2020_02_03_d1$644-1-19.pdf
Drucksache
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung durch genehmigungs- oder anzeigebedürftige Tätigkeiten (AVV Tätigkeiten)
644/1/19
2020-02-03
Empfehlungen
BR
http://dipbt.bundestag.de:80/dip21/brd/2019/0644-1-19.pdf
X
644/19
BR
U Bundesrat Drucksache 644/1/19 E m p f e h l u n g e n
der Ausschüsse 03.02.20 U - AV - In - Wi zu Punkt … der 985. Sitzung des Bundesrates am 14. Februar 2020 Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Exposition
von Einzelpersonen der Bevölkerung durch genehmigungs- oder
anzeigebedürftige Tätigkeiten (AVV Tätigkeiten) Der federführende Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und nukleare Sicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) A empfehlen dem Bundesrat, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Artikel
85 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen zuzustimmen: 1. Zu Nummer 4.2.1 Satz 1
Nummer 4.2.4 a) In Nummer 4.2.1 sind in Satz 1 die Wörter „sofern höchstens 10 dieser
Quellen und keine weiteren Quellen zusammenwirken“ durch die Wörter
„sofern bei einem Zusammenwirken mehrerer dieser Quellen dies zu einer
Exposition der repräsentativen Person höchstens im Bereich von 100 μSv
im Kalenderjahr führt“ zu ersetzen. b) Nummer 4.2.4 ist zu streichen. Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln
Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de
ISSN 0720-2946 ... U Empfehlungen, 644/1/19 - 2 - Begründung: Die vorgeschlagene Änderung bei Nummer 4.2.1 verallgemeinert eines der
Merkmale, bei dem Quellen unberücksichtigt bleiben können. Das in der AVV
vorgesehene Dosiskriterium von 10 x 10 µSv = 100 µSv wird mit der Neuformulierung
nicht in Frage gestellt. Es wird jedoch verhindert, dass eine große
Anzahl von Quellen (auch mehr als 10), die aber in der Gesamtheit zu einer
vergleichsweise kleinen Dosis führen (höchstens im Bereich von 100 µSv im
Kalenderjahr), im Rahmen der Expositionsermittlung stets berücksichtigt werden
müssen. Die pauschale Limitierung auf maximal 10 Quellen ist fachlich
nicht zu begründen. Der letzte Teilsatz („und keine weiteren Quellen zusammenwirken“) kann entfallen,
da sich der Inhalt bereits aus dem Abschnitt ergibt. Die Streichung von Nummer 4.2.4 ist die konsequente Folge daraus, dass nur
noch das Kriterium von 100 µSv ausschlaggebend sein soll. 2. Zu Nummer 4.2.2 Satz 1 In Nummer 4.2.2 sind in Satz 1 die Wörter „sofern höchstens 10 dieser Quellen
und keine weiteren Quellen zusammenwirken“ durch die Wörter „sofern bei einem
Zusammenwirken mehrerer dieser Quellen dies zu einer Exposition der repräsentativen
Person höchstens im Bereich von 1 mSv im Kalenderjahr führt“
zu ersetzen. Begründung: Die vorgeschlagene Änderung verallgemeinert das Kriterium, bei dem ein Zusammenwirken
von Quellen mit ausschließlich natürlichen Radionukliden vernachlässigt
werden kann. Das in der AVV vorgesehene Dosiskriterium von
10 x 100 µSv = 1000 µSv = 1 mSv wird mit der Neuformulierung nicht in Frage
gestellt. Es wird jedoch verhindert, dass eine große Anzahl von Quellen mit
ausschließlich natürlichen Radionukliden (auch mehr als 10), die aber in der
Gesamtheit zu einer Dosis höchstens im Bereich von 1 mSv im Kalenderjahr
führen, im Rahmen der Expositionsermittlung stets berücksichtigt werden müssen.
