaben von
jährlich 2 Millionen Euro.
Die Öffnung der Förderinstrumente nach den §§ 16a ff. SGB II für Rehabilitanden führt zu
Mehrausgaben bei den Jobcentern von schätzungsweise rund 26 Millionen Euro jährlich.
3. Änderungen des SGB IX
Die Neufassung der gesetzlichen Definition der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe
in § 99 SGB IX ist für die Träger der Eingliederungshilfe, die Länder und Kommunen,
kostenneutral. Es kommt durch die Änderung der Begrifflichkeiten in § 99 SGB IX
zu keiner Änderung des leistungsberechtigten Personenkreises.
Für die Rehabilitationsträger entstehen durch die Erweiterung des Leistungskataloges für
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen
geringe, nicht quantifizierbare Mehrausgaben.
Die Ausweitung des Budgets für Ausbildung dürfte in der Regel zu keinen relevanten
Mehrausgaben bei den für diese Leistung zuständigen Rehabilitationsträgern führen. Die
Menschen mit Behinderungen, für die diese Leistung bestimmt ist, würden andernfalls
Leistungen nach § 58 SGB IX in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem
anderen Leistungsanbieter erhalten, für die diese Rehabilitationsträger ebenfalls zuständig
wären.
4. Assistenzhunde – BGG
Für die Untersuchung zu den §§ 12e bis 12l BGG entstehen zusätzliche Ausgaben in Höhe
von bis zu 4,47 Millionen Euro. Die Mittel sind im Einzelplan 11 veranschlagt und stehen
im Kapitel 1105 Titel 684 04 zur Verfügung.
Die Höhe der Mittel ergibt sich daraus, dass bis zu 100 Mensch-Assistenzhunde-
Gemeinschaften über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren begleitet und finanziert werden
können. Darin enthalten sind die Kosten für die Anschaffung und Ausbildung (ca. 2,9
Millionen Euro), die Haltungspauschale (ca. 735 000 Euro), sowie Kosten für tierärztliche
Untersuchungen und Administration (ca. 840 000 Euro).
Die sich aus obigen Regelungen ergebenden Mehrausgaben für den Bund werden im
Rahmen der bei den betroffenen Ressorts bestehenden Ansätze im Bundeshaushalt dauerhaft
gegenfinanziert.
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E. Erfüllungsaufwand
E.1 Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger entsteht durch die Änderungen im SGB XII im Falle der
Beantragung von digitalen Pfleanwendungen geringer zusätzlicher Erfüllungsaufwand, im
SGB IX entsteht kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand. Bürgerinnen und Bürgern, die die
im BGG geschaffene Möglichkeit für die Nutzung eines Assistenzhundes nutzen, entsteht
zusätzlicher Erfüllungsaufwand in Höhe von 3 Millionen Euro.
E.2 Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
Der jährliche Erfüllungsaufwand in der Verwaltung des Bundes erhöht sich um 8,9 Millionen
Euro.
Hinzu kommt ein einmaliger Erfüllungsaufwand bei der BA von 1 Million Euro für die Umstellung
der Software.
E.3 Erfüllungsaufwand der Verwaltung
Bund
Der jährliche Erfüllungsaufwand in der Verwaltung des Bundes erhöht sich um 8,9 Millionen
Euro.
Hinzu kommt ein einmaliger Erfüllungsaufwand bei der BA von 1 Million Euro für die Umstellung
der Software.
Länder und Kommunen
Durch die Neuregelung der Trägerbestimmung im SGB XII kann sich in Abhängigkeit von
den landesrechtlichen Vorschriften ein landesgesetzlicher Anpassungsbedarf ergeben.
Für die Kommunen kann aus Sicht der Bundesregierung nicht eingeschätzt werden, ob
sich nach Landesrecht Bürokratiekosten durch zusätzliche Informationspflichten gegenüber
dem jeweiligen Land oder ein erhöhter Erfüllungsaufwand ergeben. Durch die Einführung
digitaler Pflegeanwendungen ergibt sich für die Träger der Sozialhilfe ein geringfügiger
Erfüllungsaufwand.
Aufgrund der Änderungen im SGB IX entsteht den zuständigen Trägern ein einmaliger,
geringfügiger Erfüllungsaufwand, aber kein laufender zusätzlicher Erfüllungsaufwand.
F. Weitere Kosten
Geringfügige Auswirkungen auf das Preisniveau der Anschaffungskosten für Assistenzhunde
sind möglich.
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Gesetzentwurf
der Bundesregierung
12.02.21
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Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen
mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der
Träger der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz)
Bundesrepublik Deutschland Berlin, 12. Februar 2021
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Reiner Haseloff
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 des Grundgesetzes den von
der Bundesregierung beschlossenen
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit
Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger der
Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz)
mit Begründung und Vorblatt.
Der Gesetzentwurf ist besonders eilbedürftig, um die geplante Änderung der Trägerbestimmung
im SGB XII frühzeitig zu verabschieden, da die Länder für etwaige
Anpassungen ihrer Ausführungsgesetze und der damit verbundenen Konnexitätsfolgen
eine ausreichende Vorlaufzeit benötigen.
Fristablauf: 26.03.21
besonders eilbedürftige Vorlage gemäß Artikel 76 Absatz 2 Satz 4 GG
B
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Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG
ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
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Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von
Menschen mit Behinderungen sowie zur landesrechtlichen Bestimmung
der Träger der Sozialhilfe (Teilhabestärkungsgesetz)
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch
Das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe – (Artikel 1 des Gesetzes vom 27.
Dezember 2003, BGBl. I S. 3022, 3023), das zuletzt durch Artikel 43 des Gesetzes vom 21.
Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt geändert:
a) Nach der Angabe zu § 45 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 45a Durchschnittliche Warmmiete nach § 42a Absatz 5“.
b) Die Überschrift vor § 46a wird wie folgt gefasst:
„Dritter Abschnitt Erstattung“.
c) Die Angabe zu § 46b wird wie folgt gefasst:
„§ 46b (weggefallen)“.
d) Nach der Angabe zu § 64i werden die folgenden Angaben eingefügt:
„§ 64j Digitale Pflegeanwendungen
§ 64k Ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen“.
e) Die Angabe zu § 99 wird wie folgt gefasst:
„§ 99 (weggefallen)“.
f) Die Angabe zu § 101 wird wie folgt gefasst:
„§ 101 (weggefallen)“.
2. § 3 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden nach dem Wort „Trägern“ die Wörter „(Träger der Sozialhilfe)“
eingefügt.
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2)
Die Träger der Sozialhilfe werden durch Landesrecht bestimmt.“
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c) Absatz 3 wird aufgehoben.
3. § 6 wird wie folgt gefasst:
„§ 6
Fachkräfte
Bei der Durchführung der Aufgaben dieses Buches werden Personen beschäftigt,
die sich hierfür nach ihrer Persönlichkeit eignen und in der Regel entweder eine ihren
Aufgaben entsprechende Ausbildung erhalten haben oder über vergleichbare Erfahrungen
verfügen. Sie erhalten die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche angemessene
fachliche Fortbildung.“
4. In § 28a Absatz 1 Satz 2 werden die Wörter „§ 28 Absatz 4 Satz 5“ durch die Wörter „§
28 Absatz 5 Satz 3“ersetzt.
5. In § 37 Absatz 4 Satz 2 wird nach dem Wort „Darlehen“ das Wort „nach“ gestrichen.
6. In § 39 Satz 3 Nummer 2 werden die Wörter „für Personen, die im Sinne des § 99 des
Neunten Buches in Fähigkeit zur Teilhabe an der Gesellschaft in erheblichem Maße
eingeschränkt sind“ durch die Wörter „für Personen, die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt
im Sinne des § 99 Absatz 1 bis 3 des Neunten Buches sind“ ersetzt.
7. § 42a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 3 werden nach dem Wort „Einpersonenhaushalten“ die Wörter „nach
§ 45a“ eingefügt.
bb) Die Sätze 4 und 5 werden aufgehoben.
cc) Im neuen Satz 5 wird die Angabe „Satz 6“ durch die Angabe „Satz 4“ ersetzt.
b) In Absatz 6 Satz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem
Kapitel zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger der
Sozialhilfe“ ersetzt.
c) In Absatz 7 Satz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem
Kapitel zuständigen Trägers“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständigen Trägers
der Sozialhilfe“ ersetzt.
8. § 43a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 3 wird wie folgt geändert:
- 2 -
aa) In Satz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständigen Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständigen Träger
der Sozialhilfe“ ersetzt.
bb) In Satz 3 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger
der Sozialhilfe“ ersetzt.
Drucksache 129/21
b) In Absatz 4 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger der Sozialhilfe“
ersetzt.
9. § 44a wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „ausführenden Trägers“ durch die Wörter
„für dieses Kapitel zuständigen Trägers der Sozialhilfe“ ersetzt.
b) In Absatz 4 werden die Wörter „ausführende Träger“ durch die Wörter „für dieses
Kapitel zuständige Träger der Sozialhilfe“ ersetzt.
c) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
aa) In Satz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger
der Sozialhilfe“ ersetzt.
bb) In Satz 2 werden die Wörter „ausführende Träger“ durch die Wörter „für dieses
Kapitel zuständige Träger der Sozialhilfe“ ersetzt.
cc) In Satz 3 werden die Wörter „der für die Ausführung des Gesetzes nach diesem
Kapitel zuständige Träger“ durch die Wörter „für dieses Kapitel zuständigen
Träger der Sozialhilfe“ ersetzt.
dd) In Satz 4 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger
der Sozialhilfe“ ersetzt.
d) Absatz 6 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 2 wird wie folgt geändert:
aaa) In dem Satzteil vor Nummer 1 wird nach dem Wort „nicht,“ das Wort
„wenn“ eingefügt.
bbb) In Nummer 1 wird das Wort „wenn“ gestrichen.
ccc) In Nummer 2 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach
diesem Kapitel zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige
Träger der Sozialhilfe“ ersetzt.
bb) In Satz 3 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger
der Sozialhilfe“ ersetzt.
10. § 44b wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständigen Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständigen Träger der Sozialhilfe“
ersetzt.
b) Absatz 4 wird wie folgt geändert:
- 3 -
aa) In Satz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständiger Träger kann nach Ermächtigung eines anderen Trägers im
Sinne dieses Buches“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständiger Träger der
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Sozialhilfe kann nach Ermächtigung eines anderen Trägers der Sozialhilfe“
ersetzt.
bb) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Zwischen den für dieses Kapitel zuständigen Trägern der Sozialhilfe erfolgt
keine Erstattung verrechneter Forderungen, soweit die miteinander verrechneten
Ansprüche auf der Bewilligung von Leistungen nach diesem Kapitel beruhen.“
11. In § 44c werden im Satzteil vor Nummer 1 die Wörter „die Ausführung des Gesetzes
nach diesem Kapitel zuständigen Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständigen
Träger der Sozialhilfe“ ersetzt.
12. § 45 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständige Träger“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständige Träger der Sozialhilfe“
ersetzt.
b) In Satz 2 werden die Wörter „ersuchenden Träger, der für die Ausführung des Gesetzes
nach diesem Kapitel zuständig ist“ durch die Wörter „für dieses Kapitel zuständigen
Träger der Sozialhilfe, der das Ersuchen gestellt hat“ ersetzt.
13. Nach § 45 wird folgender § 45a eingefügt:
„§ 45a
Durchschnittliche Warmmiete nach § 42a Absatz 5
Die Höhe der durchschnittlichen Warmmiete nach § 42a Absatz 5 Satz 3 ergibt
sich aus den im Durchschnitt für Einpersonenhaushalte anerkannten Bedarfen für Unterkunft
und Heizung im Zuständigkeitsbereich des für dieses Kapitel zuständigen Trägers
der Sozialhilfe. Nach Satz 1 zuständiger Träger der Sozialhilfe ist derjenige Träger
für dieses Kapitel, der für in Wohnungen lebende Leistungsberechtigte zuständig ist,
die zur gleichen Zeit keine Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel oder nach
Teil 2 des Neunten Buches erhalten und in dessen örtlichem Zuständigkeitsbereich die
Räumlichkeiten nach § 42a Absatz 5 Satz 1 liegen. Hat ein nach Satz 2 zuständiger
Träger innerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereiches mehr als eine Angemessenheitsgrenze
festgelegt, so können die sich daraus ergebenden örtlichen Abgrenzungen
für die Durchschnittsbildung zu Grunde gelegt werden. Die Höhe der durchschnittlichen
Warmmiete ist regelmäßig zu überprüfen und neu festzusetzen.“
14. In § 46 Satz 4 werden die Wörter „für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständigen Träger“ durch die Wörter „für dieses Kapitel zuständigen Träger der
Sozialhilfe“ ersetzt.
15. Die Überschrift vor § 46a wird wie folgt gefasst:
16. § 46a wird wie folgt geändert:
- 4 -
„Dritter Abschnitt Erstattung“.
a) In Absatz 1 werden die Wörter „die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel
zuständigen Trägern“ durch die Wörter „dieses Kapitel zuständigen Trägern der
Sozialhilfe“ ersetzt.
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b) In Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden jeweils die Wörter „die Ausführung
des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständigen Träger“ durch die Wörter „dieses
Kapitel zuständigen Träger der Sozialhilfe“ ersetzt.
c) In Absatz 5 Satz 2 werden die Wörter „für die für die Ausführung nach diesem
Kapitel zuständigen Träger“ durch die Wörter „nach den für dieses Kapitel zuständigen
Trägern der Sozialhilfe“ ersetzt.
17. § 46b wird aufgehoben.
18. § 63 wird wie folgt geändert:
a) Dem Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 werden nach Buchstabe f die folgenden Buchstaben
g und h angefügt:
„g) digitalen Pflegeanwendungen (§ 64j),
h) ergänzender Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen
(§ 64k),“.
b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
„(2) Die Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1
1. Pflegehilfsmittel (§ 64d),
- 5 -
2. Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes (§ 64e),
3. digitale Pflegeanwendungen (§ 64j),
4. ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen
(§ 64k) und
5. einen Entlastungsbetrag (§ 66).“
19. Nach § 64i werden die folgenden §§ 64j und 64k eingefügt:
„§ 64j
Digitale Pflegeanwendungen
(1) Pflegebedürftige haben Anspruch auf eine notwendige Versorgung mit Anwendungen,
die wesentlich auf digitalen Technologien beruhen, die von den Pflegebedürftigen
oder in der Interaktion von Pflegebedürftigen, Angehörigen und zugelassenen
ambulanten Pflegeeinrichtungen genutzt werden, um insbesondere Beeinträchtigungen
der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten des Pflegebedürftigen zu mindern und
einer Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken (digitale Pflegeanwendungen).
(2) Der Anspruch umfasst nur solche digitalen Pflegeanwendungen, die vom Bundesinstitut
für Arzneimittel und Medizinprodukte in das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen
nach § 78a Absatz 3 des Elften Buches aufgenommen wurden.
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§ 64k
Ergänzende Unterstützung bei Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen
Pflegebedürftige haben bei der Nutzung digitaler Pflegeanwendungen im Sinne
des § 64j Anspruch auf erforderliche ergänzende Unterstützungsleistungen, die das
Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nach § 78a Absatz 5 Satz 6 des
Elften Buches festgelegt hat, durch nach dem Recht des Elften Buches zugelassene
ambulante Pflegeeinrichtungen.“
20. In § 90 Absatz 2 Nummer 3 werden die Wörter „erheblichen Teilhabeeinschränkungen
(§ 99 des Neunten Buches)“ durch die Wörter „einer wesentlichen Behinderung oder
einer drohenden wesentlichen Behinderung (§ 99 Absatz 1 und 2 des Neunten Buches)“
ersetzt.
21. In § 94 Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „einer volljährigen unterhaltsberechtigten
Person, die in erheblichem Maße zur Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt (§ 99
des Neunten Buches)“ durch die Wörter „einer volljährigen unterhaltsberechtigten Person,
die in der Eingliederungshilfe leistungsberechtigt im Sinne des § 99 Absatz 1 bis
3 des Neunten Buches“ ersetzt.
22. § 97 wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1)
Die sachliche Zuständigkeit der Träger der Sozialhilfe wird durch Landesrecht
bestimmt.“
b) Die Absätze 2 und 3 werden aufgehoben.
c) Absatz 4 wird Absatz 2.
d) Absatz 5 wird aufgehoben.
23. In § 98 Absatz 1a Satz 1 werden die Wörter „und nach“ durch die Wörter „bei Anwendung
von“ ersetzt.
24. § 99 wird aufgehoben.
25. § 101 wird aufgehoben.
- 6 -
Artikel 2
Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch
§ 28 Absatz 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – (Artikel I des
Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I S. 3015), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes
vom 12. Juni 2020 (BGBl. I S. 1248) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„(2)
Zuständig sind die durch Landesrecht bestimmten Träger der Sozialhilfe; sie arbeiten
mit den Trägern der freien Wohlfahrtspflege zusammen.“
Artikel 3
Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
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Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – in der Fassung
der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), das zuletzt durch
Artikel 42 des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3096) geändert worden ist,
wird wie folgt geändert:
1. In § 1 Absatz 2 Satz 4 Nummer 5 wird das Wort „behindertenspezifische“ durch das
Wort „behinderungsspezifische“ ersetzt.
2. Dem § 5 wird folgender Absatz 5 angefügt:
„(5) Leistungen nach den §§ 16a und 16b, 16d sowie 16f bis 16i können auch an
erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht werden, sofern ein Rehabilitationsträger
im Sinne des Neunten Buches zuständig ist; § 22 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Dritten
Buches ist entsprechend anzuwenden.“
3. In § 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 5 wird das Wort „behinderter“ durch die Wörter „von
Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
4. § 16 Absatz 1 Satz 3 wird wie folgt gefasst:
„Für Eingliederungsleistungen an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen
nach diesem Buch gelten entsprechend
1. die §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen
und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie § 116 Absatz 1, 2, 5 und
6 des Dritten Buches,
2. § 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 3 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen
zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
3. die §§ 127 und 128 des Dritten Buches für die besonderen Leistungen zur Förderung
der beruflichen Weiterbildung.“
5. In § 16a Nummer 1 werden die Wörter „minderjähriger oder behinderter Kinder“ durch
die Wörter „minderjähriger Kinder oder von Kindern mit Behinderungen“ ersetzt.
Artikel 4
Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
Das Dritte Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom
24. März 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch Artikel 6 des Gesetzes vom 18.
Januar 2021 (BGBl. I S. 2) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
a) Die Angabe zu § 19 wird wie folgt gefasst:
„§ 19 Menschen mit Behinderungen“.
- 7 -
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b) Die Angabe zu § 46 wird wie folgt gefasst:
„§ 46 Probebeschäftigung und Arbeitshilfe für Menschen mit Behinderungen“.
c) Die Angabe zu § 73 wird wie folgt gefasst:
„§ 73 Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für Menschen mit Behinderungen und schwerbehinderte Menschen“.
d) Die Angabe zu § 90 wird wie folgt gefasst:
„§ 90 Eingliederungszuschuss für Menschen mit Behinderungen und schwerbehinderte Menschen“.
e) In der Überschrift zum Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels werden die Wörter
„behinderter Menschen“ durch die Wörter „von Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
2. § 19 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„§ 19
Menschen mit Behinderungen“.
b) In Absatz 1 wird das Wort „Behindert“ durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“
und werden die Wörter „lernbehinderter Menschen“ durch die Wörter
„Menschen mit Lernbehinderungen“ ersetzt.
c) In Absatz 2 werden die Wörter „Behinderten Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
3. § 22 wird wie folgt geändert:
a) Nach Absatz 2 Satz 1 wird folgender Satz eingefügt:
„Dies gilt nicht für Leistungen nach den §§ 44 und 45, sofern nicht bereits der nach
Satz 1 zuständige Rehabilitationsträger nach dem jeweiligen für ihn geltenden
Leistungsgesetz gleichartige Leistungen erbringt.“
b) Absatz 4 Satz 1 Nummer 6 wird wie folgt gefasst:
„6. Leistungen zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben
nach
a) den §§ 112 bis 114, 115 Nummer 1 bis 3 mit Ausnahme berufsvorbereitender
Bildungsmaßnahmen und der Berufsausbildungsbeihilfe sowie §
116 Absatz 1, 2 und 6,
b) § 117 Absatz 1 und § 118 Nummer 1 und 3 für die besonderen Leistungen
zur Förderung der beruflichen Weiterbildung,
c) den §§ 119 bis 121,
- 8 -
d) den §§ 127 und 128 für die besonderen Leistungen zur Förderung der
beruflichen Weiterbildung.“
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4. In § 45 Absatz 6 Satz 4 werden die Wörter „behinderten Menschen“ durch die Wörter
„Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
5. § 46 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„§ 46
Probebeschäftigung und Arbeitshilfe für Menschen mit Behinderungen“.
b) In Absatz 1 wird das Wort „behinderter,“ durch die Wörter „von Menschen mit Behinderungen
sowie“ ersetzt.
c) In Absatz 2 wird das Wort „behindertengerechte“ durch das Wort „behinderungsgerechte“
ersetzt.
6. § 73 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„§ 73
Zuschüsse zur Ausbildungsvergütung für Menschen mit Behinderungen
und schwerbehinderte Menschen“.
b) In Absatz 1 wird das Wort „behinderten“ durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“
ersetzt.
7. § 90 wird wie folgt geändert:
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„§ 90
Eingliederungszuschuss für Menschen mit Behinderungen
und schwerbehinderte Menschen“.
b) In Absatz 1 wird das Wort „behinderte“ durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“
ersetzt.
8. In der Überschrift zum Siebten Abschnitt des Dritten Kapitels werden die Wörter „behinderter
Menschen“ durch die Wörter „von Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
9. In § 112 Absatz 1 werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
10. In § 113 Absatz 1 werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
11. § 114 wird wie folgt geändert:
a) Der Wortlaut wird Absatz 1.
- 9 -
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b) Folgender Absatz 2 wird angefügt:
„(2)
Die allgemeinen und besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget erbracht; § 29 des Neunten
Buches gilt entsprechend.“
12. § 116 wird wie folgt geändert:
a) In den Absätzen 1 und 2 werden jeweils die Wörter „behinderte Menschen“ durch
die Wörter „Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
b) In Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden jeweils die Wörter „behinderte
Mensch“ durch die Wörter „Mensch mit Behinderungen“ ersetzt.
c) Absatz 6 Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In dem Satzteil vor Nummer 1 werden die Wörter „behinderte Menschen“
durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
bb) In Nummer 3 werden die Wörter „nichtbehinderte Menschen“ durch die Wörter
„Menschen ohne Behinderungen“ ersetzt.
d) In Absatz 7 werden die Wörter „behinderte Mensch“ durch die Wörter „Mensch mit
Behinderungen“ ersetzt.
13. § 117 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
a) Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In dem Satzteil vor Nummer 1 werden die Wörter „blindentechnischer und vergleichbarer
spezieller Grundausbildungen“ durch die Wörter „der wegen der
Behinderung erforderlichen Grundausbildung“ ersetzt.
bb) Nummer 1 wird wie folgt geändert:
aaa) In Buchstabe a werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die
Wörter „Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
bbb) In Buchstabe b werden die Wörter „behinderter Menschen“ durch die
Wörter „von Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
b) In Satz 2 werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
14. § 118 Satz 2 wird aufgehoben.
15. § 119 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 werden in dem Satzteil vor Nummer 1 die Wörter „Behinderte Menschen“
durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
b) In Satz 3 werden die Wörter „die behinderten Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
16. § 120 wird wie folgt geändert:
- 10 -
a) In Absatz 1 werden die Wörter „behinderte Mensch“ durch die Wörter „Mensch mit
Behinderungen“ ersetzt.
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b) In Absatz 2 Satz 1 werden die Wörter „behinderte Berufsrückkehrende“ durch die
Wörter „Berufsrückkehrende mit Behinderungen“ ersetzt.
17. § 121 wird wie folgt geändert:
a) Satz 1 wird wie folgt geändert:
aa) In dem Satzteil vor Nummer 1 werden die Wörter „behinderter Mensch“ durch
die Wörter „Mensch mit Behinderungen“ ersetzt.
bb) In Nummer 1 werden die Wörter „behinderten Menschen“ durch die Wörter
„Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
b) In Satz 2 werden die Wörter „behinderte Mensch“ durch die Wörter „Mensch mit
Behinderungen“ ersetzt.
18. In § 122 Absatz 1 werden die Wörter „Behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
19. In § 123 Satz 1 Nummer 2 werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter
„Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
20. In § 124 Nummer 2 werden die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
21. § 126 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 werden die Wörter „behinderter Mensch“ durch die Wörter „Mensch mit
Behinderungen“ ersetzt.
b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- 11 -
aa) In Nummer 1 werden die Wörter „behinderten Menschen“ durch die Wörter
„Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
bb) In Nummer 2 werden die Wörter „behinderte Mensch“ durch die Wörter
„Mensch mit Behinderungen“ ersetzt.
22. In § 128 werden jeweils die Wörter „behinderte Menschen“ durch die Wörter „Menschen
mit Behinderungen“ ersetzt.
23. Dem § 323 Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:
„In den Fällen, in denen ein Antrag auf Kurzarbeitergeld, Saison-Kurzarbeitergeld, Erstattung
der Sozialversicherungsbeiträge für die Bezieherinnen und Bezieher von Kurzarbeitergeld
oder ergänzende Leistungen nach § 102 elektronisch gestellt wird, kann
das Verfahren nach § 108 Absatz 1 des Vierten Buches genutzt werden.“
24. In § 344 Absatz 3 werden nach dem Wort „Für“ die Wörter „behinderte Menschen“
durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
25. In § 346 Absatz 2 werden nach den Wörtern „allein für“ die Wörter „behinderte Menschen“
durch die Wörter „Menschen mit Behinderungen“ ersetzt.
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Artikel 5
Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch
Das Vierte Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung
– in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 2009 (BGBl. I S. 3710,
3973; 2011 I S. 363), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 3. Dezember 2020
(BGBl. I S. 2668) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zu § 108 wie folgt gefasst:
„§ 108 Elektronische Übermittlung von Anträgen und sonstigen Bescheinigungen an die Sozialversicherungsträger“.
2. In § 95b Absatz 4 werden die Wörter „und der Unfallversicherung“ durch die Wörter „,
der Träger der Unfallversicherung und der Bundesagentur für Arbeit“ ersetzt.
3. § 108 wird wie folgt geändert:
- 12 -
a) Die Überschrift wird wie folgt gefasst:
„§ 108
Elektronische Übermittlung von Anträgen und sonstigen Bescheinigungen an die
Sozialversicherungsträger“.
b) In Absatz 1 Satz 1 werden nach dem Wort „übermitteln“ die Wörter „oder die Anträge
nach § 323 Absatz 2 Satz 1 und 3 des Dritten Buches auf Kurzarbeitergeld,
Saisonkurzarbeitergeld, Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge für die Bezieherinnen
und Bezieher von Kurzarbeitergeld oder ergänzende Leistungen nach
§ 102 des Dritten Buches elektronisch stellen“ eingefügt.
Artikel 6
Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch
In § 15 Absatz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung
– in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl. I S. 754,
1404, 3384), das zuletzt durch Artikel 9c des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I
S. 3334) geändert worden ist, wird die Angabe „§§ 42 bis 47“ durch die Angabe „§§ 42 bis
47a“ ersetzt.
Artikel 7
Änderung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch
Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234), das
zuletzt durch Artikel 3 Absatz 6 des Gesetzes vom 9. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2075) geändert
worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Die Inhaltsübersicht wird wie folgt geändert:
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a) In der Angabe zu Teil 1 Kapitel 7 wird nach dem Wort „Qualitätssicherung“ das
Wort „, Gewaltschutz“ eingefügt.
b) Nach der Angabe zu § 37 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 37a Gewaltschutz“.
c) Nach der Angabe zu § 47 wird folgende Angabe eingefügt:
„§ 47a Digitale Gesundheitsanwendungen“.
d) Die Angabe zu § 99 wird wie folgt gefasst:
„§ 99 Leistungsberechtigung, Verordnungsermächtigung“.
2. § 6 Absatz 3 wird wie folgt geändert:
a) Die Sätze 3 bis 7 werden aufgehoben.
b) Folgende Sätze werden angefügt:
„Die Bundesagentur für Arbeit stellt den Rehabilitationsbedarf fest. Sie beteiligt das
zuständige Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 und berät das Jobcenter zu den
von ihm zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 Absatz
1 Satz 3 des Zweiten Buches. Das Jobcenter entscheidet über diese Leistungen
innerhalb der in Kapitel 4 genannten Fristen.“
3. § 19 wird wie folgt geändert:
a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
„Soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 14 Leistungen nach dem Zweiten
Buch beantragt sind oder erbracht werden, beteiligt der leistende Rehabilitationsträger
das zuständige Jobcenter wie in den Fällen nach Satz 1.“
b) Absatz 2 Satz 2 wird wie folgt geändert:
aa) In Nummer 10 wird das Wort „und“ am Ende durch ein Komma ersetzt.
bb) In Nummer 11 wird der Punkt am Ende durch das Wort „und“ ersetzt.
cc) Folgende Nummer 12 wird angefügt:
„12. die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Zweiten Buch, soweit
das Jobcenter nach Absatz 1 Satz 2 zu beteiligen ist.“
4. In § 20 Absatz 3 Satz 2 werden die Wörter „Rehabilitationsdienste, Rehabilitationseinrichtungen
und Jobcenter“ durch die Wörter „Rehabilitationsdienste und Rehabilitationseinrichtungen“
ersetzt.
5. § 22 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 3 Satz 2 werden nach den Wörtern „die Rehabilitationsträger und das
Integrationsamt“ die Wörter „sowie das nach § 19 Absatz 1 Satz 2 zu beteiligende
Jobcenter“ eingefügt.
b) Absatz 4 wird aufgehoben.
- 13 -
Drucksache 129/21
c) Absatz 5 wird Absatz 4.
6. In der Überschrift zu Teil 1 Kapitel 7 wird nach dem Wort „Qualitätssicherung“ das Wort
„, Gewaltschutz“ eingefügt.
7. Nach § 37 wird folgender § 37a eingefügt:
„§ 37a
Gewaltschutz
(1) Die Leistungserbringer treffen geeignete Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt
für Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Menschen, insbesondere
für Frauen und Kinder mit Behinderungen und von Behinderung bedrohte Frauen
und Kinder.