Die pauschale Limitierung auf maximal 10 Quellen mit ausschließlich natürlichen
Radionukliden ist fachlich nicht zu begründen. Der letzte Teilsatz („und keine weiteren Quellen zusammenwirken“) kann entfallen,
da sich der Inhalt bereits aus dem Abschnitt ergibt. ... U bei
Annahme
entfällt
Ziffer 4 3. Hauptempfehlung zu Ziffer 4
Zu Nummer 10.1 Absatz 1 Satz 2, Satz 3 – neu – Nummer 10.1 Absatz 1 ist wie folgt zu ändern: - 3 - Empfehlungen, 644/1/19 a) In Nummer 10.1 ist in Absatz 1 der Satz 2 wie folgt zu ändern: aa) Das Wort „sind“ ist durch das Wort „können“ zu ersetzen. bb) Die Wörter „zu berechnen“ sind durch die Wörter „berechnet werden“
zu ersetzen. b) In Nummer 10.1 ist in Absatz 1 nach Satz 2 folgender Satz einzufügen: „Ebenso kann der Nachweis, dass die Dosisgrenzwerte für die Bevölkerung
sicher eingehalten werden, mit vereinfachten, konservativen Verfahren erbracht
werden.“ Begründung: Für nicht-kerntechnische Anlagen sollte es aufgrund des vorhandenen Gefährdungspotentials
i. A. ausreichend sein, vereinfachte, konservative Verfahren
anzuwenden. Außerdem mag die Kenntnis und die Verfügbarkeit der anerkannten
Simulationsverfahren (z. B. MCNP, SCALE, PENELOPE) ein Problem
darstellen, da die Berechnung der Exposition einer repräsentativen Person für
die der Bevölkerung zugänglichen Bereiche sehr aufwendig sind. Durch die
„kann“ Formulierung wird es jedoch ermöglicht, sich zwischen den anerkannten
Simulationen oder den vereinfachten konservativen Verfahren zu entscheiden.
In den kerntechnischen Anlagen ist die Expositionssituation derart komplex,
dass die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens nicht immer angemessen
ist. Daher wurde hier der letzte Satz aus Nummer 4.2.3 nochmals eingefügt. ... U
Wi entfällt
bei
Annahme
von
Ziffer 3 U Empfehlungen, 644/1/19 - 4 - 4. Hilfsempfehlung zu Ziffer 3
Zu Nummer 10.1 Absatz 1 Satz 2 In Nummer 10.1 Absatz 1 sind in Satz 2 die Wörter „sind mithilfe von allgemein
anerkannten Simulationsverfahren zu berechnen (z. B. MCNP, SCALE,
PENELOPE).“ durch die Wörter „können mithilfe von allgemein anerkannten
Simulationsverfahren (z. B. MCNP, SCALE, PENELOPE) oder vereinfachten
konservativen Verfahren berechnet werden.“ zu ersetzen. Begründung: Allgemein anerkannte Simulationsverfahren wie z. B. MCNP, SCALE oder
PENELOPE zur Berechnung der Exposition einer repräsentativen Person für
die der Bevölkerung zugänglichen Bereiche sind sehr aufwendig. Durch die
„kann“-Formulierung wird der für die retrospektive Berechnung der Exposition
zuständigen Behörde ein Entscheidungsspielraum eingeräumt werden, der es
ihr ermöglicht, sich zwischen Simulationen oder anderen vereinfachten konservativen
Verfahren zu entscheiden. Die Einräumung eines Ermessens bei der Wahl der Methode zur Ermittlung der
Exposition ist auch durch die Formulierung in Nummer 5.2.3: „Es werden die
gemessenen oder bilanzierten tatsächlichen Emissionen sowie die gemessene
oder berechnete ionisierende Strahlung aus der Anlage oder Einrichtung während
des betrachteten Zeitraumes berücksichtigt.“ ausdrücklich vorgesehen. Es
besteht ein Entscheidungsspielraum zwischen gemessenen oder berechneten
Expositionen durch ionisierende Strahlung. Simulationsverfahren sollen nur
zum Einsatz kommen, wenn die zuständige Behörde dies für erforderlich hält. 5. Zu Nummer 10.1 Absatz 2 Aufzählungspunkt 3,
Aufzählungspunkt 3a – neu – In Nummer 10.1 ist Absatz 2 wie folgt zu ändern: a) Der dritte Aufzählungspunkt ist wie folgt zu fassen: „• Normen zum baulichen Strahlenschutz, soweit sie Maßnahmen zur Verringerung
der Ortsdosisleistung in Bereichen betreffen, die Einzelpersonen
der Bevölkerung zugänglich sind“ ... U - 5 - Empfehlungen, 644/1/19 b) Nach dem dritten Aufzählungspunkt ist folgender Aufzählungspunkt einzufügen: „• technische und bauliche Maßnahmen, die abschirmend wirken oder auf
sonstige Weise die Ortsdosisleistung während des Betriebs in Bereichen,
die Einzelpersonen der Bevölkerung zugänglich sind, reduzieren“ Begründung: Mit der geänderten Formulierung und Zuordnung zu zwei Aufzählungspunkten
wird deutlich zwischen den Auswirkungen zu Grunde gelegter Normen, deren
Umsetzung unterstellt wird, und real umgesetzten Maßnahmen unterschieden.