(2) Die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Erfüllung
ihrer gesetzlichen Aufgaben darauf hin, dass der Schutzauftrag nach Absatz 1 von den
Leistungserbringern umgesetzt wird.“
8. § 42 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- 14 -
a) In Nummer 6 wird das Wort „sowie“ durch ein Komma ersetzt.
b) Nach Nummer 6 wird folgende Nummer 6a eingefügt:
„6a. digitale Gesundheitsanwendungen sowie“.
9. Nach § 47 wird folgender § 47a eingefügt:
„§ 47a
Digitale Gesundheitsanwendungen
(1) Digitale Gesundheitsanwendungen nach § 42 Absatz 2 Nummer 6a umfassen
die in das Verzeichnis nach § 139e Absatz 1 des Fünften Buches aufgenommenen
digitalen Gesundheitsanwendungen, sofern diese unter Berücksichtigung des Einzelfalls
erforderlich sind, um
1. einer drohenden Behinderung vorzubeugen,
2. den Erfolg einer Heilbehandlung zu sichern oder
3. eine Behinderung bei der Befriedigung von Grundbedürfnissen des täglichen Lebens
auszugleichen, sofern die digitalen Gesundheitsanwendungen nicht die Funktion
von allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens übernehmen.
Digitale Gesundheitsanwendungen werden nur mit Zustimmung des Leistungsberechtigten
erbracht.
(2) Wählen Leistungsberechtige digitale Gesundheitsanwendungen, deren Funktion
oder Anwendungsbereich über die Funktion und den Anwendungsbereich einer
vergleichbaren in das Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen nach § 139e
des Fünften Buches aufgenommenen digitalen Gesundheitsanwendung hinausgehen,
so haben sie die Mehrkosten selbst zu tragen.“
10. § 61a wird wie folgt geändert:
a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:
Drucksache 129/21
aa) In Satz 1 wird nach der Angabe „§ 57“ die Angabe „oder § 58“ eingefügt und
die Angabe „§ 42m“ durch die Angabe „§ 42r“ ersetzt.
bb) Satz 2 wird aufgehoben.
b) Absatz 2 wird wie folgt geändert:
aa) Satz 1 wird wie folgt gefasst:
„Das Budget für Ausbildung umfasst
1. die Erstattung der Ausbildungsvergütung einschließlich des Anteils des Arbeitgebers
am Gesamtsozialversicherungsbeitrag und des Beitrags zur Unfallversicherung
nach Maßgabe des Siebten Buches,
2. die Aufwendungen für die wegen der Behinderung erforderliche Anleitung
und Begleitung am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule sowie
3. die erforderlichen Fahrkosten.“
bb) Folgender Satz wird angefügt:
„Vor dem Abschluss einer Vereinbarung mit einer Einrichtung der beruflichen
Rehabilitation ist dem zuständigen Leistungsträger das Angebot mit konkreten
Angaben zu den entstehenden Kosten zur Bewilligung vorzulegen.“
c) Absatz 5 wird wie folgt geändert:
aa) Die Wörter „Der zuständige Leistungsträger“ werden durch die Wörter „Die
Bundesagentur für Arbeit“ ersetzt.
bb) Folgender Satz wird angefügt:
„Dies umfasst im Fall des Absatzes 2 Satz 4 auch die Unterstützung bei der
Suche nach einer geeigneten Einrichtung der beruflichen Rehabilitation.“
11. § 63 Absatz 3 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 1 wird der Punkt am Ende durch die Wörter „an Menschen mit Behinderungen,
die Anspruch auf Leistungen nach § 57 haben.“ ersetzt.
b) Satz 2 wird wie folgt gefasst:
- 15 -
„Absatz 2 gilt auch für die Leistungen zur Beschäftigung bei einem anderen Leistungsanbieter,
für die Leistung des Budgets für Ausbildung an Menschen mit Behinderungen,
die Anspruch auf Leistungen nach § 58 haben und die keinen Anspruch
auf Leistungen nach § 57 haben, sowie für die Leistung des Budgets für
Arbeit.“
12. In § 93 Absatz 3 werden die Wörter „Beeinträchtigung mit drohender erheblicher Teilhabeeinschränkung
nach § 99“ durch die Wörter „drohenden wesentlichen Behinderung
nach § 99 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2“ ersetzt.
Drucksache 129/21
13. In § 94 Absatz 5 Satz 3 Nummer 2 werden die Wörter „zum leistungsberechtigten Personenkreis
nach § 99“ durch die Wörter „zur Leistungsberechtigung nach § 99“ ersetzt.
14. In § 97 Satz 2 Nummer 1 Buchstabe b werden die Wörter „den leistungsberechtigten
Personenkreis nach § 99“ durch die Wörter „Personen, die leistungsberechtigt im Sinne
des § 99 Absatz 1 bis 3 sind,“ ersetzt.
15. § 99 wird wie folgt gefasst:
„§ 99
Leistungsberechtigung, Verordnungsermächtigung
(1) Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten Menschen mit Behinderungen im
Sinne von § 2 Absatz 1 Satz 1 und 2, die wesentlich in der gleichberechtigten Teilhabe
an der Gesellschaft eingeschränkt sind (wesentliche Behinderung) oder von einer solchen
wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit
des Einzelfalles Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe nach
§ 90 erfüllt werden kann.
(2) Von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind Menschen, bei denen der
Eintritt einer wesentlichen Behinderung nach fachlicher Erkenntnis mit hoher Wahrscheinlichkeit
zu erwarten ist.
(3) Menschen mit anderen geistigen, seelischen, körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigungen,
durch die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten
Barrieren in der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft eingeschränkt sind,
können Leistungen der Eingliederungshilfe erhalten.
(4) Die Bundesregierung kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des
Bundesrates Bestimmungen über die Konkretisierung der Leistungsberechtigung in der
Eingliederungshilfe erlassen. Bis zum Inkrafttreten einer nach Satz 1 erlassenen
Rechtsverordnung gelten §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfe-Verordnung in der am 31.
Dezember 2019 geltenden Fassung entsprechend.“
16. § 101 Absatz 4 wird wie folgt geändert:
a) In Satz 2 werden die Wörter „wird der örtlich zuständige Träger von einer Schiedsstelle
bestimmt.“ durch die Wörter „richtet sich die örtliche Zuständigkeit des Trägers
der Eingliederungshilfe nach dem Geburtsort der Mutter der antragstellenden
Person.“ ersetzt.
b) Die folgenden Sätze werden angefügt:
„Liegt dieser ebenfalls im Ausland oder ist er nicht zu ermitteln, richtet sich die
örtliche Zuständigkeit des Trägers der Eingliederungshilfe nach dem Geburtsort
des Vaters der antragstellenden Person. Liegt auch dieser im Ausland oder ist er
nicht zu ermitteln, ist der Träger der Eingliederungshilfe örtlich zuständig, bei dem
der Antrag eingeht.“
17. § 111 Absatz 1 wird wie folgt geändert:
- 16 -
a) In Nummer 2 wird das Wort „sowie“ durch ein Komma ersetzt.
b) In Nummer 3 wird der Punkt am Ende durch das Wort „sowie“ ersetzt.
c) Folgende Nummer 4 wird angefügt:
„4. Leistungen für ein Budget für Ausbildung nach § 61a.“
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18. In § 117 Absatz 5 wird die Angabe „§ 22 Absatz 5“ durch die Angabe „§ 22 Absatz 4“
ersetzt.
19. § 123 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
„(3)
Keine Leistungserbringer im Sinne dieses Kapitels sind
1. private und öffentliche Arbeitgeber gemäß § 61 oder § 61a sowie
2. Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, in denen der schulische Teil der Ausbildung
nach § 61a Absatz 2 Satz 4 erfolgen kann.“
20. § 142 Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
- 17 -
„(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend für volljährige Leistungsberechtigte,
wenn diese Leistungen erhalten, denen Vereinbarungen nach § 134 Absatz 4 zugrunde
liegen. In diesem Fall ist den volljährigen Leistungsberechtigten die Aufbringung der
Mittel für die Kosten des Lebensunterhaltes nur in Höhe der für ihren häuslichen Lebensunterhalt
ersparten Aufwendungen zuzumuten.“
21. In § 158 Absatz 2 Satz 2 werden nach dem Wort „Altersteilzeit“ die Wörter „oder Teilzeitberufsausbildung“
eingefügt.
22. In § 220 Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „§ 9 des Zwölften Buches“ durch die Angabe
„§ 104“ ersetzt.
23. In § 228 Absatz 6 Nummer 2 wird der Punkt am Ende durch die Wörter „, sowie für
einen nach § 12e Absatz 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes gekennzeichneten
Assistenzhund.“ ersetzt.
Artikel 8
Änderung des Bundesteilhabegesetzes
Artikel 25 Absatz 3 Satz 2 des Bundesteilhabegesetzes vom 23. Dezember 2016
(BGBl. I S. 3234), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 30. November 2019
(BGBl. I S. 1948) geändert worden ist, wird aufgehoben.
Artikel 9
Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes
Das Behindertengleichstellungsgesetz vom 27. April 2002 (BGBl. I S. 1467, 1468), das
zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 10. Juli 2018 (BGBl. I S. 1117) geändert worden
ist, wird wie folgt geändert:
1. In der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe zu § 12d die folgenden Angaben eingefügt:
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„Abschnitt 2b Assistenzhunde
§ 12e Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch Assistenzhunde
§ 12f Ausbildung von Assistenzhunden
§ 12g Prüfung von Assistenzhunden und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
§ 12h Haltung von Assistenzhunden
§ 12i Zulassung einer Ausbildungsstätte für Assistenzhunde
§ 12j Fachliche Stelle und Prüfer
§ 12k Studie zur Untersuchung
§ 12l Verordnungsermächtigung“.
- 18 -
2. Nach § 12d wird folgender Abschnitt 2b eingefügt:
„Abschnitt 2b
Assistenzhunde
§ 12e
Menschen mit Behinderungen in Begleitung durch Assistenzhunde
(1) Träger öffentlicher Gewalt sowie Eigentümer, Besitzer und Betreiber von beweglichen
oder unbeweglichen Anlagen und Einrichtungen dürfen Menschen mit Behinderungen
in Begleitung durch ihren Assistenzhund oder Blindenführhund den Zutritt
zu ihren typischerweise für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen
Anlagen und Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch ihren Assistenzhund
oder Blindenführhund verweigern, soweit nicht der Zutritt mit Assistenzhund
oder Blindenführhund eine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen
würde. Weitergehende Rechte von Menschen mit Behinderungen bleiben unberührt.
(2) Eine nach Absatz 1 unberechtigte Verweigerung durch Träger öffentlicher Gewalt
gilt als Benachteiligung im Sinne von § 7 Absatz 1.
(3) Ein Assistenzhund ist ein unter Beachtung des Tierschutzes und des individuellen
Bedarfs eines Menschen mit Behinderungen speziell ausgebildeter Hund, der aufgrund
seiner Fähigkeiten und erlernten Assistenzleistungen dazu bestimmt ist, diesem
Menschen die selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen
oder zu erleichtern. Dies ist der Fall, wenn der Assistenzhund
1. zusammen mit einem Menschen mit Behinderungen als Mensch-Assistenzhund-
Gemeinschaft im Sinne des § 12g zertifiziert ist oder
2. von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung, einem Träger nach § 6
des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, einem Beihilfeträger, einem Träger der
Heilfürsorge oder einem privaten Versicherungsunternehmen als Hilfsmittel zur
Teilhabe anerkannt ist oder
3. im Ausland als Assistenzhund anerkannt ist und dessen Ausbildung den Anforderungen
des § 12f Satz 2 entspricht oder
- 19 -
Drucksache 129/21
4. zusammen mit einem Menschen mit Behinderungen als Mensch-Assistenzhund-
Gemeinschaft vor dem … [einsetzen: Datum des ersten Tages des auf die Verkündung
folgenden Quartals] ausgebildet wurde oder sich zu diesem Zeitpunkt bereits
in einer den Anforderungen nach § 12f entsprechenden Ausbildung befindet.
(4) Ein Assistenzhund ist als solcher zu kennzeichnen.
(5) Für den Assistenzhund ist eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch
ihn verursachten Personenschäden, Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden
abzuschließen und aufrechtzuerhalten.
(6) Blindenführhunde, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 des Fünften Buches
Sozialgesetzbuch gewährt worden sind, sind keine Assistenzhunde im Sinne dieses
Gesetzes.
§ 12f
Ausbildung von Assistenzhunden
Assistenzhund und die Gemeinschaft von Mensch und Tier (Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft)
bedürfen einer geeigneten Ausbildung durch eine oder begleitet
von einer Ausbildungsstätte für Assistenzhunde (§ 12i). Gegenstand der Ausbildung
sind insbesondere die Schulung des Sozial- und Umweltverhaltens sowie des Gehorsams
des Hundes, grundlegende und spezifische Hilfeleistungen des Hundes, das
langfristige Funktionieren der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft sowie die Vermittlung
der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten an den Halter, insbesondere im Hinblick
auf die artgerechte Haltung des Assistenzhundes. Aufgabe der Ausbildungsstätte
ist dabei nicht nur das Bereitstellen eines Assistenzhundes, sondern nach Abschluss
der Ausbildung bei Bedarf auch die nachhaltige Unterstützung des Assistenzhundehalters.
§ 12g
Prüfung von Assistenzhunden und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
Der Abschluss der Ausbildung des Hundes und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
nach § 12f erfolgt durch eine Prüfung. Die Prüfung dient dazu, die Eignung
als Assistenzhund und die Zusammenarbeit der Mensch-Tier-Gemeinschaft nachzuweisen.
Die bestandene Prüfung ist durch ein Zertifikat eines Prüfers im Sinne von §
12j Absatz 2 zu bescheinigen.
§ 12h
Haltung von Assistenzhunden
(1) Der Halter eines Assistenzhundes ist zur artgerechten Haltung des Assistenzhundes
verpflichtet. Die Anforderungen des Tierschutzgesetzes in der Fassung der
Bekanntmachung vom 18. Mai 2006 (BGBl. I S. 1206, 1313), das zuletzt durch Artikel
280 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, in der
jeweils geltenden Fassung sowie der Tierschutz-Hundeverordnung vom 2. Mai 2001
(BGBl. I S. 838), die durch Artikel 3 der Verordnung vom 12. Dezember 2013 (BGBl. I
S. 4145) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, bleiben unberührt.
Drucksache 129/21
(2) Soweit aufgrund der Art der Behinderung oder des Alters des Menschen mit
Behinderungen die artgerechte Haltung des Assistenzhundes in der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
nicht sichergestellt ist, ist die Versorgung des Assistenzhundes
durch eine weitere Bezugsperson sicherzustellen. In diesem Fall gilt diese Bezugsperson
als Halter des Assistenzhundes.
§ 12i
Zulassung einer Ausbildungsstätte für Assistenzhunde
Eine Ausbildungsstätte, die Assistenzhunde nach § 12f ausbildet, bedarf der Zulassung
durch eine Fachliche Stelle. Die Zulassung ist jährlich durch die fachliche Stelle
zu überprüfen. Eine Ausbildungsstätte für Assistenzhunde ist auf Antrag zuzulassen,
wenn sie
1. über eine Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Satz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes
verfügt oder, soweit eine solche Erlaubnis nicht erforderlich ist,
wenn die verantwortliche Person der Ausbildungsstätte die erforderlichen Kenntnisse
und Fähigkeiten besitzt,
2. über die erforderliche Sachkunde verfügt, die eine erfolgreiche Ausbildung von
Assistenzhunden sowie der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft erwarten lässt,
und
3. die Anforderungen der Verordnung gemäß § 12l erfüllt und ein System zur Qualitätssicherung
anwendet.
Der Antrag muss alle Angaben und Nachweise erhalten, die erforderlich sind, um das
Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 2 festzustellen. Das Zulassungsverfahren
folgt dem Verfahren nach DIN EN ISO/IEC 17065:2013 1) . Die Zulassung einer Ausbildungsstätte
ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu befristen. Die Fachliche Stelle bescheinigt
die Kompetenz und Leistungsfähigkeit der Ausbildungsstätte durch Zulassungszertifikat.
.
- 20 -
§12j
Fachliche Stelle und Prüfer
(1) Als Fachliche Stelle dürfen nur Zertifizierungsstellen für Produkte, Prozesse
und Dienstleistungen nach DIN EN ISO/IEC 17065:2013 tätig werden, die von einer
nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Vorschriften für die
Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von
Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 des Rates (ABl. L
218 vom 13.8.2008, S. 30), die durch die Verordnung (EU) 2019/1020 (ABl. L 169 vom
25.6.2019, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung akkreditiert
worden sind. Die Akkreditierung ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu befristen. Das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales übt im Anwendungsbereich dieses Gesetzes
die Aufsicht über die nationale Akkreditierungsstelle aus.
1 ) Amtlicher Hinweis: Die in § 12i Satz 5 bezeichneten technischen Normen sind zu beziehen bei der
Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin und in der Deutschen Nationalbibliothek archivmäßig gesichert,
niedergelegt und einsehbar.
(3) (2) Als Prüfer dürfen nur Stellen, die Personen zertifizieren, nach DIN EN
ISO/IEC 17024:2012 2) tätig werden, die von einer nationalen Akkreditierungsstelle im
Sinne der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 in der jeweils geltenden Fassung akkreditiert
worden sind. Die Akkreditierung ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu befristen. Ist der
Prüfer zugleich als Ausbildungsstätte im Sinne von § 12i tätig, kann die Akkreditierung
erteilt werden, wenn die Unabhängigkeitsanforderungen durch interne organisatorische
Trennung und die Anforderungen gemäß Ziffer 5.2.3 der DIN EN ISO/IEC
17024:2012 erfüllt werden. Die näheren Anforderungen an das Akkreditierungsverfahren
ergeben sich aus der Verordnung gemäß § 12l.
§ 12k
Studie zur Untersuchung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht die Umsetzung und die
Auswirkungen der §§ 12e bis 12l von 2021 bis 2024. Im Rahmen dieser Studie können
Ausgaben wie beispielsweise die Anschaffungs-, Ausbildungs- und Haltungskosten der
in die Studie einbezogenen Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften getragen werden.
§ 12l
Verordnungsermächtigung
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, im Einvernehmen
mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft durch Rechtsverordnung,
die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Folgendes zu regeln:
1. Näheres über die erforderliche Beschaffenheit des Assistenzhundes, insbesondere
Wesensmerkmale, Alter und Gesundheit des auszubildenden Hundes sowie
über die vom Assistenzhund zu erbringenden Unterstützungsleistungen,
2. Näheres über die Anerkennung von am [einsetzen: Datum des ersten Tages des
auf die Verkündung folgenden Quartals] in Ausbildung befindlichen oder bereits
ausgebildeten Assistenzhunden sowie von im Ausland anerkannten Assistenzhunden
einschließlich des Verfahrens,
3. Näheres über die erforderliche Kennzeichnung des Assistenzhundes sowie zum
Umfang des notwendigen Versicherungsschutzes,
4. Näheres über den Inhalt der Ausbildung nach § 12f und der Prüfung nach § 1ersetzt.2g
sowie über die Zulassung als Prüfer jeweils einschließlich des Verfahrens
sowie des zu erteilenden Zertifikats,
5. Näheres über die Voraussetzungen für die Akkreditierung als Fachliche Stelle einschließlich
des Verfahrens,
6. nähere Voraussetzungen für die Zulassung als Ausbildungsstätte für Assistenzhunde
einschließlich des Verfahrens.“
3. § 16 wird wie folgt geändert:
- 21 -
Drucksache 129/21
2 ) Amtlicher Hinweis: Die in § 12j Absatz 2 bezeichneten technischen Normen sind zu beziehen bei der
Beuth Verlag GmbH, 10772 Berlin und in der Deutschen Nationalbibliothek archivmäßig gesichert,
niedergelegt und einsehbar.
Drucksache 129/21
a) In Absatz 2 Satz 1 werden nach dem Wort „Bundes“ die Wörter „oder Eigentümer,
Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen und Einrichtungen“
eingefügt.
b) In Absatz 4 Satz 2 werden die Wörter „an den Träger öffentlicher Gewalt.“ durch
die Wörter „an die öffentliche Stelle oder den Eigentümer, Besitzer oder Betreiber
von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen oder Einrichtungen.“ ersetzt.
Artikel 10
Änderung der Behindertengleichstellungsschlichtungsverordnung
Die Behindertengleichstellungsschlichtungsverordnung vom 25. November 2016
(BGBl. I S. 2659), die durch Artikel 2 der Verordnung vom 21. Mai 2019 (BGBl. I S. 738)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In § 1 Absatz 2 werden nach dem Wort „Stelle“ die Wörter „oder dem Eigentümer,
Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen und Einrichtungen“
eingefügt.
2. In § 5 Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „Stelle“ die Wörter „oder des beteiligten
Eigentümers, Besitzers oder Betreibers von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen
oder Einrichtungen“ eingefügt.
3. § 6 Satz 2 wird wie folgt gefasst:
„Die schlichtende Person teilt der Antragstellerin oder dem Antragsteller und, sofern
der Antrag bereits der Antragsgegnerin oder dem Antragsgegner übermittelt worden
ist, auch dieser oder diesem die Ablehnung in Textform mit.“
4. § 7 wird wie folgt geändert:
a) In Absatz 1 Satz 3 werden die Wörter „öffentliche Stelle“ durch die Wörter „Antragsgegnerin
oder der Antragsgegner“ ersetzt.
b) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
- 22 -
„(3)
Wenn die schlichtende Person eine weitere Aufklärung des Sachverhalts
für geboten hält, kann sie die Antragsgegnerin oder den Antragsgegner zur Bereitstellung
ergänzender Informationen und zur Gewährung von Akteneinsicht auffordern.“
Artikel 11
Änderung der Werkstättenverordnung
§ 2 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 der Werkstättenverordnung vom 13. August 1980 (BGBl.
I S. 1365), die zuletzt durch Artikel 10 des Gesetzes vom 30. November 2019 (BGBl. I S.
1948) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst:
„3. Vertreter des nach Landesrecht bestimmten Trägers der Eingliederungshilfe.“
- 23 -
Artikel 12
Drucksache 129/21
Änderung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung
§ 8 Absatz 1 der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung vom 25. Juni 2001 (BGBl. I
S. 1297), die zuletzt durch Artikel 2b des Gesetzes vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1657)
geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. In Satz 1 wird die Angabe „§ 139“ durch die Angabe „§ 222“ ersetzt und werden nach
dem Wort „Betreuerbeirat“ ein Komma sowie die Wörter „die Frauenbeauftragte“ eingefügt.
2. In Satz 2 werden nach den Wörtern „Die Werkstatt“ ein Komma und die Wörter „die
Frauenbeauftragte“ eingefügt.
Artikel 13
Inkrafttreten
(1) Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 am 1. Januar 2022 in Kraft.
(2) Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe d, Nummer 18 und 19, Artikel 7 Nummer 1 Buchstaben
a bis c, Nummer 6 bis 9, 16 und 20 bis 22 sowie die Artikel 11 und 12 treten am Tag
nach der Verkündung in Kraft.
(3) Artikel 4 Nummer 23 und Artikel 5 treten am 1. Juli 2021 in Kraft.
(4) Artikel 1 Nummer 4 bis 6, 20 und 21, Artikel 7 Nummer 1 Buchstabe d, Nummer
12 bis 15 und 23 sowie die Artikel 8 bis 10 treten am [einsetzen: Datum des ersten Tages
des auf die Verkündung folgenden Quartals] in Kraft.
Drucksache 129/21 - 24 -
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen –- Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB XII)
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Juli 2020 (Az.: 2 BvR 696/12)
Teile des kommunalen Bildungspakets im SGB XII für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar
erklärt. Die betreffenden Regelungen (§ 34 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz
2, Absatz 4 bis Absatz 7 und § 34a SGB XII) stellen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
in Verbindung mit der Aufgabenzuweisung in § 3 Absatz 1 und Absatz
2 Satz 1 SGB XII eine aufgrund des Durchgriffsverbots nach Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG
unzulässige Aufgabenübertragung durch Bundesgesetz auf Kommunen dar und verletzen
diese in ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht. Das Durchgriffsverbot nach Artikel 84
Absatz 1 Satz 7 GG gestaltet insofern das kommunale Selbstverwaltungsrecht nach Artikel
28 Absatz 2 GG näher aus. Konkret erweitern die genannten Regelungen nach den Ausführungen
des Bundesverfassungsgerichts die den örtlichen Trägern der Sozialhilfe nach
§ 3 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 SGB XII zugewiesenen Aufgaben und halten sich damit
nicht mehr in den Grenzen eines bloßen Fortbestehens einer bestehenden bundesrechtlichen
Aufgabenzuweisung nach Artikel 125a Absatz 1 GG, sondern sind funktional äquivalent
zu einer gegen Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG (Durchgriffsverbot) verstoßenden erstmaligen
Aufgabenübertragung.
Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2020 bleiben die betreffenden
Vorschriften zu den Bedarfen für Bildung und Teilhabe (§§ 34 und 34a SGB XII)
noch übergangsweise bis zum 31. Dezember 2021 anwendbar. Daraus folgt der Bedarf
einer Neuregelung durch den Gesetzgeber spätestens zum 1. Januar 2022.
Der Leistungsumfang der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des SGB XII entspricht
weitgehend dem der sozialen Pflegeversicherung nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch
(SGB XI). Mit der vorgesehen Einführung von digitalen Pflegeanwendungen im SGB XI
(Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale-
Versorgung-und-Pflegemodernisierungsgesetz - DVPMG) für pflegeversicherte ambulant
versorgte Personen besteht auch in der Hilfe zur Pflege die Notwendigkeit, entsprechende
Leistungen einzuführen.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –- SGB II und
SGB III
Zur Förderung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Arbeitsleben sind verschiedene
Anpassungen im Bereich der Leistungserbringung und -koordinierung für Rehabilitandinnen
und Rehabilitanden vorgesehen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
beziehen. Ihre Betreuungssituation in den Jobcentern soll verbessert werden.
Ein Bericht der Internen Revision der Bundesagentur für Arbeit vom Juni 2018 hat Defizite
in diesem Bereich aufgezeigt. Die Eingliederungschancen von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden
werden insbesondere durch den fehlenden Zugang zu den Leistungen nach
den §§ 16a ff. SGB II (z. B. Suchtberatung oder Leistungen des Sozialen Arbeitsmarktes)
verringert. Weiterhin haben die Jobcenter und die Agenturen für Arbeit das sog. Leistungsverbot
nach § 22 Absatz 2 SGB III zu beachten. Dadurch kann in vielen Fällen eine zügige
Vermittlung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden anderer Rehabilitationsträger in den
Arbeitsmarkt nicht erfolgen. Nicht zuletzt bestehen Unsicherheiten, wann und auf welcher
- 25 -
gesetzlichen Grundlage Sozialdaten der Leistungsberechtigten zwischen den Rehabilitationsträgern
und den Jobcentern ausgetauscht werden können. Den Jobcentern wird die
Möglichkeit eingeräumt, Leistungen nach den §§ 16a ff. SGB II neben einem Rehabilitationsverfahren
zu erbringen. Damit sollen bestehende Ungleichbehandlungen abgeschafft
werden. Die Möglichkeiten der aktiven Arbeitsförderung im SGB II und SGB III sollen ausgebaut
und somit die Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt erhöht werden. Die von
den Rehabilitationsträgern und den Jobcentern zu erbringenden Leistungen sind verbindlich
zu koordinieren und abzustimmen. Der notwendige Austausch von Sozialdaten wird
sichergestellt.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung – SGB IV
Pandemiebedingt ist die Anzahl für Anträge zum Kurzarbeitergeld (KUG) sowie zum Saison-Kurzarbeitergeld
stark angestiegen. Nach einer Hochrechnung der Bundesagentur für
Arbeit kann für 2021 von rd. 3 Mio. KUG - Anträgen und rd. 285 000 Saison-KUG Anträgen
ausgegangen werden. Im Vergleich dazu gab es in 2018 und 2019 nur 21 530 bzw. 41 540
KUG-Anträge sowie 290 397 bzw. 278 815 Saison-KUG-Anträge. Der starke Anstieg hat zu
einer hohen Arbeitsbelastung bei den Arbeitgebern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit
geführt. Mit dem neuen Verfahren soll es den Betrieben und Lohnabrechnungsstellen erleichtert
werden, die Anträge aus der Lohnabrechnungssoftware zu übergeben.
4. Neufassung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe –- § 99 SGB IX
Nach intensiven Erörterungen im Gesetzgebungsverfahren des Bundesteilhabegesetzes
(BTHG) wurde mit Artikel 25a BTHG für § 99 SGB IX eine Regelung zur Neudefinition des
leistungsberechtigten Personenkreises in der Eingliederungshilfe (SGB IX Teil 2) aufgenommen,
die durch ein späteres Bundesgesetz konkretisiert und zum 1. Januar 2023 in
Kraft gesetzt werden sollte. Zuvor sollte durch eine wissenschaftliche Untersuchung und
eine modellhafte Erprobung der Regelung u.a. ihre Vereinbarkeit mit dem übergeordneten
gesetzgeberischen Ziel - keine Veränderung des leistungsberechtigten Personenkreises -
überprüft werden. Da die in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführte wissenschaftliche
Untersuchung zu dem Ergebnis geführt hat, dass die im BTHG vorgesehene Regelung zu
einer Veränderung des leistungsberechtigten Personenkreises führen würde, ist dieses
Konzept hinfällig. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
2018 einen partizipativen Beteiligungsprozess initiiert, um ein alternatives Konzept zu
Artikel 25a § 99 BTHG zu entwickeln. Die sich in diesem Rahmen gebildete Arbeitsgruppe
„Leistungsberechtigter Personenkreis“ hat sich 2019 auf ein Konzept verständigt, wonach
die Kriterien für die Berechtigung zu Leistungen der Eingliederungshilfe durch Orientierung
an den Begrifflichkeiten der UN-BRK und der ICF angepasst werden sollen. In diesem Konzept
ist - wie im alten Recht der Eingliederungshilfe - neben einer gesetzlichen Regelung
eine diese Regelung konkretisierende Rechtsverordnung vorgesehen. Der von der Arbeitsgruppe
ausgearbeitete Vorschlag der gesetzlichen Regelung soll nun umgesetzt werden.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen –- SGB IX
Drucksache 129/21
Artikel 16 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit
Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention – UN-BRK) verpflichtet die Vertragsstaaten,
alle Menschen mit Behinderungen vor jeder Form von Ausbeutung, Gewalt und
Missbrauch unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte zu schützen. Die Vertragsstaaten
sollen wirksame Rechtsvorschriften und politische Konzepte schaffen, einschließlich
solcher, die auf Frauen und Kinder ausgerichtet sind, um sicherzustellen, dass
Fälle von Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch gegenüber Menschen mit Behinderungen
erkannt, untersucht und ggf. strafrechtlich verfolgt werden. Der UN-Fachausschuss für die
Rechte von Menschen mit Behinderungen hat in seinen abschließenden Bemerkungen
über den ersten Staatenbericht Deutschlands unter anderem empfohlen, einen wirksamen
Gewaltschutz für Frauen und Mädchen mit Behinderungen zu gewährleisten. Da Kinder
Drucksache 129/21 - 26 -
besonders schutzbedürftig sind, werden diese neben Frauen als schutzbedürftiger Personenkreis
hervorgehoben. Derzeit findet sich im Sozialgesetzbuch keine Regelung, die zum
Gewaltschutz bei der Erbringung von Teilhabeleistungen verpflichtet.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation –- SGB IX
Durch eine Ergänzung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch werden digitale Gesundheitsanwendungen
in den Leistungskatalog der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
aufgenommen. Damit verbunden ist das Ziel, die Digitalisierung im Bereich der medizinischen
Rehabilitation in Zukunft stärker zu nutzen und die Versorgung der Leistungsberechtigten
um eine weitere Komponente zu ergänzen.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung –- SGB IX
Mit dem Angehörigen-Entlastungsgesetz wurde zum 1. Januar 2020 das Budget für Ausbildung
(§ 61a SGB IX) als Alternative zu Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich
der Werkstätten für behinderte Menschen oder bei anderen Leistungsanbietern
eingeführt. Das Budget für Ausbildung ermöglicht eine Förderung, wenn eine nach dem
Berufsbildungsgesetz (BBiG) oder nach dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HwO)
anerkannte Berufsausbildung oder eine Ausbildung nach § 66 BBiG/ § 42r HwO auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt aufgenommen wird. Menschen mit Behinderungen, die sich
schon im Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters
befinden, können das Budget für Ausbildung bisher nicht in Anspruch nehmen.
Künftig soll auch diese Personengruppe über das Budget für Ausbildung gefördert und auf
diese Weise unterstützt werden, eine nach dem BBiG oder der HwO anerkannte Berufsausbildung
oder eine Ausbildung nach § 66 BBiG/ § 42r HwO auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt
aufzunehmen.
Auch die 97. Arbeits- und Sozialministerkonferenz 2020 hat sich dafür ausgesprochen, den
anspruchsberechtigten Personenkreis für das Budget für Ausbildung (§ 61a SGB IX) sachgerecht
zu erweitern.
8. Assistenzhunde –- Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG)
Neben Blindenführhunden unterstützen Assistenzhunde Menschen mit Behinderungen auf
vielfältige Art und Weise am selbstbestimmten Leben in der Gesellschaft teilzuhaben. So
können sie zum Beispiel als Signalhunde (etwa bei Unterzuckerung oder Epilepsie) oder
Servicehunde insbesondere bei Mobilitätseinschränkungen Menschen mit Behinderungen
bei der Bewältigung des Alltags unterstützen, indem sie beeinträchtigte Körperfunktionen
ausgleichen, ausgefallene Körperfunktionen ersetzen oder medizinisch notwendige Handlungen
anzeigen.
Der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe am Leben in der Gesellschaft dient
in Bezug auf Träger öffentlicher Gewalt des Bundes das BGG, das dem Fördergedanken
des Artikels 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes im Bereich der Bundesbehörden entspricht.
Das BGG enthält spezielle Regelungen gegen Benachteiligungen von Menschen
mit Behinderungen durch Träger öffentlicher Gewalt des Bundes. Kernstück des BGG ist
die Herstellung von Barrierefreiheit. Zur Beseitigung von Barrieren für Menschen mit Behinderungen
gehört gemäß § 4 Satz 2 BGG auch der Einsatz „behinderungsbedingt notwendiger
Hilfsmittel“. Was im Einzelnen behinderungsbedingt notwendig ist, regelt das Gesetz
nicht. Insbesondere trifft das BGG keine Aussage dazu, ob und inwieweit Menschen mit
Behinderungen mit ihren Assistenzhunden oder ihren Blindenführhunden der Zutritt zu Anlagen
und Einrichtungen öffentlicher Träger zu gewähren ist. Sofern es sich um private Eigentümer,
Besitzer oder Betreiber handelt, bleibt der Anwendungsbereich des § 4 Satz 2
BGG von vorneherein verschlossen. So erfahren Menschen mit Behinderungen in Begleitung
von Assistenzhunden oder Blindenführhunden im Alltag immer wieder, dass ihnen der
Zutritt mit ihren Assistenzhunden oder Blindenführhunden erschwert oder verweigert wird.
Im Februar 2017 forderte daher der Bundesrat die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf
vorzulegen, der einerseits Assistenzhunde hinsichtlich der Finanzierung im Wesentlichen
den Blindenführhunden gleichstellt und der andererseits den barrierefreien Zutritt zu
öffentlich zugänglichen Gebäuden sicherstellt (Entschließung des Bundesrates, Bundesrats-Drucksache
742/16). Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in der Zwischenzeit
für den Zeitraum Oktober 2018 bis Mitte 2021 die bundesweite Kampagne „Assistenzhunde
Willkommen“ ins Leben gerufen, mit der Träger öffentlicher Gewalt und Private
über die Zutrittsrechte von Menschen mit Behinderungen in Begleitung von Assistenzhunden
oder Blindenführhunden aufgeklärt werden sollen. Diese Kampagne wie auch verschiedene
bilaterale Gespräche mit betroffenen Organisationen von Menschen mit Behinderungen
und die Bund-Länder-Referentenbesprechung zur Änderung des BGG im Jahr
2019 haben aufgezeigt, dass neben der Sensibilisierung der Öffentlichkeit eine klare gesetzliche
Regelung der Zutrittsrechte zu öffentlichen und allgemein zugänglichen Anlagen
und Einrichtungen erforderlich ist. Nur so wird deutlich, dass es sich bei der Duldung des
Zutritts nicht um eine Gefälligkeit, sondern um die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht handelt.
Damit trägt die Regelung gleichzeitig der besonderen Bedeutung von der Beseitigung
von Zugangshindernissen und -barrieren nach der UN-BRK Rechnung.
II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs
- 27 -
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen – SGB XII
Drucksache 129/21
Die Kommunen werden nicht mehr bundesgesetzlich als örtliche Träger der Sozialhilfe benannt.
Die Bestimmung, wer örtlicher oder überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist, obliegt
allein den Ländern.
In diesem Zusammenhang sind zudem Folgeänderungen u.a. hinsichtlich der Trägerbezeichnung
im Rahmen des Vierten Kapitels des SGB XII sowie im Ersten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB I) erforderlich.
Die Beibehaltung eines weitgehend gemeinsamen Leistungskatalogs von sozialer Pflegeversicherung
nach dem SGB XI und der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des
SGB XII erfordert die Einführung von digitalen Pflegeanwendungen auch in der Hilfe zur
Pflege. Nur dann haben auch nicht pflegeversicherte Pflegebedürftige im Rahmen der ambulanten
Pflege nach dem SGB XII einen Zugang zu diesen neuen Pflegeleistungen.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –-SGB II und
SGB III
Die Jobcenter sollen stärker als bisher in das Reha-Geschehen einbezogen und die Betreuung
von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden verbessert werden. In den Jobcentern
erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte künftig Zugang zu sozialintegrativen Leistungen
neben einem Reha-Verfahren, um ihnen eine nachhaltige Eingliederung, aber auch
den Zugang zu sozialer Teilhabe zu ermöglichen. Dazu gehören kommunale Leistungen
wie die Schuldner- und Suchtberatung und das neue mit dem Teilhabechancengesetz geschaffene
Instrument zur Teilhabe am Arbeitsmarkt. Damit sollen bestehende Ungleichbehandlungen
abgeschafft werden. Die Möglichkeiten der aktiven Arbeitsförderung im SGB II
und SGB III sollen ausgebaut und somit die Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt
erhöht werden.
Den Regelungen zur Verbesserung der Betreuungssituation von Rehabilitanden in den Jobcentern
liegen zwei Leitgedanken zu Grunde: Die Vorschläge sollen die Betreuungssituation
der betroffenen Personen in den Jobcentern verbessern und die bereits bestehende
Komplexität des gegliederten Systems der sozialen Sicherung nicht ausweiten.
Drucksache 129/21 - 28 -
Die derzeitige Rechtslage führt zu einer nicht vertretbaren und zugleich auch ungewollten
Ungleichbehandlung. Dies gilt sowohl im Vergleich von Menschen mit und ohne Behinderungen
im SGB II als auch innerhalb der Gruppe leistungsberechtigter Menschen im SGB
II in Abhängigkeit von der Zuständigkeit unterschiedlicher Rehabilitationsträger. Ziel der
Regelungen ist es deshalb, diese ungewollte Ungleichbehandlung abzuschaffen, indem
den Betroffenen in den Jobcentern mindestens die gleichen Fördermöglichkeiten wie allen
anderen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eröffnet werden und Teilhabe ermöglicht
wird. Die Möglichkeiten der aktiven Arbeitsförderung sollen insgesamt für Rehabilitanden
ausgebaut und somit deren Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt erhöht werden.
Diese Verbesserungen sollen innerhalb des bestehenden Systems erfolgen. Das gegliederte
System der sozialen Sicherung mit vor- und nachrangigen Rehabilitationsträgern sieht
die Zuständigkeit und damit Verantwortlichkeit für Rehabilitationsleistungen in Trägervielfalt
vor. Dabei zeigt die Praxis, dass diese Ausgestaltung sowohl für die Betroffenen als auch
für die Rehabilitations- und sonstigen Leistungsträger sehr komplex ist. Dass das gegliederte
System sich bewährt hat, wird dabei grundsätzlich von allen Beteiligten bestätigt. Das
Ziel der Regelungen ist es deshalb, die Handlungsvorschläge so transparent und verwaltungsmäßig
handhabbar wie möglich zu gestalten. Vor diesem Hintergrund sollen insbesondere
die Kommunikationsprozesse der Rehabilitationsträger mit den Jobcentern verbessert
und auf verwaltungsaufwändige Erstattungsverfahren zwischen den Trägern verzichtet
werden.
Zur Verbesserung der Betreuungssituation von Rehabilitanden wird den Jobcentern die
Möglichkeit eingeräumt, Leistungen nach den §§ 16a ff. SGB II (mit Ausnahme der Leistungen
nach den §§ 16c und 16e SGB II) neben einem Rehabilitationsverfahren zu erbringen.
Die Jobcenter sind somit frei darin, Rehabilitanden (insbesondere der Bundesagentur für
Arbeit und der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) nach eigenem Ermessen mit
„ihren“ Leistungen zu fördern.
Das Leistungsverbot für die Agenturen für Arbeit und die Jobcenter soll partiell aufgehoben
werden in Bezug auf die Leistungen nach den §§ 44 und 45 SGB III (Agenturen für Arbeit)
bzw. nach § 16 Absatz 1 SGB II i. V. m. den §§ 44 und 45 SGB III (Jobcenter). Die Agenturen
für Arbeit und Jobcenter können dann ihre Vermittlungstätigkeit unmittelbar mit vermittlungsunterstützenden
Leistungen flankieren und damit die Eingliederung von Rehabilitandinnen
und Rehabilitanden anderer Rehabilitationsträger in den Arbeitsmarkt deutlich
beschleunigen.
Es wird sichergestellt, dass die Rehabilitationsträger und die Jobcenter die von ihnen zu
erbringenden Leistungen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und Leistungen nach
den §§ 16a ff. SGB II) verbindlich koordinieren und aufeinander abstimmen. Zugleich werden
alle Kommunikationswege für die Abstimmung und für den Austausch von Sozialdaten
bei Zusammentreffen von Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB III und Rehabilitationsleistungen
in diesem Verfahren gebündelt.
Darüber hinaus werden Änderungen hinsichtlich der Begrifflichkeiten bei Menschen mit Behinderungen
vorgenommen. Mit dem Bundesteilhabegesetz wurde unter anderem der Begriff
der Behinderung in § 2 des SGB IX neu gefasst. Damit wurde der Behindertenbegriff
nach dem Verständnis der UN-BRK ausgestaltet. Mit der Änderung der Bezeichnung behinderte
Menschen zu Menschen mit Behinderungen wird der moderne Sprachgebrauch
auch im SGB II und SGB III nachvollzogen. Zudem werden die Bezeichnungen „behindertengerecht“
und „behindertenspezifisch“ jeweils durch die Wörter „behinderungsgerecht“
und „behinderungsspezifisch“ ersetzt. Eine Erweiterung oder Verringerung des Personenkreises
der Menschen mit Behinderungen im Sinne des § 19 SGB III ist damit nicht verbunden.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung - SGB IV
Um das Verfahren der Beantragung von Kurzarbeitergeld sowie Saison-Kurzarbeitergeld
zu beschleunigen und eine Entlastung bei Arbeitgebern und der Bundesagentur für Arbeit
zu erreichen, soll die Übermittlung der Anträge für Kurzarbeitergeld, Saisonkurzarbeitergeld
sowie die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und der zusätzlichen Leistungen zum
Saison-Kurzarbeitergeld zukünftig als optionales Verfahren auch elektronisch über die Entgeltabrechnungsprogramme
der Arbeitgeber und dem damit verbundenen Meldeverfahren
beantragt werden können.
4. Neufassung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe –- § 99 SGB IX
Die Regelung des leistungsberechtigten Personenkreises im Recht der Eingliederungshilfe
(§ 99 SGB IX) wird unter Orientierung an der Fassung des Vorschlags der Arbeitsgruppe
„Leistungsberechtigter Personenkreis“ angepasst. Dadurch werden die überkommenen
und von Betroffenen vielfach als diskriminierend empfundenen gesetzlichen Formulierungen
des § 53 Absatz 1 und 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung vom
31. Dezember 2019, auf die in der geltenden Fassung verwiesen wird, durch Formulierungen,
die sich an der UN-BRK und der ICF orientieren, abgelöst. Eine Änderung des leistungsberechtigten
Personenkreises ist damit nicht verbunden. Zudem wird vorgesehen,
dass die Vorschriften der Eingliederungshilfe-Verordnung in der Fassung vom 31. Dezember
2019 bis zum Erlass einer anderen § 99 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch konkretisierenden
Rechtsverordnung weiterhin Anwendung finden.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen –- SGB IX
Die Leistungserbringer sollen geeignete Maßnahmen treffen, mit denen Menschen mit Behinderungen
und von Behinderung bedrohter Menschen vor Gewalt geschützt werden. Die
Rehabilitationsträger und die Integrationsämter wirken bei der Erfüllung ihrer gesetzlichen
Aufgaben darauf hin, dass der Schutzauftrag von den Leistungserbringern umgesetzt wird.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation –- SGB IX
Durch eine Ergänzung des SGB IX werden digitale Gesundheitsanwendungen in den Leistungskatalog
der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufgenommen.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung –- SGB IX
§ 61a SGB IX wird dahingehend ergänzt, dass über das Budget für Ausbildung auch Menschen
mit Behinderungen gefördert werden können, die sich im Arbeitsbereich einer Werkstatt
für behinderte Menschen oder eines anderen Leistungsanbieters befinden.
Liegt die Zuständigkeit für das Budget für Ausbildung bei einem anderen Rehabilitationsträger
als der Bundesagentur für Arbeit, soll die Bundesagentur für Arbeit bei der Ausbildungsplatzsuche
mit ihren umfangreichen Kenntnissen im Bereich der beruflichen Bildung
und ihren engen Kontakten zu Arbeitgebern unterstützen.
8. Assistenzhunde –- BGG
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Drucksache 129/21
Nach der vorgesehenen Ergänzung des BGG durch die §§ 12e bis 12l dürfen Träger öffentlicher
Gewalt sowie Eigentümer, Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen
Anlagen und Einrichtungen Menschen mit Behinderungen den Zutritt zu ihren
typischerweise für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen Anlagen
und Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch den Assistenzhund oder den
Blindenführhund verweigern; sie trifft insoweit eine Duldungspflicht. Darüber hinaus legt der
Gesetzesentwurf fest, welche Anforderungen Assistenzhunde und die Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
erfüllen müssen, damit ihnen Zutritt zu gewähren ist. Auf diese Weise
legt der Entwurf für Assistenzhunde im Sinne des BGG, die nicht von Sozialversicherungsträgern
oder im Ausland anerkannt sind, einheitliche Voraussetzungen und Standards fest.
So ist gewährleistet, dass eine Pflicht zur Duldung des Zutritts nur bei gut ausgebildeten
Drucksache 129/21 - 30 -
Assistenzhunden oder Blindenführhunden besteht, die als Teil einer Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
von fachkundigen unabhängigen Prüferinnen oder Prüfern geprüft worden
sind. Mit der in § 12k vorgesehenen Studie sollen die Umsetzung und die Auswirkungen
der gesetzlichen Regelungen der §§ 12e bis 12l untersucht werden. Außerdem enthält der
Gesetzesentwurf eine Verordnungsermächtigung für das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales. In der Verordnung (§ 12l) sollen die näheren Bestimmungen insbesondere zur
Zulassung der Fachlichen Stellen, Ausbildungsstätten und Prüferinnen oder Prüfern sowie
zur Ausbildung, Prüfung und Kennzeichnung geregelt werden.
III. Alternativen
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen –- SGB XII
Alternativ zu der im vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung bezüglich der
Bestimmung der Träger der Sozialhilfe durch das Landesrecht wäre in Umsetzung des oben
genannten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts eine auf die Bedarfe für Bildung
und Teilhabe und damit auf den Dritten Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB XII (§§ 34,
34a und 34b SGB XII) beschränkte Änderung denkbar. Dies würde zu einer eigenständigen
Bestimmung der Träger der Sozialhilfe für diesen Abschnitt des Dritten Kapitels des SGB
XII führen.
Längerfristig hätte dies zur Folge, dass in Abhängigkeit von der verfassungsrechtlichen Bewertung
künftiger Rechtsänderungen für Einzelvorschriften weitere spezielle Bestimmungen
der Träger der Sozialhilfe erforderlich werden könnten, um dem Durchgriffsverbot nach
Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG gerecht zu werden. Dabei wären zudem - vergleichbar mit
dem heutigen § 46b SGB XII - auch zusätzliche Regelungen zur Bestimmung der Zuständigkeiten
für länderübergreifende Fallkonstellationen vorzusehen.
Eine auf die von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Juli 2020 betroffenen
Aufgaben nach § 34 Absatz 1, Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, Absatz 4 bis
Absatz 7 und § 34a SGB XII begrenzte Bestimmung der ausführenden Träger der Sozialhilfe
durch die Länder ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht zielführend. Vor Inkrafttreten
der Föderalismusreform am 1. September 2006 innerhalb des SGB XII durch Bundesgesetz
übertragene Aufgaben sind durch Artikel 125a GG geschützt. Diese verfassungsrechtliche
Ausgangslage gilt unabhängig davon, ob eine Änderung in § 3 SGB XII vorgenommen
wird oder einzelne Zuständigkeitsregelungen nach dem Vorbild des - allerdings
für das gesamte Vierte Kapitel des SGB XII geltenden - § 46b SGB XII eingeführt werden.
Aus den genannten Gründen sieht der vorliegende Gesetzentwurf eine einheitliche Bestimmung
der Träger der Sozialhilfe durch Landesrecht vor, von der auch die Grundsicherung
im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII betroffen ist. Die
Aufgabenzuweisung ist in die Hände der Länder zu legen. Dadurch wird der mit der Föderalismusreform
in Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG verankerte Gedanke respektiert, die Entscheidung
über kommunale Zuständigkeiten den Ländern zu überlassen. Dies dient nach
der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur dem Schutz der Organisationshoheit
der Länder, sondern auch der Stärkung und der Absicherung der kommunalen
Finanzhoheit, so dass durch Artikel 84 Absatz 1 Satz 7 GG auch der Garantiegehalt des
Artikels 28 Absatz 2 GG (Gewährleistung der Selbstverwaltung der Kommunen, einschließlich
der Grundlagen finanzieller Eigenverantwortung) konkretisiert wird (vergleiche Rn. 33
des o. g. Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts).
Im Übrigen werden mit der im Entwurf vorgesehenen Änderung des § 3 SGB XII Anpassungen
nachvollzogen, die bei vergleichbarer bundesgesetzlicher und gleicher verfassungsrechtlicher
Ausgangslage im Jahr 2008 in der Kinder- und Jugendhilfe (Achtes Buch
Sozialgesetzbuch) und im Rahmen der Reform der Eingliederungshilfe zum 1. Januar 2020
(in Teil 2 des SGB IX durch das Bundesteilhabegesetz) vorgenommen worden sind.
Zur Aufrechterhaltung eines weitgehenden gemeinsamen Leistungskatalogs in der sozialen
Pflegeversicherung nach dem SGB XI und der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel
des SGB XII gibt es angesichts der vorgesehenen Einführung von digitalen Pflegenanwendungen
in der Pflegeversicherung keine Alternative dazu, diese neuen Leistungen auch in
der Hilfe zur Pflege einzuführen.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –-SGB II und
SGB III
Keine.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung ─ SGB IV
Keine.
4. Neufassung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe –- § 99 SGB IX
Ohne eine gesetzliche Änderung würde der zum 1. Januar 2020 durch das BTHG in Kraft
getretene § 99 SGB IX, der nur als Übergangslösung auf das bis zum 31. Dezember 2019
geltende Recht verweisen sollte, in der durch das BTHG reformierten Eingliederungshilfe
zur Dauerlösung werden. Damit würde nicht nur der Bezug zum Fürsorgesystem und den
von den Betroffenen als diskriminierend empfundenen bisherigen Formulierungen aufrechterhalten.
Durch den Verweis auf das seit dem 1. Januar 2020 nicht mehr geltende Recht
würde perspektivisch auch die Transparenz über die Zugangskriterien zu Leistungen der
Eingliederungshilfe verloren gehen.
Die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales initiierte Arbeitsgruppe „Leistungsberechtigter
Personenkreis“ hat 2019 für die Neufassung der Definition der Leistungsberechtigung
in der Eingliederungshilfe (SGB IX Teil 2) diverse Konzepte diskutiert. Am Ende hat
sich die Arbeitsgruppe auf die UN-BRK- und ICF-orientierte Anpassung der Begrifflichkeiten
als das am geeignetsten erscheinende Konzept verständigt.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen –- SGB IX
Alternativen kommen nicht in Betracht.
Der UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen hat in seinen
abschließenden Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands unter anderem
empfohlen, einen wirksamen Gewaltschutz für Frauen und Mädchen mit Behinderungen
zu gewährleisten. Ein solcher kann am besten über eine Verpflichtung der Leistungserbringer
gewährleistet werden.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation –- SGB IX
Durch den offenen Leistungskatalog des § 42 Absatz 2 SGB IX ist es zwar jetzt schon
möglich, digitale Gesundheitsanwendungen im Rahmen der medizinischen Rehabilitation
zu erbringen. Angesichts der Vielzahl an digitalen Gesundheitsanwendungen auf dem
Markt, fehlt es jedoch an konkreten Voraussetzungen und Einschränkungen für geeignete
digitale Gesundheitsanwendungen im Bereich der medizinischen Rehabilitation.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung –- SGB IX
Keine.
8. Assistenzhunde –- BGG
- 31 -
Drucksache 129/21
Um das Ziel zu erreichen, für Menschen mit Behinderungen, die auf die Hilfe eines Assistenzhundes
oder eines Blindenführhundes angewiesen sind, eine barrierefreie Umwelt zu
Drucksache 129/21
schaffen, ist eine gesetzliche Regelung erforderlich, die klarstellt, dass Träger öffentlicher
Gewalt sowie Eigentümer, Besitzer und Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen
Anlagen und Einrichtungen Menschen mit Behinderungen den Zutritt zu ihren typischerweise
für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglichen Anlagen und
Einrichtungen nicht wegen der Begleitung durch den Assistenzhund oder Blindenführhund
verweigern dürfen; sie trifft insoweit eine Duldungspflicht. Das BGG als Gesetz für Menschen
mit Behinderungen ist als Regelungsstandort geeignet, weil das BGG die Herstellung
von Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen regelt.
IV. Gesetzgebungskompetenz
- 32 -
Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Sozialhilferecht nach dem SGB XII (Artikel
1 des Gesetzentwurfs), den Allgemeinen Teil des Sozialgesetzbuches nach dem SGB I
(Artikel 2 des Gesetzentwurfs), das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende im
SGB II (Artikel 3 des Gesetzentwurfs) sowie das Recht der Rehabilitation und Teilhabe von
Menschen mit Behinderungen in Teil 1 und 2 des SGB IX (Artikel 7 des Gesetzentwurfs)
folgt aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 des Grundgesetzes (GG) (öffentliche Fürsorge).
Die in den genannten Gesetzen enthaltenen bundesgesetzlichen Regelung und deren bundesgesetzlichen
Änderungen sind zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse und
Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich
(Artikel 72 Absatz 2 GG). Durch eine einheitliche Bundesgesetzgebung im Bereich der öffentlichen
Fürsorge wird verhindert, dass sich innerhalb der Bundesrepublik Deutschland
das Sozialgefüge auseinanderentwickelt. In der Bundesrepublik Deutschland bestehen hinsichtlich
des Beschäftigungsstandes und Einkommensniveaus erhebliche regionale Unterschiede.
Für die Änderung des SGB III (Artikel 4 des Gesetzentwurfs) ergibt sich die konkurrierende
Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Arbeitsvermittlung einschließlich der Arbeitslosenversicherung
aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 12 GG. Für die Ergänzung des
BGG (Artikel 9 des Gesetzentwurfs) folgt die Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus
Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG. Nach Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 GG hat der Bund
die Gesetzgebungskompetenz für das Bürgerliche Recht. Unter das bürgerliche Recht fallen
diejenigen Normen, welche den Personen als Privatpersonen zukommende rechtliche
Stellung und die Verhältnisse, in welchen die Personen als Privatpersonen untereinanderstehen,
zu regeln bestimmt sind (vgl. BVerfGE 61, 177 ff). Es geht also im Wesentlichen
um die Ordnung der Individualrechtsverhältnisse (Maunz, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-
Kommentar, Artikel 74, Randnummer 53). Zum privatrechtlichen Bereich gehören danach
etwa die Regelungen des Zutritts und des Mitführens von Assistenzhunden oder Blindenführhunden
zu Geschäften, Arztpraxen und privaten Krankenhäusern, privaten Schulen und
Kindergärten, Gaststätten, Hotels, Theatern, (Sport-)Vereinen sowie zum privatrechtlich organisierten
Nah- und Fernverkehr (z.B. Taxi, Bus, Bahn, Flugzeug, Schiff). Betreffen die
Regelungen Träger der öffentlichen Gewalt des Bundes, ergibt sich die Bundeskompetenz
aus der Natur der Sache. Soweit das Gesetz Regelungen zur Definition, Ausbildung, Qualifizierung
und zum Prüfverfahren von Assistenzhunden enthält, ergibt sich die Gesetzgebungskompetenz
aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 GG, wonach sich die konkurrierende
Gesetzgebung auf die öffentliche Fürsorge erstreckt. Hieraus ergibt sich eine Gesetzgebungskompetenz
des Bundes für die Behindertenfürsorge (vgl. BVerfGE 57, 139, 159).
Soweit sich die Gesetzgebungskompetenz aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 7 GG ergibt,
setzt Artikel 72 Absatz 2 GG voraus, dass eine bundesgesetzliche Regelung gemäß Artikel
72 Absatz 2 GG zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen
Interesse erforderlich ist. Der effektive Schutz von Menschen mit Behinderungen vor Benachteiligungen
einschließlich ihrer Gleichstellung im Bereich des öffentlichen und privaten
Rechts kann nur durch eine bundesgesetzliche Regelung erreicht werden.
V. Vereinbarkeit mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen –- SGB XII
Die vorzunehmenden Änderungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen vereinbar.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –--SGB II und
SGB III
Die vorzunehmenden Änderungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen vereinbar.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung ─ SGB IV
Die Regelungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
vereinbar.
4. Neufassung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe – § 99 SGB IX
Die Neufassung der gesetzlichen Definition der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe
(SGB IX Teil 2) erfolgt durch Orientierung an den Begrifflichkeiten der UN-BRK
und der ICF. Damit wird ein stärkerer Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen und Bestimmungen
der UN-BRK erreicht.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen –- SGB IX
Mit dem Gesetzentwurf werden die völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Übereinkommen
der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umgesetzt,
da mit dem Schutzauftrag der Leistungserbringer für Menschen mit (drohenden) Behinderungen
an Artikel 16 UN-BRK angeknüpft wird.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation –- SGB IX
Die Regelungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen
vereinbar.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung –- SGB IX
Die vorzunehmenden Änderungen sind mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen
Verträgen vereinbar.
8. Assistenzhunde –- BGG
Der besonderen Bedeutung, die der Beseitigung von Zugangshindernissen und -barrieren
nach der UN-BRK zukommt, wird mit dem Gesetzesentwurf Rechnung getragen.
VI. Gesetzesfolgen
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1. Rechts- und Verwaltungsvereinfachung
Drucksache 129/21
Eine Rechts- und Verwaltungsvereinfachung ist mit den Regelungen nicht verbunden.
Drucksache 129/21 - 34 -
2. Nachhaltigkeitsaspekt
Der Gesetzentwurf steht im Einklang mit den Leitgedanken der Bundesregierung zur nachhaltigen
Entwicklung im Sinne der Nachhaltigkeitsstrategie.
Die vorgeschlagenen Ergänzungen zu Assistenzhunden im Gesetz zur Gleichstellung von
Menschen mit Behinderungen leisten insbesondere auch einen Beitrag zur umfassenden
Teilhabe aller an wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung (Sustainable Development Goals
der Agenda 2030 der Vereinten Nationen - SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum).
3. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen –- SGB XII
Die dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragende Ausgestaltung der
Vorschriften zu Zuständigkeit und Trägern der Sozialhilfe haben für den Bund keine Haushaltswirkungen.
Welche Auswirkungen sich durch diese Änderungen auf die Haushalte der Länder ergeben,
kann nicht abgeschätzt werden, weil diese von der jeweiligen landesrechtlichen Ausgestaltung
der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen abhängig sind. Deshalb kann
auch nicht abgeschätzt werden, welche Auswirkungen sich auf die Haushalte der Kommunen
ergeben.