Ferner wird klargestellt, dass der primäre Zweck der Normen und Maßnahmen
die Einhaltung des Dosisgrenzwerts für Einzelpersonen der Bevölkerung ist. 6. Zu Nummer 10.1 Absatz 3 In Nummer 10.1 ist der dritte Absatz wie folgt zu ändern: a) Das Wort "sind" ist durch das Wort "können" zu ersetzen. b) Das Wort "zuzuordnen" ist durch die Wörter "zugeordnet werden" zu ersetzen. Begründung: Die Anforderung betrifft im Wesentlichen Werkstoffprüfer in der Gammaradiographie.
Weitere mobile Tätigkeiten mit einer vergleichbaren hohen
Dosisrelevanz sind bis auf wenige Einzelfälle nicht ersichtlich. Angesichts der
Vielzahl der Einsätze und Einsatzorte in der Gammaradiographie ist eine ortsund
umgebungsbezogene Berechnung der äußeren Exposition weder für Betreiber
noch für die Behörden leistbar. Manche Aufsichtsbehörde erhält nahezu
täglich Einsatzanzeigen von Werkstoffprüfern. Die Kann-Vorschrift eröffnet die Möglichkeit, gerade im Bereich der Gammaradiographie,
statt repräsentative Standorte festzulegen, was praktisch kaum
durchführbar ist, die DIN 54115-1 heranzuziehen, da bei Einhaltung der Normanforderungen
für die Gammaradiographie ein Überschreiten des Bevölkerungsgrenzwertes
ausgeschlossen werden kann. So wie gemäß Nummer 10.1
der vorliegenden AVV Normen zum baulichen Strahlenschutz als Einflussgröße
für die Berechnung der Exposition herangezogen werden dürfen, kann an
dieser Stelle die Anwendung der DIN 54115-1 „Zerstörungsfreie Prüfung -
Strahlenschutzregeln für die technische Anwendung umschlossener radioakti- ... U Empfehlungen, 644/1/19 - 6 - ver Stoffe - Teil 1: Ortsfester und ortsveränderlicher Umgang in der Gammaradiographie“
als ein geeignetes Instrument für eine zuverlässige Aussage zur
Exposition herangezogen werden. Die DIN 54115-1 enthält konservative Vorgaben zur Berechnung der Kontrollbereichsgrenzen
im Hinblick auf die Einhaltung des Dosisgrenzwerts für Einzelpersonen
der Bevölkerung. Zu bedenken ist vor allem, dass die dafür anzusetzenden
Strahlzeiten bei ortsfestem Umgang mit 1 200 h/a und vor allem bei
gelegentlichem Umgang (zeitweise fester Prüfplatz) und ortsveränderlichem
Umgang erheblich niedriger als die nach vorliegender AVV anzusetzende Aufenthaltszeit
in Gebäuden von 7 000 Stunden im Kalenderjahr sind. Im Übrigen ist die Inanspruchnahme einer Norm zur Expositionsermittlung
nicht wesensfremd im Regelwerk. Medizinische Röntgeneinrichtungen werden
gemäß § 100 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a und § 101 Absatz 1 der Strahlenschutzverordnung
von der Pflicht zur prospektiven und retrospektiven Expositionsermittlung
ausgenommen, da aufgrund der Normierung des baulichen
Strahlenschutzes in DIN 6812 „Medizinische Röntgenanlagen bis 300 kV -
Regeln für die Auslegung des baulichen Strahlenschutzes“ unterstellt wird,
dass eine Grenzwertüberschreitung durch Zusammenwirken mehrerer Strahlenquellen
vernünftigerweise auszuschließen ist. 7. Zu Nummer 10.2 Absatz 2 Satz 2 In Nummer 10.2 Absatz 2 ist Satz 2 wie folgt zu fassen: „Auch wenn diese Maximalexpositionen nur kurzzeitig auftreten, ist der Dosisgrenzwert
für Einzelpersonen der Bevölkerung gemäß § 80 StrlSchG einzuhalten.“ Begründung: Die geänderte Formulierung stellt klar, dass die Dosisgrenzwerte gemäß
§ 80 StrlSchG einzuhalten sind, auch wenn die Ereignisse wie die äußeren Maximalexpositionen
möglicherweise nur selten auftreten. Die Formulierung des Entwurfs könnte missverständlich als eine spezielle Regelung
des Dosisgrenzwerts aufgefasst werden. Dies ist nicht beabsichtigt und
würde den Ermächtigungsrahmen zum Erlass dieser AVV überschreiten. ... U
Wi U 8. Zu Nummer 10.4 Absatz 1 - 7 - Empfehlungen, 644/1/19 In Nummer 10.4 Absatz 1 sind die Wörter „oder durch Messungen“ durch die