Für die Versorgung von pflegebedürftigen Personen mit digitalen Pflegeanwendungen, die
nicht pflegeversichert sind und deshalb Leistungen der Hilfe zu Pflege erhalten, ergeben
sich mittelfristig Mehrausgaben, die von den Ländern und Kommunen finanziert werden. Es
wird von einer durchschnittlichen Inanspruchnahme in Höhe von 30 Euro im Monat ausgegangen.
Nach einer Aufwuchsphase von vier Jahren wird entsprechend den Annahmen zur
Inanspruchnahme durch versicherte Pflegebedürftige davon ausgegangen, dass ca. 10
Prozent aller ambulant versorgten Empfänger der Hilfe zu Pflege, die nicht pflegeversichert
sind, digitale Pflegeanwendungen in Anspruch nehmen. Daraus ergeben sich schätzungsweise
im Jahr 2022 für 600 Personen Mehrausgaben von 200 000 Euro, im Jahr 2023 für
1.300 Personen Mehrausgaben von 500 000 Euro, im Jahr 2024 für 1 900 Personen Mehrausgaben
von 700 000 Euro und in 2025 für 2 600 Personen Mehrausgaben von 900 000
Euro.
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –-SGB II und
SGB III
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)
Die Öffnung der Förderinstrumente nach den §§ 16a ff. SGB II für Rehabilitanden führt zu
Mehrkosten von schätzungsweise rund 26 Millionen Euro jährlich (§ 5 SGB II). Darüber hinaus
führt die partielle Aufhebung des bisherigen Leistungsausschlusses für Rehabilitanden
(§§ 5, 16 SGB II i. V. m. den §§ 44, 45 SGB III) zu jährlichen Mehrausgaben in Höhe von
rund 18 Millionen Euro. Da die Öffnung der Förderinstrumente zu einer Verbesserung der
Eingliederungschancen und die teilweise Aufhebung zu einer deutlich zügigeren Vermittlung
in Arbeit führt, stehen diesen Mehrausgaben Einsparungen bei den Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhalts in nicht bezifferbarer Höhe gegenüber.
Arbeitsförderung (SGB III)
Die partielle Aufhebung des bisherigen Leistungsausschlusses für Rehabilitanden (§ 22
SGB III) führt zu jährlichen Mehrausgaben in Höhe von rund 4 Millionen Euro. Aufgrund der
durch die Rechtsänderung bewirkten schnelleren Vermittlung stehen diesen Mehrausgaben
jedoch Einsparungen beim Arbeitslosengeld in nicht bezifferbarer Höhe gegenüber.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben der Gesetzlichen Rentenversicherung
Den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung entstehen Minderausgaben von jährlich
2 Millionen Euro aufgrund des Wegfalls der Leistungen nach den §§ 44, 45 SGB III, sofern
die Agenturen für Arbeit und Jobcenter ihre Vermittlung in eigener Zuständigkeit mit diesen
Leistungen flankieren.
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung –- SGB IV
Keine.
4. Neufassung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe –- § 99 SGB IX
Die Neufassung der gesetzlichen Definition der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe
(§ 99 SGB IX) ist für die Träger der Eingliederungshilfe kostenneutral. Die für die
Leistungsberechtigung maßgeblichen konkretisierenden §§ 1 bis 3 der Eingliederungshilfe-
Verordnung gelten bis zum Erlass einer neuen Rechtsverordnung unverändert weiter.
Durch die Änderung der Begrifflichkeiten in § 99 SGB IX kommt es zu keiner Änderung des
leistungsberechtigten Personenkreises.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen –- SGB IX
Durch die gesetzliche Regelung zum Gewaltschutz entstehen allenfalls geringe nicht quantifizierbare
Mehrausgaben.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation –- SGB IX
Für die Rehabilitationsträger entstehen durch die Erweiterung des Leistungskataloges für
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen
geringe Mehrausgaben.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung –- SGB IX
Die Ausweitung des Budgets für Ausbildung dürfte in der Regel nicht zu signifikanten Mehrausgaben
bei den für diese Leistungen zuständigen Rehabilitationsträgern führen. Die Menschen
mit Behinderungen, für die diese Leistung bestimmt ist, würden andernfalls Leistungen
nach § 58 SGB IX in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei einem anderen
Leistungsanbieter erhalten, für die diese Rehabilitationsträger ebenfalls zuständig wären.
Im Übrigen werden bei Menschen mit Behinderungen, die sich vor der Inanspruchnahme
eines Budgets für Ausbildung nicht in einer Werkstatt für behinderte Menschen oder bei
einem anderen Leistungsanbieter befinden, die für Leistungen nach § 57 SGB IX zuständigen
Rehabilitationsträger die Ausgaben für das Budget für Ausbildung zu tragen haben.
8. Assistenzhunde –- BGG
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Drucksache 129/21
Für die Untersuchung zu den §§ 12e bis 12l BGG entstehen zusätzliche Ausgaben in Höhe
von bis zu 4,47 Millionen Euro. Die Mittel sind im Einzelplan 11 veranschlagt und stehen im
Kapitel 1105 Titel 684 04 zur Verfügung.
Die Höhe der Mittel ergibt sich daraus, dass bis zu 100 Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften
über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren begleitet und finanziert werden. Darin
enthalten sind die Kosten für die Anschaffung und Ausbildung (ca. 2,9 Millionen Euro), die
Haltungspauschale (ca. 735.000 Euro), sowie Kosten für tierärztliche Untersuchungen und
Administration (ca. 840.000 Euro).
Drucksache 129/21
Die sich aus obigen Regelungen ergebenden Mehrausgaben für den Bund werden im Rahmen
der bei den betroffenen Ressorts bestehenden Ansätze im Bundeshaushalt dauerhaft
gegenfinanziert.
4. Erfüllungsaufwand
a) Erfüllungsaufwand für Bürgerinnen und Bürger
Für die Bürgerinnen und Bürger ist durch die dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
Rechnung tragende Ausgestaltung der Vorschriften zu Zuständigkeit und Trägern der
Sozialhilfe nach dem SGB XII kein zusätzlicher Erfüllungsaufwand zu erwarten. Für Pflegebedürftige,
die ambulant versorgt werden und nicht in der sozialen Pflegeversicherung versichert
sind, ergibt sich ein geringer Erfüllungsaufwand, wenn sie in der Hilfe zur Pflege
nach dem SGB XII digitale Pflegeanwendungen beantragen; diese Leistungen können vom
zuständigen Träger auch ohne (formalen) Antrag gewährt werden.
Es ergeben sich Kosten für Bürgerinnen und Bürger, die die mit diesem Gesetz geschaffene
Möglichkeit nutzen wollen, für die Kennzeichnung des Assistenzhundes, für die Ausbildung
und für die Prüfung. Für die Kennzeichnung eines Assistenzhundes sind Kosten in Höhe
von etwa 100 Euro pro Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft anzusetzen. Die Kosten für
die Ausbildung eines Assistenzhundes liegen im Durchschnitt bei 18 500 Euro. Die Prüfungskosten
(inklusive Zertifikate) sind mit ca. 500 Euro pro Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
anzusetzen. Daher sind im Schnitt für Ausbildung und Prüfung insgesamt 19
000 Euro anzusetzen. Der jährliche Erfüllungsaufwand liegt demnach bei ca. 3 056 000
Euro (160 x 19 000 Euro (Kennzeichnungs-, Ausbildungs- und Prüfungskosten)).
b) Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft
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Es wird ein geringfügiger laufender und geringfügiger einmaliger Erfüllungsaufwand durch
die gesetzliche Regelung zum Gewaltschutz im SGB IX Teil 1 erwartet. Die gesetzlichen
Regelungen zum Gewaltschutz bilden im Wesentlichen die bisherige Praxis ab, da der
Großteil der Leistungserbringer bereits geeignete Maßnahmen trifft, um den Schutz von
Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen vor Gewalt zu
gewährleisten (Bsp. Handlungsempfehlung zur Gewaltprävention, WfbM Landesarbeitsgemeinschaft
Werkstätten für behinderte Menschen, Berlin 2017; Checkliste Gewaltprävention,
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V., Dezember 2017). Auch sind in einigen Bundesländern
bereits Rahmenverträge oder -vereinbarungen vorhanden, in denen ein Konzept
zur Gewalt- und Missbrauchsprävention enthalten ist (Beispiel Rahmenvereinbarung zur
Qualitätssicherung und Gewaltprävention in nordrhein-westfälischen Werkstätten für Menschen
mit Behinderungen, September 2019). Leistungserbringer, die den Heim- und Betreuungsgesetzen
(„Heimrecht“) oder den Psychiatriegesetzen der Länder unterliegen, sind
in der Regel nach diesen Vorschriften bereits verpflichtet, geeignete Maßnahmen zum
Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner zu treffen (Beispiel § 12 Absatz 1 Bremisches
Wohn- und Betreuungsgesetz). Insgesamt besteht somit der Erfüllungsaufwand nur für
Leistungserbringer, die noch kein Gewaltschutzkonzept entwickelt haben. Die Anzahl der
Leistungserbringer, bei denen bislang kein Konzept zur Gewaltprävention besteht, dürfte
sehr gering sein. Insofern ist von einem geringen einmaligen und geringen laufenden Erfüllungsaufwand
auszugehen. Da sich mit der gesetzlichen Regelung gegenüber der bisherigen
Praxis nur sehr geringfügig etwas ändert, sind die Informationskosten der Leistungserbringer
ebenfalls gering.
Für die Wirtschaft entstehen Kosten - soweit dies jeweils beantragt wird - durch das Zulassungsverfahren
als Fachliche Stelle und als Ausbildungsstätte für Assistenzhunde sowie
durch die Zulassung von Prüfern. Die Zulassung von Fachlichen Stellen, Ausbildungsstätten
und Prüfern ist auf jeweils fünf Jahre begrenzt. Somit ist für die Berechnung des jährlichen
Erfüllungsaufwands jeweils ein Fünftel der Fallzahl (etwa 100 Assistenzhundeschulen)
anzusetzen. Kosten für die Zulassung als Ausbildungsstätte entstehen in Höhe von
etwa 1 000 Euro pro Ausbildungsstätte. Bei 100 Ausbildungsstätten liegen die Kosten demnach
bei 100:5 x 1.000 Euro = 20 000 Euro. Für die Zulassung und Ausbildung als Prüfer
(insgesamt etwa 50 Prüfer) werden Kosten in Höhe von etwa 5 000 Euro pro Prüfer angenommen.
Somit ergibt sich für die Zulassung als Prüfer folgender jährlicher Erfüllungsaufwand:
50:5 x 5 000 Euro = 50 000 Euro. Für die Akkreditierung der Fachlichen Stellen liegen
die Kosten zwischen 3 000 Euro (Erweiterung einer bereits bestehenden Zulassung) und
8 000 bis 9 000 Euro (Erstakkreditierung). Hier wird ein Wert von 8 000 Euro für die Berechnung
herangezogen. Als jährlicher Erfüllungsaufwand für die Akkreditierung der Fachlichen
Stellen (etwa 10 Fachliche Stellen im Bundesgebiet) ergibt sich folglich ein Betrag
von EUR (10:5 x 8 000 Euro) 16 000 Euro.
Durch die Änderungen beim Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung
ergeben sich bei 3 Millionen Fällen im Jahr sowie 285 000 Fällen beim Saisonkurzarbeitergeld
geschätzte Einsparungen in Höhe von 35,3 Millionen Euro entstehen (Bearbeitungszeit
20 Minuten je Fall, Arbeitskosten mittleres Niveau mit 32,20 Euro pro Stunde,
ergibt 10,73 Euro je Fall). Zudem entfallen Sachkosten in Form von Portokosten und Ausdrucke
pro Fall in Höhe von rund 3 Euro, woraus sich 9,9 Millionen Euro an Einsparungen
ergeben. Dabei handelt es sich um das maximale, nicht aber um das zu unterstellende
tatsächliche Entlastungspotential. So ist in der Startphase von einer Nutzung der Änderung
im Antragsverfahren in 10 Prozent der Fälle und damit von jeweils 10 Prozent dieser Beträge
auszugehen. Dies sind 3,5 Millionen Euro und 0,99 Millionen Euro an Einsparungen.
Hinzu kommen einmalige Kosten für Software-Updates zum 1. Juli 2021 in nicht quantifizierbarer
Höhe. Daraus ergeben sich etwa 4,5 Millionen Euro an Einsparungen beim jährlichen
Erfüllungsaufwand.
Für die längerfristigen Einsparungen beim Verwaltungsaufwand kann jedoch nicht von der
aktuellen, pandemiebedingt hohen Anzahl der Anträge auf Kurzarbeitergeld ausgegangen
werden. Allerdings ist von einer zunehmenden Nutzung des neuen Antragsverfahrens auszugehen,
weil die erforderlichen Softwarelösungen in den Unternehmen aufgrund regelmäßiger
Updates zügig zur Verfügung stehen werden. Der prozentuale Anteil der Fälle, in denen
die Änderungen im Antragsverfahren genutzt werden, wird also deutlich ansteigen.
Deshalb können die in der Startphase angenommenen Einsparungen und Mehrkosten auch
längerfristig unterstellt werden. Zusammengefasst kommt es zur einer Verminderung des
jährlichen Erfüllungsaufwands der Wirtschaft um etwa 4,4 Millionen Euro (Einsparungen in
Höhe von etwa 4,5 Millionen Euro, abzüglich der Mehrbelastungen von etwa 86 000 Euro).
Bürokratiekosten aus Informationspflichten entstehen durch den Gesetzentwurf nicht.
c) Erfüllungsaufwand für die Verwaltung
Bund
- 37 -
Es werden für die Bundesverwaltung keine neuen Vorgaben eingeführt, geändert oder abgeschafft.
Jobcenter, Agenturen für Arbeit, Rentenversicherungsträger
Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)
Drucksache 129/21
Durch die Regelungen zur Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden
entstehen Veränderungen beim Erfüllungsaufwand der Jobcenter. Nach § 46 Absatz
3 SGB II trägt der Bund 84,8 Prozent der Gesamtverwaltungskosten der Jobcenter;
15,2 Prozent tragen die Kreise und kreisfreien Städte. Die Änderungen umfassen im Einzelnen:
Tabelle 2 – Änderungen des laufenden Erfüllungsaufwandes der Verwaltung des SGB II
Jobcenter
Drucksache 129/21 - 38 -
in Mio. Euro pro Jahr
§ 5 - Reha Öffnung §16a ff SGB II 3,90
§ 19 SGB IX - Teilhabeplanverfahren 1,00
Die Öffnung der Förderinstrumente nach den §§ 16a ff. SGB II und die Aufhebung des Leistungsverbots
für Leistungen nach § 16 Absatz 1 SGB II i. V. m. den §§ 44, 45 SGB III für
Rehabilitanden (§ 5 SGB II) führt bei schätzungsweise 25.000 Fällen pro Jahr und einer
Bearbeitungsdauer von 120 Minuten zu Mehrkosten von schätzungsweise rund 3,9 Millionen
Euro jährlich.
Durch die Anwendung des Teilhabeplanverfahrens für Rehabilitanden (§ 19 SGB IX)
kommt es für die Jobcenter zu einem zusätzlichen Erfüllungsaufwand in schätzungsweise
25.000 Fällen. Bei einer Bearbeitungsdauer von etwa 30 Minuten pro Fall ergibt sich ein
Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 1,0 Millionen Euro jährlich.
Agenturen für Arbeit (SGB III)
Durch die partielle Aufhebung des Leistungsverbotes für Rehabilitanden (§ 22 SGB III)
kommt es in schätzungsweise 8.000 Fällen pro Jahr bei einer Bearbeitungsdauer von
30 Minuten zu Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 300.000 Euro jährlich.
Durch die Anwendung des Teilhabeplanverfahrens für Rehabilitanden aus dem Rechtskreis
SGB II (§ 6 Absatz 3 SGB IX i. V. m. 19 SGB IX) statt des bisherigen Eingliederungsvorschlagsverfahrens
kommt es für die Agenturen für Arbeit zu einem zusätzlichen Erfüllungsaufwand
in schätzungsweise 12.500 Fällen. Bei einer Bearbeitungsdauer von etwa 30 Minuten
pro Fall ergibt sich ein Erfüllungsaufwand in Höhe von rund 500.000 Euro jährlich.
Durch die Änderungen beim Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung
kommt es bei den Agenturen für Arbeit bei 3 Millionen Fällen im Jahr sowie 285 000
Fällen beim Saisonkurzarbeitergeld zu Einsparungen in Höhe von etwa 23 Millionen Euro
(Bearbeitungszeit 10 Minuten, gehobener Dienst bei 42,20 Euro pro Stunde, woraus sich
7,03 Euro pro Fall ergeben). Ferner entfallen Sachkosten pro Fall in Höhe von rund 3 Euro
in Form von Portokosten und Ausdrucken, woraus sich 9,9 Millionen Euro ergeben. Hinzukommen
einmalige Kosten für Software-Updates zum 1. Juli 2021 in Höhe von etwa 1 Million
Euro. Insgesamt ergibt sich eine Verminderung der Verwaltungskosten in Höhe von 33
Millionen Euro. Für die längerfristigen Einsparungen beim Verwaltungsaufwand kann jedoch
nicht von der aktuellen, pandemiebedingt hohen Anzahl der Anträge auf Kurzarbeitergeld
ausgegangen werden. Allerdings ist von einer zunehmenden Nutzung des neuen Antragsverfahrens
auszugehen, weil die erforderlichen Softwarelösungen in den Unternehmen
aufgrund regelmäßiger Updates zügig zur Verfügung stehen werden. Der prozentuale
Anteil der Fälle, in denen die Änderungen im Antragsverfahren genutzt werden, wird also
deutlich ansteigen. Deshalb können die in der Startphase angenommenen Einsparungen
und Mehrkosten auch längerfristig unterstellt werden. Ebenso wie beim Erfüllungsaufwand
der Wirtschaft ist deshalb während der Startphase von einer Nutzung der Änderung beim
Antragsverfahren mit einem Anteil von 10 Prozent auszugehen. Die sich daraus ergebende
Fallzahl (Kurzarbeitergeld: 300 000 Anträge, Saisonkurzarbeitergeld 28 500 Anträge) kann
deshalb längerfristig unterstellt werden. Damit ergibt sich eine Verminderung des Verwaltungsaufwands
von jährlich etwa 3,3 Millionen Euro.
Insgesamt bei den Agenturen für Arbeit beim Verwaltungsaufwand Verminderungen in
Höhe von etwa 3,3 Millionen Euro Erhöhungen von etwa 800 000 Euro gegenüber. Die
Einsparung beläuft sich damit auf 2,5 Millionen Euro.
Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI)
Die Träger der Deutschen Rentenversicherung Bund gehen aufgrund der Anwendung des
Teilhabeplanverfahrens in der Rehabilitation von höheren Fallzahlen - als die oben für die
Jobcenter sowie die Agenturen für Arbeit angenommenen - aus. Mit der neuen Regelung
wird außerdem ein zeitlicher Mehraufwand der Bearbeitung erwartet. Orientiert an dem bisherigen
Bestand könnte dies aufgrund des neuen Verfahrens für die Zukunft einen Erfüllungsaufwand
von bis zu 6,5 Millionen Euro pro Jahr bedeuten.
Länder und Kommunen
1. Trägerbestimmung und digitale Pflegeanwendungen –- SGB XII
In Abhängigkeit von der landesrechtlichen Ausgestaltung der Bestimmung der das
SGB XII - ausgenommen die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach
dem Vierten Kapitel des SGB XII - ausführenden Träger kann bei Ländern und Kommunen
ein nicht quantifizierbarer Erfüllungsaufwand entstehen.
Durch die Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen von Personen, die nicht pflegeversichert
sind und deshalb Leistungen der Hilfe zur Pflege (Siebtes Kapitel des SGB XII) erhalten,
entsteht den Trägern der Sozialhilfe zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Dieser ist
nicht quantifizierbar, aber sehr gering aufgrund der angenommenen Anzahl der beziehenden
Personen (von 600 Personen im Jahr 2022 aufwachsend auf 2 600 Personen im Jahr
2025).
2. Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden –-- SGB II und
SGB III
Durch die Regelungen entstehen Veränderungen beim Erfüllungsaufwand der Jobcenter
(siehe oben). Nach § 46 Absatz 3 SGB II trägt der Bund 84,8 Prozent der Gesamtverwaltungskosten
der Jobcenter; 15,2 Prozent tragen die Kreise und kreisfreien Städte.
Die Änderungen umfassen im Einzelnen:
- 39 -
Tabelle 2 – Änderungen des laufenden Erfüllungsaufwandes der Verwaltung des SGB II
Jobcenter
in Mio. Euro pro Jahr
§ 5 - Reha Öffnung §16a ff SGB II 3,90
§ 19 SGB IX - Teilhabeplanverfahren 1,00
3. Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung
Durch die Rechtsänderung ergeben sich Entlastungen für die Wirtschaft sowie die Agenturen
für Arbeit (siehe unten).
4. Neufassung der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe –-- § 99 SGB IX
Durch die Neufassung der gesetzlichen Definition der Leistungsberechtigung in der Eingliederungshilfe
(§ 99 SGB IX) entsteht den Trägern der Eingliederungshilfe (Länder/Kommunen)
ein einmaliger geringfügiger Erfüllungsaufwand, da insbesondere Vordrucke angepasst
und ggf. Informationsblätter erstellt werden müssen.
5. Gewaltschutz für Menschen mit Behinderungen –- SGB IX
Drucksache 129/21
Die gesetzlichen Regelungen zum Gewaltschutz bilden im Wesentlichen die bisherige Praxis
ab, da der Großteil der Leistungserbringer bereits geeignete Maßnahmen trifft, um den
Schutz von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen vor
Drucksache 129/21 - 40 -
Gewalt zu gewährleisten (Bsp. Handlungsempfehlung zur Gewaltprävention, WfbM Landesarbeitsgemeinschaft
Werkstätten für behinderte Menschen, Berlin 2017; Checkliste Gewaltprävention,
Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V., Dezember 2017). Auch sind in einigen
Bundesländern bereits Rahmenverträge oder -vereinbarungen vorhanden, in denen ein
Konzept zur Gewalt- und Missbrauchsprävention enthalten ist (Beispiel Rahmenvereinbarung
zur Qualitätssicherung und Gewaltprävention in nordrhein-westfälischen Werkstätten
für Menschen mit Behinderungen, September 2019). Leistungserbringer, die den Heim- und
Betreuungsgesetzen („Heimrecht“) oder den Psychiatriegesetzen der Länder unterliegen,
sind in der Regel nach diesen Vorschriften bereits verpflichtet, geeignete Maßnahmen zum
Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner zu treffen (Beispiel § 12 Absatz 1 Bremisches
Wohn- und Betreuungsgesetz). Deshalb trifft ein Großteil der Rehabilitationsträger und Integrationsämter
bereits geeignete Maßnahmen, um den Schutz von Menschen mit Behinderungen
und von Behinderung bedrohten Menschen zu gewährleisten (Beispiel Handreichung
zur Prävention von und zum Umgang mit Gewalt, Bezirk Oberbayern, 2015; Rahmenvereinbarung
zur Qualitätssicherung und Gewaltprävention in nordrhein-westfälischen
Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, September 2019. Die gesetzlichen Regelungen
bilden deshalb im Wesentlichen die bisherige Praxis ab. Es dürften daher allenfalls
geringe Mehrausgaben entstehen.
6. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Rehabilitation –- SGB IX
Für die Rehabilitationsträger entsteht durch die Erweiterung des Leistungskataloges für
Leistungen zur medizinischen Rehabilitation um die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen
ein geringfügiger Erfüllungsaufwand.
7. Ausweitung des Budgets für Ausbildung –- SGB IX
Wenn die Träger ein Budget für Ausbildung anstelle einer anderen Leistung bewilligen, auf
die der Mensch mit Behinderungen einen Anspruch hat, führt dies nicht zu einem zusätzlichen
Erfüllungsaufwand. Für die Anpassung der EDV-Systeme sowie die Schulung der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter entsteht bei den zuständigen Trägern (in der Regel bei den
Trägern der Eingliederungshilfe) ein einmaliger, geringer Erfüllungsaufwand.
8. Assistenzhunde –- BGG
Den Ländern und Kommunen entsteht kein Erfüllungsaufwand.
5. Weitere Kosten
Geringfügige Auswirkungen auf das Preisniveau der Anschaffungskosten für Assistenzhunde
sind möglich.
6. Weitere Gesetzesfolgen
Die im Gesetz vorgesehenen Änderungen haben weder nachteilige Auswirkungen für Verbraucherinnen
und Verbraucher noch gleichstellungspolitische oder demografische Auswirkungen.
VII. Befristung; Evaluierung
Die vorgesehenen Regelungen im Bereich der Berufsausbildung sowie die angestrebte
stärkere Nutzung der Digitalisierung im Bereich der medizinischen Rehabilitation dienen als
Mittel der Verbesserung von Teilhabechancen zugleich der Umsetzung der Demografiestrategie
der Bundesregierung.
Drucksache 129/21
Eine Befristung oder Evaluierung der geänderten Regelung zu Zuständigkeit und Trägerbestimmung
ist nicht vorgesehen, weil die aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderlichen
Änderungen der Vorschriften zu Zuständigkeit und Trägerbestimmung dauerhaft erforderlich
sind. Auch für die übrigen Regelungen besteht kein Erfordernis für eine Evaluierung
oder Befristung.
Bei der Ergänzung des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen um
die Vorschriften zu Assistenzhunden ist gemäß § 12k BGG eine Evaluierung der Auswirkungen
der §§ 12e bis12h BGG vorgesehen. Diese Evaluation ist erforderlich, um mangels
vorhandener differenzierter Daten die Bandbreite sowie die Wirksamkeit von Hilfen durch
Assistenzhunde für unterschiedliche Nutzergruppen zu untersuchen, die tatsächlichen Kosten
von Assistenzhunden zu beziffern und diese ins Verhältnis zu anderen technischen oder
menschlichen Hilfen setzen zu können. Die Angaben zu den Kosten beruhen auf Daten des
GKV-Spitzenverbandes zu Blindenführhunden. Eine erneute Evaluierung der gesetzlichen
Regelungen erfolgt bis 2028 im Rahmen der allgemeinen Evaluation des BGG.
Der in der Arbeitsgruppe „Leistungsberechtigter Personenkreis“ neben dem Vorschlag für
die Neufassung des § 99 SGB IX erarbeitete Vorschlag für den Wortlaut der konkretisierenden
Rechtsverordnung soll insbesondere bezüglich der streitig gebliebenen Punkte vor der
Durchführung eines Verordnungsverfahrens vorab wissenschaftlich auf die Auswirkungen
auf den leistungsberechtigten Personenkreis evaluiert werden. Für die Vorbereitung dieser
Vorabevaluation hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bereits einen weiteren
partizipativen Prozess aufgesetzt.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch)
Zu Nummer 1
Anpassung des Inhaltsverzeichnisses an die Aufhebung der §§ 46b, 99 und 101 SGB XII.
Ferner sind die neu einzufügenden §§ 45a, 64j und 64k SGB XII im Inhaltsverzeichnis zu
berücksichtigen sowie die Überschrift des Dritten Abschnitts im Vierten Kapitel an die
Aufhebung von § 46b SGB XII anzupassen.
Zu Nummer 2
Zu Buchstabe a
Durch die Ergänzung in § 3 Absatz 1 wird der Begriff „Träger der Sozialhilfe“ als zusammenfassende
Bezeichnung für die örtlichen und überörtlichen Träger eingeführt (Legaldefinition).
Bereits in der geltenden Fassung des SGB XII wird die Bezeichnung „Träger der
Sozialhilfe“ überall dort verwendet, wo eine Unterscheidung zwischen örtlichen und überörtlichen
Trägern nicht erforderlich oder nicht angezeigt ist.
Eine bundesgesetzliche Bestimmung von örtlichen und überörtlichen Trägern wird nicht
mehr vorgenommen. Die Länder bestimmen sowohl die örtlichen als auch die überörtlichen
Träger der Sozialhilfe.
Zu Buchstabe b
- 41 -
Die teilweise aus verfassungsrechtlichen Gründen erforderliche Änderung in Absatz 2 reduziert
dessen Inhalt auf die Bestimmung der Träger der Sozialhilfe durch die Länder. Die
bislang in Satz 1 enthaltene Bestimmung der Kommunen als örtliche Träger entfällt. Auch
das in Satz 2 geregelte Erfordernis des Einverständnisses der Kommunen im Falle einer
landesrechtlichen Übertragung der Aufgaben als örtlicher Träger entfällt. Mit der alleinigen
Drucksache 129/21
Zuständigkeit der Länder für die Bestimmung der Träger der Sozialhilfe bleibt auch die Regelung
der Bedingungen für die Aufgabenübertragung an die kommunalen Träger durch
Landesrecht dem jeweiligen Landesrecht überlassen.
Zu Buchstabe c
Die in Absatz 3 enthaltene Regelung, wonach die Länder die überörtlichen Träger der Sozialhilfe
bestimmen, ist durch die Neufassung von Absatz 2 nicht mehr erforderlich und
deshalb aufzuheben.
Zu Nummer 3
§ 6 SGB XII mit der Überschrift „Fachkräfte“ wird auf den Grundsatz der Beschäftigung von
geeigneten und qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei den ausführenden Trägern
beschränkt. Hinzu kommt ergänzend - wie bereits im geltenden Recht - eine angemessene
fachliche Fortbildung.
Zu Nummer 4
Korrektur der in § 28a Absatz 1 Satz 2 SGB XII enthaltenen Verweisung. Die Rundungsregelung
ist seit einer Änderung von § 28 SGB XII in dessen Absatz 5 Satz 3 enthalten.
Zu Nummer 5
Bei der Änderung in § 37 Absatz 4 Satz 2 SGB XII handelt es sich um eine redaktionelle
Korrektur: Das Wort „nach“ steht zweimal hintereinander, weshalb es einmal zu streichen
ist.
Zu Nummer 6
Folgeänderung zur Neufassung des § 99 SGB IX.