Wörter „ , durch Messungen oder durch vereinfachte konservative Verfahren“
zu ersetzen. Begründung: Allgemein anerkannte Simulationsverfahren wie z. B. MCNP, SCALE oder
PENELOPE zur Berechnung der Exposition einer repräsentativen Person für
die der Bevölkerung zugänglichen Bereiche sind sehr aufwendig. Das Durchführen
von Messungen im niedrigen Dosisbereich ist schwierig, aufwendig und
kostenintensiv. Durch die Einführung einer dritten Option kann die zuständige
Behörde entscheiden, ob aufwendige Simulationsrechnungen unverhältnismäßig
sind oder Messungen erforderlich sind oder einfache konservative Verfahren
zur Expositionsermittlung ausreichen. Der nötige Verwaltungsaufwand zur Ermittlung der Exposition einer repräsentativen
Person der Bevölkerung muss dem zu erwartenden Risiko angemessen
sein. Deshalb muss der zuständigen Behörde auch die Möglichkeit der Anwendung
eines vereinfachten konservativen Verfahrens gegeben werden. 9. Zu Nummer 10.4 Absatz 4 In Nummer 10.4 ist Absatz 4 wie folgt zu ändern: a) Die Wörter „und Einrichtungen zur Anwendung“ sind durch die Wörter
„zur Erzeugung“ zu ersetzen. b) Die Wörter „radioaktiver Stoffe am Menschen oder am Tier“ sind durch die
Wörter „beim Umgang mit radioaktiven Stoffen“ zu ersetzen. Begründung: Die vereinfachende Anwendung von Erfahrungswerten sollte auch für technische
Anlagen möglich sein. Es sollte in dieser Hinsicht kein unterschiedlicher
Vollzug stattfinden zwischen der medizinischen und der technischen Anwendung. ... Empfehlungen, 644/1/19 - 8 - B 10. Der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz und der Ausschuss
für Innere Angelegenheiten empfehlen dem Bundesrat, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift
gemäß Artikel 85 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen. C 11. Der federführende Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare
Sicherheit empfiehlt dem Bundesrat ferner, die folgende zu fassen: E n t s c h l i e ß u n g Zur Sicherstellung eines effektiven und einheitlichen Vollzugs der vorliegenden
Allgemeinen Verwaltungsvorschrift bittet der Bundesrat die Bundesregierung,
für die Berechnung der Ausbreitung radioaktiver Stoffe und der Umgebungskontamination
infolge von Ableitungen mit Luft und mit Wasser sowie die jeweils
daraus folgende Exposition des Menschen den Ländern jeweils geeignete,
qualitätsgesicherte Softwareanwendungen mit angemessenen Schulungsmöglichkeiten
zur Verfügung zu stellen. Begründung: Die Berechnung der Ausbreitung radioaktiver Stoffe und der Umgebungskontamination
infolge von Ableitungen mit Luft und Wasser sowie der sich daraus
unter Berücksichtigung verschiedener Expositionspfade ergebenden Exposition
des Menschen ist in der AVV Tätigkeiten in den Kapitel 6, 7, 8 und 9 beschrieben. Die Berechnungen nach den Vorgaben der AVV Tätigkeiten sind so komplex,
dass sie nur mit entsprechenden Softwareanwendungen durchgeführt werden
können. Die Erstellung einer geeigneten Anwendung ist personell und finanziell
aufwändig, zumal durch Anwendungstests sichergestellt werden muss, dass ... - 9 - Empfehlungen, 644/1/19 die Rechenergebnisse korrekt sind. Es ist nicht sinnvoll, dass dieser Aufwand
von jedem Bundesland selbst betrieben wird. Auch ist eine bundesweit einheitliche
Vorgehensweise notwendig, da die Berechnungen bei vergleichbaren Anlagen
und Einrichtungen zum gleichen Ergebnis führen sollten, was bei unterschiedlicher
Software nicht sichergestellt ist. Dies ist insbesondere deswegen
von Bedeutung, weil die Ergebnisse der retrospektiven Ermittlung der Exposition
gemäß § 101 StrlSchV zu veröffentlichen sind.