Zu Nummer 7
Zu Buchstabe a
In § 42a Absatz 5, dessen Regelungsinhalt die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der
besonderen Wohnform für Menschen mit Behinderungen ist, werden die Sätze 4 und 5
aufgehoben (Doppelbuchstabe bb). Diese regeln die Ermittlung der durchschnittlichen
Warmmiete als Ausgangsgröße für die Bestimmung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Weil es sich dabei um eine Verfahrensvorschrift handelt, wird der Regelungsinhalt in
den neu einzufügenden § 45a SGB XII (Nummer 13) verschoben. Die Verweisung auf §
45a SGB XII in Satz 3 (Doppelbuchstabe aa) stellt ebenso eine Folgeänderung dazu dar,
wie die im neuen Satz 5 enthaltene Änderung der Verweisung: Es ist aufgrund der Aufhebung
der Sätze 4 und 5 auf den zu Satz 4 gewordenen bisherigen Satz 6 zu verweisen
(Doppelbuchstabe cc).
Zu Buchstabe b und c
- 42 -
Für das Vierte Kapitel des SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung)
wurde anlässlich des Eintritts von Bundesauftragsverwaltung zum 1. Januar 2013 eine eigenständige
Zuständigkeitsregelung eingeführt (§ 46b SGB XII). Diese beinhaltet ausschließlich
die landesrechtliche Bestimmung der zuständigen Träger. Seither wird in den
übrigen Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB XII auf die Bezeichnungen örtliche und
überörtliche Träger sowie Träger der Sozialhilfe verzichtet. Stattdessen wird die Formulierung
„für die Ausführung des Gesetzes nach diesem Kapitel zuständige Träger“ verwendet.
Drucksache 129/21
Aufgrund der Änderungen in § 3 SGB XII (Nummer 2) gilt für das gesamte SGB XII eine
einheitliche Regelung zu Zuständigkeit und Bestimmung der Träger der Sozialhilfe, weshalb
die eigenständige Zuständigkeitsregelung in § 46b SGB XII nicht mehr erforderlich ist (Nummer
17). Durch die allgemeine Zuständigkeitsregelung in § 3 SGB XII werden in § 42a SGB
XII und allen übrigen Vorschriften des Vierten Kapitels des SGB XII als Folgeänderung die
Trägerbezeichnung „für dieses Kapitel zuständige Träger der Sozialhilfe“ eingeführt.
In Absatz 6 Satz 1 sowie in Absatz 7 Satz 1 ersetzt die Formulierung „für dieses Kapitel
zuständige(n) Träger“ die bisherige Umschreibung des „für die Ausführung des Gesetzes
nach diesem Kapitel zuständige(n) Träger“ (Änderung der Trägerbezeichnung).
Zu Nummer 8
Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB XII: In § 43a Absatz 3 Satz 1 und Satz 3 (Buchstabe
a) SGB XII und in § 43a Absatz 4 SGB XII (Buchstabe b) wird jeweils die Änderung
der Trägerbezeichnung vorgenommen.
Zu Nummer 9
Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB XII. In § 44a SGB XII wird in Absatz 2 Satz 1
(Buchstabe a), in Absatz 4 (Buchstabe b) und in Absatz 5 Satz 1, 2, 3 und 4 (Buchstabe c)
jeweils die Änderung der Trägerbezeichnung vorgenommen.
In Absatz 6 (Buchstabe d) wird in Satz 2 ein redaktioneller Fehler korrigiert und zudem in
Nummer 2 die sich aus der Änderung in § 3 SGB XII ergebende Folgeänderung bei der
Trägerbezeichnung vorgenommen. Diese Folgeänderung wird auch in Satz 3 vorgenommen.
Zu Nummer 10
Zu Buchstabe a
Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB XII: In § 44b Absatz 1 SGB XII wird die Änderung
der Trägerbezeichnung vorgenommen.
Zu Buchstabe b
In § 44b Absatz 4 SGB XII wird in Satz 1 die sich aus der Änderung in § 3 SGB XII ergebende
Folgeänderung für die Trägerbezeichnung vorgenommen (Doppelbuchstabe aa).
Diese auch in Satz 2 vorzunehmende Folgeänderung wird aufgrund des sprachlichen Anpassungsbedarfs
durch eine Neufassung des Satzes umgesetzt (Doppelbuchstabe bb).
Zu Nummer 11
Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB XII: In § 44c SGB XII wird die Änderung der Trägerbezeichnung
vorgenommen.
Zu Nummer 12
Zu Buchstabe a
In § 45 Satz 1 SGB XII wird die Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB XII bei der Trägerbezeichnung
vorgenommen.
Zu Buchstabe b
- 43 -
Die auch in § 45 Satz 2 SGB XII vorzunehmende Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB
XII wird mit sprachlichen Anpassungen verbunden.
Drucksache 129/21
Zu Nummer 13
Der neu einzufügende § 45a SGB XII übernimmt den Regelungsinhalt der aufzuhebenden
§ 42a Absatz 5 Satz 4 und 5 SGB XII (Nummer 7). Diese beiden Sätze des § 42a Absatz 5
regeln die Feststellung der Höhe der durchschnittlichen Warmmiete von Einpersonenhaushalten
als Grundlage für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der besonderen Wohnform.
Es handelt es sich nicht um leistungsrechtliche Regelungen, sondern um Verfahrensvorschriften.
Deshalb wird der Inhalt beider Sätze in die Verfahrensvorschriften des Zweiten
Abschnitts des Vierten Kapitels des SGB XII verschoben.
Die Vorschrift übernimmt den Inhalt der Sätze 4 und 5 des § 42a Absatz 5 SGB XII, Änderungen
beschränken sich auf die Anpassung der Trägerbezeichnung (Folgeänderung zur
Änderung in § 3 SGB XII) sowie die gesetzliche Festschreibung der regelmäßigen Überprüfung
der Höhe der durchschnittlichen Warmmiete.
Zu Nummer 14
Folgeänderung zur Änderung in § 3 SGB XII: In § 46 Satz 4 SGB XII wird die Änderung der
Trägerbezeichnung vorgenommen.
Zu Nummer 15
Folgeänderung zur Aufhebung von § 46b SGB XII (Nummer 17). Weil der Dritte Abschnitt
des SGB XII künftig nur noch die Erstattungsregelung in § 46a SGB XII umfasst, ist dessen
Überschrift auf die „Erstattung“ zu beschränken.
Zu Nummer 16
Folgeänderungen zur Änderung in § 3 SGB XII: In § 46a Absatz 1, Absatz 2 Satz 1, Absatz
4 Satz 1 und Absatz 5 Satz 2 SGB XII wird jeweils die Änderung der Trägerbezeichnung
vorgenommen.
Zu Nummer 17
Durch den Eintritt von Bundesauftragsverwaltung in der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII zum 1. Januar 2013 (BGBl. I S.
2783) wurde unter anderem mit § 46b SGB XII eine eigenständige Zuständigkeitsregelung
für dieses Kapitel eingefügt. Diese unterscheidet hinsichtlich der nach dem Vierten Kapitel
zuständigen Träger nicht zwischen örtlichen und überörtlichen Trägern der Sozialhilfe und
enthält folglich auch keine Bestimmung von Kommunen als örtliche Träger. Stattdessen
wird auf die alleinige Zuständigkeit der Länder für die Bestimmung der zuständigen Träger
der Sozialhilfe verwiesen. Die Anwendung von § 3 SGB XII wird in § 46b Absatz 2 SGB XII
ausdrücklich ausgeschlossen.
Aufgrund des neugefassten § 3 Absatz 2 SGB XII (Nummer 2) und die weiteren Änderungen
in dieser Vorschrift wird nunmehr für das gesamte SGB XII auf die Bestimmung der
Kommunen als örtliche Träger verzichtet und auf die alleinige Zuständigkeit der Länder für
die Trägerbestimmung verwiesen. Eine eigenständige Zuständigkeitsregelung in Form von
§ 46b Absatz 1 und 2 SGB XII führt deshalb zu einer sowohl inhaltlich nicht erforderlichen
als auch aus Rechtsförmlichkeitsgründen abzulehnenden inhaltlichen Doppelung.
Mit der Geltung von § 3 SGB XII auch für das Vierte Kapitel des SGB XII sind die Vorschriften
für die sachliche und örtliche Zuständigkeit in den §§ 97 und 98 SGB XII unmittelbar
anwendbar. Die Verweise in § 46b Absatz 3 auf § 98 SGB XII sind deshalb nicht mehr
erforderlich.
Deshalb ist § 46b SGB XII aufzuheben.
- 44 -
Zu Nummer 18
Zu Buchstabe a und Buchstabe b
Drucksache 129/21
In § 63 wird eine redaktionelle Folgeänderung zur Einfügung der neuen §§ 64j und 64k
vorgenommen.
Zu Nummer 19
Zu § 64j:
- 45 -
Digitale Pflegeanwendungen können in der Häuslichkeit die Pflege sowie die pflegerische
Betreuung durch professionelle Pflege- und Betreuungskräfte oder pflegende Angehörige
unterstützen und damit dem Vorrang der häuslichen Pflege nach § 64 Rechnung tragen.
Entsprechend der neuen Regelung des § 40a des Elften Buches, welche durch den im
Gesetzgebungsverfahren befindlichen Entwurf eines Gesetzes zur digitalen Modernisierung
von Versorgung und Pflege (Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz-
DVPMG) eingefügt werden soll, wird daher auch im Siebten Kapitel des SGB XII mit § 64j
ein neuer Anspruch der Pflegebedürftigen auf Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen
geschaffen.
Digitale Pflegeanwendungen bestehen in vorrangig software- oder webbasierten Versorgungsangeboten,
die die Pflegebedürftigen und deren Angehörige - ggf. unter Beteiligung
professioneller Pflegefachkräfte - in konkreten pflegerischen Situationen anleitend begleitend
oder einen Beitrag zur Erhaltung der Selbstständigkeit des Pflegebedürftigen leisten.
Die digitale Pflegeanwendung ist ein digitaler Helfer auf mobilen Endgeräten oder als browserbasierte
Webanwendung. Die Nutzung von Daten, die der Anwendung etwa von Alltagsgegenständen
des täglichen Lebens wie Fitnessarmbänder oder Hilfsmitteln zur Verfügung
gestellt werden, fallen nicht unter den Leistungsanspruch.
Durch das Erfordernis, wonach digitale Pflegeanwendungen wesentlich auf digitalen Technologien
beruhen müssen, werden umfangreiche Hardwareausstattungen von dem Anspruch
ausgeschlossen.
Neben Anwendungen zur Organisation und Bewältigung des pflegerischen Alltags unterfallen
dem neuen Leistungsanspruch auch Angebote, die zur Bewältigung besonderer pflegerischer
Situationen, etwa im Bereich der Erhaltung der Mobilität oder bei Demenz eingesetzt
werden können. Einige für die Pflege entwickelte digitale Anwendungen zielen direkt auf
die Nutzung durch Pflegebedürftige ab wie beispielsweise die Stabilisierung bzw. Verbesserung
des Gesundheitszustandes der pflegebedürftigen Person durch Übungen und Trainings.
So ist etwa die Sturzprävention ein ganz wesentliches Element, um ältere Menschen
in ihrer Autonomie zu stärken und diese darin zu unterstützen, länger in den eigenen vier
Wänden zu verbleiben. Durch digitale Pflegeanwendungen kann die individuelle Sturzprävention
unterstützt werden, etwa indem mit der Smartphone-Kamera der Gang des pflegebedürftigen
Menschen aufgenommen wird, um KI-basierte Analysen und Anleitungen
durchzuführen, die das Sturzrisiko minimieren können.
Weiter können digitale Pflegeanwendungen Menschen mit einer Demenzerkrankung helfen,
im Alltag auch im Zusammenspiel mit Angehörigen besser zu Recht zu kommen, therapeutische
Maßnahmen per passgenauen Apps anzuleiten sowie passgenaue Informationen
an die Hand zu geben und weitere Services anzubieten wie zum Beispiel personalisierte
Gedächtnisspiele.
Ein weiterer Anwendungsbereich digitaler Pflegeanwendungen kann die in der Pflege sehr
relevante Versorgung von Dekubitus sein. Betroffen sind vor allem Menschen, die sehr
schwach, gelähmt oder nicht bei Bewusstsein sind. Sie liegen oder sitzen oft sehr lange
Drucksache 129/21
unbeweglich in einer Position. Mit Hilfe von digitalen Pflegeanwendungen können Pflegebedürftige
und ihre Angehörigen unterstützt werden, Dekubitus besser vorzubeugen, zu
erkennen und zu versorgen.
Darüber hinaus können digitale Pflegeanwendungen auch dazu beitragen, den Austausch
zwischen Pflegefachkräften und Angehörigen sowie den Pflegebedürftigen erheblich zu
verbessern und diese passgenauer als andere Kommunikationsdienste auf den Pflegealltag
auszurichten. Damit können Angehörige in ihrem Wunsch unterstützt werden, sich um
ihre pflegebedürftigen Verwandten zu kümmern. Erfasst von dem Leistungsanspruch werden
daher auch solche Anwendungen, die schwerpunktmäßig von pflegenden Angehörigen
eingesetzt werden.
Zu § 64k:
Der Einsatz und die Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen nach § 64j kann bei Pflegebedürftigen
einen Bedarf zur Anleitung erfordern. Entsprechend zum neuen § 39a
SGB XI, welcher durch den im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Entwurf eines Gesetzes
zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale Versorgung und
Pflege-Modernisierungs-Gesetz-DVPMG) eingefügt werden soll, wird auch im Siebten Kapitel
des SGB XII die Erbringung ergänzender Unterstützungsleistungen beim Einsatz digitaler
Pflegeanwendungen nach § 64j geregelt. Pflegebedürftige haben Anspruch auf eine
ergänzende Unterstützung durch zugelassene ambulante Pflegeeinrichtungen, wenn diese
bei der Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen erforderlich ist. Unterstützungshandlungen
durch ambulante Pflegedienste im Kontext der digitalen Pflegeanwendungen können
den pflegerischen oder betreuerischen Nutzen der digitalen Pflegeanwendung für den
Pflegebedürftigen sicherstellen, wenn dieser dies wünscht.
Einzelheiten zum Anspruch auf ergänzende Unterstützung legt das Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte im Rahmen des Aufnahmeverfahrens in das Pflegeanwendungs-Verzeichnis
fest. Der Anspruch bezieht sich alleine auf die Versorgung mit digitalen
Pflegeanwendungen nach § 64j. Finanziert werden ausschließlich spezifische Begleitleistungen.
Pflegehilfsmittel sind hiervon nicht erfasst.
Zu Nummer 20
Bei der sprachlichen Änderung in § 90 Absatz 2 Nummer 3 handelt es sich um eine Folgeänderung
zur Neufassung des § 99 SGB IX. Eine inhaltliche Änderung ist damit nicht verbunden.
Zu Nummer 21
Folgeänderung zur Neufassung des § 99 SGB IX in § 94 Absatz 2 Satz 1.
Zu Nummer 22
Zu Buchstabe a
Durch die Neufassung von § 97 Absatz 1 liegt die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit
von örtlichen und überörtlichen Trägern der Sozialhilfe bei den Ländern.
Zu Buchstabe b
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Aufgrund der alleinigen Zuständigkeit der Länder für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit
entfällt der Regelungsinhalt in den Absätzen 2 und 3 zur sachlichen Zuständigkeit
der überörtlichen Träger der Sozialhilfe; die Absätze 2 und 3 sind deshalb aufzuheben.
Zu Buchstabe c
Folgeänderung zur Aufhebung der Absätze 2 und 3.
Zu Buchstabe d
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Der bisherige Absatz 5 ist ebenfalls aufzuheben. Unmittelbare Ursache hierfür ist nicht die
landesrechtliche Bestimmung der Zuständigkeit der Träger der Sozialhilfe, sondern eine
erforderliche Rechtsangleichung. Inhaltlich stellt diese Vorschrift insbesondere auf die sogenannte
Tuberkulosehilfe der Sozialhilfe ab, die jedoch bereits im Jahr 1987 aufgehoben
wurde (Zweites Rechtsbereinigungsgesetz vom 16. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2441). Für
weitere Krankheiten ist keine Aufgabenstellung der Sozialhilfe erkennbar, weil deren Leistungsumfang
seit dem Jahr 2005 dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung
nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) entspricht, die Hilfen zur Gesundheit
nach dem Fünften Kapitel SGB XII beinhalten deshalb kein eigenständiges Leistungsrecht.
Für eine eigenständige Weiterentwicklung der Leistungen durch die Träger der Sozialhilfe
und damit unabhängig vom Leistungsrecht nach dem SGB V fehlt es deshalb an der
Rechtsgrundlage. Sofern die Vorschrift durch das Wort „insbesondere“ suggeriert, dass die
überörtlichen Träger auch außerhalb von verbreiteten Krankheiten zur Weiterentwicklung
von Leistungen der Sozialhilfe beitragen sollen, so gibt es hierfür keine Anwendungsfälle,
die mit dem gesetzlichen Leistungsumfang der Sozialhilfe vereinbar wären.
Zu Nummer 23
Die Vorschrift des § 98 SGB XII ist auch nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts
vom 7. Juli 2020 erforderlich, weil bundeseinheitliche Bestimmungen zur örtlichen
Zuständigkeit der Träger der Sozialhilfe erforderlich sind. Ansonsten ist bei länderübergreifenden
Leistungsfällen nicht bestimmt, welcher Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig ist
(insbesondere: der für den letzten Wohnort oder für den Ort der Leistungsgewährung zuständige
Träger).
Bei der Änderung in Absatz 1a Satz 1 handelt es sich um eine redaktionelle Korrektur, denn
die darin enthaltene Zuständigkeitsregelung regelt die Zuständigkeit in der speziellen Form
der Leistungserbringung nach § 34a Absatz 7 SGB XII für Bedarfe nach § 34 Absatz 2 Satz
1 Nummer 1 SGB XII (Schulausflüge). Es handelt sich folglich nicht um eine Aufzählung,
nach der die Erbringung von Bedarfen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB XII „und“
nach § 34a Absatz 7 SGB XII erfolgt, sondern im Falle der besonderen Form der Leistungserbringung
nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 SGB XII ist § 34a Absatz 7 SGB XII
anzuwenden und hieraus ergibt sich der zuständige Träger der Sozialhilfe. Dies ist der für
die jeweilige Schule örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe.
Zu Nummer 24
Die Vorschrift in § 99 unter der Überschrift „Vorbehalt abweichender Durchführung“, die den
Ländern die Bestimmung ermöglichte, dass Kreise ihre kreisangehörigen Gemeinden zur
Erfüllung ihrer Aufgaben als Träger der Sozialhilfe „heranziehen“ (sogenannte Delegationsgemeinden)
ist mit der Zuständigkeit der Länder für die Trägerbestimmung nicht vereinbar
und deshalb aufzuheben.
Zu Nummer 25
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Die „Behördenbestimmung und Stadtstaatenklausel“ in § 101 SGB XII, die die Bestimmung
zuständiger Behörden in den Ländern sowie eine besondere Regelung für Stadtstaaten
beinhaltet, ist ebenfalls nicht mit der Zuständigkeit der Länder für die Trägerbestimmung zu
vereinbaren. § 101 SGB XII ist deshalb aufzuheben.
Drucksache 129/21
Zu Artikel 2 (Änderung des Ersten Buches Sozialgesetzbuch)
Die Vorschrift über die „Leistungen der Sozialhilfe“ in § 28 SGB I enthält in Absatz 2 eine
bundesgesetzliche Bestimmung der Kommunen als Träger der Sozialhilfe. Durch die Neufassung
dieses Absatzes wird dessen Regelungsinhalt - wie auch die Trägerbestimmung in
der Zuständigkeitsregelung des § 3 SGB XII (Artikel 1 Nummer 2) - darauf beschränkt, dass
die Bestimmung der Träger in die Zuständigkeit der Länder fällt. Dabei entfällt auch die
Benennung der Gesundheitsämter als für „besondere Aufgaben“ zuständige Träger, denn
auch hierbei handelt es sich um kommunale Behörden.
Zu Artikel 3 (Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch)
Zu Nummer 1
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 2
Den Jobcentern wird die Möglichkeit eröffnet, Leistungen nach den §§ 16a ff. neben einem
Rehabilitationsverfahren zu erbringen.
Die bisherige Verfahrensweise, wonach den Leistungen des Rehabilitationsträgers zur Teilhabe
am Arbeitsleben ein absoluter Vorrang zukommt, der sich für die Leistungen nach den
§§ 16a ff faktisch wie ein Leistungsverbot auswirkt, wird geändert. Dieser Ausschluss hat
insbesondere eine nachhaltige Eingliederung von Rehabilitanden mit multiplen Vermittlungshemmnissen
im SGB II erschwert. Zugleich führte er zu einer Ungleichbehandlung
von Rehabilitanden gegenüber erwerbsfähig leistungsberechtigten Personen ohne Rehabilitationsbedarf.
Die §§ 16c (Eingliederung von Selbständigen) und 16e (Eingliederung von Langzeitarbeitslosen)
sind aufgrund ihrer Leistungskongruenz mit dem Portfolio der Rehabilitationsleistungen
nach dem SGB IX von der Öffnung auszunehmen. Sie sollen deshalb und um streitanfällige
Erstattungsverfahren zu vermeiden auch weiterhin nicht erbracht werden dürfen.
Satz 2 stellt klar, dass die mit diesem Gesetz vorgenommene Ergänzung in § 22 Absatz 2
Satz 2 SGB III auch für die Jobcenter Anwendung findet. Auf die entsprechende Begründung
wird verwiesen.
Damit die Jobcenter die neuen Fördermöglichkeiten sinnvoll nutzen können, muss das Förderinstrumentarium
des SGB II mit den weiteren Rehabilitationsmaßnahmen aufeinander
abgestimmt und verzahnt werden. Dies setzt zwingend Mitwirkungsmöglichkeiten der Jobcenter
im Rehabilitationsverfahren voraus, die durch entsprechende Regelungen im SGB
IX mit diesem Gesetz umgesetzt werden.
Zu Nummer 3
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 4
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Folgeänderung zur Änderung des § 22 Absatz 4 Satz 1 Nummer 6 SGB III. Zudem wird mit
der Einfügung des § 116 Absatz 5 SGB III eine Regelungslücke für erwerbsfähige Leistungsberechtigte
mit Behinderungen im Sinne des SGB II geschlossen. Damit ist beispielsweise
eine Verlängerung einer durch die Jobcenter finanzierten außerbetrieblichen Berufsausbildung
über das vorgesehene Ausbildungsende hinaus möglich, wenn Art oder
Schwere der Behinderung es erfordern und ohne die Förderung eine dauerhafte Teilhabe
am Arbeitsleben nicht erreicht werden kann. In § 22 Absatz 4 Satz 1 Nummer 6 SGB III
wird § 116 Absatz 5 SGB III dagegen nicht aufgenommen. Damit wird sichergestellt, dass
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§ 116 Absatz 5 SGB III bei durch Agenturen für Arbeit finanzierten besonderen Leistungen
zur Förderung einer Berufsausbildung für erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen
Anwendung finden kann.
Zu Nummer 5
Es handelt sich um begriffliche Anpassungen.
Zu Artikel 4 (Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch)
Zu Nummer 1
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu Buchstabe c
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu Buchstabe d
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu Buchstabe e
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung des Inhaltsverzeichnisses.
Zu Nummer 2
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe c
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 3
Zu Buchstabe a
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Mit dem neu eingefügten Satz 2 wird das Leistungsverbot für die Agenturen für Arbeit und
die Jobcenter partiell aufgehoben in Bezug auf die Leistungen nach den §§ 44 und 45 SGB
III (Agenturen für Arbeit) bzw. nach § 16 Absatz 1 SGB II in Verbindung mit den §§ 44 und
45 SGB III (Jobcenter). Die Agenturen für Arbeit und Jobcenter können nun ihre Vermittlungstätigkeit
unmittelbar mit vermittlungsunterstützenden Leistungen flankieren und damit
die Eingliederung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden anderer Rehabilitationsträger
in den Arbeitsmarkt erheblich beschleunigen.
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Dies ist auch systemgerecht, da die Agenturen für Arbeit und Jobcenter die Mehrheit der
Vermittlungsaktivitäten durchführen und die Vermittlungsverantwortung mit regelmäßiger
Stellensuche trotz Zuständigkeit eines anderen Rehabilitationsträgers für Leistungen zur
Teilhabe am Arbeitsleben weiterhin innehaben. Entsprechend haben die Rehabilitandinnen
und Rehabilitanden ihre Obliegenheiten bzw. Pflichten nach dem SGB II oder SGB III zu
erfüllen und sich unter anderem auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben.
Die Agenturen für Arbeit bzw. die Jobcenter sind deshalb zukünftig neben dem jeweils anderen
Rehabilitationsträger für die genannten Leistungen zuständig. Es besteht somit
grundsätzlich eine parallele Zuständigkeit. Auch während der Anspruchsprüfung auf Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den anderen Rehabilitationsträger oder während
eines sich anschließenden Widerspruchs- und Klageverfahrens können die Agenturen
für Arbeit und Jobcenter die vermittlungsunterstützenden Leistungen in eigener Zuständigkeit
erbringen. Eine Erstattung der Leistungen ist daher nicht vorgesehen.
Um die Erbringung von Doppelleistungen zu vermeiden, wird das Leistungsverbot nur in
den Fällen partiell aufgehoben, in denen nicht bereits der nach § 22 Absatz 2 Satz 1 SGB
III zuständige Rehabilitationsträger (z. B. die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung)
den §§ 44 und 45 SGB III entsprechende vermittlungsunterstützende Leistungen nach dem
für ihn geltenden Leistungsgesetz erbringt.
Die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erbringen gleichartige Leistungen nach §
35 Absatz 1 SGB VII in Verbindung mit § 49 Absatz 3 Nummer 1 SGB IX mit dem Ziel der
zügigen und nachhaltigen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Die Arbeitsplatzvermittlung
kann dabei u. a. über DGUV job erfolgen, einem Service für Personal- und Arbeitsvermittlung
der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, durch beauftragte Integrationsfachdienste
oder private Arbeitsvermittler.
Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung erbringen gleichartige Leistungen nach
§ 16 SGB VI i. V. m. § 49 Absatz 3 Nummer 1 SGB IX, wenn diese nicht im Zusammenhang
mit der Vermittlung durch die Agenturen für Arbeit oder Jobcenter stehen. Dies trifft insbesondere
auf die Vermittlung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden durch die von ihnen
beauftragten Integrationsfachdienste oder privaten Arbeitsvermittler zu. Die Träger der gesetzlichen
Rentenversicherung erbringen darüber hinaus vermittlungsunterstützende Leistungen,
die auf von ihnen geförderte berufliche Bildungsmaßnahmen (z. B. Bewerbungsbemühungen
im Rahmen des Absolventenmanagements von Weiterbildungsmaßnahmen) o-
der auf Initiativbewerbungen der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, sofern diese nicht
zu den Obliegenheiten bzw. Pflichten nach dem Zweiten oder Dritten Buch zählen, zurückzuführen
sind.
Die Leistungen der Agenturen für Arbeit und Jobcenter werden erst dann erbracht, wenn
die Vermittlung der Rehabilitanden im Fokus steht.
Da zur Vermeidung von Doppelleistungen die partielle Aufhebung des Leistungsverbots nur
dann erfolgen soll, wenn nicht bereits der zuständige Rehabilitationsträger vermittlungsunterstützende
Leistungen erbringt, ist allerdings grundsätzlich eine Koordinierung der Leistungserbringung
durch den leistenden Rehabilitationsträger nach den §§ 14 ff. des Neunten
Buches (z. B. dem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung) mit der Bundesagentur für
Arbeit notwendig. Hält der leistende Rehabilitationsträger nach § 15 Absatz 2 Satz 1 SGB
IX für die umfassende Feststellung des Rehabilitationsbedarfes die Feststellungen weiterer
Rehabilitationsträger für erforderlich und liegt kein Fall von § 15 Absatz 1 SGB IX vor, fordert
er von diesen Rehabilitationsträgern die für den Teilhabeplan erforderlichen Feststellungen
unverzüglich an und berät diese trägerübergreifend.
In Fallkonstellationen, in denen zum Zeitpunkt der Antragstellung absehbar ist, dass zunächst
der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Rehabilitationsmaßnahmen
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durchführen müsste (z. B. in Form von Qualifizierungsmaßnahmen), bevor Vermittlungsleistungen
der Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter zielführend wären, wird die Erforderlichkeit
im Sinne von § 15 Absatz 2 Satz 1 durch die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
geprüft. Dabei ist wie folgt zu differenzieren:
Sofern nach dem Absolvieren der Rehabilitationsmaßnahmen die Vermittlung der Rehabilitanden
durch die Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter erfolgen soll und eine komplexe
Fallgestaltung (z.B. Schuldnerberatung, Führerschein zum Erreichen des Arbeitsplatzes
aufgrund der Infrastruktur notwendig, regelmäßige Beratungsaktivitäten) vorliegt, ist in der
Regel von der Erforderlichkeit im Sinne von § 15 Absatz 2 Satz 1 SGB IX auszugehen und
ein Teilhabeplan nach § 19 SGB IX zu erstellen.
In weniger komplexen Fallgestaltungen (z. B. Übernahme von Bewerbungskosten, Reisekosten
für Vorstellungsgespräche) obliegt dem Rehabilitationsträger dagegen die Feststellung,
ob Erforderlichkeit im Sinne der genannten Vorschrift vorliegt. Denn die Leistungen
dienen der unmittelbaren Flankierung der Vermittlungstätigkeit der Agenturen für Arbeit und
Jobcenter und müssen daher nicht in jedem Fall auf die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
der leistenden Rehabilitationsträger abgestimmt werden.
Um sicherzustellen, dass die Leistungen nicht parallel ohne Abstimmung erbracht werden,
teilt der zuständige Träger der gesetzlichen Rentenversicherung der zuständigen Agentur
für Arbeit bzw. dem Jobcenter mit, dass die Vermittlung der Rehabilitanden durch die Agenturen
für Arbeit bzw. Jobcenter im Fokus steht und stellt diesen die für die Vermittlung erforderlichen
Unterlagen (z. B. sozialmedizinische Leistungsbeurteilung) zur Verfügung.
Sollten die Agenturen für Arbeit oder Jobcenter ein Teilhabeplanverfahren für erforderlich
halten, ist dies nachvollziehbar zu begründen und - ungeachtet der ggf. abweichenden Feststellung
des Rehabilitationsträgers im Hinblick auf die Erforderlichkeit - durchzuführen.
Die Bundesagentur für Arbeit und die Rehabilitationsträger (insbesondere die Deutsche
Rentenversicherung Bund für die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung und die
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung sowie die SVLFG für die Träger der gesetzlichen
Unfallversicherung) sollen wiederkehrende Fallgestaltungen, die eine frühzeitige Koordinierung
und Abstimmung nach § 15 Absatz 2 SGB IX erfordern, innerhalb der Gemeinsamen
Empfehlung nach § 26 Absatz 2 Nummer 3 SGB IX festlegen. Die Regelungen nach § 19
SGB IX bleiben hiervon unberührt.
Feststellungen weiterer Rehabilitationsträger im Sinne von § 15 Absatz 2 Satz 1 SGB IX
sind allerdings nicht erforderlich, soweit die Agenturen für Arbeit bzw. Jobcenter die Leistungen
nach den §§ 44, 45 SGB III erbringen, während die Anspruchsprüfung auf Leistungen
zur Teilhabe am Arbeitsleben durch den anderen Rehabilitationsträger andauert oder
im Fall der Ablehnung während der Dauer eines sich anschließenden Widerspruchs- und
Klageverfahrens. Bei anhängigem Rechtsstreit wurde von dem beteiligten Rehabilitationsträger
kein Rehabilitationsbedarf erkannt und die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben
abgelehnt. Durch die fehlende Feststellung eines Rehabilitationsbedarfes entfällt die Feststellung
weiterer Rehabilitationsträger. Darüber hinaus kann ein Teilhabeplanverfahren nur
durchgeführt werden, wenn ersichtlich ist, welche gesundheitlichen Bedürfnisse bei der beruflichen
Wiedereingliederung zu berücksichtigen sind. Die dafür relevanten Diagnosen
werden regelmäßig erst mit der Anerkennung eines Rehabilitationsbedarfes festgelegt.
Im Ergebnis erhalten die Rehabilitandinnen und Rehabilitanden die vermittlungsunterstützenden
Leistungen künftig dort, wo sie durchgeführt werden. Sie profitieren von einer daraus
zu erwartenden zügigeren und passgenaueren Wiedereingliederung in das Erwerbsleben.
Zugleich wird durch die in Satz 2 gewählte Formulierung klargestellt, dass der nach Satz 1
zuständige, andere Rehabilitationsträger für das Rehabilitationsverfahren insgesamt, insbesondere
für die Leistungskoordinierung, verantwortlich bleibt.
Drucksache 129/21
Zu Buchstabe b
Neben einer redaktionellen Änderung wird entsprechend der bisherigen Praxis klargestellt,
dass die Agenturen für Arbeit die besonderen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit
Ausnahme des Übergangsgeldes und der besonderen Leistungen zur Förderung der beruflichen
Weiterbildung auch an erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Behinderungen im
Sinne des SGB II erbringen.
Zu Nummer 4
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 5
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 6
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 7
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung..
Zu Nummer 8
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 9
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 10
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Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung.
Zu Nummer 11
Zu Buchstabe a
Der bisherige Wortlaut von § 114 wird zu Absatz 1.
Zu Buchstabe b
Drucksache 129/21
Mit der Verschiebung von § 118 Satz 2 in § 114 Absatz 2 -neu- und dessen begrifflichen
Anpassungen wird klargestellt, dass neben den besonderen Leistungen zur Teilhabe am
Arbeitsleben auch die allgemeinen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Antrag als
Persönliches Budget ausgeführt werden.
Zu Nummer 12
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe c
Zu Doppelbuchstabe aa
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Doppelbuchstabe bb
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe d
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 13
Zu Buchstabe a
Zu Doppelbuchstabe aa
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Doppelbuchstabe bb
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 14
Folgeänderung zu Nummer 11.
- 53 -
Drucksache 129/21
Zu Nummer 15
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 16
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 17
Zu Buchstabe a
Zu Doppelbuchstabe aa
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Doppelbuchstabe bb
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 18
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 19
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 20
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 21
Zu Buchstabe a
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Buchstabe b
Zu Doppelbuchstabe aa
- 54 -
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Doppelbuchstabe bb
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 22
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 23
Drucksache 129/21
Durch die Integration der Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld in der Datenübermittlung
an die Bundesagentur für Arbeit nach § 108 Absatz 1 SGB IV wird klargestellt, dass die
technischen und rechtlichen Bedingungen für die Datenübermittlung nach dem Vierten
Buch Sozialgesetzbuch auch auf die Anträge auf Erstattung des Kurzarbeitergeldes und
Saisonkurzarbeitergeldes sowie auf die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und auf
die Zahlung des Mehraufwands-Wintergeldes und des Zuschuss-Wintergeldes als ergänzende
Leistungen zum Saison-Kurzarbeitergeld angewendet werden können.
Zu Nummer 24
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Nummer 25
Es handelt sich um eine begriffliche Anpassung.
Zu Artikel 5 (Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch)
Zu Nummer 1
Redaktionelle Folgeänderung.
Zu Nummer 2
Die Träger, die an der Systemprüfung beteiligt sind, werden um die Bundesagentur für Arbeit
erweitert, um unter anderem sicher zu stellen, dass die Systemprüfungen für die Kurzarbeitergeld-Verfahren
ohne zeitliche Verzögerung inhaltlich geprüft und abgeschlossen
werden können. Die Systemprüfung stellt sicher, dass die von den Arbeitgebern eingesetzte
Software die inhaltlichen Anforderungen für die Verarbeitung der Daten in den Fachverfahren
gesetzeskonform zur Verfügung stellt. Durch die Einbeziehung von Beschäftigten der
Träger in diese Fachprüfungen wird dies für die jeweiligen Fachverfahren durch die Fachkenntnisse
dieser Beschäftigten sichergestellt. Die Bundesagentur für Arbeit nimmt nunmehr
mit den Fachverfahren für die Vergabe und Korrektur der Betriebsnummer, den Bescheinigungsverfahren
für die Arbeitsbescheinigungen nach § 312 ff SGB III und dem Antragsverfahren
für Kurzarbeiter- und Saisonkurzarbeitergeld sowie damit verbundenen Verfahren
an den Arbeitgebermeldeverfahren teil. Von daher ist in diesen Verfahren das Fachwissen
der Beschäftigten der BA gefragt. Kosten entstehen der Bundesagentur für Arbeit
indirekt durch die Bereitstellung des Fachpersonals bei der Einführung der Systemprüfung
für das Fachverfahren und bei zukünftigen Änderungen im Fachverfahren sowie vereinzelt
bei der Formulierung von Testaufgaben für die unregelmäßige Qualitätskontrolle der Entgeltabrechnungsprogramme.
Zu Nummer 3
Zu Buchstabe a
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Erweiterung der Überschrift, da neben Bescheinigungen nun auch Anträge in das Verfahren
einbezogen werden.
Drucksache 129/21
Zu Buchstabe b
Durch die Ergänzung im Absatz 1 wird geregelt, dass auch die Verfahren nach § 323 Absatz
2 Satz 1 und 3 SGB III zur Beantragung von Kurzarbeitergeld, Saison-Kurzarbeitergeld
einschließlich der Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge sowie des Mehraufwands-
Wintergeldes und des Zuschuss-Wintergeldes als ergänzende Leistungen zum Saisonkurzarbeitergeld
zukünftig über die systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramme oder Ausfüllhilfen
automatisiert abgewickelt werden können. Das Nähere zum Verfahren wird durch
Grundsätze der Bundesagentur für Arbeit mit Genehmigung des Bundesministeriums für
Arbeit und Soziales nach Anhörung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
verbindlich geregelt. Diese Grundsätze werden durch die Bundesagentur für Arbeit
neben den Grundsätzen zur Übermittlung der Bescheinigungen nach den §§ 312, 312a und
313 SGB III aufgestellt.
Zu Artikel 6 (Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch)
Es handelt sich hierbei um eine Folgeänderung, die sich durch die Aufnahme der digitalen
Gesundheitsanwendungen in den Katalog der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
nach § 42 Absatz 2 Nummer 6a SGB IX bzw. die Ergänzung des § 47a SGB IX ergibt.
Zu Artikel 7 (Änderung des Neunten Buches Sozialgesetzbuch)
Zu Nummer 1
Zu Buchstabe a
Die Kapitelbezeichnung wird ergänzt. Folgeänderung zur Einfügung eines § 37a SGB IX.
Zu Buchstabe b
Folgeänderung zur Einfügung eines § 37a SGB IX.
Zu Buchstabe c
Folgeänderung zur Einfügung eines § 47a SGB IX.
Zu Buchstabe d
Folgeänderung zur Anpassung des § 99 SGB IX.
Zu Nummer 2
Zu Buchstabe a
Die Streichung von § 6 Absatz 3 Satz 3 bis 7 SGB IX dient der Verringerung der Komplexität
der Leistungserbringung an Menschen mit Teilhabebedarf, die zugleich Leistungen nach
dem SGB II beantragt haben oder erhalten. Die bisherige Regelung der gemeinsamen Beratung
zur Vorbereitung des Eingliederungsvorschlags zwischen Bundesagentur für Arbeit
und Jobcenter entfällt ersatzlos.
Zu Buchstabe b
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Mit der Neuregelung durch die an § 6 Absatz 3 SGB IX anzufügenden Sätze wird auf den
ebenfalls neu eingefügten § 19 Absatz 1 Satz 2 SGB IX verwiesen, der die zukünftige Stellung
der Jobcenter bei der Leistungserbringung an Menschen mit (drohenden) Behinderungen
die Leistungen nach dem SGB II beantragt haben oder erhalten, regelt. Ziel der Regelung
ist es, die Leistungserbringung an die Leistungsberechtigten durch die stärkere Einbindung
und Beteiligung der Jobcenter in das Teilhabeplanverfahren zu verbessern. Die
Drucksache 129/21
Bundesagentur für Arbeit bleibt weiterhin für die Feststellung des Rehabilitationsbedarfs
zuständig. Im Rahmen der Teilhabeplanung erstellt die Bundesagentur für Arbeit einen Vorschlag
über die zu erbringenden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, über den das
Jobcenter innerhalb der Fristen von Kapitel 4 entscheidet. Die Entscheidung wird im Teilhabeplan
dokumentiert (§ 19 Absatz 2 Satz 2 Nummer 12 -neu-).
Zu Nummer 3
Zu Buchstabe a
Durch die Neuregelung der Beteiligung der Jobcenter im Teilhabeplanverfahren in § 19
Absatz 1 Satz 3 SGB IX, soweit zum Zeitpunkt der Antragstellung nach § 14 Leistungen
nach dem SGB II beantragt oder erbracht werden, können Jobcenter zusammen mit den
Rehabilitationsträgern die Erbringung der Eingliederungsleistungen und Rehabilitationsleistungen
aufeinander abstimmen und sinnvoll verzahnen sowie Informationen über andere
bewilligte Rehabilitationsleistungen einholen. Hierdurch werden in der Vergangenheit bestehende
Unsicherheiten beseitigt, wann und auf welcher gesetzlichen Grundlage Sozialdaten
der Leistungsberechtigten zwischen den Rehabilitationsträgern und den Jobcentern
ausgetauscht werden können. Im Rahmen der Beteiligung im Teilhabeplanverfahren können
die Jobcenter den beteiligten Rehabilitationsträgern und umgekehrt nach den §§ 67b,
69 Absatz 1 Nummer 1, 2. Alternative SGB X Sozialdaten der Antragstellenden übermitteln.
Diese Verzahnung ist insbesondere wegen der mit diesem Gesetz umgesetzten Öffnung
der §§ 16a ff. SGB II für Rehabilitanden unabdingbar.
Zu Buchstabe b
Zu Doppelbuchstabe aa
Folgeänderung in § 19 Absatz 2 Satz 2 SGB IX zur Einfügung der Nummer 13 durch Doppelbuchstabe
cc.
Zu Doppelbuchstabe bb
Folgeänderung zur Einfügung der Nummer 13 durch Doppelbuchstabe cc.
Zu Doppelbuchstabe cc
Durch die zwingende Beteiligung der Jobcenter im Teilhabeplanverfahren nach § 19 Absatz
1 Satz 2 -neu- SGB XI zur Koordinierung der Leistungserbringung, werden zukünftig durch
die neu einzufügende Nummer 12 auch die Eingliederungsleistungen der Jobcenter im Teilhabeplan
dokumentiert.
Zu Nummer 4
- 57 -
Die Änderung im § 20 Absatz 3 SGB IX ist eine Folgeänderung des § 19 Absatz 1 Satz 2
SGB IX. Sofern die Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 am Teilhabeplanverfahren zu
beteiligen sind, nehmen sie als mitverantwortliche Stelle auch an der Teilhabeplankonferenz
teil, sofern eine solche abzuhalten ist. Die Teilnahme an einer möglichen Teilhabeplankonferenz
garantiert eine möglichst reibungslose Verzahnung der unterschiedlichen
Teilhabeleistungen neben möglichen aktiven Leistungen nach dem SGB II.
Drucksache 129/21
Zu Nummer 5
Zu Buchstabe a
Die Ergänzung in § 22 Absatz 3 Satz 2 SGB XI ist eine Folgeänderung der Einfügung des
§ 19 Absatz 1 Satz 2 SGB IX und der zwingenden Beteiligung des zuständigen Jobcenters
in den dort genannten Fällen.
Die Streichung des § 22 Absatz 4 SGB IX ist eine Folgeänderung der Einfügung des § 19
Absatz 1 Satz 2. SGB IX Ein Vorschlag der Jobcenter, dass sie im Teilhabeplanverfahren
beteiligt werden, ist nicht mehr erforderlich. Vielmehr hat der leistende Rehabilitationsträger
die Jobcenter nach § 19 Absatz 1 Satz 2 SGB IX zu beteiligen, soweit zum Zeitpunkt der
Antragstellung nach § 14 SGB IX Leistungen nach dem SGB II beantragt sind oder erbracht
werden.
Zu Buchstabe b
Folgeänderung zu Buchstabe a.
Zu Buchstabe c
Folgeänderung zu Buchstabe a.
Zu Nummer 6
Die Kapitelbezeichnung wird ergänzt. Folgeänderung zur Einfügung eines § 37a SGB IX.
Zu Nummer 7
- 58 -
In dem einzufügenden § 37a SGB IX soll in Absatz 1 die umfassende Bedeutung der besonderen
Verantwortung des Bundesgesetzgebers für Menschen mit Behinderungen bekräftigen
und der Umsetzung der UN-BRK dienen. Artikel 16 UN-BRK verpflichtet die Vertragsstaaten
unter anderem, alle Menschen mit Behinderungen vor jeder Form von Gewalt
unter Berücksichtigung geschlechtsspezifischer Aspekte zu schützen. Die Leistungserbringer
setzen Gewaltschutzmaßnahmen nach eigenen Regelungen und in eigener Verantwortung
unter Berücksichtigung bestehender Maßnahmen um.
Der Schutzauftrag wird an diejenigen adressiert, die den Schutz vor Gewalt von Menschen
mit Behinderungen und von Behinderung bedrohter Menschen bei der Leistungserbringung
am effektivsten gewährleisten können. Adressaten sind die Leistungserbringer aller Rehabilitationsträger,
unabhängig davon, in welcher Form und an welchem Ort sie ihre Leistung
erbringen. Schutz ist gegen jegliche Formen von Gewalt sicherzustellen, insbesondere
auch gegen geschlechtsbezogene Gewalt und Übergriffe, einschließlich sexueller Übergriffe
und Belästigungen. Denn nach der Studie „Gewalterfahrungen von in Einrichtungen
lebenden Frauen mit Behinderungen, BMFSFJ 2014“ stellen Frauen mit psychischen und/oder
physischen Behinderungen und Beeinträchtigungen eine besonders verletzliche
Gruppe im Hinblick auf physische, psychische und strukturelle Gewalt dar. Neben Frauen
werden Kinder als besonders verletzliche Gruppe hervorgehoben. Im Sinne der UN-Kinderrechtskonvention
fallen darunter alle Menschen bis zur Vollendung des achtzehnten Lebensjahres
(vgl. Artikel 1 UN-Kinderrechtskonvention).
Auch wenn davon ausgegangen wird, dass der Großteil der Leistungserbringer schon geeignete
Maßnahmen trifft, um den Schutz von Menschen mit Behinderungen und von Behinderung
bedrohten Menschen vor Gewalt zu gewährleisten, und viele Leistungserbringer
durch bestehende gesetzliche Regelungen bereits jetzt zu entsprechenden Maßnahmen
verpflichtet sind, soll mit der Regelung verdeutlicht werden, dass der Schutz von Menschen
mit Behinderungen vor jeglicher Form von Gewalt auch im Rehabilitationsrecht einen besonderen
Stellenwert hat.
Drucksache 129/21
Der Schutz vor Gewalt wird in erster Linie durch die Entwicklung und Umsetzung eines auf
die Einrichtung und Dienstleistungen zugeschnittenen Gewaltschutzkonzepts erbracht. Teil
des Gewaltschutzkonzepts sind Maßnahmen wie zum Beispiel Fortbildungs- und Sensibilisierungsmaßnahmen
für Mitarbeitende, Präventionskurse für Menschen mit Behinderungen,
Vernetzung mit externen Partnern und feste interne Ansprechpersonen wie zum Beispiel
Frauenbeauftragte oder Kinderschutzbeauftragte in Einrichtungen sowie Beschwerdestellen
und andere geeignete Beteiligungsstrukturen.
Nach § 37a Absatz 2 SGB IX wirken die Rehabilitationsträger und die Integrationsämter
darauf hin, dass die Leistungserbringer den Schutzauftrag nach Absatz 1 erfüllen. Ihnen
verbleibt ein großer Spielraum, wie sie ihrer Hinwirkungspflicht zur Umsetzung des Schutzauftrags
durch die Leistungserbringer nachkommen. Dies kann zum Beispiel durch die Vereinbarung
gemeinsamer Empfehlungen sowie bei der Zusammenarbeit auf Ebene der Bundesarbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation oder anderer trägerübergreifender Strukturen geschehen.
Über § 26 Absatz 6 Satz 1 SGB IX ist sichergestellt, dass die Verbände von Menschen
mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der
Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretung von Frauen mit Behinderungen bei der
Erarbeitung von gemeinsamen Empfehlungen beteiligt werden und so an der Gestaltung
der Anforderungen an Gewaltschutzkonzepte mitwirken.
Spezialgesetzliche Regelungen zum Gewaltschutz bleiben unberührt.
Zu Nummer 8
Die Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen haben mit Inkrafttreten des Digitale-Versorgung-Gesetzes
seit dem 19. Dezember 2019 einen neuen, originären Leistungsanspruch
auf Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen (geregelt in § 33a Fünftes
Buch Sozialgesetzbuch). Dieser erweiterte Leistungsumfang soll im Bereich der Leistung
zur medizinischen Rehabilitation nachvollzogen werden. Durch den offenen Leistungskatalog
des § 42 Absatz 2 SGB IX ist die Erbringung von digitalen Gesundheitsanwendungen
im Rahmen der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation jetzt schon möglich, bildet jedoch
eher eine Randerscheinung. Die ausdrückliche Aufnahme der digitalen Gesundheitsanwendungen
in den Leistungskatalog soll die medizinische Rehabilitation sukzessive um
die Nutzung moderner digitaler Möglichkeiten erweitern, um so die Rehabilitation der Leistungsberechtigten
insgesamt zu ergänzen bzw. zu vervollständigen.
Durch das Erfordernis, dass digitale Gesundheitsanwendungen wesentlich auf digitalen
Technologien beruhen müssen, werden umfangreiche Hardwareausstattungen von dem
Anspruch ausgeschlossen. Die digitale Gesundheitsanwendung ist ein digitaler Helfer auf
mobilen Endgeräten oder als browserbasierte Webanwendung. Die Nutzung von Daten, die
der Anwendung etwa von Alltagsgegenständen des täglichen Lebens wie Fitnessarm-bändern
oder Hilfsmitteln zur Verfügung gestellt werden, fallen ebenfalls nicht unter den Leistungsanspruch.
Zu Nummer 9
- 59 -
Die digitalen Gesundheitsanwendungen regelt der neu einzufügende § 47a SGB IX.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt nach § 139e Absatz
1 SGB V ein Verzeichnis für digitale Gesundheitsanwendungen, die im Rahmen der
Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig sind. Der Leistungsanspruch
nach § 33a Absatz 1 SGB V erfasst dabei Produkte, die im Rahmen der Krankenbehandlung
oder bei dem Ausgleich von Behinderungen zum Einsatz kommen. Gleichzeitig
können diese jedoch auch im Rahmen der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zum
Einsatz kommen. Um eine Begrenzung der in dem Verzeichnis nach § 139e Absatz 1 SGB
V gelisteten digitalen Gesundheitsanwendungen auf Produkte zu erzielen, die spezifisch im
Kontext der medizinischen Rehabilitation in Betracht kommen, wird eine Begrenzung der
Nutzungszwecke auf die Vorbeugung von drohenden Behinderungen, der Gewährleistung
Drucksache 129/21
des Erfolgs der Heilbehandlung oder den Ausgleich von Behinderungen vorgenommen.
Dies entspricht auch der im Bereich der Hilfsmittel nach § 47 SGB IX geltenden Rechtslage.
Über die Digitale-Gesundheitsanwendungen-Verordnung wird sichergestellt, dass alle im
Verzeichnis nach § 139e Absatz 1 SGB V aufgenommenen digitalen Gesundheitsanwendungen
barrierefrei sind. Für öffentliche Stellen des Bundes gelten darüber hinaus die Regelungen
der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0).
Es wird klargestellt, dass auch die Erbringung von digitalen Gesundheitswendungen nur
mit Zustimmung der Leistungsberechtigten erfolgt, vgl. § 8 Absatz 4 SGB IX.
Für digitale Gesundheitsanwendungen, die im Rahmen der Leistungen zur medizinischen
Rehabilitation zum Einsatz kommen können, bestehen bislang keine einheitlichen Anforderungsprofile.
Zum Einsatz sollen daher nur solche digitalen Gesundheitsanwendungen
kommen, die in das Verzeichnis nach § 139e Absatz 1 SGB beim Bundesinstitut für Arzneimittel
und Medizinprodukte geführtes Verzeichnis aufgenommen sind. Sofern digitale Gesundheitsanwendungen
weitere (modulare) Leistungsbestandteile enthalten, die nicht im
Rahmen des Verfahrens beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte geprüft
wurden, sind diese im Wege der Selbstzahlung zu beschaffen.
Zu Nummer 10
Zu Buchstabe a
Zu Doppelbuchstabe aa
Durch die Änderungen in § 61a Absatz 1 Satz 1 SGB IX können auch Menschen mit Behinderungen,
die sich im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen oder eines
anderen Leistungsanbieters befinden, das Budget für Ausbildung erhalten. Für diese
Personengruppe wird hiermit eine weitere Möglichkeit neben dem Budget für Arbeit geschaffen,
eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufzunehmen.
Zu Doppelbuchstabe bb
Die Streichung des § 61a Absatz 1 Satz 2 SGB IX resultiert aus der Ausweitung des Budgets
für Ausbildung auf Personen, die Anspruch auf Leistungen nach § 58 SGB IX haben.
Zu Buchstabe b
Zu Doppelbuchstabe aa
Durch die Neufassung von § 61a Absatz 2 Satz 1 SGB IX wird geregelt, dass das Budget
für Ausbildung neben der Erstattung der Ausbildungsvergütung auch die Erstattung des
Anteils des Arbeitgebers am Gesamtsozialversicherungsbeitrag sowie die Beiträge zur Unfallversicherung
nach Maßgabe des Sozialgesetzbuches Siebtes Buch umfasst. Auch erforderliche
Fahrkosten werden durch den zuständigen Leistungsträger übernommen.
Zu Doppelbuchstabe bb
- 60 -
Das Budget für Ausbildung umfasst auch die Kosten, die entstehen, wenn der schulische
Teil der Ausbildung in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation erfolgt. Da die Träger
der Eingliederungshilfe mit den Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation keine Vereinbarungen
nach §§ 123 ff. SGB IX abschließen müssen, muss für sie eine anderweitige
Prüfmöglichkeit bestehen. Mit dem nach § 61a Absatz 2 Satz 4 SGB IX anzufügenden Satz
wird diese durch die Vorlage- und Bewilligungspflicht hinsichtlich des Angebots der Einrichtung
der beruflichen Rehabilitation künftig rechtssicher normiert.
Zu Buchstabe c
Zu Doppelbuchstabe aa
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Die Bundesagentur für Arbeit verfügt über umfangreiche Kenntnisse im Bereich der beruflichen
Bildung und enge Kontakte zu Arbeitgebern. Auf diese soll im Interesse der Leistungsberechtigten
auch dann zurückgegriffen werden können, wenn das Budget für Ausbildung
von einem anderen Leistungsträger als der Bundesagentur für Arbeit erbracht wird.
Durch die Änderung im § 61a Absatz 5 SGB IX wird daher geregelt, dass die Bundesagentur
für Arbeit auch dann bei der Ausbildungsplatzsuche unterstützen soll, wenn das Budget
für Ausbildung von einem anderen Leistungsträger erbracht wird. Kann von der Bundesagentur
für Arbeit kein Ausbildungsplatz vermittelt werden, ist durch den zuständigen Leistungsträger
(erneut) zu den Förderalternativen im Zusammenhang mit § 58 SGB IX zu beraten.
Verfügt der zuständige Leistungsträger über eigene Strukturen zur Unterstützung bei der
Suche nach einem geeigneten Ausbildungsplatz, ist eine Einbindung der Bundesagentur
für Arbeit nicht zwingend erforderlich.
Zu Doppelbuchstabe bb
Ist wegen Art oder Schwere der Behinderung der Besuch einer Berufsschule am Ort des
Ausbildungsplatzes nicht möglich, umfasst die Unterstützung durch die Bundesagentur für
Arbeit nach dem in § 61a Absatz 5 SGB IX anzufügenden Satz auch die Unterstützung bei
der Suche nach einer geeigneten Einrichtung der beruflichen Rehabilitation, in der der schulische
Teil der Ausbildung absolviert werden kann.
Zu Nummer 11
Zu Buchstabe a
Durch die Änderung in § 63 Absatz 3 Satz 1 SGB IX wird geregelt, dass Menschen mit
Behinderungen, die Anspruch auf Leistungen nach § 57 SGB IX haben, das Budget für
Ausbildung weiterhin unverändert von den Leistungsträgern erhalten, die auch die Leistungen
im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich einer anerkannten Werkstatt für
behinderte Menschen erbringen.
Zu Buchstabe b
In § 63 Absatz 3 Satz 2 SGB IX wird festgelegt, dass Menschen mit Behinderungen, die
Anspruch auf Leistungen nach § 58 SGB IX haben, das Budget für Ausbildung von den
Leistungsträgern erhalten, die auch die Leistungen im Arbeitsbereich einer anerkannten
Werkstatt für behinderte Menschen erbringen.
Zu Nummer 12
In § 93 Absatz 3 SGB IX, der mit dem BTHG in das SGB IX aufgenommen wurde und zum
1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, wird auf die Begrifflichkeiten des Artikel 25a BTHG (§
99 SGB IX), der gemäß Artikel 26 Absatz 5 BTHG zum 1. Januar 2023 in Kraft treten sollte,
Bezug genommen. Das Konzept des Artikel 25a BTHG (§ 99 SGB IX) ist durch die Ergebnisse
der in den Jahren 2017 und 2018 durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchung
jedoch hinfällig. Daher ist eine Anpassung des § 93 Absatz 3 SGB IX an die Begrifflichkeiten
des mit diesem Gesetz neu gefassten § 99 SGB IX erforderlich.
Zu Nummer 13
- 61 -
Folgeänderung in § 94 SGB IX zur Neufassung des § 99 SGB IX.
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Zu Nummer 14
Folgeänderung in § 97 SGB IX zur Neufassung des § 99 SGB IX.
Zu Nummer 15
Der zum 1. Januar 2020 in Kraft getretene § 99 SGB IX, der den leistungsberechtigten
Personenkreis in der Eingliederungshilfe definiert, verweist auf das bis zum 31. Dezember
2019 geltende Recht der Eingliederungshilfe (§ 53 Absatz 1 und 2 SGB XII und §§ 1 bis 3
der Eingliederungshilfe-Verordnung) und damit auf eine Definition, die den gesellschaftlichen
Veränderungen und dem gewandelten Rollenverständnis von Menschen mit Behinderungen
nur unzulänglich Rechnung trägt.
Nach dem modernen Verständnis von Behinderung, das auf dem bio-psycho-sozialen Modell
der ICF basiert, sind Behinderungen als Einschränkung der Aktivitäten und Teilhabe zu
verstehen, die sich infolge der Wechselwirkung zwischen einem Gesundheitsproblem und
personenbezogenen Faktoren bzw. Umweltfaktoren ergeben. Damit werden Sichtweisen
überwunden, die Behinderung als rein personenbezogenes Gesundheitsproblem sehen.
Durch die Umsetzung des Vorschlags der Arbeitsgruppe „Leistungsberechtigter Personenkreis“
werden die gesetzlichen Kriterien für die Beschreibung der Leistungsberechtigung (§
53 Absatz 1 und 2 SGB XII in der Fassung vom 31. Dezember 2019) an dieses moderne
Verständnis von Behinderung angepasst. So wird u.a. der Zusatz aufgenommen, dass Personen
durch Beeinträchtigungen (d.h. gesundheitliche Probleme) erst „in Wechselwirkung
mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren“ an der Teilhabe eingeschränkt sind. Auch
wird anstelle der „Einschränkung der Teilhabefähigkeit“ auf die gleichberechtigte „Teilhabe
an der Gesellschaft“ abgestellt, da jeder Mensch zur Teilhabe fähig ist.
Zu Absatz 1
Entsprechend dem bis zum 31. Dezember 2019 geltenden § 53 Absatz 1 Satz 1 SGB XII,
auf den § 99 SGB IX in der geltenden Fassung verweist, ist für einen Rechtsanspruch auf
Leistungen der Eingliederungshilfe auch künftig nicht ausreichend, dass eine (drohende)
Behinderung im Sinne von § 2 Absatz 1 SGB IX vorliegt. Zusätzlich dazu muss für einen
Anspruch - wie auch für andere Leistungs- und Rehabilitationsbereiche - ein weiteres Kriterium
erfüllt sein. Für einen Zugang zu Leistungen der Eingliederungshilfe muss es sich
wie bisher um eine (drohende) „wesentliche“ Behinderung handeln. Aus Gründen der
Rechtsklarheit wird die „wesentliche Behinderung“ künftig in Absatz 1 legal definiert.
Auch muss weiterhin für einen Leistungszugang „nach der Besonderheit des Einzelfalles
die Aussicht bestehen, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann“. Im
Rahmen der Prüfung dieser Voraussetzung finden auch Art und Schwere der Behinderung
Berücksichtigung.
Durch den Verweis auf § 90 SGB IX wird klargestellt, dass die „Aufgabe der Eingliederungshilfe“
mit dem BTHG abschließend in § 90 SGB IX normiert wurde. Dies ändert jedoch nichts
daran, dass die in § 4 SGB IX aufgeführten allgemeinen Ziele der Leistungen zur Teilhabe
bei der Auslegung der Vorschriften im Teil 2 des SGB IX einzubeziehen sind.
Zu Absatz 2
- 62 -
Absatz 2 definiert, wann eine wesentliche Behinderung droht und entspricht weitestgehend
dem bis zum 31. Dezember 2019 geltenden § 53 Absatz 2 Satz 1 SGB XII, auf den § 99
SGB IX in der geltenden Fassung verweist.
Zu Absatz 3
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Insbesondere in den Fällen, in denen die „Wesentlichkeit“ der Behinderung verneint wird,
besteht kein Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 99 Absatz 1 SGB IX.
Allerdings können Personen mit einer anderen geistigen, seelischen, körperlichen oder Sinnesbeeinträchtigung
Leistungen der Eingliederungshilfe nach Absatz 3 - wie bisher - im
Ermessenswege erhalten.
Die in Absatz 3 vorgenommenen Änderungen gegenüber dem bis zum 31. Dezember 2019
geltenden § 53 Absatz 1 Satz 2 SGB XII, auf den § 99 SGB IX in der geltenden Fassung
verweist, sind rein redaktioneller und nicht inhaltlicher Natur. Durch die Änderungen soll der
Anwendungsbereich des bisherigen § 53 Absatz 1 Satz 2 SGB XII nicht erweitert werden.
Zu Absatz 4
Die bis zum 31. Dezember 2019 in § 60 SGB XII enthaltene Verordnungsermächtigung für
die Konkretisierung der Leistungsberechtigung findet sich künftig in Absatz 4 wieder.
Bis zum Erlass einer Rechtsverordnung finden die Regelungen der Eingliederungshilfe-
Verordnung in der Fassung vom 31. Dezember 2019 zur Konkretisierung der Leistungsberechtigung
nach § 99 SGB IX entsprechend Anwendung.
Zu Nummer 16
Die Festlegung der örtlichen Zuständigkeit des Trägers der Eingliederungshilfe in den Fällen,
in denen ausnahmsweise Leistungen der Eingliederungshilfe für Deutsche im Ausland
in Betracht kommen, bedarf der Neuregelung. Die bisherige Regelung in § 101 Absatz 4
Satz 2 SGB IX, die auf die Bestimmung des örtlich zuständigen Trägers durch eine Schiedsstelle
abstellt, regelt nicht, wer diese Aufgabe wahrnehmen soll. Außerdem ist der Weg über
eine Schiedsstelle in Anbetracht der geringen Fallzahlen unverhältnismäßig aufwändig, weil
nicht nur die Schiedsstelle bestimmt, sondern auch Kriterien für die Verteilung der Fälle
entwickelt werden müssten.
Für die örtliche Zuständigkeit soll daher der Geburtsort der Mutter bzw. des Vaters der antragstellenden
Person maßgebend sein. Damit liegt ein objektiver Anknüpfungspunkt vor,
der zu einer sachgerechten Verteilung der Fälle führt, ohne dass eine Schiedsstelle tätig
werden muss. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand für die Stellen, bei denen der
Antrag eingeht, etwa durch Anfragen beim Personenstandsregister, ist gering. Sofern weder
der Geburtsort der Mutter noch des Vaters in Deutschland liegen oder diese nicht ermittelt
werden können, ist der Träger der Eingliederungshilfe örtlich zuständig, an den die
Auslandsvertretung oder der Antragsteller den Antrag übersendet. Aufgrund der sehr geringen
Fallzahlen und der hohen Anspruchsvoraussetzungen ist eine übermäßige finanzielle
Belastung einzelner Träger nicht zu erwarten.
Zu Nummer 17
Bei der Änderung in § 111 Absatz 1 SGB IX handelt es sich um eine Folgeänderung zur
Ausweitung des Budgets für Ausbildung auf Personen, die Anspruch auf Leistungen nach
§ 58 SGB IX haben.
Zu Nummer 18
Folgeänderung in § 117 SGB IX zur Streichung von § 22 Absatz 4 SGB IX.
Zu Nummer 19
- 63 -
Durch die Neufassung des § 123 Absatz 3 SGB IX wird festgelegt, dass private und öffentliche
Arbeitgeber im Sinne von § 61a keine Leistungserbringer im Sinne des Teil 2 Kapitel
Drucksache 129/21
8 des SGB IX sind; auf diese finden die Vorschriften des Vertragsrechts im Eingliederungshilferecht
daher keine Anwendung. Ein privater oder öffentlicher Arbeitgeber, der einem
Menschen mit Behinderungen als Alternative zu einer Beschäftigung in einer Werkstatt für
behinderte Menschen ein sozialversicherungspflichtiges Ausbildungsverhältnis anbietet, ist
lediglich Nutznießer einer dem Leistungsberechtigten zugedachten Teilhabeleistung (Erstattung
der Ausbildungsvergütung aus Mitteln der Eingliederungshilfe). Anders als eine
Werkstatt für behinderte Menschen erbringt er selbst aber keine Teilhabeleistung, die vom
Träger der Eingliederungshilfe nach Abschluss einer Vereinbarung nach § 125 SGB IX vergütet
wird. Insoweit kann der Träger der Eingliederungshilfe keinen Einfluss auf die nähere
Ausgestaltung des zwischen dem Arbeitgeber und dem Menschen mit Behinderungen nach
Abschluss des Ausbildungsvertrages bestehenden Rechtsverhältnisses nehmen. Auch
kann er den Abschluss des aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu fördernden Ausbildungsvertrages
nicht von einer Leistungs- und Entgeltvereinbarung zwischen dem Arbeitgeber
und dem Träger der Eingliederungshilfe abhängig machen.
Die sich ähnlich darstellende Situation bei den Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation,
die den schulischen Teil der Ausbildung beim Budget für Ausbildung erbringen, wenn wegen
Art oder Schwere der Behinderung der Besuch einer Berufsschule am Ort des Ausbildungsplatzes
nicht möglich ist, wird ebenfalls berücksichtigt. Die Einrichtungen der beruflichen
Rehabilitation übernehmen in diesen Fällen die Funktion der Berufsschulen und erfüllen
an ihrer Stelle den hoheitlichen Bildungsauftrag gegenüber den Leistungsberechtigten.
Aus diesem Grund sind auch sie nicht als Leistungserbringer im Sinne des Teil 2 Kapitel 8
des SGB IX anzusehen.
Zu Nummer 20
Durch die Neufassung von § 142 Absatz 3 durch Artikel 2 Nummer 9 des Angehörigen-
Entlastungsgesetzes vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2135) sind in der Praxis Unklarheiten
darüber entstanden, ob die Heranziehung der Eltern Minderjähriger in den in Absatz
1 beschriebenen Konstellationen auch für die Eltern volljähriger Leistungsberechtigter, die
Leistungen erhalten, denen Vereinbarungen nach § 134 Absatz 4 zugrunde liegen, gelten
soll.
Durch die Änderung des Absatz 3 Satz 1 und die Anfügung von Satz 2 wird klargestellt,
dass sowohl die Regelungen zur (auf die „häusliche Ersparnis“ begrenzten) Heranziehung
für die Kosten des Lebensunterhaltes (Absatz 1) als auch die Regelungen zum „Bruttoprinzip“
(Absatz 2) in diesen Fällen - wie schon im bisherigen Recht nach dem SGB XII - nur
für die volljährigen Leistungsberechtigten selbst, nicht aber für deren Eltern gelten.
Zu Nummer 21
Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung vom
12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2522) wurde in § 7a Absatz 1 BBiG die Möglichkeit geregelt,
die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit um bis zu 50 Prozent zu kürzen.
Die Änderung in § 158 Absatz 2 Satz 2 SGB IX stellt sicher, dass die Teilzeitberufsausbildung
auch bei der Anrechnung Beschäftigter auf die Zahl der Pflichtarbeitsplätze schwerbehinderter
Menschen ohne Einschränkungen und unabhängig von der vereinbarten wöchentlichen
Ausbildungszeit berücksichtigt wird.
Zu Nummer 22
- 64 -
Es handelt sich um eine nachzuholende redaktionelle Anpassung in § 220 SGB IX infolge
der Integration der Eingliederungshilfe in das SGB IX.
Zu Nummer 23
Drucksache 129/21
Die Regelung stellt sicher, dass schwerbehinderte Menschen, die Anspruch auf unentgeltliche
Beförderung im öffentlichen Personenverkehr haben, dabei auch einen Assistenzhund
kostenfrei mitführen dürfen.
Zu Artikel 8 (Änderung des Bundesteilhabegesetzes)
Da die durchgeführte wissenschaftliche Untersuchung nach Artikel 25 Absatz 5 BTHG in
den Jahren 2017 und 2018 zu dem Ergebnis geführt hat, dass das in Artikel 25a BTHG
(§ 99 BTHG) vorgesehene Konzept für den leistungsberechtigten Personenkreis in der Eingliederungshilfe
zu einer Veränderung des leistungsberechtigten Personenkreises führen
würde, ist die geplante modellhafte Erprobung dieses Konzepts nicht mehr angezeigt. Zur
Herstellung hinreichender Rechtssicherheit wird Artikel 25 Absatz 3 Satz 2 BTHG, in dem
die modellhafte Erprobung des Artikel 25a BTHG (§ 99 SGB IX) geregelt ist, aufgehoben.
Artikel 25 Absatz 5, Artikel 25a und Artikel 26 Absatz 5 BTHG werden hingegen aus Transparenzgründen
nicht aufgehoben.
Zu Artikel 9 (Änderung des Behindertengleichstellungsgesetzes)
Zu Nummer 1
Anpassung des Inhaltsverzeichnisses des BGG aufgrund der Einfügung des Abschnitts 2b
mit den §§ 12e bis 12l BGG.
Zu Nummer 2
Zu § 12e BGG
Zu Absatz 1
- 65 -
Nach Absatz 1 Satz 1 dürfen Träger öffentlicher Gewalt sowie Eigentümer, Besitzer und
Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen und Einrichtungen Menschen mit
Behinderungen den Zutritt zu ihren typischerweise für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr
zugänglichen Anlagen und Einrichtungen nicht wegen der Begleitung
durch den Assistenzhund oder Blindenführhund verweigern; sie trifft insoweit eine Duldungspflicht.
Eine gesetzliche Regelung ist notwendig, weil sie bestehende rechtliche Unsicherheiten
beseitigt und für Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am Leben in der
Gesellschaft verbessert. Verpflichtete sind zunächst Träger öffentlicher Gewalt im Sinne
des § 1 Absatz 1a BGG. Weiter richtet sich die Norm aber unter anderem auch an natürliche
sowie juristische Personen und Personenvereinigungen des Privatrechts, wenn diese Eigentümer,
Besitzer oder Betreiber von beweglichen oder unbeweglichen Anlagen oder Einrichtungen
sind. Bei diesen wird es sich zumeist um Unternehmer im Sinne von § 14 BGB
handeln, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Selbständigkeit handeln.
Auch (gemeinnützige) Vereine und natürliche und juristische Personen ohne Unternehmereigenschaft
fallen in den persönlichen Anwendungsbereich. Unter bewegliche und unbewegliche
Anlagen fallen zunächst alle baulichen (und damit unbeweglichen) Anlagen. Dies
sind zum Beispiel Gebäude aller Art, Sport- und Spielplätze, Camping- und Zeltplätze. Aber
auch bewegliche Anlagen, also räumliche, abgrenzbare Gebilde wie zum Beispiel Transportmittel,
fallen unter den Anlagenbegriff. Der ergänzende Begriff der Einrichtungen hat
darüber hinaus eine Auffangfunktion und soll auch solche zugänglichen abgrenzbaren Bereiche
umfassen, die nicht unter den Begriff der Anlagen fallen. Begünstigte sind Menschen
mit Behinderungen im Sinne des § 3 BGG, die durch einen Blindenführhund oder einen
Assistenzhund (§ 12e Absatz 3 BGG-E), der für sie speziell ausgebildet und mit ihnen zusammen
als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft zugelassen ist, begleitet werden. Typischerweise
für den allgemeinen Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglich sind Anlagen
oder Einrichtungen, wenn ihr Zutritt nach der Verkehrssitte regelmäßig ohne Ansehen
der Person gewährt wird oder werden soll. Dies kann etwa der Fall sein, wenn es sich um
Drucksache 129/21
- 66 -
Anlagen und Einrichtungen handelt, in denen Massengeschäfte (§ 19 Absatz 1 Nummer 1,
1. Fall AGG) oder solche Geschäfte vorgenommen werden, bei denen das Ansehen der
Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu
vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen, sog. massengeschäftsähnliche
Rechtsgeschäfte (§ 19 Absatz 1 Nummer 1, 2. Fall AGG), also regelmäßig
im Einzelhandel, der Gastronomie, bei diversen Dienstleistungserbringern wie Friseuren,
Freizeiteinrichtungen, Museen, Kinos, Arztpraxen und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens.
Anlagen und Einrichtungen von Trägern öffentlicher Gewalt sind typischerweise für den allgemeinen
Publikums- und Benutzungsverkehr zugänglich, wenn sie dem allgemeinen Besucher-
und Benutzerverkehr dienen (vgl. § 50 Absatz 2 Musterbauordnung (MBO) Fassung
November 2002, zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom
22.02.2019 - und die dort aufgeführten Beispiele).
Begrenzt wird die Duldungspflicht nach § 12e Absatz 1 dadurch, dass der Verpflichtete
durch den Zutritt mit dem Assistenzhund oder Blindenführhund nicht unverhältnismäßig o-
der unbillig belastet werden darf. Die Beweislast hierfür liegt beim Verpflichteten. So könnte
eine unverhältnismäßige Belastung von Betreibern medizinischer Einrichtungen vorliegen,
wenn beispielsweise hygienische Gründe die Begleitung durch Assistenzhunde oder Blindenführhunde
ausschließen, weil dadurch Infektions- und Gesundheitsgefahren für andere,
teilweise gesundheitlich vorbelastete Menschen entstehen. Die beim Robert-Koch-Institut
eingerichtete Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) hat
in ihren Präzisierungen zur Krankenhaushygiene klargestellt, dass eine Übertragung von
Krankheitserregern vom Hund auf den Menschen zwar theoretisch möglich, bei haushaltsüblicher
Hygiene aber sehr unwahrscheinlich sei (Empfehlungen der KRINKO 2000, 2010).
Auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene schließt die Mitnahme von Hunden
in Krankenhäuser und vergleichbare Einrichtungen nicht prinzipiell aus (Mitteilung des
Vorstands der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene, Hyg Med 2017, 42–10). Bereiche,
die Menschen in Straßenkleidung offenstehen, wie Arztpraxen, Therapieräume, offene
Pflege- und Krankenstationen, Ambulanzen und Cafeteria, können daher auch Menschen
mit Assistenzhunden grundsätzlich betreten. Ausgeschlossen davon sind offensichtlich
ungepflegte oder ungesunde Assistenzhunde oder Blindenführhunde oder der Zutritt zu
Risikobereichen wie Intensivstationen und Isolierstationen. Allgemein sind auch gesundheitliche
Probleme Dritter wie Hundeallergien und Hundephobien zu berücksichtigen. Diesen
wird man jedoch zumeist durch mildere Mittel als durch Zutrittsverbote abhelfen können.
So wäre es denkbar, Menschen mit Assistenzhunden oder Blindenführhunden und
Hundeallergiker oder -phobiker räumlich oder zeitlich voneinander zu trennen. Auch beim
Zutritt zu Lebensmittelgeschäften und Gastronomieeinrichtungen wird eine unverhältnismäßige
Belastung aus hygienischen Gründen regelmäßig nicht in Betracht kommen. Zwar haben
Lebensmittelunternehmer nach Anhang II, Kapitel IX Nummer 4 der Verordnung (EG)
852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene,
geeignete Verfahren vorzusehen, um zu vermeiden, dass Haustiere Zugang
zu Räumen haben, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder gelagert werden. Die
Regelung sieht aber vor, dass die zuständige Behörde in Sonderfällen den Zugang gestatten
kann. In diesen Fällen ist nur sicherzustellen, dass ein solcher Zugang nicht zu einer
Kontamination führt. Eine unverhältnismäßige Belastung kann auch dann vorliegen, wenn
die Begleitung durch einen Assistenzhund oder Blindenführhund zunächst organisatorische
Maßnahmen erfordert, die nur mit einem gewissen zeitlichen Vorlauf zu erfüllen sind In
Betracht käme dies beispielsweise bei Transportmitteln, in Theatern oder sonstigen Veranstaltungseinrichtungen,
wenn der Assistenzhund oder Blindenführhund nicht vor, unter oder
neben jedem beliebigen Sitzplatz sitzen oder liegen kann. In diesen Fällen wäre es möglich,
eine Anmeldung des Assistenzhundes oder Blindenführhundes zu verlangen. Denkbar
wäre ein Anmeldeerfordernis auch, wenn gesundheitliche Probleme anderer Besucher oder
Nutzer, die etwa durch Hundeallergien oder -phobien entstehen, anders nicht ausgeschlossen
werden können, zum Beispiel bei festen Sitzplätzen im Flugzeug.
Drucksache 129/21
Eine unbillige Belastung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn dem Verpflichteten
aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse unzumutbare nicht unerhebliche Kosten entstehen
oder unzumutbare nicht unerhebliche Einnahmen entgehen, die der Hundehalter oder
die Hundehalterin nicht zu tragen bereit sind.
In Arbeitsverhältnissen darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer nach allgemeinen
Grundsätzen nur im Rahmen billigen Ermessens (§ 106 Gewerbeordnung) verbieten, einen
Assistenzhund oder Blindenführhund mit an den Arbeitsplatz zu nehmen. § 106 Satz 3 der
Gewerbeordnung ordnet ausdrücklich an, dass der Arbeitgeber auf die Behinderung eines
Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen hat. Darlegungs- und beweisbelastet für die Beachtung
der gesetzlichen Grenzen des Ermessens ist der Arbeitgeber (vgl. z.B. BAG, Urteil
vom 24. Mai 2018, Az. 6 AZR 116/17).
Als Gründe, die den Arbeitgeber grundsätzlich zu einem Verbot berechtigen, kommen, je
nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere die bereits genannten hygienischen
Gründe (z.B. die Mitnahme eines Assistenzhundes auf die Intensivstation, in einen Operationssaal
oder z. B. zu einem Arbeitsplatz in der Lebensmittelherstellung, wo steril gearbeitet
werden muss), gesundheitliche Gründe anderer Beschäftigter, die sich nicht durch räumliche
oder zeitliche Trennung lösen lassen, die Beeinträchtigung organisatorischer Arbeitsabläufe
und Sicherheitsaspekte in Betracht. Auch Arbeitsplätze, bei denen der Assistenzhund
oder Blindenführhund Gefahren ausgesetzt ist (z. B. bei Arbeiten mit schädlichen Stoffen,
Feuer etc.), können ungeeignet sein. Eine unbillige Belastung kann vorliegen, wenn
der Arbeitgeber bestimmte Maßnahmen ergreifen müsste, um die Mitnahme des Assistenzhundes
oder Blindenführhundes zum Arbeitsplatz zu ermöglichen und hierdurch unzumutbare
Kosten entstehen. Die Zumutbarkeit richtet sich dabei immer nach dem jeweiligen Einzelfall
und kann auch abhängig von der individuellen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers
und den jeweiligen Arbeitsabläufen sein.
Auch die weiteren Fragen im Zusammenhang mit der Mitnahme eines Assistenzhundes
oder Blindenführhundes an den Arbeitsplatz, wie z.B. die Lage der Arbeitszeit oder von
Pausen, die zur Fütterung oder zum Ausführen des Hundes benötigt werden, richten sich
nach allgemeinen Grundsätzen. Kosten, die dem Arbeitnehmer für die Versorgung des
Hundes entstehen, sind in aller Regel keine betrieblich veranlassten Aufwendungen, für die
der Arbeitnehmer Ersatz verlangen könnte.
Zu Absatz 2
Absatz 2 Satz 1 stellt klar, dass die unberechtigte Verweigerung durch Träger öffentlicher
Gewalt eine Benachteiligung im Sinne des § 7 Absatz 1 BGG darstellt. In Bezug auf Träger
öffentlicher Gewalt gilt auch das Verbandsklagerecht des § 15 BGG. In Bezug auf die privaten
Adressaten der Regelungen des Absatzes 1, kann es sich dem gegenüber gegebenenfalls
um die Verletzung vertraglicher bzw. vorvertraglicher Nebenpflichten gemäß § 241
Absatz 2 BGB handeln.
Zu Absatz 3
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Absatz 3 definiert den Begriff des Assistenzhundes und stellt klar, dass ein Assistenzhund
bestimmte Anforderungen erfüllen muss. Bei ausgeglichenem Wesen, sehr gutem Grundgehorsam
und zuverlässigem Sozialverhalten vermindert der Assistenzhund durch seine
konditionierten Hilfeleistungen behinderungsbedingte Nachteile, die durch eine langfristige
körperliche, Sinnes- bzw. neurologische Beeinträchtigung des Halters entstehen. Seine antrainierten
Hilfeleistungen dienen der Bewältigung spezifischer Aufgaben der alltäglichen
Lebensführung und erhöhen die selbstbestimmte Teilhabe des Halters in erheblichem Ausmaß.
Zu Nummer 1: Damit wird dem Bedürfnis nach festgelegten Kriterien Rechnung getragen.
Es soll sichergestellt sein, dass nur als Teil einer Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft geprüften
und zertifizierten Assistenzhunden, die durch eine zugelassene Ausbildungsstätte
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mit hohen Ausbildungsstandards ausgebildet und nach einer Prüfung zertifiziert sind oder
von Sozialversicherungsträgern im Rahmen des Behinderungsausgleichs als Hilfsmittel gewährt
sind oder im Ausland anerkannt sind, Zutritt nach Absatz 1 zu gewähren ist.
Zu Nummer 2: Anerkennung im Sinne des § 12e Absatz 1 finden auch Assistenzhunde, die
von einem Träger der Leistungen zur Teilhabe (Rehabilitationsträger) nach § 6 SGB IX
sowie der Träger nach beamtenrechtlichen Vorschriften im Rahmen der Beihilfe oder von
der Privaten Versicherung im Rahmen ihrer Leistungserbringung für Menschen mit Behinderungen
gewährt wurden.
Zu Nummer 3: Die Regelung stellt sicher, dass auch im Ausland qualifiziert ausgebildete
Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften in den Anwendungsbereich des § 12e Absatz 1
fallen. Dies soll auch für im Ausland ausgebildete Blindenführhunde gelten. Für Assistenzhunde
muss die Ausbildung zumindest nach den Anforderungen des § 12f Satz 2 gleichwertig
sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Ausbildung keinen wesentlichen Unterschied
zu einer Ausbildung nach § 12f Satz 2aufweist.
Zu Nummer 4: Es handelt sich um eine Bestandsschutzregelung für bestehende oder
bereits in Ausbildung befindlichen Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften zum Zeitpunkt
des Inkrafttretens dieses Gesetzes.
Zu Absatz 4
Damit eine rasche Erkennung von Assistenzhunden sowohl für Zutritt gewährende als auch
für Dritte, insbesondere andere Kunden, Patienten etc. möglich ist, beinhaltet Absatz 3 eine
Kennzeichnungspflicht für Assistenzhunde. Diese Kennzeichnung hat gegenüber einer Eintragung
der Berechtigung zum Führen eines Assistenzhundes im Schwerbehindertenausweis
nach § 152 Absatz 5 SGB IX in Verbindung mit der Schwerbehindertenausweisverordnung
den Vorteil, dass sie nicht an das Vorhandensein eines Schwerbehindertenausweises
gebunden ist. Die nähere Definition von Assistenzhunden, die Einzelheiten der Ausbildung,
der Prüfung und der Zulassung als Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft sowie
der Kennzeichnung von Assistenzhunden regelt eine Rechtsverordnung (§ 12j).
Zu Absatz 5
Absatz 5 regelt die Versicherungspflicht von Assistenzhunden. Da es sich um eine Pflichtversicherung
handelt, finden die §§ 113 ff. VVG Anwendung. Nach § 114 Absatz 1 VVG
liegt die Mindestversicherungssumme bei 250 000 Euro je Versicherungsfall und einer Million
Euro für alle Versicherungsfälle des Versicherungsjahres.
Zu Absatz 6
Blindenführhunde werden in aller Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung als
Hilfsmittel gewährt und sind im Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherung
definiert. Demnach handelt es sich bei einem Blindenführhund um einen speziell ausgebildeten
Hund, der in der Lage ist, einem blinden oder hochgradig sehbehinderten Versicherten
eine Orientierung bei der Mobilität innerhalb und außerhalb des Hauses ohne unmittelbare
Gefährdung für sich und andere zu gewährleisten. Für Blindenführhunde, die als Hilfsmittel
im Sinne des § 33 des Fünften Buches gewährt worden sind, besteht bereits ein
umfangreiches Prüf- und Anforderungsprogramm, das durch die Regelungen des § 12e
Absatz 3 bis 5 und der §§ 12f bis 12l dieses Gesetzes, nicht berührt werden soll. Sie sind
daher vom Anwendungsbereich dieser Normen ausgenommen.
Zu § 12f
- 68 -
Außer für Blindenführhunde, die als Hilfsmittel im Sinne des § 33 SGB V gewährt worden
sind, gibt es bislang keine einheitlichen Standards für die Ausbildung von Assistenzhunden.
Drucksache 129/21
Zwar gibt es bereits verschiedene Ausbildungskonzepte, die insbesondere von Internationalen
Organisationen für Assistenzhunde erstellt worden sind und nach denen sich bereits
heute einige Ausbildungsstätten richten. Ein großer Teil der Ausbildungsstätten arbeitet allerdings
nach eigenem Konzept.
§ 12f regelt daher die Ausbildung von Assistenzhunden und der Mensch-Assistenzhund-
Gemeinschaft im Sinne des § 12e Absatz 3 Nummer 1. Beide müssen über bestimmte
Kompetenzen verfügen, damit sichergestellt ist, dass dem Menschen mit Behinderungen
ein tauglicher Assistenzhund zur Seite steht und der Assistenzhund im Rahmen der
Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft die ihm zugedachten Unterstützungsleistungen erbringen
kann. Eine geeignete Ausbildung muss daher insbesondere das Sozial- und Umweltverhalten
sowie den Gehorsam des Hundes schulen. Ein Assistenzhund muss dazu
ausgebildet werden, zuverlässig, auch bei Ablenkung, mit Alltags- und Stresssituationen
umzugehen und die Kommandos der Halterin und des Halters zu befolgen. Daneben ist es
erforderlich, dass ein besonderes Augenmerk auf die tierschutzgerechte Ausbildung gelegt
wird.
Zu § 12g
§ 12g regelt den Abschluss der Ausbildung durch Prüfung des Hundes und der Mensch-
Assistenzhund-Gemeinschaft. Die Prüfung dient dem Nachweis, dass die Ausbildung erfolgreich
war. Geprüft wird einerseits die sichere Beherrschung des Grundgehorsams und
das zuverlässige und sichere Sozialverhalten des Hundes sowie andererseits die speziellen
Unterstützungsleistungen, die der Hund für den Menschen mit Behinderungen erbringt.
Hierbei dient die Prüfung insbesondere der Kontrolle, ob sich die Mensch-Assistenzhund-
Gemeinschaft sicher in der Öffentlichkeit bewegt, in alltäglichen Situationen einwandfrei
und sicher zusammenarbeitet und der Hund seine erlernten Fähigkeiten unter Alltagsbedingungen
auch außerhalb des häuslichen Umfelds zeigt. Die Prüfung hat sich dabei immer
am jeweiligen Einzelfall zu orientieren. Entscheidend muss sein, welche individuellen Unterstützungsleistungen
der Hund für seinen Menschen zu erbringen hat und welche speziellen
Herausforderungen im Alltag zu bewältigen sind. Die Prüfung der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
ist dabei grundsätzlich realitätsnah und den alltäglichen Situationen, in
denen der Assistenzhund benötigt wird, entsprechend durchzuführen. Außerdem wird die
erforderliche Sachkunde der Halterin und des Halters geprüft. Über die bestandene Prüfung
ist vom Prüfer ein Zertifikat zu erteilen.
Zu § 12h
Zu Absatz 1
Die arteigenen Bedürfnisse des Hundes sind durch die Hundehalterinnen und -halter zu
berücksichtigen und dürfen durch die Assistenzleistung des Hundes nicht unverhältnismäßig
beschränkt werden (§ 2 des Tierschutzgesetzes).
Zu Absatz 2
Es gilt Vorsorge zu treffen, dass gegebenenfalls die Versorgung des Tieres durch eine weitere
Bezugsperson gewährleistet ist, sofern aufgrund der Art der Behinderung oder des
Alters, zum Beispiel bei minderjährigen Kindern, die Kontinuität der Betreuung des Hundes
in Frage stehen sollte. Die Ausbildungsstätte für Assistenzhunde sollte prüfen, ob ein Assistenzhund
für die betroffene Person überhaupt ein geeignetes Hilfsmittel im Alltag sein
kann. Ergeben sich Anhaltspunkte, dass dies nicht der Fall ist, sollte von der Anschaffung
eines Assistenzhundes abgesehen werden.
Zu § 12i
- 69 -
Schon jetzt bedarf, wer gewerbsmäßig für Dritte Hunde ausbilden oder die Ausbildung der
Hunde durch den Tierhalter anleiten will, einer Erlaubnis nach dem Tierschutzgesetz (§ 11
Drucksache 129/21
Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes). Diese Erlaubnis bescheinigt,
dass ausreichende fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die erforderliche Zuverlässigkeit
zur Ausbildung von Hunden vorhanden sind. Es handelt sich nicht um eine Zertifizierung.
Spezielle Anforderungen an Hundeschulen, die Assistenzhunde ausbilden, stellt
die Vorschrift nicht. Obwohl Auswahl und Ausbildung von Assistenzhunden eine besondere
zusätzliche Fachkunde erfordern, gibt es auch keine anderen gesetzlichen Anforderungen
hierzu.
Künftig müssen Hundeschulen, die Assistenzhunde im Sinne des § 12e Absatz 3 ausbilden
wollen, von einer Fachliche Stelle zugelassen werden. Das bedeutet, dass sie im Rahmen
eines externen Zulassungsverfahrens ihre fachliche Eignung nachweisen müssen.
Eine Ausbildungsstätte für Assistenzhunde ist zuzulassen, wenn die Voraussetzungen hierfür
vorliegen. Es handelt sich um einen gebundenen Anspruch gegenüber der Fachlichen
Stelle, der jährlich überprüft wird. Als Ausbildungsstätte kommt jede gewerbsmäßig oder
nicht gewerbsmäßig handelnde natürliche oder juristische Person oder Personenvereinigung
in Betracht; eine bestimmte Größe oder Anzahl von Ausbildern oder Trainern wird
nicht verlangt. Auch einzelne Hundetrainer können Ausbildungsstätte im Sinne der Vorschrift
sein. Nach Nummer 1 setzt eine Zulassung voraus, dass die Ausbildungsstätte eine
Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes besitzt. Sofern
die Erlaubnis nach § 11 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe f des Tierschutzgesetzes befristet
ist, ist rechtzeitig eine neue Erlaubnis zu beantragen, da andernfalls die Voraussetzungen
für die Zulassung nicht mehr vorliegen. Nummer 2 enthält Anforderungen an die
Sachkunde. Dabei kann es ausreichend sein, wenn die Ausbildungsstätte über fachlich
kompetente Ausbilder verfügt; beispielsweise können auch Hundeschulen eine Zulassung
erhalten, bei denen nicht alle dort tätigen Personen, bei juristischen Personen auch nicht
notwendigerweise ihre Organe, die erforderlich Sachkunde besitzen müssen. Welche Anforderungen
im Einzelnen an die Sachkunde zu stellen sind, regelt die Rechtsverordnung
nach§ 12l.
Gemäß Nummer 3 muss die Ausbildungsstätte über ein ausreichendes System zur Qualitätssicherung
verfügen. Eine Festlegung auf ein bestimmtes System zur Qualitätssicherung
enthält die Vorschrift nicht. Entscheidend ist, dass die Ausbildungsstätte zielgerichtete und
systematische Verfahren und Maßnahmen anwendet und dadurch die Qualität der Ausbildung
gewährleistet und, sofern erforderlich, verbessert.
Außerdem wird geregelt, dass eine Zulassung als Ausbildungsstätte für einen Zeitraum von
bis zu maximal fünf Jahren erteilt werden kann. Danach kann sie auf Antrag erneuert werden.
Durch die regelmäßige Überprüfung der Zulassungskriterien ist sichergestellt, dass die
Ausbildungsstätte regelmäßig kontrolliert wird. Die Befristung dient daher der Qualitätssicherung.
Die Fachliche Stelle hat die Zulassung und die von ihr erteilten Zertifikate einzuschränken,
auszusetzen oder zurückzunehmen, wenn die Ausbildungsstätte die Eignungsanforderungen
nicht oder nicht mehr erfüllt.
Mit der Regelung zur Zulassung von Ausbildungsstätten für Assistenzhunde nach § 12e
Absatz 3 Nummer 1 ergibt es sich, dass das BGG nicht in das bestehende Verfahren der
Präqualifizierung von Hilfsmittelleistungserbringern (hier: Blindenführhundeschulen), die
bereits nach § 126 SGB V geregelt ist, eingreift.
Zu § 12j
Zu Absatz 1
- 70 -
Absatz 1 regelt das Verfahren der Zulassung von Fachlichen Stellen sowie Mitteilungs- und
Informationspflichten der Fachlichen Stelle. Aufgrund der Verordnung (EG) Nummer
765/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 9. Juli 2008 über die Anforderungen
an Akkreditierung und Marktüberwachung bei der Vermarktung von Produkten
(geändert durch die Verordnung (EU) 2019/1020 (ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1)), darf in
Drucksache 129/21
jedem Mitgliedstaat nur eine einzige hoheitlich tätige Akkreditierungsstelle alle Akkreditierungen
des Landes durchführen. Dies obliegt in Deutschland der Deutsche Akkreditierungsstelle
GmbH als hierzu Beliehene. Die Akkreditierung von Fachlichen Stellen wird ihr daher
als Aufgabe übertragen.
Voraussetzung für eine Akkreditierung als Fachliche Stelle ist, dass die Fachliche Stelle die
Anforderungen der DIN EN ISO/IEC17065, Ausgabe Januar 2013, die sich auf Stellen bezieht,
die Produkte, Prozesse und Dienstleistungen zertifizieren, erfüllt. Fachliche Stellen
können für längstens fünf Jahre zugelassen werden. Verlängerungen sind möglich, wenn
nachgewiesen wird, dass die Zulassungsvoraussetzungen fortbestehen. Die Akkreditierung
als Fachliche Stelle erlischt, wenn ihre Geltungsdauer abläuft, sie tatsächlich oder rechtlich
ihren Betrieb einstellt oder auf die Akkreditierung verzichtet. Dem Bundesministerium für
Arbeit und Soziales wird im Anwendungsbereich dieses Gesetzes die Aufsicht über die
Deutsche Akkreditierungsstelle übertragen.
Zu Absatz 2
Absatz 2 regelt, wer die Prüfung des Assistenzhundes und der Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft
abnehmen und wer die Prüferinnen und Prüfer benennen kann. Die sachgerechte
Prüfung setzt Unparteilichkeit der ausgewählten Prüferinnen und Prüfer voraus. Daher
müssen Prüferinnen und Prüfer unabhängig sein. Dies ist dann nicht der Fall, wenn die
Prüferinnen und Prüfer in irgendeiner Weise mit der Ausbildungsstätte für Assistenzhunde
oder den zu Prüfenden rechtlich oder wirtschaftlich verbunden oder sonst wie von ihnen
abhängig sind. Die Prüferin oder der Prüfer muss zudem sachkundig sein. Dies setzt eine
entsprechende Qualifikation und Erfahrung voraus. Die Zulassung als Prüferin oder Prüfer
erfolgt wie bei der Ausbildungsstätte durch die Fachliche Stelle.
Als Prüfer dürfen nur Stellen die Personen zertifizieren nach ISO/IEC 17024, Ausgabe November
2012, tätig werden, die von einer nationalen Akkreditierungsstelle im Sinne der
Verordnung (EG) Nr. 765/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli
2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang
mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr.
339/93 des Rates (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 30), die durch die Verordnung (EU)
2019/1020 (ABl. L 169 vom 25.6.2019, S. 1) geändert worden ist, in der jeweils geltenden
Fassung akkreditiert worden sind. Die Akkreditierung ist jeweils auf längstens fünf Jahre zu
befristen. Ist der Prüfer Teil einer juristischen Person, die zugleich Ausbildungsstätte im
Sinne von § 12i ist, kann eine Akkreditierung erteilt werden, wenn die Unabhängigkeitsanforderungen
durch interne organisatorische Trennung und die Anforderungen gemäß 5.2.3
ISO/IEC 17024, Ausgabe November 2012, erfüllt werden. Die näheren Anforderungen an
das Akkreditierungsverfahren ergeben sich aus der Verordnung gemäß § 12l.
Zu § 12k
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann Dritte mit der Durchführung der Untersuchung
beauftragen. Mit der Studie sollen die Umsetzung und die Auswirkungen der §§
12e bis 12l im Zeitraum 2021 bis 2024 untersucht werden. Sie dient auch dazu, die Kosten
von Assistenzhunden, insbesondere ihrer Anschaffung, Ausbildung und Haltung zu beziffern.
Dies erfolgt ergebnissoffen, ohne eine Vorfestlegung für die Finanzierung von anderen
Assistenzhunden als Blindenführhunde durch staatliche Stellen zu treffen. Mit der Studie
sollen daher bis zu 100 Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaften über einen Zeitraum von
bis zu vier Jahren begleitet werden. Blindenführhunde, die als Hilfsmittel nach § 33 SGB V
gelten, werden über die Studie nicht finanziert.
Zu § 12l
- 71 -
§ 12l enthält eine Verordnungsermächtigung. Die Inhalte der Verordnung werden mit Expertinnen
und Experten im Vorfeld erörtert. Nach der Verordnungsermächtigung kann das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium
Drucksache 129/21
für Landwirtschaft und Ernährung in die Rechtsverordnung insbesondere folgende Bestimmungen
aufnehmen:
1. Näheres über die erforderliche Beschaffenheit des Assistenzhundes, insbesondere Wesensmerkmale,
Alter und Gesundheit des auszubildenden Hundes sowie über die vom Assistenzhund
zu erbringenden Unterstützungsleistungen: Dazu zählen insbesondere erforderliche
gesundheitliche Untersuchungen, charakterliche Eigenschaften des Hundes sowie
die Definition der unterschiedlichen Unterstützungsleistungen, z.B. als Signalhund, Servicehund,
Blindenführhund.
2. Die Anerkennung von bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes ausgebildeten Assistenzhunden
einschließlich des Verfahrens.
3. Näheres über die erforderliche Kennzeichnung des Assistenzhundes sowie zum Umfang
des notwendigen Versicherungsschutzes: Dazu zählen insbesondere Regelungen über die
Art der Kennzeichnung (zum Beispiel Kenndecke, Plakette oder Halsband), die Aushändigung
und die Anbringung sowie zu den Mindestversicherungssummen.
4. Näheres über den Inhalt der Ausbildung nach § 12f, der Prüfung nach § 12g und die
Zulassung als Prüfer jeweils einschließlich des Verfahrens sowie des zu erteilenden Zertifikats:
Dazu zählen die Ausbildungsinhalte, die erforderlich sind, um die notwendige Eignung
und Befähigung von Assistenzhund und Mensch-Assistenzhund-Gemeinschaft zu erzielen.
Außerdem gehören hierzu insbesondere nähere Regelungen zur Zulassung von
Prüferinnen und Prüfern durch Fachliche Stellen sowie der Prüfungsinhalt. Dadurch ist gewährleistet,
dass die Prüfung nach vergleichbaren Maßstäben und Regeln erfolgt, bundeseinheitlich
die gleichen Prüfungsinhalte bestehen und klar geregelt ist, wer Prüferin oder
Prüfer sein kann.
5. Nähere Voraussetzungen für die Akkreditierung als Fachliche Stelle einschließlich des
Verfahrens.
6. Nähere Voraussetzungen für die Zulassung als Ausbildungsstätte für Assistenzhunde
einschließlich des Verfahrens: Dazu zählen insbesondere nähere Anforderungen an die
Sachkunde, die Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit und das Vorhandensein eines Systems
zur Qualitätssicherung und welche Angaben und Nachweise die Ausbildungsstelle zu
erbringen hat, damit sie ihre Sachkunde gegenüber der Fachlichen Stelle nachweisen kann.
Zu Nummer 3
- 72 -
Es handelt sich um Änderungen der gesetzlichen Grundlage des Schlichtungsverfahrens,
die erforderlich sind, um den Anwendungsbereich des Schlichtungsverfahrens an die Neuregelungen
in Abschnitt 2b anzupassen. Das seit 2016 bezüglich der bisherigen Verpflichtungen
des Behindertengleichstellungsgesetzes bestehende Schlichtungsverfahren hat
sich seitdem als für die Beteiligten kostenfreies und beiderseitig freiwillig nutzbares Instrument
zur Konfliktlösung sehr gut bewährt und sollte auch in Zukunft durchgängig für alle
wesentlichen im Behindertengleichstellungsgesetz geregelten Verpflichtungen zur Verfügung
stehen.
Zu Artikel 10 (Änderung der Behindertengleichstellungsschlichtungsverordnung)
Es handelt sich um Anpassungen der Behindertengleichstellungsschlichtungsverordnung,
die in Folge der in Artikel 9 Nummer 3 enthaltenen Anpassung des Anwendungsbereichs
erforderlich sind.
Zu Artikel 11 (Änderung der Werkstättenverordnung)
Es handelt sich um eine redaktionelle Anpassung infolge der Integration der Eingliederungshilfe
in das SGB IX.
Zu Artikel 12 (Änderung der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung)
Drucksache 129/21
Die Vorschrift wird redaktionell so angepasst, dass diese auch die Frauenbeauftragte umfasst.
Zu Artikel 13 (Inkrafttreten)
Zu Absatz 1
Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich der Absätze 2 bis 4 am 1. Januar 2022 in Kraft.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 7. Juli 2020 ausdrücklich erklärt,
dass die für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar erklärten Vorschriften übergangsweise
noch bis zum 31. Dezember 2021 angewendet werden können. Es bedarf somit zwingend
einer Neuregelung spätestens ab dem 1. Januar 2022. Ein früheres Inkrafttreten
kommt nicht in Betracht, da die Länder zur etwaigen Anpassung ihrer Ausführungsgesetze
und der damit verbundenen Konnexitätsfolgen eine ausreichende Vorlaufzeit benötigen. In
diesem Zusammenhang tritt daher zum 1. Januar 2022 Artikel 1 vorbehaltlich der abweichenden
Regelungen in Absatz 2 und 4 sowie Artikel 2 in Kraft.
Ebenfalls zum 1. Januar 2022 treten die Regelungen im Zusammenhang mit der Ausweitung
des Budgets für Ausbildung - Artikel 7 Nummer 10, 11, 17 und 19 - sowie die Regelungen
zur Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden in Artikel
3 (Änderung SGB II) und 4 (Änderung SGB III) - mit Ausnahme der Nummer 23 - sowie
Artikel 7 Nummer 2 bis 5 in Kraft.
Zu Absatz 2
Am Tag nach der Verkündung treten in Artikel 1 die Regelungen zu den digitalen Pflegeanwendungen
in Nummer 1 Buchstabe d und Nummer 18 und 19 sowie die Regelungen zum
Gewaltschutz in Nummer 1 Buchstabe a und b, Nummer 6 und 7 und zu den digitalen Gesundheitsanwendungen
in Nummer 1 Buchstabe c, Nummer 8 und 9 in Kraft. Ebenfalls am
Tag nach der Verkündung treten in Artikel 7 Nummer 16 sowie Nummer 20 bis 22 sowie
Artikel 11 und 12 (Werkstättenverordnung und Werkstätten-Mitwirkungsverordnung) in
Kraft.
Zu Absatz 3
Die Regelungen für das optionale Meldeverfahren für die Anträge zum Kurzarbeitergeld in
Artikel 4 Nummer 23 (Änderung SGB III) sowie in Artikel 5 (Änderung SGB IV) sollen bereits
zum 1. Juli 2021 und damit zum frühest möglichen Anpassungszeitpunkt für die Arbeitgebersoftware
in Kraft treten, um kurzfristig zu einer Entlastung der Verfahren zu kommen.
Zu Absatz 4
- 73 -
Zum ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Quartals treten die folgenden Änderungen
in Kraft: Von den Änderungen des SGB XII in Artikel 1 die redaktionellen Änderungen
in Nummer 4 und 5. Von den Änderungen des SGB IX in Artikel 7 die Änderung des § 99
SGB IX (Nummer 15) und die Folgeänderungen dazu (in Artikel 1 die Nummern 6, 20 und
21, in Artikel 7 die Nummern 1d sowie die Nummern 12 bis 14 und Artikel 8). Zudem treten
Artikel 9 und 10 (Assistenzhunde) und damit die Folgeänderung in Artikel 7 Nummer 23 in
Kraft.
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Absatz 1 NKRG
Drucksache 129/21
Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sowie
zur landesrechtlichen Bestimmung der Träger der Sozialhilfe – Teilhabestärkungsgesetz
(NKR-Nr. 5655, BMAS)
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf des oben genannten Regelungsvorhabens
geprüft.
I. Zusammenfassung
Bürgerinnen und Bürger
Wirtschaft
Jährlicher Erfüllungsaufwand: 3 Mio. Euro
Jährlicher Erfüllungsaufwand:
davon aus Informationspflichten:
Verwaltung
Bund
Jährlicher Erfüllungsaufwand:
Einmaliger Erfüllungsaufwand:
Länder und Kommunen
Jährlicher Erfüllungsaufwand:
Einmaliger Erfüllungsaufwand:
-4,4 Mio. Euro
geringfügig
8,9 Mio. Euro
1 Mio. Euro
ca. 200.000 Euro (ab 2022)
ca. 900.000 Euro (ab 2025)
‘One in one out’-Regel Im Sinne der ‚One in one out‘-Regel der
Bundesregierung stellt der jährliche
Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem
Regelungsvorhaben ein „Out“ von -4,4 Mio.
Euro dar.
Evaluierung
geringfügig
Ziele: Evaluierung zur Erforschung der Auswirkungen
der Assistenzhund-Regelungen hinsichtlich
verbesserter Teilhabechancen im Vergleich und
genauere Bezifferung der Kosten der Anschaffung,
Ausbildung und Haltung von Assistenzhunden
Drucksache 129/21 - 2 -
Kriterien/Indikatoren: (Kosten-)Wirksamkeit von Hilfen durch
Assistenzhunde für unterschiedliche
Nutzergruppen im Vergleich mit anderen
technischen oder menschlichen Hilfen
Datengrundlage: eine vier Jahre angelegte empirische Begleitstudie
von 100 Assistenzhunden und deren Haltern
Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine
Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden
Regelungsentwurf.
II. Im Einzelnen
Der Entwurf des Teilhabestärkungsgesetzes setzt ein Maßnahmenbündel in den
Sozialgesetzbüchern II, III, IX, XII und dem Bundesgleichstellungsgesetz um mit dem
Schwerpunkt im Bereich Teilhabe. Mit Blick auf den Erfüllungsaufwand sind folgende
Sachverhalte besonders relevant:
� Im Bundesgleichstellungsgesetz (BGG) wird das Recht auf Begleitung durch einen
Assistenzhund zu typischerweise allgemein zugänglichen Anlagen und Einrichtungen
eingeführt. Assistenzhunde sind für Menschen mit bestimmten Behinderungen
wichtige Helfer im Alltag (u.a. Epilepsie, Blindheit, Diabetes, Herzerkrankungen,
Narkolepsie). Da explizite gesetzliche Vorschriften bislang fehlten, die die Begleitung
z.B. in Arztpraxen, Geschäfte, Restaurants ermöglichen, sind Streitfälle im Alltag keine
Seltenheit und werden immer wieder unterschiedlich entschieden. Zudem schaffen die
gesetzlichen Änderungen den Rahmen für ein Zertifizierungsverfahren für
Assistenzhunde sowie ein Zulassungsverfahren für die Ausbildungsstätten zur
Ausbildung geprüfter Assistenzhunde, deren Prüfer und die Zulassung von Fachlichen
Stellen.
- 3 - Drucksache 129/21
� Die Änderungen in der Leistungserbringung und -koordinierung für
Rehabilitandinnen und Rehabilitanden, die Grundsicherungsleistungen für
Arbeitsuchende beziehen, soll die Betreuungssituation in den Jobcentern verbessern.
Der notwendige Austausch von Sozialdaten der am Teilhabeplanverfahren beteiligten
Leistungsträger wird sichergestellt.
� Pflegebedürftige erhalten im Rahmen des SGB XII einen Anspruch auf Versorgung mit
digitalen Pflegeanwendungen (d.h. browserbasierte Webanwendungen und Apps auf
mobilen Endgeräten u.a. zur Organisation und Bewältigung des pflegerischen Alltags
und der Stärkung der Autonomie des Pflegebedürftigen z.B. zur Unterstützung bei
Demenz, zur Sturzprävention und zum Erhalt der Mobilität Pflegebedürftiger durch
Trainings). Ergänzt werden kann dies mit Unterstützungsbehandlungen durch
ambulante Pflegedienste.
� Das Antragsverfahren zum Kurzarbeitergeld wird in die Datenübermittlung an die
Bundesagentur für Arbeit nach § 108 Absatz 1 SGB IV integriert. Damit wird die
Beantragung der Erstattung von Kurzarbeitergeld und Saisonkurzarbeitergeld, die
Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahlung ergänzender Leistungen
zum Saison-Kurzarbeitergeld (Mehraufwands-Wintergeld, Zuschuss-Wintergeld)
digitalisiert, was zu großen Entlastungen bei Wirtschaft und Verwaltung führen soll.
Im Rahmen dieses Gesetzentwurfs wurde angenommen, dass die digitale
Antragsmöglichkeit für zunächst nur 10 Prozent der Fälle genutzt wird.
� Die Ergänzung, dass mit dem Budget für Ausbildung auch Menschen mit
Behinderungen gefördert werden können, die sich im Arbeitsbereich einer Werkstätte
oder eines anderen Leistungsanbieters befinden, führt nur zu einer geringfügigen
technischen Umstellung und geht nicht mit jährlichen Mehraufwänden einher.
Im Übrigen werden Rechtsvorschriften zum Gewaltschutz zur Umsetzung der UN
Behindertenrechtskonvention sowie einer Reihe von verfassungsrechtlich erforderlichen
Änderungen, redaktionellen Korrekturen, leistungsrechtlichen Klarstellungen und
Vereinfachungen umgesetzt. Für diese Regelungen sind keine Auswirkungen auf den
Erfüllungsaufwand zu erwarten.
II.1. Erfüllungsaufwand
Bürgerinnen und Bürger
Bis zu 3 Mio. Euro an jährlichem Erfüllungsaufwand können sich für Bürgerinnen und
Bürger ergeben, wenn sie die nach dem Gesetz vorgesehenen Regelungen nutzen, einen
Drucksache 129/21 - 4 -
Assistenzhund ausbilden, prüfen und kennzeichnen zu lassen. Die Kosten dafür wurden auf
Basis bekannter Kosten für Blindenführhunde geschätzt. Im Einzelfall liegen die Kosten dafür
bei ca. 19.100 Euro. Davon entfallen 18.500 Euro auf die Ausbildungskosten eines
Assistenzhundes, weitere 500 Euro auf die Zertifizierung eines Mensch-Tier-Gespanns und
100 Euro für die Kennzeichnung eines Assistenzhundes. Abgeleitet aus Antragsstatistiken der
GKV für Blindenführhunde wird jährlich wird mit etwa 160 neuen Antragsfällen gerechnet.
Wirtschaft
Der jährliche Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft sinkt im Saldo um bis zu -4,4 Mio.
Euro. Diese Entlastung ergibt sich zum großen Teil durch die Digitalisierung der ca. 3,3 Mio.
Anträge auf Kurzarbeitergeld jährlich, darunter ca. 3 Mio. Fälle von konjunkturellem
Kurzarbeitergeld und 285.000 Fälle von Saison-Kurzarbeitergeld (Einzelfall: gehobener Dienst
32,20 Euro/ Stunde; 20 Min. Antrag- und Bescheid-Bearbeitung/ -10,73 Euro pro Fall, zzgl.
Sachkosten von ca. - 3 Euro pro Fall für Ausdrucke und Porto). Es wird davon ausgegangen,
dass in der Startphase zunächst 10 Prozent der Unternehmen die Lösung anwenden. Einmaliger
Erfüllungsaufwand ergibt sich nicht, da entsprechende Lösungen bereits entwickelt wurden
und mit der Einführung der Rechtsgrundlage zum nächsten regelmäßigen Update zum 1. Juli
2021 angewendet werden dürfen.
Der oben beschriebenen Entlastung von -4,5 Mio. Euro steht eine kleine Belastung von etwa
86.000 Euro gegenüber. Diese ergibt sich aus den neuen Regelungen für die
Zulassungsverfahren, die für die Fachlichen Stellen, die Prüfer und die Ausbildungsstätten für
Assistenzhunde eingeführt werden. Im Einzelfall liegen die Kosten dafür bei ca. 19.100 Euro.
Weitere 5.000 Euro entfallen auf die Ausbildung und Prüfung eines Assistenzhund-Ausbilders.
Davon entfallen 1.000 Euro auf die Zulassung einer Ausbildungsstelle (=Gebühr). Da beide
Zulassungen 5 Jahre gültig sind, liegt der Aufwand weitere 500 Euro auf die Zertifizierung
eines Mensch-Tier-Gespanns und 100 Euro für die Kennzeichnung eines Assistenzhundes.
Jährlich wird mit etwa 160 neuen Fällen gerechnet. Die Erneuerung dieser Zertifizierung ist
alle 5 Jahre fällig.
Verwaltung
Bund
Der jährliche Erfüllungsaufwand der Verwaltung steigt um ca. 8,9 Mio. Euro im Saldo.
Darin enthalten sind Entlastungen von ca. -3,3 Mio. Euro jährlich durch die Digitalisierung der
ca. 3,3 Mio. Anträge auf Kurzarbeitergeld jährlich, darunter ca. 3 Mio. Fälle von
konjunkturellem Kurzarbeitergeld und 285.000 Fälle von Saison-Kurzarbeitergeld (Einzelfall:
- 5 - Drucksache 129/21
gehobener Dienst 42,20 Euro/ Stunde; 10 Min. bzw. -7,03 Euro pro Fall, zzgl. Sachkosten von
ca. - 3 Euro pro Fall für Ausdrucke und Porto). Unter der Annahme, dass zunächst 10% der
Erstattungsanträge digital abgewickelt werden, ergibt sich eine Entlastung von -3,3 Mio. Euro.
Der Entlastung stehen Belastungen von ca. 12,2 Mio. Euro gegenüber. Diese entstehen infolge
von Änderungen in der Leistungserbringung und -koordinierung für Rehabilitandinnen und
Rehabilitanden der Grundsicherung. In der genannten Summe sind Aufwände für die Länder
enthalten, die sich auf die einzelnen Bereiche so verteilen (geordnet nach Höhe der
Belastung):
� 6,5 Mio. Euro Erfüllungsaufwand entstehen durch die Aufhebung des bisherigen
Eingliederungsvorschlagsverfahrens bzw. die Anwendung des Teilhabeplanverfahrens
für Rehabilitanden im Rechtskreis des SGB II bei der Deutschen Rentenversicherung
Bund (grobe Schätzung: ca. 100.000 Fälle, 43,40 Euro/ Stunde, Einzelfall 90 min).
� 3,9 Mio. Euro Erfüllungsaufwand entstehen durch die Öffnung der
Förderinstrumente nach den §§ 16a ff. im SGB II und die Aufhebung des faktischen
Leistungsverbots für Rehabilitanden. Damit soll eine nachhaltigere
Arbeitsmarktintegration von Rehabilitanden mit multiplen Vermittlungshemmnissen
im SGB II gefördert werden. Der bislang geltende Vorrang führte er zu einer
Ungleichbehandlung von Rehabilitanden gegenüber erwerbsfähig
leistungsberechtigten Personen ohne Rehabilitationsbedarf. (ca. 25.000 Fälle,
Einzelfall 160 Euro).
� 1 Mio. Euro Erfüllungsaufwand entsteht durch die Anwendung des
Teilhabeplanverfahrens für Rehabilitanden im Rechtskreis SGB III (ca. 25.000
Fälle, Einzelfall 40 Euro).
� 500.000 Euro Erfüllungsaufwand entstehen durch die Aufhebung des bisherigen
Eingliederungsvorschlagsverfahrens bzw. die Anwendung des Teilhabeplanverfahrens
für Rehabilitanden im Rechtskreis des SGB II bei der Agentur für Arbeit (ca. 12.500
Fälle, 40 Euro im Einzelfall).
� 300.000 Euro Erfüllungsaufwand entstehen durch die teilweise Aufhebung des
Leistungsverbotes seitens der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter für
Rehabilitanden in § 22 SGB III (ca. 8.000 Fälle, 40 Euro im Einzelfall). Das soll es
den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern ermöglichen, die Eingliederung von
Rehabilitandinnen und Rehabilitanden anderer Rehabilitationsträger in den
Arbeitsmarkt deutlich zu beschleunigen, indem sie ihre Vermittlungsarbeit auch mit
vermittlungsunterstützenden Leistungen begleiten.
Drucksache 129/21 - 6 -
Bei der Verwaltung des Bundes entsteht einmaliger Erfüllungsaufwand von ca. 1 Mio
Euro. Dieser Aufwand entsteht durch die Anpassung der EDV bei den SV-Trägern, über
die das Meldeverfahren läuft. Die Größenordnung dieses Aufwands wurde aufgrund von
Erfahrungswerten mit ähnlichen Vorhaben der Vergangenheit geschätzt.
Länder/Kommunen
Jährlicher Erfüllungsaufwand von zunächst ca. 200.000 Euro ab dem Jahr 2022 (2025: 900.000
Euro) kann sich durch die Einführung digitaler Pflegeanwendungen für die Leistungsträger auf
Ebene der Länder und Kommunen ergeben (ca. 30 Euro pro Monat im Einzelfall; Fallzahl 2022:
600; Fallzahl 2025: 2.600).
In den Änderungen in der Leistungserbringung und -koordinierung für Rehabilitandinnen
und Rehabilitanden der Grundsicherung sind teilweise auch Aufwände für die Länder
enthalten. Diese können aber nicht zuverlässig von den Aufwänden für die Verwaltung des
Bundes getrennt werden.
Die Auswirkungen der übrigen Regelungen auf den Erfüllungsaufwand der Länder und
Kommunen sind geringfügig.
II.2. ‚One in one out‘-Regel
Im Sinne der ‚One in, one out‘-Regel der Bundesregierung stellt der jährliche
Erfüllungsaufwand der Wirtschaft in diesem Regelungsvorhaben ein „Out“ von -4,4 Mio. Euro
dar.
II.3. Evaluierung
Die Evaluierung soll mit einem über 4 Jahre hinweg angelegten Forschungsprojekt
untersuchen, wie sich die Assistenzhund-Regelungen hinsichtlich verbesserter
Teilhabechancen im Vergleich zu alternativen technischen oder menschlichen
Hilfemöglichkeiten auswirken und eine genauere Bezifferung der Kosten der Anschaffung,
Ausbildung und Haltung von Assistenzhunden liefern. Die Untersuchung betrachtet dabei
Bandbreite und Wirksamkeit von Hilfen durch Assistenzhunde für unterschiedliche
Nutzergruppen.
III. Ergebnis
- 7 - Drucksache 129/21
Der Nationale Normenkontrollrat erhebt im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags keine
Einwände gegen die Darstellung der Gesetzesfolgen in dem vorliegenden Regelungsentwurf.
Dr. Ludewig Dr. Dückert
Vorsitzender Berichterstatterin